Neuendorf/Brück (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Lehnin-Belzig

Die Dorfkirche von Neuendorf/Brück ist im Lauf der Geschichte stark verändert worden. Zwei ursprüngliche Portale, eines davon zugesetzt, haben sich erhalten.

Lage der Kirche: Neuendorf liegt östlich von Brück. Das Historisches Ortslexikon klassifiziert den Ort als Gassendorf mit Gut. Die Kirche liegt am südlichen Ortsende umgeben vom ehemaligen Friedhof.

Ortsgeschichte: Neuendorf bei Brück wird 1337 erstmals urkundlich erwähnt. 1375 wird der Ort bereits als "Nyendorf prope Brugge" bezeichnet. Die Bedeutung des Namens ist klar; das neue Dorf. Doch ist unklar, warum es so bezeichnet wurde (zur Unterscheidung von einem älteren Dorf in der Nähe?). 1375 war die Feldmark in 44 Hufen eingeteilt, davon hatte der Pfarrer 2 Freihufen. Der Lehnschulze besaß vier Hufen. Er mußte außerdem das Lehnpferd halten, für das er 1 "ferton" (= Vierdung = 1/4 Mark) geben mußte. Die Besitzgeschichte ist äußerst kompliziert. Der Lehnschulze mußte eine (Sonder-) Steuer von 27 Schillinge Pfennige Finkenaugen, vier Scheffel Roggen, drei Scheffel Gerste und sechs Scheffel Hafer an Ritter Hennigh de Zeyeser (Ziesar) bezahlen. Jede Hufe bezahlte an Pacht sechs Scheffel Rogen und 1 1/2 Scheffel Hafer, ausgenommen davon sind zwei Hufen, die acht Scheffel Roggen und 4 1/2 Scheffel Hafer bezahlen mußten. An Zins mußte jede Hufe drei Schillinge Finkenaugen entrichten, auch hier waren wieder zwei Hufen ausgenommen, die 7 1/2 Schillinge Finkenaugen als Zins entrichten mußten. Die Bede betrug für jede Hufe 3 Schillinge und 3 Pfennige Finkenaugen, 1 1/2 Viertel Roggen, 1 1/2 Viertel Gerste und 3 Viertel Hafer. Vier Hufen gaben 3 Mandeln, oder auch Mandelkorn. Es waren 11 Kossäten im Dorf ansässig, von denen vier je 2 Schillinge und 2 Hühner bezahlen mußten. Die anderen Kossäten gaben 1 Huhn und 1 Schilling. Außerdem mußten die Hüfner 31 Hühner abgeben (allerdings unter Einschluß der Hühner, die die Kossäten abgeben mußten). Die Abgaben des Kruges betrugen 16 Schillinge Finkenaugen. Folgende Personen waren Nutznießer der bäuerlichen Abgaben. Ein gewisser Helmyr hatte die Pacht und Zins von 10 Hufen von alters her vom Markgrafen als Lehen. Hennigh Stenow, Bürger in Beelitz hatte Pacht und Zins von 2 Hufen, ebenfalls als Lehen vom Markgrafen. Cune Schulte bezog Pacht und Zins von zwei Hufen, ebenso ein Altar in Beelitz. Pacht und Zins von vier Hufen gingen an Heyne Tolner, und ebenso von vier Hufen an einen Altar in Treuenbrietzen. Ein gewisser Slywener, Bürger in Beelitz war Nutznießer von Pacht und Zins von zwei Hufen; der Schulze von Michendorf von drei Hufen. Holst, ein Bürger in Spandau bezog Pacht und Zins von einer Hufe, Arnt von Sticken, zusammen mit seinem Bruder, Pacht und Zins von vier Hufen. Pacht und Zins von je zwei Hufen gingen an Nycolaus und Tyle Wulff und an den Vasallen Mukum. Die Bede, das Obergericht und die Wagendienste der Bauern standen Ritter Hennighus de Seyeser (Ziesar), der diese Rechte aber weiter an einen gewissen Stynen verliehen hatte. Dieser Stynen hatte sie aber wiederum an einen Bruseke und dieser an einen gewissen Falke weitergegeben, der sie gewaltsam ("violenter usurpavit") von Agneta Luders an sich gebracht hatte. Die v. Ziegesar blieben aber im Besitz des Dorfes bis 1582. In diesem Jahr kam es an die Familie v. Seelen. 1599 kam es in den Besitz der v. Bernewitz, die es bis 1690 hatten. Danach hatte es bis 1726 ein gewisser Barth, Bürger zu Berlin; von 1726 bis 1733 ein Girschner, von 1733-1737 ein Ludwig aus Magdeburg, dann eine Familie Schmidt, die das Gut um 1830/36 an die Familie Kaehne (ab 1840 von Kaehne) verkauften, und in deren Besitz es bis 1872 blieb. 1481 waren 10 Hufen unbebaut und es gab nur noch einen Kossäten im Dorf. Die Pfarre war schon 1459 Mutterkirche mit der Tochterkirche Reesdorf und gehörte zur Sedes Belzig.

Baustruktur: Die Dorfkirche in Brück ist ein Rechteckbau (Gesamtlänge ca. 24 m lang, 8 m breit) mit polygonalem Ostschluß. Allerdings ist die Kirche um ca.6,5 m nach Westen verlängert worden und hat auf diesem Teil einen quadratischen Fachwerkdachturm. Der Turmbereich ist durch eine Wand vom Schiffbereich abgetrennt. Turmraum und Schiff sind durch eine Tür miteinander verbunden. Die Länge der Südwand des Ursprungsbaus betrug somit nur etwa 15,20 m. An der Nordseite des Chorbereich wurde ein polygonaler Anbau angebaut. Die Kirche weicht mit magnetisch gemessenen 2-4° (an Nord- und Südseite) nach Südosten von der idealen Ost-West-Ausrichtung ab (Juli 2003).

Mauerwerksausführung: Der ursprüngliche Teil der Kirche ist ein Feldsteinbau. Die Westverlängerung wurde in Backstein ausgeführt. Die Backsteine haben das Format 26-26,5 x 13-14 x 7,5-8 cm. Die Mauerwerksausführung des Feldsteinbaus ist unregelmäßig mit viel Backsteinmaterial. Es sind gebogene Bruchstücke von Mönch-und-Nonne-Ziegeln oder Dachpfannen zu erkennen. Der Westgiebel ist in Ziegelfachwerk ausgeführt.

Mörtel und Putze: Der nach Westen verlängerte Teil der Kirche ist komplett verputzt, während der ursprüngliche Teil steinsichtig verputzt ist. Hier ist z.T. auch ein "Sprenkelputz" zu beobachten. In den Mörtel zwischen den Feldsteinen sind viele kleine Ziegelbruchstücke hineingedrückt worden, so daß der Putz mit roten Punkten gesprenkelt erscheint. Diese Verzierung findet sich öfter bei spätmittelalterlichen Kirchen. Ob es sich hier allerdings tatsächlich um eine Verzierung handelt, ist fraglich. Nach Burger (1998) waren diese Bereiche ursprünglich meist komplett überputzt.

Portale: Westlich des Nordanbaus wurde ein altes Portal mit Ziegelgewände zugesetzt. Der Bogen ist durch ein neueres Fenster angeschnitten; er war vermutlich spitzbogig. Die Ziegel haben das Format 28-29 x 13-13,5 x 9 cm. Der Bogen besteht bzw. bestand aus abwechselnd einem Läufer und zwei Bindern, die senkrecht auf der Bogenrundung stehen. Das Priesterportal in der Südwand ist spitzbogig mit einem Ziegelgewände. Die Ziegel haben das Format 28 x 13 x 8,5-9 cm. Die Tür ist mit alten, schmiedeeisernen Beschlägen besetzt. In der Südwand des Turmbereichs ist ein flachsegmentbogiges Portal.

Fenster und Blenden: Die Kirche besitzt in der Südwand fünf segmentbogige Fenster. Neben dem Turmportal sitzt ein kleines, flachbogiges Fensterchen. In der Nordwand sind vier segmentbogige Fenster westlich des Nordanbaus. Ein fünftes, westliches, ebenfalls flachbogiges Fenster ist kleiner und sitzt wesentlich tiefer (zur Beleuchtung des Raumes unter der Westempore). Die Kirche ist im Bereich der Fenster komplett verputzt. Die Südost- und Ostfacette des Chores weist jeweils ein rundbogiges Fenster in einer segmentbogigen Blende auf. Die Nordostfacette ist fensterlos. Im Westgiebel sitzt ein Rechteckfensterchen.

Innenbögen: Das Innere haben wir noch nicht gesehen.

Turm: Der Turm ist ein Giebelturm aus Ziegelfachwerk. Im Glockengeschoß sind auf jeder Seite eine rechteckige Schallöffnung. In der West- und Ostseite sitzt über der Schallöffnung noch ein Rundfenster. In der Nord- und Südseite sitzt dagegen ein kleines, rundbogiges Fensterchen unterhalb der Schallöffnung. Der Turm schließt mit Kugel und Windfahne ab. In der Windfahne ist die Jahreszahl 1887 eingestanzt.

Dächer: Der Turm hat ein Zeltdach, das mit Biberschwanzziegeln eingedeckt ist. Das Satteldach des Schiffes, das auf dem Chor entsprechend dem Chor polygonal geschlossen ist, ist mit Dachsteinen (in Form von Falzziegeln) gedeckt. Im Aushub des Grabens an der Nordwand des Schiffes nahe dem zugesetzten Nordportal fanden sich Bruchstücke von dicken Biberschwanzziegeln (2,7 cm dick).

Innenausstattung: Wir haben die Kirche noch nicht von innen besichtigen können. Der Innenraum wird von einer Holztonne mit Kassetten überwölbt.

Außenbereich: Im Bereich der Westverlängerung wurde ein einfacher, schmaler und niedriger Sockel beobachtet. Westlich der Kirche befinden sich an der Westwand des Kirchhofs noch ein altes Grabdenkmal für eine Familie Baade. Östlich der Kirche ist ein kleiner Grabstein für ein Geschwisterpaar Ruth (* 10.5.1930, + 29.4.1945) und Gerhard Plank (* 21.12.1931, + 10.7.1946). An der Südostecke des alten Kirchhofs befindet sich das Kriegerdenkmal.

Baugeschichte: Im Aushub des Grabens vor dem zugesetzten Nordportal fanden sich Bruchstücke einer mittelalterlichen, grauen Keramik.
Aufgrund des Mauerwerks und der Baustruktur dürfte die Kirche im 15. Jahrhundert errichtet worden sein. Allerdings sind im Mauerwerk gebogene Dachziegel vermauert worden, die die Existenz einer Vorgängerkirche sehr wahrscheinlich machen. Die ursprüngliche Kirche war ein Rechtecksaal mit polygonal geschlossenem Chor. Das Gemeindeportal lag auf der Nordseite, das Priesterportal auf der Südseite. Die Anzahl der Fenster auf Nord- und Südseite ist nur schwer zu erschließen, da die heutigen Fenster alle verändert sind. Es könnten bis zu fünf Fenster auf der Südseite gewesen sein, die an der Stelle der heutigen Fenster gelegen haben müßten, da keine alten Gewände erkennbar sind. Die Nordseite hatte maximal vier Fenster, da ein heutiges Fenster den Bogen des Gemeindeportales anschneidet. Im polygonalen Ostschluß hatte jede Facette ein Fenster. Mit einem ursprünglichen Westportal ist nicht zu rechnen.
1838 wurde die Kirche nach Westen verlängert und die nördliche Patronatsloge auf fünfseitigem Grundriß angefügt. Nach dem Dehio stammt der quadratische Fachwerkdachturm über dem Westgiebel vom Ende des 19. Jahrhunderts. 1966 wurde die Kirche renoviert. 2003 waren im Bereich des zugesetzten Nordportals die tieferen Teile des aufgehenden Mauerwerks durch einen Graben freigelegt. Die Fundamente waren noch nicht zu sehen. Im Aushub fanden sich mittelalterliche Scherben.

Vergleiche: Es gibt nur wenige spätgotische Kirchen in der näheren Umgebung, deren dreiseitig geschlossener Chor auch zum ursprünglichen Bauplan der Kirche gehört (z.B. Kanin, Radewege). Die Dorfkirche in Kanin ist etwas länger und breiter, der Chor ist jedoch flacher geschlossen. Die Dorfkirche Schwabeck wurde geringfügig nach Ost verlängert und erst nachträglich polygonal geschlossen. Auch andere Kirchen, die heute einen polygonalen Ostschluß haben, erhielten diesen erst in einer deutlichen späteren Baumaßnahme (z. B. Mörz, Hohenlobbese, Jeserig/Brandenburg u.a.).

Bemerkungen: Es ist etwas merkwürdig, dass die Nordostfacette des Chores fensterlos ist. In Höhe der Fenster ist aber ein Bereich mit kleinteiligem Feldsteinmauerwerk. Bei den zwei anderen Fenstern des Chorbereiches kommen noch große Feldsteine bis Fensterhöhe vor. Vielleicht wurde das Nordostfenster des Chores beseitigt und der Bereich geschickt mit kleinteiligem Feldsteinmauerwerk zugesetzt? Oder fehlte das Fenster schon primär? Die Frage ist im Moment nicht sicher zu entscheiden.
Der Datierung der Kirche ins 14. Jahrhundert durch das Historische Ortslexikon können wir nicht folgen. Grundriss, Mauerwerk und "Sprenkelputz" deuten eher auf das 15. Jahrhundert hin.
Das Dorf ist im Brandenburgischen Namenbuch nicht aufgeführt.

Information und Dank: -

Literatur: Fidicin (1860), Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd.3, Teil 3 Der Zauchische Kreis, S.38, Wentscher, E. 1928. Die Ortsherrschaften von Neuendorf bei Brück in der Mark. Archiv für Sippenforschung, 5: 263-266, 332-335, 372-375, 414-417, 6: 29-32, Wentscher, E. 1929. Kirche, Pfarrer und Küster in Neuendorf bei Brück. Archiv für Sippenforschung, 6: S.266-268, 341-344, Wentscher, E. 1938. Die Bevölerungsgeschichte eines mittelmärkischen Dorfes (Neuendorf bei Brück). Archiv für Sippenforschung, 15: S.289-292, 323-326, 361-365, Schulze (1940), Das Landbuch der Mark Brandenburg, S.204/5, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.301, Rohrlach (1977): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 5 Zauch-Belzig, S.290-292, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.27, Burger, H. (1998), Mittelalterliche Außengestaltung von Dorfkirchen im Land Brandenburg, S.Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.694.

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Potsdam: Neuendorf b. Brück. Bez. Potsdarn, Ldkr. Belzig Dorf-K. Im Kern ma. Feldsteinbau: Schiff mit 3seitigem OSchluß. 1838 nach W verlängert und n Patronatsloge auf 5seitigem Gr. angefügt. Der quadr. Fachwerk-Dachturm über dem WGiebel E. 19. Jh. Rest. 1966. Im Inneren hölzernes Tonnengewölbe. Empore im W und N, an letztere anschließend die Patronatsloge mit 2 pilastergerahmten Öffnungen (jetzt geschl.). - Einheitliche Ausstattung von 1838; der stattliche Kanzelaltar mit Säulen vor Pilastern; abschließend Glorie über verkröpftem Gebälk.

Dehio/Brandenburg: Neuendorf (bei Brück) Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5 Ev. Dorfkirche. Rechteckiger, im Kern spätgotischer Feldsteinbau mit dreiseitigem Ostschluß, jetzt verputzt. 1838 nach Westen verlängert und die nördl. Patronatsloge auf fünfseitigem Grundriß angefügt. Der quadratische Fachwerkdachturm über dem Westgiebel E. 19. Jh. Rest. 1966. Innen geprägt 1838: Hölzernes Tonnengewölbe, Empore im Westen und Norden, daran anschließend Patronatsloge (jetzt geschlossen). - Schlichter Kanzelaltar, wohl 1838.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Neuendorf bei Brück Dorfkirche Verputzter Feldsteinbau mit polygonalem Ostschluß, im Kern 15. Jh., nach Westen verlängert mit Turmaufsatz aus Fachwerk 1838, erneuert um 1890. Das Innere mit korbbogiger Holztonne über Voute; Emporen an der West- und Nordseite A. 19. Jh. - Kanzelaltar E. 18. Jh. Lesepult A. 19. Jh. Taufschale, Messing, um 1800. Leuchterpaar, Eisenguß, A. 19. Jh. Glocke 1690 von Martin Heintze, Berlin. 2 Gedenktafeln 1828 und 1856.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K verputzter Feldsteinbau mit polygonem Oschluß 14. Jh, nach W verlängert, mit Turmaufsatz aus Fachwerk von 1838, erneuert um 1890, Glocke von 1690.

Aufnahme der Kirche: September 2003

Grundriss:

Grundriss der Dorfkirche Neuendorf (bei Brück) (eigene Aufnahme; nicht winkeltreu).

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2004