Kirchenkreis Lehnin-Belzig
Diese Kirche gehört zur seltenen Gruppe der Apsissäle. Das Feldsteinmauerwerk weist eine gute Quaderung auf. Die Besonderheit der Kirche ist sicher ihre reiche Innenausstattung.
Lage der Kirche: Neschholz liegt nordöstlich von Belzig. Es ist vom Typ her ein Straßendorf (Hist. Ortslexikon). Die Kirche liegt am südlichen Ende des Dorfes umgeben vom Friedhof.
Ortsgeschichte: Der Ort wird 1385 erstmalig urkundlich erwähnt ("czu Eczholte"). Der Name ist von Eschholt = Siedlung am Eschenwald anzuleiten (Fischer, 1970). Neschholz gehörte bis 1807 zu Kursachsen; das Patronat gehörte dem sächsischen Kurfüsten. Das Ober- und Untergericht wurde von vor 1426 bis um 1550/52 von der Vogtei bzw. Pflege bzw. Amt Belzig ausgeübt. Ab 1550/52 kam es zum Amt Belzig-Rabenstein. 1542 hatte der Ort 25 Hufen, davon war 1 Hufe unbebaut. Die Pfarre war nachweislich seit 1450 Tochterkirche von Lüsse und gehörte zur Sedes bzw. Superintendentur Belzig. Über Pfarrhufen ist nichts verzeichnet. 1575 bezog der Pfarrer ein Dreißig Roggen, ein Dreißig Gerste, 15 Mandeln Hafer und 6 Mandeln Weizen als Zehnten. Der Küster hatte 24 Scheffel Korn und 59 Brote. 1506 hatte die Kirche 2 Morgen Wiese; 1591 waren 3 Morgen Wiese im Besitz der Kirche.
Baustruktur: Die Kirche ist ein Rechteckbau (18,80 x 7,40 m) mit einer relativ stark eingezogenen und schwach ausgewölbten Apsis (5,10 m breit, ca. 1,70 m ausgewölbt). Über dem Westportal ist ein Vorbau angebracht worden; dieser ist 2,70 m lang und 5,05 m breit. Deie Längsachse des Kirchenbaus weicht mit magnetisch gemessenen 2-4° nach Nordosten von der idealen Ost-West-Ausrichtung ab.
Mauerwerksausführung: Die Kirche ist ein Feldsteinbau. Die Mauerkrone wurde mit Ziegeln gemauert. Die Mauerwerksausführung ist lagig mit gut gequaderten Feldsteinen. Besonders die Ortsteine sind exzellent behauen. Die Kirche wurde um ca. 50 cm mit Ziegeln aufgestockt. Der westliche Vorbau hat einen Feldsteinunterbau (zwei Steinlagen) und darüber ein Ziegelmauerwerk. Der Westgiebel des Schiffs ist unregelmäßig aus Feldsteinen, der Ostgiebel überwiegend mit Ziegeln gemauert. Die Giebel des Anbaus an der Westseite sind aus Fachwerk.
Mörtel und Putze: Der westliche Vorbau ist ganz verputzt. Auch der Ostgiebel ist fast ganz verputzt. Ansonsten hat die Kirche einen schmalen Fugenputz.
Portale: Das segmentbogige Gemeindeportal in der Nordwand besitzt ein Ziegelgewände und ist teilweise zugesetzt; im oberen Teil sitzt ein segmentbogiges Fenster. Vermutlich wurde das Portal aber schon vor dem Zusetzen in Größe und Form verändert. Das Ziegelformat des Gewändes konnte nur unvollständig erfaßt werden (? x 12 x 6,3 cm). Das Priesterportal in der Nordwand ist mit Ziegeln zugesetzt und der obere Teil vom östlichen Fenster völlig abgeschnitten; die ursprüngliche Bogenform ist somit nicht mehr zu ermitteln. Die Ziegel, die zum Zusetzen benutzt wurden, haben unterschiedliche Formate. Im unteren Teil wurde das Format 27,5 x 13-13,5 x 8,5 cm gemessen, im oberen Teil 26 x 13 x 7 cm.
Fenster und Blenden: In der Nordwand des Schiffs sitzen drei große rundbogige Fenster mit Ziegelgewände. Das westliche Fenster schneidet ein älteres Fenster mit Ziegelgewände und Segmentbogen an. Die Ziegel des Gewändes des östlichen Fensters messen ? x 13,5 x 7 cm. Die Ziegel des angeschnittenen älteren Fensters messen ? x 14 x 8,5 cm. In der Südwand befinden sich ebenfalls drei große rundbogige Fenster mit Ziegelgewände. Über dem westlichen Fenster ist der Bogen eines älteren Fensters mit Ziegelbogen zu erkennen. Das mittlere und östliche Fenster schneiden jeweils ein zugesetztes, ursprüngliches Fenster mit Feldsteingewände an. Das zugesetzte östliche Fenster mißt 110 cm in der Höhe und 55 cm in der Breite. Die Apsisfenster sind rundbogig und mit Ziegeln gefaßt. Das unvollständig erfaßte Ziegelformat beträgt ? x 12 x 6 cm. Die Fenster messen 90 cm in der Höhe und 53 cm in der Breite. Die Schrägen wurden fast beseitigt. Das südliche Apsisfenster wurde am südlichen Gewände etwas verengt. Im Ostgiebel befindet sich eine kreuzförmige Öffnung. In der Westwand des Anbaus sind eine flachbogige Tür und zwei kleine hochrechteckige Fensterchen; in der Nord- und Südseite befindet sich je eine große rundbogige Blende, die bis an den Feldsteinsockel heranreicht. In der Blende sitzt ein kleines Schlitzfensterchen.
Innenbögen: Der Apsisbogen ist rundbogig.
Turm: Der Turm ist ein westlicher Dachturm, der den obersten Teil des Westgiebels abschneidet. Er ist in Ziegelfachwerk ausgeführt. Das Glockengeschoß hat auf Nord-, West- und Südseite je zwei eng nebeneinander stehende Schallöffnungen; in der Ostseite sind zwei kurze Fenster. Das Dach des Turmes schließt mit Kugel und Wetterfahne ab. In die Wetterfahne ist die Jahreszahl 1908 eingraviert.
Dächer: Die Apsis hat ein Halbkegeldach, das mit Biberschwanzziegeln gedeckt ist. Das Schiff besitzt ein Satteldach und der westliche Vorbau ein Pultdach mit Fledermausgaube. Der Turm trägt die Kombination Schweifdach, achtseitige Laterne und Schweifdach. Beide Turmdächer sind mit Biberschwänzen gedeckt.
Innenausstattung: Das Innere haben wir leider noch nicht gesehen. Die Kirche hat eine besonders schöne Innenausstattung. Ein gutes Foto und eine ausführlichere Beschreibung finden sich in Ibbeken (1999).
Außenbereich: In der Südostecke von Schiff und Apsis steht ein schmiedeeisernes Kreuz für eine Johanna Louise Tietz geb. Grabow (* 31.12.1847, + 21.3.1871).
Baugeschichte:
Baustruktur und Mauerwerksausführung wie auch die
Stilelemente datieren den Baubeginn in die 1. Hälfte des 13.
Jahrhunderts. Das Schiff hat(te) drei Fensterachsen; die Apsis hatte
die üblichen drei Fenster. Das Priesterportal und das
Gemeindeportal waren in der Nordwand. Vermutlich ist das mit der Lage
der Kirche im Ort zu erklären. Die Kirche liegt am Südende
des Ortes. Im 16. Jahrundert wurden das Priesterportal und ein oder
mehrere Fenster auf der Nordseite verändert. Das Priesterportal
hat im unteren Teil Ziegel mit einer Höhe von 8,5 cm. Auch die
Gewändeziegel des zugesetzten und jetzt vom barocken Fenster
angeschnittenen westlichen segmentbogigen Fensters haben eine Höhe
von 8,5 cm. Dies deutet auf eine Umbaumaßnahme in der 2. Hälfte
des 16. Jahrhunderts hin. Im Ostgiebel sind auf Traufhöhe des
Schiffes, aber unterhalb der neueren Ziegel (s.u.) stark verwitterte,
etwas größerformatige Ziegel verbaut. Wir konnten sie zwar
nicht vermessen, jedoch stammen sie möglicherweise von derselben
Baumaßnahme im 16. Jahrhundert. Wahrscheinlich stammt der
Dachturm aus dem 18. Jahrhundert. Er wurde 1908/09 renoviert.
Im
oberen Teil des Priesterportals sowie in den Gewänden der
heutigen Fenster sind dagegen Ziegel mit einer Höhe von 7 cm
vermauert. Laut Dehio geschah diese Baumaßnahme 1867.
Vermutlich zeitgleich wurden die Mauerkronen erhöht.
In der
Apsis wurden die ursprünglichen Fenster, die mit Sicherheit
Feldsteingewände hatten, verändert und erhielten
Ziegelgewände. Die Ziegel haben eine Höhe von 6 cm, was
darauf hindeutet, daß diese Baumaßnahme in der 2. Hälfte
des 19. Jahrhunderts ausgeführt wurde. Eventuell käme auch
noch das 20. Jahrhundert in Frage; die Veränderung wäre
dann zeitgleich mit der Restaurierung der Kirche 1907/09. Der Dehio
deutet die heutigen Apsisfenster als reromanisiert. Das wäre
möglich, doch können die Fenster vor ihrer Reromanisierung
nicht viel größer gewesen sein als die heutigen Fenster,
da der Feldsteinverband beiderseits der Fenster noch intakt ist. Es
wäre aber denkbar, dass die Fenster korbbogig waren und barocke
Ziegelgewände hatten. Im Zuge dieser Renovierung wurde auch der
heutige Turm erneuert und die westliche Vorhalle angefügt.
Vergleiche: In den absoluten Maßen und den Proportionen ist die Kirche sehr gut mit der Kirche in Lehnsdorf vergleichbar, ebenfalls ein Apsissaal. Diese ist nur geringfügig länger, aber auch etwas schmaler als die Kirche in Neschholz. Der Apsissaal in Haseloff ist dagegen um 2 m kürzer bei etwa gleicher Breite. Bei beiden Vergleichskirchen ist die Apsis stärker ausgewölbt.
Bemerkungen: In der Literatur gibt es kaum Diskrepanzen in der Datierung oder der Beschreibung.
Information und Dank: -
Literatur: Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 2 Die Ortsnamen des Kreises Belzig, S.61, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirk Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.301, Rohrlach (1977): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 5 Zauch-Belzig, S.279-282, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.27, Pfeifer (1997): Feldsteinkirchen im Fläming, S.82-3, Ibbeken (1999): Die Feld- und Bruchsteinkirchen des Fläming, S.119, 167, 168, Ibbeken und Pfeifer (1999): Feldsteinkirchen im Reisegebiet Fläming, S.20, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.692.
Ältere Beschreibungen:
Dehio/Potsdam: Neschholz Bez. Potsdam, Ldkr. Belzig Dorf-K. Kleiner spätrom. Feldsteinbau mit Apsis, 1. H. 13. Jh. Über dem WGiebel quadr. Dachreiter mit Schweifhaube und 8eckiger Laterne, vielleicht noch bar. Die Öffnungen von 1867, nur in der Apsis die urspr. Rundbogenfenster erh. Rest. und Anbau der w Vorhalle 1907/09. Das Innere flachgedeckt. Empore in W und N. - Altaraufsatz 17. Jh., Holz, das Altarblatt von Säulen und durchbrochenen Wangen flankiert, die Gemälde 19. Jh. Hölzerne Kanzel mit Ecksäulchen am polyg. Korb und an anschließender Pfarrstuhl, ebenfalls 17.Jh.
Dehio/Brandenburg: Neschholz Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5 Ev. Dorfkirche. Kleiner spätromanischer Saalbau mit Apsis, 1. H. 13. Jh. aus Feldsteinquadermauerwerk. Über dem Westgiebel neubarocker Dachreiter mit Schweifhaube und achteckiger Laterne von einer Restaurierung 1907/09; zugleich Erneuerung des Kirchendachs und Anbau der westl. Fachwerkvorhalle. Die Fenster 1867 flachbogig vergrößert, die der Apsis später reromanisiert. Innen geprägt von der einheitlich historisierend-eklektisch bemalten Neuausstattung 1908; Flachdecke, West- und Nordempore, Gestühl. - Hölzerner Altaraufsatz, Säulenarchitektur mit gesägten Wangen, 17. Jh., verändert. Hauptfeld und Predella Leinwandbilder E. 19. Jh., Gethsemane (Belzig, St. Briccius) bzw. Beweinung, im Aufsatz Kreuzigungsgemälde, stark übergangen. Hölzerne Kanzel mit Ecksäulchen am polygonalen Korb und anschließender Pfarrstuhl ebenfalls 17. Jh., 1908 verändert.
Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Neschholz Dorfkirche Rechteckiger Feldsteinbau mit Apsis, 1. H. 13. Jh., der Turmaufsatz aus Fachwerk, neubarock von 1908, gleichzeitig die westliche Vorhalle. - Altaraufsatz und Kanzel 2. H. 17. Jh., verändert 1909, gleichzeitig Emporen und Gestühl sowie die neubarocke Apsis- und Deckenmalerei. Taufgestell A. 19. Jh. Lesepult E. 17. Jh. Truhe mit schmiedeeisernen Beschlägen, 17./18. Jh.
Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K rechteckiger Feldsteinbau mit Apsis, 1. Hälfte 13. Jh, der w Turmaufsatz aus Fachwerk neubarock von 1908.
Pfeifer (1997): Neschholz zwischen Belzig und Brück. Dieses ist eine Kirche am Rande des kleinen Ortes. Sie gehört wieder zu denen, die durch ihr gutes Mauerwerk auffällt und besteht aus Langhaus und Apsis. Sie ist also eine von den kleinen Dorfkirchen aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Der barocke Dachturm aus Fachwerk ist verschönt mit Schweifhaube und achteckiger Laterne, die mit einem "Schweifhäubchen" abschließt. Die westliche Vorhalle entstand in der Zeit ihrer Restaurierung 1907/09. Es ist die gleiche Zeit der prätentiösen Behandlung des Innenraums, der mit seiner Pracht den Besucher völlig überrascht und entzückt. Die vorhandene barocke Ausstattung wurde mit einer fast überreichen Form- und Ornamentfassung versehen, die der äußere Eindruck dieser einfachen Kirche nicht erwarten läßt. Das Mobiliar umfaßt alle üblichen Bestandteile einer Kirche, einschließlich eines Pfarrstuhls. Die Farbabstimmung von Weiß, Grau und Blau wird akzentuiert durch sparsame Roteffekte und blitzende, kleine, vergoldete Streifen und Spitzen. Neben schmalen Farbstreifen, die allenthalben die Bildungsteile des Mobiliars begrenzen und einteilen, gibt es Bänder mit phantasievollen Ornamenten. Am reizvollsten jedoch sind die Blüten- und Blattformen, die die Fächer der Brüstungen füllen. Selbst die kassettenartig angelegte Kalotte (Rundung der Apsis) ist mit vielartigen Zweigen gefüllt. Kurz, ein Fest für die Augen. Neschholz steht ohne Frage an der Spitze von einigen hochinteressanten Kirchenrenovierungen in den ersten Jahren unseres Jahrhunderts, deren Existenz nur Einheimischen bekannt ist.
Ibbeken (1999)
(S.167): Neschholz liegt 7 km östlich von Belzig. Die
kleine, gut gequaderte Kirche stammt aus der ersten Hälfte des
13. Jahrhunderts, die Vorhalle von 1908. Der Dachturm mit
Schweifhaube und achteckiger Laterne ist vielleicht noch barock. Die
Fensteröffnungen sind von 1867. Ob das Mauerwerk des Westgiebels
in einen Vorgänger-Dachturm fortgesetzt war, was die Kirche zu
einem Dangelsdorf-Typ machen würde, ist nicht bekannt. Die
Kirche ist ausgemalt (...).Aufnahme von Südwesten.
(S.168)
Neschholz. Die Kirche besitzt eine besonders schöne Apsis, mit
drei originalen, wenngleich später in Backstein gefassten
Fenstern. Das Quaderwerk ist regelmäßig. Der Giebel der
Schiffswand, vielleicht war er baufällig oder eingestürzt,
ist in Backstein wieder aufgeführt und verputzt. Aufnahme von
Osten.
(S.119) Neschholz liegt 7 km östlich von Belzig
(...). Die kleine Kirche wurde zu Beginn dieses Jahrhunderts üppig
ausgemalt, barocke Formen imitierend. Die verhältnismäßig
umfangreiche Empore nimmt den ganzen Westen und Norden des Schiffes
ein. Ihre Brüstung ist in spitzbogige Felder geteilt, durch die
sich eine grüngelbe Girlande von Blättern und Blüten
in weiten Bögen schwingt, von einem langen Spruchband begleitet.
Zwei kunstvoll gedrechselte Spiralsäulen lenken den Blick an die
Decke, deren Tragebalken sich in zwei reichhaltigen Musterformen
abwechseln. Drei Deckenfelder zeigen ovale, wappenartige Formen mit
angrenzendem, reichem Blätterschmuck, die dazwischen liegenden
Felder kontrastieren mit mehr filigranen Mustern. Man sieht eher den
Prunkraum eines fürstlichen Schlosses als das Innere einer
Dorfkirche des Fläming.
Ibbeken und Pfeifer (1997): Neschholz liegt 7 km östlich von Belzig. Die kleine Kirche stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, die Vorhalle von 1908. Der Dachreiter mit Schweifhaube und achteckiger Laterne ist vielleicht noch barock. Die Fensteröffnungen sind von 1867. Aufnahme von Südwesten.
Aufnahme der Kirche:
Grundriss:
Grundriss der Dorfkirche Neschholz (eigene Aufnahme; nicht winkeltreu)..
©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003