Die Dorfkirche in Gortz ist eine spätgotische Rechteckkirche mit einem schönen östlichen Blendgiebel. An ursprünglichen Öffnungen haben sich erhalten: ein Südportal, das Fenster in der Ostseite und ein als Blende zugesetztes Fenster in der Südwand sowie ein Gewände eines weiteren, jetzt halb beseitigten Fensters ebenfalls in der Südwand. Die Inneneinrichtung stammt aus dem Anfang des 18. Jahrunderts.
Lage der Kirche: Gortz liegt nordöstlich von Brandenburg a. d. Havel. Es ist ein Straßen- oder Gassendorf, dessen Struktur durch die Anlage von Rittergüter verändert worden ist. Die Kirche liegt an der Durchgangsstraße und ist umgeben vom ehemaligen Friedhof.
Ortsgeschichte: Die Ortschaft wird erstmals 1313 indirekt erwähnt, als ein "Borgardo plebano in Gardyz" in einer Urkunde erscheint. 1334 wird das Dorf selber genannt ("villam Garditz"). Fischer (1977) deutet den Namen als polabisch "Gardec" oder "Gard" = Burg, umzäunter, befestigter Ort. 1375 hatte der Ort 34 Hufen, davon waren zwei Pfarrhufen. Claws Henneke hatte 5 Hufen zu seinem Hof. Jede Hufe mußte 9 Scheffel Roggen, 5 1/2 Scheffel Gerste und 6 1/2 Scheffel Hafer an Pacht aufbringen. Der Zins pro Hufe betrug 3 Schillinge, die Bede 3 Schillinge und 8 Pfennige. Die 14 Kossäten am Ort mußten 6 1/2 Schillinge bezahlen. Der Krug hatte ein Abgabe in Höhe von 1 Schilling. Die Fischer am Ort hatten 5 Schillinge abzugeben und 14 Schillinge für die andere Fischerei (nicht weiter spezifiziert). Der Kirche standen 6 Pfund Wachs zu. Das Wehr konnte nicht mehr gefunden werden ("gurgusticum non locatum"). Vom Weinberg am Ort war ein Abgabe in Höhe von 1 Schilling fällig. Nutznießer dieser Abgaben war ein Altar in der Altstadt Brandenburg, der 3 Frustra bezog. Pausin, ein Bürger in Nauen hatte ebenfalls 3 Frustra; Markow, Bürger in der Altstadt Brandenburg 1 1/2 frustra. Das Hohe und Niedere Gericht und die Wagendienste hatte Henneke als Lehen vom Markgrafen. Danach wechselten die Ortsbesitzer rasch: vor 1414 ein Ruck (Rauch), Bürger in Brandenburg, von 1414 bis ca. 1430 ein gewisser Trebbow. Von ca. 1430 bis 1817 war die Familie v. Brösicke im Besitz der Ortsherrschaft.
Baustruktur: Das Kirchengebäude besteht aus rechteckigem Schiff (16,90 m lang, 8,35 m breit) und später angebautem, stark eingezogenem, quadratischem Westturm (5,10 m lang, 5,20 m breit). Der Ostgiebel ist als Blendgiebel gestaltet. Die Längsachse der Kirche weicht magnetisch mit 10° nach Nordosten von der idealen Ost-West-Ausrichtung ab.
Mauerwerksausführung: Das Mauerwerk des Kirchenschiffes besteht überwiegend aus Feldsteinen, jedoch wurden für die Ecken auch Ziegelsteine verwendet. Das Mauerwerk ist unregelmäßig, nur gelegentlich sind noch Lagen angedeutet. Die verwendeten Feldsteine sind relativ groß und nur gespalten. In den Mauern sind Backsteine und Ziegelbruch eingemauert.
Mörtel und Putze: Die Kirche ist steinsichtig verputzt.
Portale: Die Kirche besitzt in der Südwand ein (jetzt zugesetztes) spitzbogiges, einmal abgetrepptes Gemeindeportal mir Ziegelgewände. Es hat einen Begleitbogen aus liegenden Läufern. Die Ziegel, mit denen das Portal zugesetzt worden ist, wirken relativ neu (von 1906?). Der einzige Zugang zum Kircheninneren ist durch das rundbogige Portal in der Westseite des Turmes.
Fenster und Blenden: In der Südseite des Schiffes sind zwei große segmentbogige Fenster mit Ziegelgewände. Der Segmentbogen ist jeweils in der Mitte gebrochen, so dass er eine leicht spitzbogige Form bekommt. Zwischen dem Gemeindeportal und dem westlichen Fenster sitzt eine segmentbogige, kleine Blende mit Ziegelgewände. Der Bogen ist einfach, mit einer Lage stehender Binder. Im östlichen Teil der Südwand ist ein zugesetztes, älteres Fenster mit Ziegelgewände vom östlichen Fenster etwa zur Hälfte abgeschnitten. Es hatte einen Begleitbogen aus liegenden Läufern. Die Nordwand weist drei große, segmentbogige Fenster auf, die in Größe und Form denen der Südseite gleichen. In der Ostseite ist ein relativ kleines, segmentbogiges Fenster mit einem einmal abgetreppten Ziegelgewände. Die Ziegel haben das Format 29-29,5 x 13-13,5 x 8,5 cm.
Innenbögen: Die Kirche hat keine Innenbögen.
Turm: Der Turm ist ein später angebauter, quadratischer, komplett verputzter Westturm aus Backstein mit Blenden und Eckgliederungen. Im Glockengeschoss ist in der Nord-, West- und Südseite je eine rundbogige Schallöffnung.
Dächer: Das Satteldach des Schiffes ist mit Falzziegeln gedeckt. Der Turm hat eine geschweifte, zeltdachartige Haube, die zweimal gebrochen ist. Das Turmdach ist verschiefert, z.T. aber auch mit Dachpappe repariert.
Innenausstattung: Das Kircheninnere haben wir noch nicht gesehen.
Außenbereich: Am Südportal im Ziegelgewände sind einige Näpfchenstrukturen (ca. 17 Stück) eingetieft worden.
Baugeschichte:
Aufgrund der Mauerwerksausführung und der Stilelemente der
Öffnungen sowie dem verwendeten Ziegelformat dürfte die
Kirche in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts (oder sogar noch
etwas später?) entstanden sein. Das Ostfenster mit Ziegelgewände
ist bereits recht klein und breit mit einem Segmentbogen und liesse
sich auch mit einem Baubeginn Anfang des 16. Jahrhunderts
vereinbaren. Das Fehlen eines Priesterportals deutet jedenfalls auf
einen eher späten Baubeginn hin.
Der Ursprungsbau war eine
Rechteckkirche mit nur einem Südportal, vielleicht auch einem
Westportal. In der Ostwand war definitiv nur ein Fenster. Auch der
östliche Blendgiebel dürfte bauzeitlich sein. In der
Südwand ist ein ursprüngliches Fenster als Blende
zugesetzt, ein weiteres ursprüngliches Fenster ist durch den
Einbruch des östlichen Fensters zum großen Teil zerstört
worden. In der Nordwand sind keine Reste älterer Fenster zu
erkennen.
1706-24 ist die Kirche völlig erneuert und um den
quadratischen, verputzten Westturm mit geschweiftem Zeltdach ergänzt
worden. Wahrscheinlich wurden auch korbbogige Fenster eingesetzt.
Diese wurde allerdings bei einer der nächsten, umfassenden
Renovierungen wieder beseitigt.
1836 wurde die Kirche in Gortz
von Zimmermeister Sittel zu Hocken "ausgebaut" und die
Eingangspforte an der Westseite gefertigt. Im selben Jahr wurde auch
eine Orgel von Orgelbauer Hase um 330 rtlr gekauft. Der Turm wurde
neu geputzt und eine Turmkugel auf der Turmspitze angebracht.
1866
mußte eine Turmreparatur vorgenommen werden. Einige Balken
waren verfault und mußten ersetzt werden. Die hölzernen
Dachschindeln waren ebenfalls bereits stark beschädigt. Daher
wurde das Turmdach mit Schieferplatten neu eingedeckt. Die Kosten
betrugen 200 rtlr. Auch die Turmuhr wurde repariert (Janowski, 2003).
1906 fand eine umfassende Renovierung der Kirche statt.
Vermutlich stammen die heutigen Fenster von diesem Umbau bzw. wurden
die barocken Fenster mit neuen Gewänden versehen und in der Form
dem östlichen Fenster angepaßt. Dies schließen wir
aus den großen Reparaturbereichen um und über den
heutigen, historistischen Fenstern (1906).
Im Februar 2002 waren
Gerüste am Turm angebracht.
Vergleiche: Die Kirche liegt mit ihren Maßen von 16,90 m Länge und 8,35 m Breite und dem daraus resultierenden Längen-/Breiten-Index von 2,03 eigentlich im Feld der frühgotischen Kirchen. Allerdings haben wir in unserer Tabelle überwiegend Kirchen aus dem Fläming und dem Teltow. Das könnte bedeuten, dass wir es hier mit einer anderen Gruppe von Rechteckkirchen zu tun haben. Es ist aber auch vorstellbar, dass die spätgotische Steinkirche auf dem Grundriss einer frühgotischen, in Holz oder Fachwerk ausgeführten Vorgängerkirche errichtet wurde.
Bemerkungen: In der einschlägigen Literatur sind die Daten zum Baubeginn eher vage gehalten ("gotisch" oder "spätgotisch"). Wir vertreten eine sehr späte Entstehung der Kirche (s.o.). Auffallend ist die Diskrepanz in der Datierung des Westturms zwischen dem "Dehio" (1706-24) und dem "Historischen Ortslexikon" (1619). Der Turm ist in der heutigen Form ein typischer Barockturm.
Information und Dank: -
Literatur: Eichholz und Spatz (1913), Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Band 2, Teil 1, Die Kunstdenkmäler des Kreises Westhavelland, S.40-42, Neye, K. 1920. Brände in Gortz. Havelländischer Heimatkalender, 12: 86-88, Schulze (1940), Das Landbuch der Mark Brandenburg, S.172, Enders (1972): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 3 Havelland, S.137-9, Fischer (1976), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 4 Die Ortsnamen des Havellandes, S.123/4, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.40, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.207, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.375, Janowski, Bernd 2003. Ein Schadensbericht von 1866, der heute wieder aktuell ist. Alte Kirchen, Mai 2003, S. 9.
Ältere Beschreibungen:
Dehio/Potsdam: Gortz Bez. Potsdam, Ldkr. Brandenburg, Inv. Prov. Brandenburg, Westhavelland. Dorf-K. Spätgot. rck. Feldsteinbau unter Verwendung von Backstein für den blendengeschmückten OGiebel und die Gebäudeecken, auch die Öffnungen jetzt backsteingefaßt, original nur das gestufte Spitzbogenportal und ein kleines Fenster auf der SSeite. Nach Brand 1706-24 die K. wiederhergestellt, aus dieser Zeit der quadr. WTurm mit geschweiftem Zeltdach. Im flachgedeckten Inneren WEmpore mit neugot. Orgelprospekt. Hölzerner Kanzelaltar in Verbindung mit Chorempore, um 1724, der 5seitige Korb, von weinlaubumwundenen Säulen und Schnitzwangen flankiert, unter segmentbogigem Giebel. Taufschale, messinggetrieben mit Verkündigungsgruppe, wohl 16. Jh.
Dehio/Brandenburg:
Gortz Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5
Ev. Dorfkirche.
Spätgotischer rechteckiger Feldsteinbau, nach Brand 1706-24
erneuert und um quadratischen, verputzten Westturm mit geschweiftem
Zeltdach ergänzt. Umfassende Rest. 1906. Gebäudeecken und
blendengeschmückter Ostgiebel aus Backstein. Südl.
spitzbogiges Stufenportal und kleines mittelalterliches Fenster,
zugesetzt, die übrigen Fenster neugotisch. Innen flachgedeckt;
Westempore mit neugotischem Orgelprospekt. - Auf mittelalterlicher
Blockmensa hölzerner Kanzelaltar in Verbindung mit Chorempore,
um 1724, der fünfseitige Korb von weinlaub- und ährenumwundenen
Säulen und Schnitzwangen flankiert unter segmentbogigem Giebel.
Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Gortz Dorfkirche Spätgotischer rechteckiger Feldsteinbau mit östlichem Blendengiebel in Backsteinmauerwerk, 1704/24 ausgebaut, aus dieser Zeit auch der quadratische Westturm. - Kanzelaltar mit Chorempore 1724. Westempore und Orgel 19. Jh. Gestühl 18. Jh. Taufschale, Messing, 16. Jh. Leuchterpaar, Messing, 16. Jh. Glocke 1718 von C. Heintze, Berlin.
Historisches Ortslexikon für Brandenburg: Gotische FeldsteinK in Saalform mit Backsteinkanten, Korbbogenfenster, an SSeite alte Spitzbogentür, OGiebel aus Backstein, Barockturm vor WGiebel von 1619.
Aufnahme der Kirche: Februar 2002
Grundriss:
Grundriss der Dorfkirche Gortz (eigene Aufnahme; nicht winkeltreu)
©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003