Belzig/St. Briccius (ehem. Burgkirche) (jetzt Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Lehnin-Belzig

Diese Kirche bzw. ihr Vorgängerbau wird bereits 1161 urkundlich genannt. Der heutige Bau stammt in seinen ursprünglichen Teilen wohl aus dem 14. Jahrhundert. Eingreifende Umbauten fanden im 15. Jahrhundert. Sehenswert sind Kanzel und Altar aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts.

Patrozinium: St. Briccius. Vermutlich haben flämische Siedler diesen Namen mitgebracht. Vielleicht ist die Kirche nach Brictius zu Esche genannt, einem Kind, das zusammen mit seiner Mutter Craphaildis im Jahre 659 in dem flandrischen Dorf Esche bei Ninove den Martertod starb (Beissel, 1991). Denkbar wäre aber auch, daß die Kirche nach Briktius, Bischof von Tours benannt ist. Denn dieser Heilige des 4./5. Jahrhunderts war der Patron vieler rheinischer Kirchen. Es ist deshalb vorstellbar, daß Siedler aus einem Ort mit Briktius-Patrozinium (Briktius von Tours) den Namen nach Belzig brachten.

Lage der Kirche: Die Stadt Belzig entstand aus zwei Siedlungskernen, einer Marktsiedlung um die Marienkirche (an der Handelsstraße von Magdeburg-Berlin), und dem Ort Sandberg, einem Suburbium der Burg Eisenhardt, die südlich des Stadtkerns von Belzig liegt. Die Briccius-Kirche liegt nahe der Burg Eisenhardt, auf einer im Norden und Nordwesten verhältnismäßig steil sich erhebenden Anhöhe, dem Bricciusberg, im ehemaligen Vorort Sandberg und ist von einem Friedhof umgeben.

Ortsgeschichte: Die Kirche wird 1361 anläßlich einer Altarstiftung erstmals urkundlich erwähnt. Aufgrund des Patroziniums ist jedoch anzunehmen, daß sie viel älter ist (aber nicht der heutige Bau!). Um 1450 waren mindestens zwei Altäre, ein Marien-Altar und ein Altar, der der hl. Maria Magdalena geweiht war, in der Kirche vorhanden (nach Hist. Ortslexikon).

Baustruktur: Der Kirchenbau ist eine Rechteckkirche (ca. 20,40-21,00 m lang, 9,10 m breit) mit fünfseitigen Chor an der Ostseite. Der jetzige Chor wurde aber erst nachträglich an die Kirche angefügt und 1619 geweiht. Die Kirche weicht magnetisch um ca. 10° nach Nordosten von der idealen Ost-West-Ausrichtung ab.

Mauerwerksausführung: Der Kernbau ist ein Feldsteinbau. Der nachträglich angefügte Chor besteht aus Backstein. Das Ziegelformat beträgt 26,5 x 13,5 x 8 cm. Allerdings stammen nur noch Ost- und Westwand sowie die untersten Partien der Seitenwände vom Ursprungsbau. Das Mauerwerk des Kernbaus ist lagig, mit nur außen behauenen oder gespaltenen Feldsteinen. Der Westgiebel ist völlig unregelmäßig mit kleinformatigen, unbehauenen Feldsteinen gemauert. Die Kirche wurde zudem um ca. 120 cm erhöht. Im Ostgiebel ist der ursprüngliche Giebel und die Erhöhung in Ziegeln deutlich zu sehen. In der Westwand ist die Erhöhung nicht so deutlich zu sehen, da hier die Aufstockung mit unregelmäßigem Feldsteinmauerwerk ausgeführt wurde. Die Seitenwände wurde ebenfalls mit einem unregelmäßigen Feldsteinmauerwerk erhöht, das aber viele Bruchstücke von gebogenen Dachziegeln enthält. Der Kirchenbau hat Stützpfeiler an den beiden Westecken (nach Südwesten und Nordwesten zeigend), der Nordostecke sowie vier Stützpfeiler an der Südwand und zwei Stützpfeiler an der Nordwand. In den Stützpfeilern der Südwand wurden Ziegel mit dem Format 27 x 13 x 7,5 cm verwendet. Nach dem Ziegelformat zu urteilen handelt es sich bei den Stützpfeilern um barocke Zutaten bzw. um barocke Ausbesserungen. Die Wandstärke beträgt (an der Nordwand gemessen) ca. 1 m.

Mörtel und Putze: Der Kernbau ist steinsichtig verputzt. Der Chor besitzt einen Ganzputz.

Portale: Die Kirche besitzt bzw. besaß wahrscheinlich auch ursprünglich nur zwei Portale. Das Gemeindeportal in der Nordwand befindet sich in der westlichen Hälfte des Schiffes. Es ist rundbogig, aber das Gewände ist verputzt, so dass über die ursprüngliche Form im Moment nichts ausgesagt werden kann. Das Gewände des Priesterportals auf der Nordseite ist ebenfalls verputzt. Es hat ein Ziegelgewände mit 8 cm hohen Ziegeln.

Fenster und Blenden: Die Südseite weist vier breite, spitzbogige Fenster mit Ziegelgewände auf. Es wurden unterschiedliche Ziegel verwendet. Vermutlich sind die ursprünglichen Ziegel 9,5 cm hoch. Die anderen Ziegel messen 27-28 x 13,5-14 x 7-8 cm und stammen von einer Reparatur. Die Fenster haben innen eine Birnstabrahmung. Der Bogen besteht aus zwei Lagen von jeweils stehenden Bindern. Die Nordseite hat drei kurze, hochsitzende, flachsegmentbogige Fenster mit flachen Schrägen. Vermutlich handelt es sich um spätrenaissancezeitlich veränderte Fenster, denn im Chor sitzen ähnliche Fenster. Die unterschiedliche Form der Fenster auf Nord- und Südseite rührt von einer nur auf der Nordseite befindlichen Empore her. Westlich neben dem Gemeindeportal auf der Nordseite ist der untere Teil eines Ziegelgewändes eines zugesetzen Fensters (oder einer Nische?) zu erkennen. Der obere Abschluß des Fensters (oder der Nische?) ist zerstört. Die Ziegel haben das völlig ungewöhnliche Format von 23-23,5 x 13 x 7 cm. Im Chor sitzt auf den Südost- und Nordostseiten je ein spitzbogiges Fenster; das Fenster in der Ostseite ist zugesetzt. Nördlich neben dem Turm sitzt in der Ostwand ziemlich nahe dem First eine zugesetzte Rundöffnung. Im Westgiebel ist ein rechteckiges Fenster, darüber befindet sich eine zugesetzte Nische mit Ziegelgewände.

Innenbögen: Chor und Schiff sind durch einen spitzbogigen "Triumphbogen" miteinander verbunden. Dieser ist jedoch sicher erst mit dem Anbau des Chores entstanden. Er besitzt eine Weite von 3 m.

Turm: Die Kirche hat ein sechsseitiges, Dachreiter-artiges Türmchen über dem Chor. Das Glockengeschoß ist verschiefert mit je einer Schallöffnung auf der Nordost-, Ost- und Südostseite. Das Türmchen schließt mit Knopf und Windfahne ab.

Dächer: Das Satteldach des Schiffes ist auf der Südseite mit Doppelbiberschwanzziegeln gedeckt, auf der Nordseite mit einfachen, alten Biberschwanzziegeln. Auch das Chordach ist mit einfachen Biberschwanzziegeln eingedeckt. Das verschieferte Türmchen über dem Chor trägt eine verschieferte Schweifhaube.

Innenausstattung: . Die Kirche besitzt eine mit floralen Elementen bemalte Flachdecke. Der "Dehio/Brandenburg" datiert sie mit 1663. Der Chorbereich zeigt das mit Engelsköpfen umgebene Auge Gottes.
Der Fußboden ist in den Eingangsbereichen der beiden Portale, im Mittelgang und vor dem Altar mit quadratischen Ziegelplatten des Formats 25,5 x 25,5 cm ausgelegt. Unter dem z.T. entfernten Gestühl befindet sich bzw. befand sich ein Ziegelfußboden. Das (unvollständig erfaßte) Format dieser Ziegel beträgt 27 x 14 x ? cm; wohl ein barockes Format.
Die
Kanzel mit polygonalem Kanzelkorb und viereckigem Fuß stammt aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Der Korb besitzt Ecksäulchen und Rollwerkdekor; in den Feldern mit diamantierter Rahmung die Bilder der Evangelisten (Matthäus, Markus, Lukas und Johannes) und des Apostels Paulus.
Der
hölzerne Altaraufsatz stammt wie die Kanzel aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Im von Säulen und Sägewangen flankierten, rundbogigen Hauptfeld befindet sich ein spätnazarenisches Gemälde (Jesus in Gethsemane), im Aufsatz ein Himmelfahrtsgemälde Die Altar- und Kanzelbilder wurden 1861 angeschafft.
Zur Zeit unserer Besichtigung befand sich kein Taufbecken in der Kirche.
Aus den Unterschieden in der Fußbodenauslegung läßt sich schließen, dass sich früher auch im östlichen Teil der Südseite Gestühl befunden hat, das dann entfernt worden ist.
Die Kirche besitzt Emporen auf der West- und Nordseite. Die Westempore ist mittig ausgebaucht. Ihre Kassetten sind mit floralen Elementen bemalt, die Ausbauchung enthält den
Schriftzug "Das ist ein köstlich Ding danken und lobsingen Deinem Namen Du Höchster". Unter der Nordempore und noch östlich des östlichen Nordportals zeichnet sich in der Nordwand eine Schräge ab, die nur von einem inzwischen beseitigten Treppenaufgang zur Nordempore herrühren kann.
Auf der Westempore steht die relativ kleine Orgel. Diese wurde 1949 von der Orgelbauanstalt Alexander Schuke in Potsdam hergestellt. Sie mußte 1990 von derselben Firma, die jetzt von Matthias Schuke, dem Enkel des früheren Firmeninhabers, geleitet wird, restauriert werden. Im östlichen Teil der Nordwand sind zwei Epitaphe an der Wand aufgestellt. Das westliche Epitaph ist für
Hennig von Falkenreder (+ 1606) und für ein weibliches Mitglied derer von Königsmarck. Die östliche Wand des Altarraumes enthält einen weiteren Grabstein mit dem Reliefbild eines Kindes Elisabeth Gruner (+ 1576). Die beiden Fenster in den Südost- und Nordostfacetten des Chores sind farbige Glasfenster.

Außenbereich: Der Friedhof um die Kirche ist noch in Benutzung.

Baugeschichte: Die Kirche wird 1361 erstmals urkundlich erwähnt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich diese Nennung bereits auf diesen Kirchenbau bezieht. Nach der Mauerwerksausführung (Lagen aus gespaltenen, nicht gequaderten Feldsteinen in einem dicken Mörtelbett) ist der heutige Bau wohl der 1. Hälfte des 14. Jahrhundert zuzuordnen. Allerdings sind von diesem Bau nur Ost- und Westwand sowie die unteren Partien von Nord- und Südwand erhalten.
Der ursprüngliche Bau war eine Rechteckkirche mit Priester- und Gemeindeportal auf der Nordseite. In der Nord- und Südwand waren max. je drei Fenster. Es könnten auch weniger Fenster gewesen sein, da in gotischer Zeit die Fensteranordnung auf Nord- und Südseite oft asymmetrisch war. Die breit-spitzbogigen Fenster der Südseite passen aber nicht zu einem Bau des 14. Jahrhunderts und zu dieser Mauerwerksausführung. Hier würde man eher kleine, spitzbogige Fenster mit geringer lichter Weite erwarten.
Auf der Nordseite sieht man noch Ziegelgewände von schmalen ursprünglich relativ tiefsitzenden Fenstern, deren Bögen abgeschnitten sind. Es könnten Fenster eines gotischen Wiederaufbaus sein, vor der Zeit der Aufstockung, da sie sehr tief ansetzen. Dagegen spricht allerdings das ungewöhnliche, sehr kleine Ziegelformat von 24 x 12 x 8 cm der Gewände. Sie können aber auch nicht die Fenster des Ursprungsbau des 14. Jahrhunderts sein, da sie bereits in einer Mauerpartie sitzen, die unregelmäßig gemauert ist (mit Ziegelbruch) und als Wiederaufbau anzusprechen ist. Möglicherweise steht das an Nord- und Südseite zu beobachtende unregelmäßige Mauerwerk mit Ziegelbruch über den Mauerpartien des Ursprungsbaus des 14. Jahrhunderts in Zusammenhang mit der Belagerung der Burg Eiserhardt durch Truppen des Erzbischofs von Magdeburg in den Jahren 1394 und 1406. Es könnte sich um einen Wiederaufbau Anfang des 15. Jahrhunderts handeln.
Wir nehmen an, dass die breit-spitzbogigen, relativ großen Fenster der Südseite mit inneren Birnstabrippen zu einer umfassenden Renovierung des späten 15. Jahrhunderts gehören. Die Fenstergewände enthalten unterschiedliche Ziegelformate, darunter auch Ziegel mit einer Höhe von 9,5 cm. Wahrscheinlich war dieser Umbau mit einer Erhöhung der Mauerkronen um 120 cm und einer Einwölbung des Inneren verbunden. Die barocken Stützpfeiler an den Nord- und Südwänden (s.u.) könnten im Kern gotische Strebepfeiler enthalten (oder sein). Ab 1465 wurde die Burg Eiserhardt stark erweitert. Die Umgestaltung der Briccius-Kirche könnte damit im Zusammenhang gebracht werden.
Im Schmalkaldischen 1547 wurde Belzig von spanischen und ungarischen Truppen gebrandschatzt und geplündert. Es wäre denkbar, dass auch die Briccius-Kirche in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Anfang des 17. Jahrhunderts wurde die Kirche umgebaut und der Chor angefügt. Dieser wurde 1619 geweiht. Die kleinen, segmentbogigen und hoch sitzenden Fenster auf der Nordseite stammen sehr wahrscheinlich von diesem Umbau 1618/9. Sie sind deshalb so kurz, da gleichzeitig auch die Nordempore eingebaut worden ist. Kanzel und Altar stammen ebenfalls aus dieser Zeit.
1636 zerstörten schwedische Truppen die Stadt Belzig, auch die Briccius-Kirche wurde dabei vermutlich beschädigt. 1663 wurde die Kirche wiederhergestellt. Sie erhielt nun eine Flachdecke (nach Pfannenstiel). In den Stützpfeilern der Südwand sind überwiegend Ziegel des Formats 27 x 13 x 7,5 cm verwendet worden. Sie könnten von dieser Erneuerung stammen. Es sind keine gotischen Ziegel und das Format stimmt auch nicht mit dem Ziegelformat des Chores überein.
1826 wurden Renovierungsarbeiten durchgeführt, wobei eine Empore und die sogenannten Frauenstühle erneuert wurden. Auch 1861 war eine Renovierung im Inneren durchgeführt worden.
Von den Erneuerungsarbeiten in den Jahren 1905-1906 sind bedeutsam die Ausmalung im Inneren und die ornamentalen Malereien an der Decke sowie an den Emporenbrüstungen. Aus neuerer Zeit sind zu erwähnen 1974: Neudecken des Daches des Schiffes an der Südseite und des Altarraumes mit Klosterformatbibern und Ausbesserung des Daches des Schiffes an der Nordseite, Instandsetzung der Strebepfeiler, wobei für die an der Nordseite das Fundament erneuert wurde; 1975/76: malermäßige Überholung (Festigung) der Decken-und Emporenmalerei, Neuanstrich der Wände, der Treppenanlage und der Türen. Restaurierung des Altaraufsatzes und der Kanzel.
Ausmalung im Herbst 1990

Vergleiche: Die Bricciuskirche ist eine verhältnismäßig lange Kirche mit einem Längen-Breiten-Verhältnis von 2,31. Mit diesem Längen-Breiten-Verhältnis ähnelt sie den Dorfkirchen in Großglienecke, Rietz und Jeserig/Brandenburg. Allerdings ist die erste Kirche deutlich größer, die beiden letzten Kirchen deutlich kleiner. Am besten ist die Bricciuskirche mit den Dorfkirchen in Diedersdorf und Jühnsdorf (Lkr. TF) vergleichbar, die mit Längen von 20,20 m bzw. 20,80 m und Breiten von 9,20 m und 9,80 m recht gut mit den Maßen und Proportionen der Bricciuskirche übereinstimmen.
Der fünfseitige Chor ist sehr ähnlich dem Chor der St. Gertraud-Kapelle in Belzig. Beide Kirchengebäude sind etwa zur selben Zeit umgebaut worden.

Bemerkungen: Kanzel und Altar zeigen typische Renaissance-Formen. Diese beiden Prinzipalstücke dürften daher nicht erst 1663 entstanden sein wie Pfannenstiel behauptet, sondern sie stammen bereits aus der Zeit des Umbaus von 1619 (vgl. auch Dehio).
Ein Briccius-Patrozium ist auch für die Dorfkirche in Cracau (Magdeburg) überliefer (cf. Wernicke, 1898).

Information und Dank: -

Literatur: Kuhlmey (1929), Von der Erneuerung der drei Belziger Gotteshäuser vor dem Dreißigjährigen Krieg. Heimatkalender Zauch-Belzig, 5: 72-74, Demmel (1940), St. Briccius, ein uraltes Flämingkirchlein. Zauche- und Fläming-Heimat, 7(6): 3ff., Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 2 Die Ortsnamen des Kreises Belzig, S.27, Rohrlach (1977): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 5 Zauch-Belzig, S.24, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.16, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.129, Beissel (1991), Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland im Mittelalter, S.41, Pfannenstiel (1992), Feldsteinkirchen im Hohen Fläming - steinerne Zeugen christlichen Glaubens, 2. Bd., S.7-13, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.63.

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Potsdam: Briccius-K. im ehem. Vorort Sandberg unweit der Burg. Diese 1161 gen, die K. wohl im Zuge der Ostkolonisation als erste in der Gegend entstanden. - Jetzt 1sch. flachgedeckter Feldsteinbau, 15. Jh. Der schmale 5seitige Chor mit 6eckigem Dachreiter und kleiner Schweifhaube von einer Rest. A. 17. Jh. Weihe 1619. Gleichzeitig in der SWand große Spitzbogenfenster eingesetzt und im Oberteil der NWand in Backstein mit veränderten Fenstern (der Empore wegen) erneuert. Innen Balkendecke von 1663 sowie Empore an der W- und NSeite um 1619. Die Bemalung beider im 20. Jh. erneuert. Hölzerner Altaraufsatz A. 17. Jh., die rundbogig gerahmten Gemälde in Hauptfeld und Aufsatz, Gethsemane- und Himmelfahrtsdarstellung, von Säulen und Beschlagwerkwangen flankiert; das Hauptfeld spätnazarenisch. Mit dem Altar wohl gleichzeitig die hölzerne Kanzel der polyg. Korb mit Säulchen und Rollwerkdekor; in seinen Feldern mit diamantierter Rahmung die Bilder der Evangelisten und des Apostels Paulus; Schalldeckel. 2 Figurengrabsteine, für H. v. Falckenreder + 1606 und für ein weibliches Mitglied derer v. Königsmarck, 17. Jh. Kindergrabstein E. Gruner + 1576.

Dehio/Brandenburg: Belzig Ev. Bricciuskirche, im ehem. Vorort Sandberg unweit der Burg, erwähnt 1361 (Altarstiftung). Saalbau aus Feld- und Backstein, im Kern spätgotisch, A. 17. Jh. erneuert (Weihe 1619) mit schmalem Altarhaus über sechsseitigem Grundriß (vgl. Gertraudenkapelle) und hohem Dachreiter mit kleiner Schweifhaube. Auf der Nordseite flachbogige Fenster aus dieser Zeit, südl. große Spitzbogenfenster, wohl im 19. Jh. verändert. - Innen Balkendecke mit Schiffskieldekor (1663), Emporen an der West- und Nordseite über gebauchten Holzsäulen, um 1619. Die Polychromierung von Decke und Einbauten sowie des Chorbogens im 20. Jh. erneuert. - Hölzerner Altaraufsatz A. 17. Jh. Im von Säulen und Sägewangen flankierten, rundbogigen Hauptfeld spätnazarenisches Gemälde (Gethsemane), im Aufsatz Himmelfahrtsgemälde, stark übergangen. Kanzel A. 17. Jh.; der polygonale Korb mit Ecksäulchen und Rollwerkdekor, in seinen Feldern mit diamantierter Rahmung die Bilder der Evangelisten und des Apostels Paulus. Zwei Figurengrabsteine, für Henning v. Falckenreder (+ 1606) und für eine Frau v. Königsmarck, 2. H. 17. Jh. Kindergrabstein Elisabeth Gruner (+ 1576).

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Briccius-Kapelle In der Nähe der Burg. Rechteckiger Feldsteinbau des 15. Jh. Ostpolygon mit Türmchen darüber, A. 17. Jh. - Altaraufsatz mit Gemälden, Kanzel und Emporen, A. 17. Jh. Leuchterpaar, Zinn, 1822. Glocke 1618 von Heinrich Borstelmann, Magdeburg. 3 figürliche Epitaphien: 1576, 1606 und 1. H. 17. Jh.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: Bricciuskapelle rechteckiger Feldsteinbau mit Polygon und Türmchen Anfang 17. Jh, Glocke von 1618.

Pfannenstiel (1992): Die Bricciuskirche in Belzig Auf einem Höhenrücken südlich der Kreisstadt Belzig liegt die Burg Eisenhardt. Als eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten dieser Stadt ist sie auch über deren Grenzen hinaus bekannt. Das Belziger Stadtbild wird bis zu einem gewissen Grad von ihr beherrscht. Sie ist erstmals im Jahre 1161 erwähnt in einer Urkunde des Bischofs Wilmar von Brandenburg über die Gründung des Brandenburger Domkapitels. Es bezieht sich aber diese Zeitangabe auf eine noch früher vorhanden gewesene kleinere Burg, wie der Bergfried und die an diesen angrenzenden Feldsteinreste bezeugen. Diese bis in die heutige Zeit erhaltenen baulichen Bestandteile befinden sich auf dem Freigelände innerhalb der jetzigen Burganlage. Der Bergfried, im Volksmund "Butterturm" genannt, ist neben dem hohen Turm der Marienkirche ein Wahrzeichen Belzigs. In den Räumen der jetzigen Burg befinden sich das Heimatmuseum, eine Jugendherberge und die Berufsschule. Nahe der Burg auf der Kuppe einer im Norden und Nordwesten verhältnismäßig steil sich erhebenden Anhöhe, dem Bricciusberg, liegt eine Kirche, welche Bricciuskirche genannt und von einem Friedhof umgeben wird.
Wir wollen versuchen, etwas über den Ursprung ihres Namens und über ihre Geschichte zu erfahren. Ein kleiner geschichtlicher Rückblick soll dazu helfen.
Im Mittelalter hatte König Heinrich I. während seiner Regierungszeit (919-936) den von Karl dem Großen begonnenen Kampf gegen das slawische Volk der Wenden östlich der Elbe wieder aufgenommen. Ein besonderer Volksstamm der Wenden waren die Heveller im Gebiet an der Havel und an der Spree. Der König eroberte ihre Festung, nämlich das heutige Brandenburg, und stellte die von Karl dem Großen zum Schutz der Grenzen gegründete Nordmark (die heutige Altmark) und die Ostmark wieder her. Seine Nachfolger setzten das Vordringen gegen die Wenden fort. Ein größerer Wendenaufstand im letzten Jahr der Regierungszeit von Kaiser Otto II. (973-983) machte die bisherigen Erfolge der Germanisierung und Christianisierung rückgängig. Erst als Kaiser Lothar im Jahre 1134 die heutige Altmark an den Markgrafen Albrecht den Bären (den Ahnherren des askanisch-sächsischen Regentenhauses) verlieh, und dieser die Havellande erwarb, begann nach langer Zeit das Deutschtum wieder über die Elbe vorzudringen. Da zogen es viele Heveller vor, ihre Heimat zu verlassen. Sie mochten sich der neuen Herrschaft nicht fügen. In die dadurch und auch infolge der vielen Kriege entvölkerten Gebiete siedelte Albrecht niederländische (flämische) und deutsche Kolonisten an.
Unter den flämischen Kolonisten waren sicher auch welche, die in Ihrer Heimat den heiligen Brictius (Briccius) verehrt hatten. Vermutlich haben sie diesen Namen mitgebracht und die Kirche neben der Burg nach diesem genannt. Nun gibt es eine ziemliche Anzahl von Heiligen mit diesem Namen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß hier ein Kind und Märtyrer gemeint ist, nämlich Brictius zu Esche, das zusammen mit seiner Mutter Craphaildis im Jahre 659 von Heiden getötet wurde. Dies geschah in dem flandrischen Dorf Esche bei Ninove. Im Laufe der Zeit übertrug sich dann der Name Briccius auf den Friedhof und die Anhöhe.
Im Jahre 1619 kam es zur Umbenennung der Bricciuskirche in Kirche "zum Heiligen Geist" in Beziehung zu dem im damaligen Ortsteil Sandberg ganz in der Nähe befindlichen Hospital "zum Heiligen Geist". Aber bald danach hatte sich die Bezeichnung nach dem Heiligen und Märtyrer Briccius wieder durchgesetzt und bis heute erhalten.
Betrachten wir nun die Bricciuskirche, so sehen wir das rechteckige Kirchenschiff und den Altarraum mit dem Dachreiter. Die Feldsteinmauern des Schiffes werden außen durch massive Strebepfeiler gestützt und zwar vier an der Südseite, zwei an der Nordseite und je einer an der Südwest- Nordwest- und Nordostecke. Die Südwand des Schiffes weist vier große spitzbogige Fenster auf. An der Nordseite befinden sich die beiden Eingänge. Das Schiff hat eine flache mit starker ornamentaler Malerei versehene Balkendecke. Die Brüstungen der Emporen sind ebenfalls bunt bemalt. Im Inneren bildet ein spitzbogiger Triumphbogen den Übergang zum fünfseitigen, aus Ziegelsteinen aufgeführten Altarraum, über welchem sich das kleine Dachtürmchen erhebt. Dieser Dachturm an der Ostseite ist eigentlich eine Ausnahme, denn im allgemeinen sind die Türme an der Westseite von Kirchen errichtet.
Es ist anzunehmen, daß bereits vor 1161 außerhalb der ursprünglichen Burg, wie sie eingangs erwähnt wurde, eine Kirche bestanden hat. Vermutlich gab es auch innerhalb dieser ursprünglichen Burg für den Burggrafen und die Besatzung eine Burgkapelle. In einer Urkunde des Bischofs Balderam von Brandenburg vom Jahre 1186 wird erneut auf das burgwardium (Burg mit der Bezeichnung Beltitz hingewiesen. Die erste namentliche Erwähnung der Bricciuskirche findet sich erst im Jahre 1361.
Die alte, außerhalb der ursprünglichen Burg vorhanden gewesene Kirche auf der Anhöhe mit der späteren Bezeichnung Bricciusberg ist im Laufe der Jahrhunderte durch bauliche Maßnahmen mehrfach so verändert worden, daß der heutige Bau dem 15. Jahrhundert zugerechnet wird. Der Anbau des Altarraumes mit dem Dachtürmchen und der Einbau der Emporen erfolgten Anfang des 17. Jahrhunderts, vermutlich im Jahre 1618. Im dreißigjährigen Krieg, als die Schweden 1636 Belzig verwüsteten, wurde auch die Kirche sehr beschädigt. Bei der gründlichen Erneuerunq im Jahre 1663 hat man anstelle der früheren, bis 1636 vorhanden gewesenen gewölbten Decke, eine Balkendecke eingebaut. Da die Befreiungskriege 1813-1815 gegen Napoleon I. nicht spurlos an der Kirche vorübergegangen waren, kam es 1826 zu Renovierungsarbeiten, wobei eine Empore und die sogenannten Frauenstühle erneuert wurden. Auch 1861 war eine Renovierung im Inneren durchgeführt worden.
Von den Erneuerungsarbeiten in den Jahren 1905-1906 sind bedeutsam die Ausmalung im Inneren und die ornamentalen Malereien an der Decke sowie an den Emporenbrüstungen. Aus neuerer Zeit sind zu erwähnen 1974: Neudecken des Daches des Schiffes an der Südseite und des Altarraumes mit Klosterformatbibern und Ausbesserung des Daches des Schiffes an der Nordseite, Instandsetzung der Strebepfeiler, wobei für die an der Nordseite das Fundament erneuert wurde; 1975/76: malermäßige Überholung (Festigung) der Decken-und Emporenmalerei, Neuanstrich der Wände, der Treppenanlage und der Türen.
Alle diese im Laufe der Jahrhunderte durchgeführten Erneuerungen, Umbauten und Renovierungen sowie die letzte Ausmalung im Herbst 1990 bestimmen das heutige Aussehen der Bricciuskirche. Von der Inneneinrichtung wollen wir erwähnen den vermutlich aus dem Jahre 1663 stammenden hölzernen Altaraufsatz mit den beiden Gemälden Jesus in Gethsemane und Christi Himmelfahrt; ferner die hölzerne, mit Ecksäulchen versehene Kanzel - vermutlich ebenfalls von 1663 -, welche in den Feldern die Bilder der vier Evangelisten und des Apostels Paulus aufweist. Die Altar- und Kanzelbilder wurden 1861 angeschafft. Die letzte Restaurierung des Aufsatzes und der Kanzel hat 1975/76 stattgefunden mit neuer Kasein-Farbgebung. Im Inneren an der nördlichen Wand des Schiffes, links vom ersten Eingang unter der Empore, befinden sich nebeneinander zwei Epitaphien (Inschriftgrabsteine) aus Sandstein mit Reliefbildern für Hennig von Falkenreder (gestorben 1606) und für ein weibliches Mitglied derer von Königsmarck. Die östliche Wand des Altarraumes enthält einen weiteren Grabstein mit dem Reliefbild eines Kindes (gestorben 1576).
Die von der Orgelbauanstalt Alexander Schuke Potsdam 1949 hergestellte Kleinorgel (Orgel-Positiv) wurde 1990 von derselben Firma, die jetzt von Matthias Schuke, dem Enkel des früheren Firmeninhabers, geleitet wird, restauriert. Nun möchten wir noch darauf aufmerksam machen, daß in der Bricciuskirche zwischen Ostern und Erntedankfest (Anfang Oktober) sonntags um 8 Uhr Frühgottesdienste stattfinden. Hierzu ruft die 1618 datierte kleine Glocke. Es ist zu wünschen, daß Touristen, welche besonders in der wärmeren Jahreszeit die Burg besichtigen und vielleicht in der dortigen Jugendherberge übernachten, auch die nahe gelegene Bricciuskirche besuchen, die ja eine so lange und bewegte Geschichte aufweisen kann.

Aufnahme der Kirche: Oktober 1999, Juni 2002, Juli 2003

Grundriss:

Grundriss der Kirche St. Briccius/Belzig (eigene Aufnahme; nicht winkeltreu).

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2004