Kurznachrichten aus der Mongolei

(Berichtszeitraum: Januar 1995 - Dezember 1995)

von Bernd Johann

Aus Ulan Bator wird Ulaan Baatar.
Die Hauptstadt Ulan Bator wird künftig in der Mongolei offiziell Ulaan Baatar geschrieben. (Reuter, engl., 4.1.95)
Neuer Finanzminister.
Der frühere Botschafter in Kasachstan, Erdeniin Byambajaw, wurde neuer mongolischer Finanzminster. Sein Vorgänger, Davaasambuu, hatte "aus persönlichen Gründen" das Handtuch geworfen, nachdem ihm die Veruntreuung von Staatsgeldern vorgeworfen worden war. (Reuter, engl., 19.1.95)
Immer mehr mongolische Kasachen wandern aus.
Über 50.000 Kasachen haben inzwischen ihre Heimat im Westen der Mongolei verlassen, um nach Kasachstan überzusiedeln. Grund für die Emigration sind v.a. fehlende Arbeitsplätze. In der mongolischen Provinz Bayan Ölgij etwa, wo der größte Teil der Kasachen lebt, haben viele Fabriken Konkurs angemeldet. (Reuter, engl., 20.1.95.)
Parlament akzeptiert Veto des Präsidenten.
Der mongolische Staatshural akzeptierte das Veto des Präsidenten gegen ein erst kürzlich beschlossenes Gesetz zur Durchführung des Bankengesetzes. Eine Mehrheit der Parlamentarier gestand ein, daß das geplante Gesetz im Widerspruch zur Verfassung gestanden hätte. (MM, 20.1.95, S.1)
Handeln Regierungsmitglieder gegen die Interessen der Mongolei?
In einem Schreiben an den Staatspräsidenten richteten Oppositionspolitiker von der Mongolischen Demokratischen Partei der Wiedergeburt gegen eine Reihe von Kabinettsmitgliedern den Vorwurf, einen Ausverkauf der mongolischen Interessen zu betreiben. Sie kritisierten u.a. den Abschluß eines "Partnerschaftsvertrages" mit der ausländischen Firma "IBEX" durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten Ch. Purewdortsch. Der Vertrag besäße eine Laufzeit von 99 Jahren und enthielte eine Klausel, die jegliche Änderung der Vertragsbestimmungen während dieses Zeitraums ausschließe. Zugleich erhielte die ausländische Firma großzügig Zugang zu Rohstoffen und anderen Schlüsselbereichen der mongolischen Wirtschaft. Hinter der Firma "IBEX" stecke nach Presseberichten ein Ausländer namens Khundakar Khalid Ahmed Hussein, der bereits für den Millionen-Dollar-Devisenverlust der Mongolei vor einigen Jahren mitverantwortlich sei. Die Oppositionspolitiker bemängelten überdies den Abschluß eines Kooperationsvertrages mit der Firma "MOLAM", einer Aktiengesellschaft, die ihren Sitz in den USA hat und von einigen Amerikanern und Mongolen gemeinsam gegründet worden ist. Der Vertrag ermögliche der Firma "MOLAM", über einen Zeitraum von 40 Jahren Sendefrequenzen in der Mongolei kostenlos zu nutzen und verschaffe unkontrollierten Zugang zu Telekommunikationsdiensten. (MM, 10.2.95, S.1)
Mongolei streicht Frauentag wegen Besäufnissen.
Weil sie angeblich den Internationalen Frauentag nur als Vorwand für übermäßigen Alkoholgenuß genutzt hätten, hat das mongolische Parlament den bisherigen Feiertag kurzerhand gestrichen. Erstmals mußten die Mongolinnen am 8.März wieder zur Arbeit gehen. Stattdessen wurde der Frauentag nun mit dem Internationalen Tag der Kinder am 1.Juni zusammengelegt. Einige Frauen, darunter eine der drei weiblichen Abgeordneten im Parlament, kritisierten die Entscheidung. Sie erklärten, daß es vor allem die Männer sein, die am häufigsten zur Flasche griffen. (Reuter, engl. 8.3.95)
Präsident kritisiert Geheimdienst.
Präsident Punsalmaagiin Otschirbat hat nach einem Bericht der Zeitung "Ardyn Erch" schwere Vorwürfe gegen das staatliche Zentrum für Spionage erhoben. Der mongolische Präsident kritisierte Mitarbeiter der Behörde dafür, daß sie vertrauliche diplomatische Dokumente und Fotos von "wichtigen Objekten" gegen Bezahlung an die Presse weitergegeben hätten. Zugleich beschuldigte er die Geheimdienstler, bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens, insbesondere beim Handel mit Waffen aus Beständen der Armee versagt zu haben. (Reuter, engl. 18.3.95)
Konferenz zur mongolischen Außenpolitik.
Vom 20. bis 21.3.95 fand in Ulaanbaatar eine internationale Konferenz zum Thema "Geopolitik der Mongolei - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft" statt. Die Teilnehmer aus Rußland, den USA, Japan, China, Südkorea, Israel und Malaysia diskutierten Perspektiven der mongolischen Außenpolitik. (MM, 24.3.95, S.3)
"Frauen und Gerechtigkeit".
Eine unabhängige Organisation "Frauen und Gerechtigkeit" wurde in der Mongolei gegründet. Die Vereinigung will sich für den Schutz von Interessen und Rechten der Frauen beim Übergang zur Marktwirtschaft einsetzen. (MM, 24.3.95, S.1)
Staatspräsident für Änderung des Wahlgesetzes.
In einem Interview mit der BBC sprach sich der mongolische Staatspräsident Otschirbat für eine Änderung des Wahlgesetzes aus. Bis zu den kommenden Parlamentswahlen im nächsten Jahr müsse ein Wahlgesetz geschaffen werden, das allen politischen Parteien die Tür zur Volksvertretung öffne. (MM, 24.3.95, S.1)
Hunger, Tod und Krankheiten in mongolischen Gefängnissen.
Nach Angaben von Amnesty International (ai) sterben in mongolischen Gefängnissen Menschen an Unterernährung und Krankheiten. Hauptgründe für die katastrophalen Zustände seien die mangelhafte Versorgung mit Nahrungsmitteln und die unzureichende Hygiene in den Zellen. So gäbe es beispielsweise nicht genügend funktionierende Waschmöglichkeiten. Kritik übte die Menschenrechtsorganisation auch an der medizinischen Versorgung. Es fehle an Krankenhausbetten und Medikamenten. Amnesty berichtete darüber, daß viele Gefangene bereits nach Untersuchungshaft und Verhören in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand seien. Das Justizministerium bestätigte gegenüber der Presse, daß Häftlingen auf den Polizeistationen mitunter Nahrungssmittel vorenthalten würden, um auf diese Weise Geständnisse zu erzwingen. Allerdings, so das Ministerium, seien diese Vorfälle auf willkürliches Handeln einzelner Beamter zurückzuführen. Amnesty gibt an, daß von Herbst 1993 bis He rbst 1994 mindestens 90 Menschen in mongolischen Haftanstalten starben. Im Dezember 1994 saßen über 5.300 Menschen in Gefängnissen. Die Todesstrafe ist nach wie vor Bestandteil des mongolischen Strafrechts. 1994 wurden 26 Todesurteile gefällt. Rund die Hälfte solcher Urteile wird Amnesty zufolge vollstreckt. (Kerstin Zyber, in: ai-Info 5/1995, S.8-9; Reuter engl., 27.3.95). Eine Arbeitsgruppe des mongolischen Parlaments gab Anfang Mai bekannt, daß allein in den ersten vier Monaten des Jahres 1995 52 Gefängnisinsassen an Krankheiten starben. Für 1994 bezifferten die Parlamentarier die Zahl der Todesfälle auf 187. (MM, 12.5.95, S.4)
Größter Fund fossiler Saurier und Säugetiere in der Gobi.
Wissenschaftler haben in der Wüste Gobi die bislang größte Lagerstätte fossiler Saurier und früher Säugetiere aufgespürt. Die Knochen aus der Zeit der Oberen Kreide vor rund 120 Millionen Jahren sind zum Teil außergewöhnlich gut erhalten. Unter den einzigartigen Funden sind gepanzerte Ankylosaurier, nashornähnliche Protoceratopsiden und eine große Anzahl der vermutlich räuberischen Gattungen Oviraptor und Velociraptor. Daneben entdeckten die Forscher Überreste von über 400 kleinen Säugetieren und Echsen sowie den bisher ersten Schädel des Laufvogels Mononykus. (dpa 29.3.95)
Preisobergrenzen für Fleisch.
Um den Bedarf der Verbraucher sicherzustellen, hat die Stadtregierung von Ulaanbaatar Höchstgrenzen für den Verkauf von Fleisch festgesetzt. Danach darf künftig ein Kilogramm Schweinefleisch nicht mehr als 460 Tugrik und ein Kilogramm Schaffleisch maximal 470 Tugrik kosten. (MM, 7.4.95, S.4)
Immer mehr Kinder sind nicht in der Schule.
Nach Angaben des mongolischen Ministeriums für Wissenschaft und Erziehung besuchen rund 80.000 von insgesamt 420.000 Kindern im Alter zwischen acht und fünfzehn Jahren nicht die Schule. In den letzten Jahren haben 38.000 Kinder die Schule vorzeitig verlassen, 18.000 Kinder haben bislang gar keinen Schulunterricht erhalten. In vielen Aimags werden schuldpflichtige Kinder von den Behörden nicht mehr registriert und erst recht nicht zur Teilnahme am Schulunterricht angehalten. (MM, 7.4.95, S.4)
Tsam-Masken auf Briefmarken.
In der Mongolei sind neue Briefmarken herausgegeben worden, auf denen Masken des rituellen Tsam-Tanzes abgebildet sind. (MM, 7.4.95, S.4)
Russischer Strom für West-Aimags.
Die westlichen Aimags Bajan Ölgij, Uws und Chowd werden ab August 1995 Elektrizität aus dem russischen Krasnojarsk beziehen. (MM, 7.4.95, S.3)
Wasserversorgung Ulaanbaatars bis 2010 gesichert.
Nach Untersuchungen japanischer Experten reichen die Wasserressourcen des Flusses Tuul noch bis zum Jahr 2010, um die Hauptstadt mit dem notwendigen Naß zu versorgen. (MM, 7.4.95, S.3)
Käseproduktion - ein Ausweg aus der Krise?
Die langen Transportwege sind ein großes Hindernis für die mongolischen Milchproduzenten. Nun hoffen Viehzüchter das Problem durch die Produktion von Käse aus Yak-Milch zu lösen. Im Unterschied zu Milch verdirbt Käse auf dem Transport in die Städte nicht so leicht. In der Mongolei wird die Kritik an den großzügigen Butter-Spenden aus dem Ausland lauter. Es wäre sinnvoller gewesen, die einheimischen Viehzüchter bei der Herstellung und der Vermarktung von Butter zu helfen, anstatt sie durch die Butterpakete einer Konkurrenz auszusetzen, schimpfen mongolische Viehzüchter. (Reuter, engl. 11.4.95)
Popularität der Parteien schwindet.
Das öffentliche Ansehen der mongolischen Parteien schrumpft. Dies ist das Ergebnis einer Konferenz, die das Forschungsinstitut des mongolischen Parlaments Anfang April in Ulaanbaatar durchführte. Nach Auffassung der Teilnehmer ist der Imageverlust vor allem auf die uneffektiven Streitigkeiten zwischen den Parteien zurückzuführen. (MM, 14.4.95, S.1)
Erdenet-Kombinat belastet Umwelt.
Nach Angaben des mongolischen Ministeriums für Natur und Umwelt gefährden Schadstoffe aus dem Kupfer und Molybdän-Bergwerk in Erdenet, die auf das schadhafte Abwassersystem zurückzuführen sind, das Trinkwasser der Viehbestände in der Region. (MM, 14.4.95, S.2)
MIAT in Geldnot.
Der mongolischen Fluggesellschaft MIAT fehlt es nach Darstellung ihres Generaldirektors an Geld für die Erneuerung und Wartung der Flugzeuge. Grund seien die sinkenden Einnahmen bei Inlandsflügen, da die Treibstoffkosten gestiegen und die Flugpreise annähernd konstant geblieben seien. (MM, 14.4.95, S.2)
Tagung mongolischer Geschäftsleute und Industrieller.
Mehrere hundert Geschäftsleute und Unternehmensvertreter diskutierten auf Einladung der Regierung vom 20.-22.4.95 in Ulaanbaatar die Perspektiven der privaten Wirtschaft in der Mongolei. Die Delegierten kritisierten die mangelnde Unterstützung aus Politik und Verwaltung. Vor allem die überbordende Bürokratie, so die Ansicht vieler Wirtschaftsvertreter, behindere die ökonomische Entwicklung. Einhellig begrüßt wurde der Beschluß der Regierung, den Export von unverarbeiteter Kaschmir-Wolle zu stoppen. Diese Entscheidung sollte auch auf andere Rohstoffe ausgedehnt werden, empfahlen die Tagungsteilnehmer. (MM, 21.4.95, S.1-2)
Neues Eisenbahn-Terminal in Zamyn Uud.
Am 13.April 1995 wurde eine neue Eisenbahnstation in Zamyn Uud im Süden des Landes an der Grenze zu China eingeweiht. Zu dem mit japanischer Hilfe gebauten Komplex gehört auch eine Umladestation für Frachtgüter. (MM, 21.4.95, S.4)
Lehrerstreik.
Für bessere Bezahlung und soziale Grundsicherungen streikten im April und Mai in Ulaanbaatar und verschiedenen Aimag-Zentren mehrere tausend Lehrer. Die Gehälter im Bildungswesen sind so niedrig, daß mehr als zwei Drittel der Lehrer, darunter überwiegend Frauen, mit ihren Einkommen unterhalb des von der Regierung festgelegten Existenzminimums leben. (MM, 21.4.95, S.4 und 12.5.95, S.3). Als Reaktion auf den Streik wurde Mitte Mai der bisherige Minister für Erziehung und Wissenschaft von seinem Amt enthoben. (MM, 19.5.95, S.1)
Mehr Engagement für Kinder.
Auf einer Konferenz, die vom mongolischen Parlament Ende April in Ulaanbaatar organisiert wurde, verpflichteten sich die Regierung sowie Vertreter der lokalen Verwaltungen und Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen dazu, mehr für den Schutz und die Entwicklung der Kinder zu tun. Im Zuge des Übergangs zur Marktwirtschaft verbringen viele Kinder inzwischen ihr Leben auf der Straße. Kinderprostitution und die Kriminalität von Jugendlichen, aber auch die Zahl der Kinder, die nicht die Schule besuchen, haben in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen. (MM, 28.4.95, S.1)
Ölbohrung.
Experten aus China, Indonesien und den Vereinigten Staaten begannen Ende April in der Nähe von Tamsagbulag im Dornod-Aimag mit der Bohrung nach Erdöl. In einer Tiefe von 3.000 Metern werden reichhaltige Ölvorkommen vermutet. (MM, 5.5.95, S.1)
Verzögerung bei der großen Privatisierung.
Obwohl die Privatisierung der großen Staatsbetriebe eigentlich im ersten Quartal 1995 abgeschlossen sein sollte, waren im Mai 64 von 102 Unternehmen noch immer in staatlicher Hand. (MM, 5.5.95, S.2-3)
Kein Energieengpaß im Sommer.
Nach Angaben des Direktors des Vierten Kraftwerks von Ulaanbaatar wird es im Sommer nicht zu Problemen bei der Energieversorgung kommen. Er konnte allerdings keine Voraussagen für die Situation im nächsten Winter machen. (MM, 5.5.95, S.3)
Fast vier Millionen Einwohner im Jahr 2019?
Nach einer Schätzung des Staatlichen Amtes für Statistik wird die Bevölkerung der Mongolei bis zum Jahr 2019 auf 3,9 Millionen ansteigen. Für die nächsten vier Jahre erwarten die Statistiker einen Einwohnerzuwachs auf 2,6 Millionen. (MM, 5.5.95, S.4)
Gedenken an den Weltkrieg.
Anläßlich des 50. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs zeichnete der mongolische Präsident Otschirbat russische Veteranen, die heute dauerhaft in der Mongolei leben, mit Ehrenmedaillen aus. Der russische Botschafter in Ulaanbaatar verlieg Orden an mongolische Kriegsteilnehmer. Am 9.Mai nahm Otschirbat an den offiziellen Gedenkfeierlichkeiten zu Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland in Moskau teil. (MM, 12.5.95, S.1)
"Nomaden und Kommissare".
Das Buch "Nomaden und Kommissare" des Mongolisten Owen Lattimore ist nun auch in mongolischer Sprache erschienen. (MM, 19.5.95, S.4)
Schneeleoparden durch Jäger bedroht.
Rund 1.700 Schneeleoparden leben noch in der Mongolei. Obwohl die Jagd auf diese Tiere verboten ist, beschlagnahmte der Zoll allein 1994 200 Felle. (The Mongol Messenger, 9.6.95, S.3)
Treueeid gegenüber dem Staat.
Seit dem 1. Juni 1995 sind die Staatsbeamten in der Mongolei per Amtseid zur absoluten Treue gegenüber ihrem Heimatland verpflichtet. (MM, 9.6.95, S.1)
Auszeichnung für Präsident Otschirbat.
Der mongolische Präsident erhält die "Fackel der Freiheit" für seine Verdienste im politischen und wirtschaftlichen Reformprozeß. Die Auszeichnung wird von der amerikanischen Öffentlichkeit verliehen und wurde dem Präsidenten am 4. Juli dieses Jahres zusammen mit einer Million US-Dollar überreicht. (The Mongol Messenger, 9.6.95, S.1)
Berg in der Mongolei verschmutzt mit radioaktiven Substanzen.
Japanische Experten haben radioaktive Substanzen im Gletschereis des Munk-Chairchan (Suchbaatar-Berg), einem Viertausender im Altai-Gebirge festgestellt. Nach Angaben der Forscher stehen die radioaktiven Partikel im Zusammenhang mit den Atomwaffenversuchen in China. (The Mongol Messenger, 16.6.95, S.4)
Brotpreise steigen.
Die staatliche Bäckerei in Ulaanbaatar erhöhte den Preis für einen Laib Brot von 90 auf 105 Tugrik. (MM, 16.6.95, S.2).
Meinungsaustausch zum Wahlgesetz.
Ein Treffen des Präsidenten mit den Chefs der drei im Parlament vertretenen Parteien brachte Übereinstimmung darin, das geltende Wahlgesetz zu verändern, so daß künftig 24 Sitze in der Volksvertretung über Parteilisten und 52 über die direkte Wahl von Personen vergeben werden können. (MM, 30.6.-7.7.95, S.1)
Seminar über Arbeitsgesetze.
Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) veranstaltete das mongolische Justizministerium ein Seminar zu arbeitsrechtlichen Fragen. (MM, 30.6.-7.7.95, S.1)
Erinnerung an einen Staatsmann.
Die Mongolei feierte den hundertsten Geburtstag von Dschamsrangijn Sambuu. Sambuu war über 17 Jahre (1954-1971) Vorsitzender des Großen Volkshurals der Mongolei. Davor war er Botschafter in der Sowjetunion und der Volksrepublik Korea gewesen. Einen Namen machte sich Sambuu auch durch Veröffentlichungen über die mongolische Nomadenkultur. (MM, 30.6.- 7.7.95, S.1)
Mongolisches Zentrum für Geschäftsentwicklung.
Nach Umbaumaßnahmen im Gebäude kann nun das vom TACIS-Programm der Europäischen Union geförderte Mongolische Zentrum für Geschäftsentwicklung seine Arbeit richtig aufnehmen. Ein mongolisches Beraterteam unter Direktor U. Barsbold, ergänzt durch Experten von TACIS und dem United Nations Development Programm, will kleinen und mittelständischen Privatunternehmen in der Mongolei behilflich sein. Angeboten werden Beratung in Finanz-, Marketing- und Managementfragen sowie technische Hilfe etwa beim Druck von Werbebroschüren. Im August veranstaltete das Zentrum einen internationalen Workshop zum Thema Nahrungsmittelherstellung, der von Dr. Ed Brandt, einem TACIS-Mitarbeiter aus Deutschland, eröffnet wurde. Ein Arbeitsschwerpunkt des neuen Zentrums ist die Weiterverarbeitung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. (MM, 12.8.95, S.2 und 26.8.95, S.2)
Preise steigen weiter.
Im August kletterten die Preise für zahlreiche Grundnahrungsmittel. Die Gesellschaft zum Schutz der Konsumenteninteressen berichtete, Prüfungen hätten ergeben, daß in verschiedenen Geschäften Ulaanbaatars der Preis von Fleisch weit über den Erzeugerkosten liege. Die Verbraucherorganisation appellierte an die Behörden, solche übermäßigen Profite zu unterbinden. Zugleich forderte sie Hilfen für arme Menschen. (MM, 26.8.95, S.1)
Hat die Mongolei den Krieg gewonnen?
Anläßlich der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkriegs in Asien veröffentlichte der "Mongol Messenger" einen Artikel, der die Frage aufwarf, ob es richtig sei zu sagen, die Mongolei habe den Krieg gewonnen. Der Autor vertrat die These, der gemeinsame militärische Vorstoß sowjetischer und mongolischer Truppen gegen die Japaner wenige Tage vor der japanischen Kapitulation am 15.8.1945 habe nicht der Abwehr einer Aggression gegolten. Die Mongolei habe sich bis dahin weder in einem Krieg mit Japan befunden, noch habe es Hinweise darauf gegeben, daß die japanische Armee die Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Mongolei bedrohen wollte. Schließlich habe Japan nach dem Abwurf zweier amerikanischer Atombomben kurz vor der Niederlage gestanden. Das sowjetisch-mongolische Vorgehen sei deshalb primär von der Absicht der Sowjetmacht bestimmt gewesen, strategische Machtpositionen, die sie im Krieg mit Japan 1904/05 verloren hatte, zurückzugewinnen. (The Mongol Messenger, 26. 8. 95, S.3)
Haftstrafen wegen Korruption.
Zu zum Teil mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilte ein Gericht in Ulaanbaatar elf Geschäftsleute, die in den bislang größten Korruptionsskandal der Mongolei verwickelt waren. (Reuter, 30.8.95)
Lehrerstreik geht weiter.
Zum Schulbeginn am 1. September setzten die Lehrer ihren landesweiten Streik für bessere Löhne fort. Zahlreiche Schulen blieben deshalb auch nach den Sommerferien geschlossen. (MM, 2.9.95, S.1) In einem Gespräch mit Lehrern hatte Präsident Otschirbat diese im Juni dazu aufgefordert, den Ausstand zu beenden. Zugleich hatte er versprochen, sich bei Regierung und Parlament für eine Zusatzvergütung in Höhe von 40 Prozent des monatlichen Einkommens einzusetzen. Die Lehrer verlangen eine Verdreifachung ihrer Gehälter und Reformen im Erziehungssystem. Der Ausstand begann am 17.April. (The Mongol Messenger, 16.6.95, S.1)
Deutliche Worte.
Zu Beginn der Herbst-Sitzung des mongolischen Parlaments übte der mongolische Präsident Otschirbat scharfe Kritik an der Privatisierungspolitik der Regierung. Noch immer seien 74,6% der Vermögenswerte in staatlicher Hand, diese erwirtschafteten jedoch nicht mehr als ein Drittel des Bruttosozialprodukts. "Warum sitzt die Regierung so passiv da, wie eine Familie, die nichts besitzt?", fragte Otschirbat. Aufgrund der Propaganda der Regierung glaube inzwischen die Öffentlichkeit, daß die Entstaatlichung gut voran gekommen sei. In Wirklichkeit seien aber erst 19,2% der Wirtschaft privatisiert. Obwohl das Interesse am Privatsektor wachse, lasse die Regierung die Privatbetriebe allein im Kampf gegen die staatliche Bürokratie. Vor allem die Viehzüchter, eine der Hauptstützen der mongolischen Wirtschaft, würden vernachlässigt. Sie haben noch nicht einmal das Recht, ein Bankkonto zu eröffnen, klagte der Präsident, der zudem eine Senkung der Steuern für Privatbetriebe forderte. (Reuter, engl., 10.10.95 )
Mongolen leben gefährlich.
Schlafende Lokführer, Flugzeugunglücke, betrunkene Autofahrer, Raubüberfälle in der Eisenbahn und Passagiere, die aus überfüllten Bussen fallen - die Regierungszeitung "Ardyn Erch" zog eine erschreckende Bilanz der Situation im mongolischen Transportwesen. "Die Mongolen haben keinerlei Überlebensgarantien", kommentierte das Blatt und forderte bessere Sicherheitsvorkehrungen. (Reuter, engl., 7.11.95)
Polizei im Kampf gegen Alkoholismus.
In den ersten zehn Monaten des Jahres griff die mongolische Polizei 65.000 betrunkene Bürger auf den Straßen des Landes auf. Viele Trinker wurden in Ausnüchterungszentren gebracht. (Reuter, deutsch, 17.11.95)
Führungswechsel beim Radio und Fernsehen.
Das staatliche Mongolische Radio und Fernsehen hat eine neue Leitung: Frau U. Sarantuja und Frau Ojuntschimeg haben 1994 und 1995 an Rundfunkmanagement-Seminaren des Ausbildungszentrums der Deutschen Welle in Köln teilgenommen.
Frauen suchen politische Macht.
Die Mongolische Frauen Koalition, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu vergrößern, wird bei den Parlamentswahlen im nächsten Sommer antreten. Im derzeitigen Parlament sind nur drei Frauen unter den 76 Abgeordneten. (Reuter, engl, 5.12.95)
Otschirbat drängt auf Änderung des Wahlgesetzes.
Vor dem Parlament sprach sich Präsident Otschirbat erneut dafür aus, das Wahlgesetz zu ändern. Die Einführung der Verhältniswahl würde die Chancen der Opposition bei den Parlamentswahlen im kommenden Juni verbessern und die durch die Monopolstellung der Mongolischen Revolutionären Volkspartei entstandene politische Krise beenden. (The Mongol Messenger, 23.12.95, S.1)
Neuer Rundfunksender.
Vom 31. Dezember 1995 an können die Bürger Ulaanbaatars die Programme einer neuen UKW-Station hören. Gegründet wurde der Sender "AE & Jaag Studio" u.a. von der Zeitung "Ardyn Erch". (MM, 23.12.95, S.1)
Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert.
Im Dezember 1995 unterzeichnete Ministerpräsident Dschasrai das "Mongolische Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert", kurz MAP-21 genannt. Der ständige Vertreter des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), Jan W. Swietering, sagte finanzielle Unterstützung zu. Im Rahmen des MAP-21 Projekts soll in den kommenden zwei Jahren eine nationale Agenda für das kommende Jahrhundert ausgearbeitet werden, die Konzepte nachhaltiger, umweltschonender Entwicklung mit ökonomischem und sozialem Fortschritt verbindet. Im Rahmen von Pilotprojekten sollen zunächst in drei verschiedenen Regionen der Mongolei die Lebensbedingungen der örtlichen Bevölkerung verbessert werden, um daraus Erkenntnisse für entwicklungspolitische Strategien im ganzen Land zu gewinnen. Das MAP-21 Projekt ist abgestimmt mit anderen Aktionsplänen wie zum Beispiel den Programmen zur Armutsbekämpfung und zur Bekämpfung von Wüstenbildung. (The Mongol Messenger, 23.12.95, S.1)
Leichter Anstieg der Verbraucherpreise.
Im November 1995 stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat mit 1,8 Prozent nur leicht an. (MM, 23.12.95, S.2)
Bevölkerung wächst.
Nach Angaben des Amtes für Statistik ist die Einwohnerzahl der Mongolei auf 2,29 Millionen gewachsen. Die Zahl der Beschäftigten beträgt 802.200; 47.300 Menschen sind offiziell als arbeitslos registriert. (MM, 1.1.96, S.1)
Erdenet-Konzern aufgespalten.
Die mongolische Regierung hat die bislang sechs verschiedenen Unternehmensbereiche des Erdenet-Konzerns (von der Erzaufbereitung über die Zementproduktion bis hin zur Landwirtschaft) in selbständige Unternehmen umgewandelt. Der Betrieb erwirtschaftet derzeit mehr als die Hälfte der mongolischen Außenhandelseinnahmen. (MM, 1.1.96, S.1)