Kurznachrichten aus der Mongolei
		(Berichtszeitraum: Januar 1994 - Dezember 1994)
		von Bernd Johann
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		Korruptionsskandal.
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		Wichtigstes innenpolitisches Thema zum Jahresbeginn war
		die Affäre um vermeintliche Bestechungsgelder, die
		hochrangige Staatsbeamte und sogar Ministerpräsident
		Jasrai, der Vorsitzende des Parlaments Bagabandi und
		dessen Stellvertreter Gombojaw bezogen haben sollen. Mit
		diesem Vorwurf war der Leiter der
		Spionageabwehrabteilung, Oberst Sanjaasuren, in einer
		Pressekonferenz an die Öffentlichkeit getreten. Ein
		daraufhin vom Parlament eingesetzter
		Untersuchungsausschuß fand dafür jedoch keine
		Belege und auch keine Spuren für die Beseitigung von
		Beweismaterial. Die Beschuldigten wiesen vor dem
		Parlament alle Vorwürfe von sich und erklärten,
		in keine kriminellen Handlungen verwickelt gewesen zu
		sein. Die Oppositionsabgeordneten Ganbaatar und
		Elbegdortsch, die beide Mitglied im
		Untersuchungsausschuß gewesen waren, distanzierten
		sich unterdessen vom offiziellen Bericht und
		kritisierten, daß die Ausschußvertreter der
		Revolutionären Volkspartei bestrebt gewesen
		wären, die Beschuldigten zu entlasten.
		Ganbaatar warf Jasrai, Bagabandi und Gombojaw vor, ihre
		Macht mißbraucht zu haben und sagte, daß es
		ernsthafte Hinweise auf eine Verletzung der Gesetze
		gäbe. (MM, 25. 1. 94).
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		Einführung der mongolischen Schrift.
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		Die Mongolische Gesellschaft für die Mongolische
		Schrift forderte im Januar 1994 die Regierung auf, mit
		der Verwendung der traditionellen mongolischen Schrift in
		allen offiziellen Institutionen zu beginnnen. Nach
		Ansicht der Gesellschaft seien die Vorbereitungen
		für die Umstellung der Schrift weit gediehen. 62,2%
		aller Mongolen würden derzeit in Kursen die
		klassische mongolische Schrift erlernen. 1991 hatte das
		Parlament den Beschluß gefaßt, die nationale
		Schrift, die 1940 auf dem Höhepunkt des
		stalinistischen Terrors durch das kyrillische Alphabet
		ersetzt worden war, bis zum Jahr 1994
		wiedereinzuführen. (MM, 25. 1. 94).
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		Gesetzliche Garantien für Ausländer.
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		Zum ersten 1. 2. 1994 trat ein neues Gesetz für
		ausländische Staatsbürger in Kraft. Danach
		benötigen Ausländer ein Visum für die
		Ein-, Aus- und Durchreise in der Mongolei.
		Ausländer, die sich geschäftlich oder privat in
		der Mongolei für bis zu 30 Tagen aufhalten, gelten
		als Besucher, bei einem Aufenthalt bis zu 183 Tagen als
		zeitweilige Einwohner und bei einem Aufenthalt von bis zu
		fünf Jahren als Langzeit-Einwohner. Wer sich
		dauerhaft in der Mongolei niederläßt, gilt als
		Immigrant. Im Falle politischer Verfolgung gewährt
		die Mongolei politisches Asyl. Ausländer, die
		längere Zeit in der Mongolei wohnen, besitzen die
		gleichen Rechte und Freiheiten sowie Pflichten wie die
		Mongolen. Allerdings bleibt Ausländern das passive
		und aktive Wahlrecht und die Mitgliedschaft in
		politischen Parteien versagt. (MM, 25. 1. 94).
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		Uranabbau.
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		Der Generaldirektor der Geologischen Forschungsabteilung
		des früheren Ministeriums für Geologie und
		Mineralien, G. Dschamsrandortsch, informierte über
		Pläne, gemeinsam mit Rußland und den
		Vereinigten Staaten in der Mine von Haraat
		(Dundgov'-Aimag) Uran abzubauen. Überdies soll der
		Betrieb in der Mine von Mardai, wo der Uranabbau 1993
		eingestellt worden war, in Form eines
		russisch-mongolischen Joint Ventures fortgeführt
		werden. Die Uranreserven des Landes belaufen sich auf
		schätzungsweise 1,5 Mio. Tonnen. (MM, 25. 1. 94).
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		Ministerpräsident weist Korruptionsvorwürfe
		zurück.
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		Gegenüber der Presse sagte Ministerpräsident
		Jasrai, daß die Anschuldigungen gegen ihn grundlos
		und unhaltbar seien. Die Nationaldemokratische Partei
		stellte indessen ihre Mitarbeit in einer gemeinsamen
		Arbeitsgruppe mit der Regierung zur Bewältigung der
		ökonomischen und sozialen Krise ein. Die
		Sozialdemokratische Partei verlangte den Rücktritt
		von Parlamentsvorsitzenden Bagabandi, seines
		Stellvertreters Gombojaw und von Jasrai. (MM, 8. 2. 94).
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		Die Mongolen sollen Geduld und Vertrauen haben.
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		In einer Fernsehansprache anläßlich des
		mongolischen Neujahrsfestes, dem Weiß-Mond-Fest,
		forderte Präsident Ochirbat seine Landsleute zu
		Geduld und mehr Vertrauen auf. Nach seiner Ansicht waren
		die Mongolen in der Vergangenheit in der Lage, ihre
		nationale Freiheit zu bewahren und zu stärken. Sie
		konnten imposante Erfolge bei der Industrialisierung und
		in den Bereichen Kultur, Erziehung und Gesundheitswesen
		verzeichnen. Aufgrund der historischen Umstände habe
		die Mongolei allerdings eine zeitlang außerhalb der
		globalen Beziehungen gestanden. Deshalb, so der
		Präsident, müßten die Mongolen nun in das
		21. Jahrhundert mit einer neuen politischen, sozialen und
		ökonomischen Ordnung treten. Die Grundlage
		dafür habe die Demokratiebewegung von 1989/90
		gelegt, der das Land die parlamentarische Demokratie
		verdanke. Der Präsident nahm an der mittlerweile
		traditionellen Weiß-Mond-Feier der Mongolischen
		Nationaldemokratischen Partei teil. (MM, 15. 2. 94).
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		Coca Cola in der Mongolei.
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		Eine mongolische Getränkefirma erhielt die
		Exklusivlizenz für den Vertrieb von Coca Cola in der
		Mongolei. (MM, 15. 2. 94).
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		Nationaldemokratische und Sozialdemokratische Partei
		wollen Parlament verlassen.
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		Der Parteirat der Nationaldemokratischen Partei warnte
		vor einer Vertiefung der Krise, da das Parlament nicht
		das Spektrum der politischen Kräfte im Land
		widerspiegele. Dies stehe im Widerspruch zur
		demokratischen Verfassung des Landes. Deshalb hielten die
		Nationaldemokraten es für unmöglich, ihre
		Partei noch länger im Parlament zu
		repräsentieren. Die Partei wolle künftig ihre
		Aktivitäten außerhalb des Parlaments
		konzentrieren. Natürlich stehe es den Abgeordneten
		der Nationaldemokratischen Partei frei, ihr Mandat, das
		sie von den Wählern erhalten hätten, zu
		behalten. Die Sozialdemokraten schlossen sich der
		Entscheidung der Nationaldemokraten an. (MM, 22. 2. 94).
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		Mongolei schöpft internationale Hilfen nicht aus.
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		Nach einer Aufstellung der Mongolischen Industrie- und
		Handelskammer haben die Geberländer und
		internationalen Finanzorganisationen der Mongolei
		zwischen Juli 1992 und September 1993 Kredite und Hilfen
		in Höhe von insgesamt 464,5 Mio. US$ gewährt.
		Davon wurden aber nur 219,6 Mio. US$ genutzt. Obwohl
		156,4 Mio US$ für den Ausgleich der Zahlungsbilanz
		eingeräumt worden waren, wurden lediglich 98,7 Mio.
		US$ aufgebraucht. Ebenso verhielt es sich bei den
		versprochenen technischen Hilfen in Höhe von 75,9
		Mio. US$, von denen nur 40,1 Mio. US$ genutzt wurden, und
		bei den eingeräumten 199,1 Mio. US$ für
		Projekthilfen, von denen nur 49,6 Mio. US$ verbraucht
		wurden. Dies bedeutet, daß gerade einmal 78% der
		Finanz-, 62% der technischen und 30% der Projekthilfen
		realisiert wurden. Schuld an der geringen Nutzung der
		eingeräumten Mittel war nach Ansicht der Industrie-
		und Handelskammer die Mongolei selbst, da viele Projekte
		unvorbereitet oder schlecht geplant waren. (MM, 8. 3.
		94).
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		Geheimdienste.
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		In einem Interview mit dem "Mongol Messenger"
		wies Dahljawyn Sandag, Vorsitzender des neueingerichteten
		Amtes für Nachrichtendienste, dem früheren Amt
		für Staatssicherheit, darauf hin, daß seine
		Institution als exekutives Organ ausschließlich dem
		Kabinett unterstellt sei. Nach dem Gesetz, so führte
		Sandag in dem Gespräch aus, könne der Nationale
		Sicherheitsrat dem Geheimdienst lediglich Empfehlungen
		geben. Der Geheimdienstchef betonte, daß die Zeiten
		der Bespitzelung der Bevölkerung vorbei seien.
		Kontrolliert würden nur noch Personen, die den
		nationalen Interessen schaden wollten. Daher würde
		seine Organisation auch nicht jene Parteien, Bewegungen
		und Vereinigungen überwachen, die offiziell
		registriert worden seien. Sandag erklärte zugleich,
		daß es Aktivitäten ausländischer
		Geheimdienste in der Mongolei gäbe, da das Land
		zwischen zwei global interessierten Mächten
		eingepfercht liege. (MM, 15. 3. 94).
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		Opposition konsultiert Präsident.
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		Ohne Entscheidung endete ein Treffen von Vertretern der
		Nationaldemokratischen und der Sozialdemokratischen
		Partei mit Präsident Ochirbat über die Frage
		eines Auszugs der Oppositionsvertreter aus dem Parlament.
		(MM, 15. 3. 94).
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		Neuer Chef bei den Sozialdemokraten.
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		P. Gontschigdortsch, ehemals Vize-Präsident der
		Mongolei, wurde zum neuen Vorsitzenden der
		Sozialdemokratischen Partei gewählt. (MM, 22. 3.
		94).
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		91 buddhistische Klöster instandgesetzt.
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		In den letzten drei Jahren konnten mit Hilfe von Spenden
		91 buddhistische Klöster restauriert und
		wiederaufgebaut werden. (MM, 22. 3. 94).
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		Touristen-Agenturen boomen.
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		Über 200 mongolische Reiseveranstalter wurden zu
		Beginn der Touristen-Saison 1994 gezählt. (MM, 22.
		3. 94).
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		Umstrukturierungen in der Armee.
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		Innerhalb der mongolischen Streitkräfte, die
		früher massiv von der ehemaligen Sowjetunion
		unterstützt worden waren, wurden umfangreiche
		Umstrukturierungen eingeleitet. Da die Mongolei in
		Zukunft eine eigenständige Verteidigunspolitik
		betreiben will, soll vor allem das Personal besser
		geschult werden. Während früher die Offiziere
		in der Sowjetunion ausgebildet wurden, sorgt nun
		dafür eine eigens eingerichtete Offiziersakademie.
		Überdies soll der Sold der Soldaten allmählich
		angehoben werden, um den Dienst in den Streitkräften
		attraktiver zu machen. Nach Ansicht des stellvertretenden
		Verteidigungsministers, General Daschzeweg, soll eine
		guttrainierte, professionelle Armee aufgebaut werden.
		Auch sollen Waffen und technische Ausrüstungen in
		Stand gehalten bleiben, um die Kampfbereitschaft zu
		sichern. Überdies müsse der rechtliche Rahmen
		der Streitkräfte den Gegebenheiten angepaßt
		werden. Der General wies in diesem Zusammenhang auf das
		1993 verabschiedete Gesetz über die Verteidigung
		hin. (MM, 22. 3. 94).
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		Ministerpräsident sieht Stabilisierung der
		Wirtschaft.
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		In seiner Rede zur Eröffnung der
		Frühjahrstagung des Parlaments am 15. 3. 1994
		erklärte Ministerpräsident Jasrai, daß es
		Anzeichen für eine Stabilisierung der
		ökonomischen Lage gäbe. Dabei verwies er auf
		die Stabilisierung der Preise und die Senkung der
		Inflationsrate. Er räumte jedoch ein, daß es
		nach wie große Probleme gäbe. So sei
		beispielsweise die industrielle Erzeugung zum
		Jahresbeginn 1994 16% niedriger gewesen als im Vorjahr.
		Auch die Frühjahrssaat käme nur langsam voran,
		da den landwirtschaftlichen Betrieben die finanziellen
		Mittel fehlten. Zur Unterstützung von Industrie und
		Landwirtschaft habe die Regierung u.a. die
		Einfuhrzölle auf Maschinen und Ausrüstungen um
		50% gesenkt. (MM, 22. 3. 94).
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		Präsidenteninitiative.
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		Vor dem Hintergrund des Beschlusses der Opposition, ihre
		Abgeordneten aus dem Parlament zurückzuziehen,
		schlug Präsident Ochirbat bei der Eröffnung der
		Frühjahrssitzung des Parlaments vor, die Rechte und
		Pflichten der Minderheit im Parlamentsgesetz
		festzusetzen, die Berichterstattung der Massenmedien
		über parlamentarische Vorgänge,
		einschließlich der Positionen der Minderheit,
		gesetzlich zu regeln und das Gesetz für die 1996
		angesetzten Parlamentswahlen zu erneuern. Ochirbat
		erklärte, daß es keine Bestätigung
		für die Korruptionsvorwürfe gegen hochrangige
		Staats- und Regierungsvertreter gegeben habe. Nach
		Meinung des Präsidenten habe der Bestechungsskandal
		zweierlei gezeigt: Einerseits sei die Freiheit der Presse
		noch nicht vollständig garantiert, da es eine
		einseitige Berichterstattung in den staatlich
		kontrollierten Medien gäbe. Andererseits würde
		die Freiheit der Presse dazu mißbraucht, den
		Interessen der nationalen Sicherheit sowie den Rechten
		und Freiheiten von Indiv iduen zu schaden. (MM, 22. 3.
		94).
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		Protestkundgebung in Ulan Bator.
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		Rund 9.000 Menschen demonstrierten am 18. 3. 1994 auf dem
		Platz der Freiheit gegen die Politik der Regierung. Zu
		der Kundgebung hatte die Mongolische Demokratische Union
		aufgerufen. Die Redner forderten Parlament und Regierung
		dazu auf, unverzüglich gesetzliche Garantien
		für die parlamentarische Minderheit zu schaffen.
		Andernfalls drohten sie mit einer
		außerparlamentarischen Kampagne für den
		Rücktritt der Regierung und die Auflösung des
		Parlaments. (MM, 22. 3. 94).
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		Parlament vertagt Debatte über Neufassung des
		Wahlgesetzes.
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		Erst im kommenden Herbst will das Parlament die von
		Präsident Ochirbat angeregte Änderung des
		Wahlgesetzes diskutieren. Dagegen nahmen die
		Parlamentarier den Vorschlag des Präsidenten
		über eine Ergänzung des Parlamentsgesetzes, die
		die Rechte und Pflichten der parlamentarischen Minderheit
		regeln soll, auf die Tagesordnung der
		Frühjahrssitzung. Abgelehnt wurde ein Gesetzentwurf,
		der auch der parlamentarischen Minderheit in den
		staatlichen Massenmedien (TV, Rundfunk) feste Sendezeiten
		einräumen sollte. Die Vertreter der
		Revolutionären Volkspartei argumentierten, daß
		damit in die professionellen Rechte der Medien
		eingegriffen würde. Die Opposition und
		Präsident Ochirbat kritisierten hingegen, daß
		die staatlich dominierten Massenmedien die Meinungen der
		Parlamentsminderheit nicht angemessen wiedergeben
		würden. Der Oppositionsabgeordnete und Vorsitzende
		des Demokratischen Bundes, Ts. Elbegdortsch, sagte,
		daß die Regierung die von den Steuer geldern aller
		Mongolen finanzierten Massenmedien mißbrauche, um
		für sich Propaganda zu betreiben. (MM, 29. 3. 94).
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		Hungerstreik und Demonstrationen in Ulan Bator.
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		Aus Protest gegen die Regierung führten 38
		Oppositionelle, darunter der frühere
		Vize-Präsident und jetzige Vorsitzende der
		Sozialdemokratischen Partei, R. Gontschigdortsch, auf dem
		Suchbaatar-Platz vom 13. bis 25. 4. 1994 einen
		Hungerstreik durch. Mit dem Streik, den der Mongolische
		Demokratische Bund organisierte, protestierten die
		Demonstranten gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik
		der Regierung und forderten ein Ende des staatlichen
		Monopols in den Massenmedien sowie den Rücktritt der
		Regierung. Präsident Ochirbat rief die Regierung und
		das Parlament dazu auf, die Forderungen der
		Hungerstreikenden zu erörtern. Zugleich appellierte
		er an die Demonstranten, ihren Streik abzubrechen, um
		eine Eskalation zu vermeiden. Ministerpräsident
		Jasrai dagegen warf der Opposition
		Kompromißlosigkeit vor und warnte vor den Folgen
		des Protests. Parallel zum Hungerstreik demonstrierten
		mehrere Tausend Menschen auf dem Platz der Freiheit
		für die Politik der Reg ierung. Aufgerufen zu der
		Gegenkundgebung hatte die "Bewegung 281", ein
		Sammelbecken von ehemaligen Kommunisten und radikalen
		Nationalisten, zu dem u.a. der Dichter Dashbalbar
		gehört. Polizeikräfte verhinderten gewaltsame
		Zusammenstöße zwischen den gegnerischen
		Demonstrationsgruppen. (Reuter v. 19. 4. 94 u. 20.4. 94;
		MM, 19. 4. 94).
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		Regierung und Opposition erzielen Konsens.
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		Zwei Tage, nachdem rund 20.000 Menschen am 23. 4. 1994 in
		einem friedlichen Demonstrationsmarsch durch die
		Innenstadt von Ulan Bator ihre Solidarität mit den
		Hungerstreikenden bekundet hatten, beendete die
		Mongolische Demokratische Union den
		außerparlamentarischen Protest. Unter Vermittlung
		von Präsident Ochirbat erzielten die
		Revolutionäre Volkspartei, die Nationaldemokratische
		Partei und die Sozialdemokratische Partei einen Konsens
		über die künftige politische Entwicklung. Sie
		vereinbarten u.a., daß das Parlament noch
		während der Frühjahrstagung Verfahren für
		die Durchführung von Demonstrationen und
		Versammlungen sowie ein Gesetz über die Freiheit von
		Presse und Medien diskutieren wird. Zudem wurde eine
		parlamentarische Aussprache über den
		Regierungsbericht zur gegenwärtigen sozialen und
		ökonomischen Situation angesetzt. Im Herbst soll das
		Abgeordnetenhaus ferner ein Gesetz gegen die Korruption
		und ein Gesetz über ein nationales Referendum
		erörtern. (MM, 26. 4. 94). Gegenüber dem
		mongolischen Fernsehen machte Präsident Ochirbat
		deutlich, daß politische Meinungsverschiedenheiten
		in Zukunft innerhalb des Parlaments diskutiert und
		geregelt werden müßten. Er beklagte, daß
		es bislang an einer entsprechenden politischen Kultur
		fehle. Aus diesem Grund sei es zu begrüßen,
		daß zum ersten Mal in der politischen Entwicklung
		des Landes alle Parteien im Parlament einen Konsens
		unterzeichnet hätten. Regierung, Parlament und die
		Parteien müßten sich gemeinsam bemühen,
		die gegenwärtige politische Instabilität zu
		überwinden. (MM, 3. 5. 94).
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		Modernisierung des Flughafens von Ulan Bator.
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		Am 19. 5. 1994 unterzeichneten Vertreter der mongolischen
		Luftfahrtgesellschaft MIAT, der deutschen Baufirma
		Philipp Holzmann und des englischen Unternehmens Wimpey
		Asphalt, Ltd. einen Vertrag über die Modernisierung
		und Erweiterung des Bujant Uhaa-Flughafens in der
		Hauptstadt. Die Gesamtkosten des Projekts werden auf 30
		Mio. US$ veranschlagt. (MM, 24. 5. 94).
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		Wirtschaftslage.
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		Der mongolische Ministerpräsident Dschasrai wies in
		seiner monatlichen Rundfunkansprache auf die sinkende
		Inflation, das verbesserte Lebensmittelangebot und die
		guten Erträge in der Landwirtschaft hin. Auch die
		Lage in der Schwerindustrie habe sich gebessert; die
		Produktion im Werk Erdenet sei stabil und in Darhan sei
		eine Eisen- und Stahlhütte in Betrieb genommen
		worden. Dschasrai schloß für die Zukunft
		saisonbedingte Schwankungen nicht aus und räumte
		ein, daß die Anhebung der Löhne, Renten und
		Sozialleistungen nicht zeitgleich mit dem Anstieg der
		Preise erfolgt sei. (Deutsche Welle, Monitor-Dienst
		21.7.94, S.5)
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		Demonstrationsverbot.
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		Auf Beschluß der mongolischen Regierung dürfen
		auf dem Suchbaatar-Platz vor dem Regierungsgebäude
		in Ulan Bator künftig keine Protestveranstaltungen
		mehr stattfinden. Das Verbot ist eine Reaktion der
		Regierung auf den Hungerstreik der Opposition im
		Frühjahr. Sozialdemokratische und
		Nationaldemokratische Partei bezeichneten das Gesetz als
		Angriff auf die Demonstrationsfreiheit. (Reuter,
		22.7.94).
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		Grabsuche.
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		Mißbilligend reagierten die mongolischen Medien auf
		Pläne für eine Suche nach dem Grab Dschingis
		Khans. Die Zeitung "Ardyn Erh" berichtete
		über ein entsprechendes Vorhaben des amerikanischen
		Amateur-Archäologen Maury Kravitz. Das Blatt warf
		ihm Profitgier vor. (Reuter, 19.8.94).
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		Kein Verrat von Staatsgeheimnissen.
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		Ein Gericht hat den Chef der Mongolischen Demokratischen
		Union, Tsakhyagin Elbegdortsch, für unschuldig
		erklärt. Er war angeklagt gewesen, Staatsgeheimnisse
		verraten zu haben, als er vor einer ökonomischen
		Machtübernahme in der Mongolei durch die Chinesen
		warnte. Anfang des Jahres war Elbegdortsch Mitglied einer
		Untersuchungskommission, die Korruptionsvorwürfen
		gegen den Ministerpräsidenten, den Vorsitzenden des
		Parlaments und dessen Stellvertreter nachgegangen war.
		Die Opposition hatte seither geäußert,
		daß die drei Politiker aufgrund ihrer
		"offenkundigen Verbindungen zu chinesischen
		Interessen" ihre Ämter zurückgeben
		sollten. Polizeiliche Ermittlungen hatten allerdings
		keine Beweise für die Anschuldigungen ergeben.
		(Reuter, 20.8.94).
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		Dalai Lama in Ulan Bator.
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		Tausende von Menschen strömten zum Dalai Lama bei
		seinem Besuch in der Mongolei. Das religiöse
		Oberhaupt der Mongolen rief dazu auf, in den
		Sommermonaten mehr Gemüse zu essen und weniger
		Alkohol zu trinken. Der Dalai Lama war Gast des
		Gandan-Klosters. Auf seinem Programm standen keine
		Begegnungen mit Regierungsvertretern. Wie schon bei
		früheren Besuchen protestierte die chinesische
		Regierung gegen die Einladung des im Exil lebenden
		geistlichen Führers Tibets. (Reuter, 7. und 11.9.94)
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		Zentralasien-Konferenz.
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		Am 15.9. ging in Ulan Bator eine internationale Konferenz
		über Zentralasien zuende. Politiker, Wissenschaftler
		und Vertreter von Nicht-Regierungsorganisationen
		erörterten die Perspektiven von Demokratie und
		Marktwirtschaft in den Nomadengesellschaften
		Zentralasiens. In der Abschlußerklärung
		forderten die Teilnehmer wirtschaftliche Konzepte, die
		das nomadische Leben und moderne Technologien
		integrierten. Dazu gehörten leistungsfähige
		Kleinindustrien ebenso wie die Nutzung von Sonnen- und
		Windenergie. Negativ beurteilten sie die blinde Kopie von
		Ideen der freien Marktwirtschaft, da diese ähnlich
		wie die sozialistische Planwirtschaft auf westliche
		Erfahrungen mit Seßhaftigkeit, Landwirtschaft und
		Industrie beruhten. (Reuter, 15.9.94)
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		Demokratie verliert an Ansehen.
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		Unter Schirmherrschaft der Konrad-Adenauer-Stiftung
		führte das Institut für Philosophie und
		Soziologie der Mongolischen Akademie der Wissenschaften
		eine Meinungsumfrage zur Entwicklung der Demokratie
		durch. Danach ist das Vertrauen der Bevölkerung in
		die neuen demokratischen Errungenschaften in den letzten
		drei Jahren gesunken. Ebenfalls verschlechtert hat sich
		das Image der einst kommunistischen Mongolischen
		Revolutionären Volkspartei (MRVP). Zugleich ist die
		Beliebtheit der neuen demokratischen Parteien und
		Politiker ebenso zurückgegangen wie die
		Popularität des 1992 gewählten Staatshurals.
		(Doris Götting: Demokratie in Zentralasien, Deutsche
		Welle, Background, 16.9.94).
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		Erste katholische Gemeinde.
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		In der Mongolei wurde die erste katholische
		Kirchengemeinde registriert. Die Gläubigen hoffen,
		in naher Zukunft mit dem Bau einer Kirche beginnen zu
		können. (L'Osservatore Romano, 16.9.94)
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		Prozeß um Massenmorde der 30er Jahre.
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		Mitglieder der oppositionellen Demokratischen
		Reformpartei, die kürzlich vom ehemaligen
		Ministerpräsidenten D. Bjambasuren gegründet
		wurde, strengten einen Prozeß an, um die
		Verantwortung für die Massaker in den 30er Jahren
		klären zu lassen. Im Zuge der kommunistischen
		Kampagne gegen die Religion waren damals mindestens
		15.000 Mönche ermordet worden. (Reuter, 21.9.9.94)
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		Herbsttagung des Staatshurals eröffnet.
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		Der Vorsitzende des Parlaments, Natsagiin Bagabandi,
		kündigte eine Reihe von neuen Gesetzen an, darunter
		ein Sicherheitsgesetz und ein Gesetz über den
		Landbesitz. Zugleich stellte er eine Änderung des
		Wahlgesetzes und Verbesserungen des rechtlichen Status
		der Parlamentarier in Aussicht. Er forderte
		außerdem wirksamere Kontrollmechanismen im Bereich
		von Finanzen, Haushalt und Steuern. (Reuter, 22.9.94).
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		Amerikanisch-mongolisches Erdölprojekt.
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		Ende September 1994 begann ein amerikanisch-mongolisches
		Joint venture damit, im Tsagaan Els-Feld in der Ost-Gobi
		nach Erdöl zu bohren. Dort hatte bereits in den 60er
		Jahren die Sowjetunion nach Fundstätten geforscht.
		(Reuter, 29.9.94)
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		Deutsche Informationswoche.
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		Öffentliche Vorträge, Filmvorführungen und
		Ausstellungen waren Bestandteil einer Informationsreihe
		über das politische, wirtschaftliche und kulturelle
		Leben in Deutschland. Sie fand unter Schirmherrschaft der
		Deutschen Botschaft, der Konrad-Adenauer-Stiftung und
		verschiedener mongolischer Einrichtungen Ende September
		in Ulan Bator statt. (MM, 7.10.94)
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		Saiga-Antilope bald ausgerottet?
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Die mongolische
		Saiga-Antilope gehört nach einer Liste des World
		Wildlife Fund (WWF) weltweit zu jenen zehn Tier- und
		Pflanzenarten, die am meisten vom Aussterben bedroht
		sind.
		(Reuter, 12.10.94).
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		Präsident Otschirbat kritisiert Versäumnisse
		der Regierung.
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		Neben dem anhaltenden Produktionsrückgang
		bemängelte Otschirbat in einer Rede vor dem
		Parlament insbesondere die Sozialpolitik. Er beklagte,
		daß Löhne, Renten und Sozialhilfen häufig
		nicht ausgezahlt würden. Zudem kritisierte er die
		Haushaltsführung der Regierung, insbesondere bei der
		Vergabe von Krediten, und forderte eine verstärkte
		Kontrolle durch das Parlament. (Deutsche Welle,
		Monitor-Dienst, 20.10.94, S.8).
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		Feuerkatastrophe.
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		Durch einen Brand wurden die Redaktionsräume des
		Mongol Messenger und der mongolischen Nachrichtenagentur
		Montsame verwüstet. (MM, 28.10.94)
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		Staatsjubiläum.
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		Am 26. November 1994 begeht die Mongolei den 70.
		Jahrestag der Ausrufung der Republik. Am 26. November
		1924 bestätigte das Parlament formell die
		Proklamation der Mongolischen Volksrepublik und
		verabschiedete gleichzeitig die erste Verfassung.
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		Kampf gegen den Alkoholismus.
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		Zu einem Kreuzzug gegen den Alkoholmißbrauch rief
		der mongolische Präsident Punsalmaagiin Otschirbat
		seine Landsleute auf. (MM, 9.12.94)