Abstract




9. Crustaceologen Tagung (25. to 27.2.1999, Berlin, Deutschland)
 

Osmotische und ionale Anpassung von abyssalen Amphipoden an verschiedene Wassertiefen im Baikalal

I. Zerbst-Boroffka1, T. Grospietsch1, I. Mekhanikova2,


  1. Free University of Berlin, Institute for Animal Physiology, Berlin, Germany
  2. Limnological Institute Irkutsk, Russia

Der Baikal ist 1620 m tief, extrem elektrolytarm (K.Falkner et al 1991, Limnol.Oceanogr.36, 413), in allen Tiefen sauerstoffgesättigt (P.Martin et al 1993, Freshw.Biol.29, 343) und besitzt unterhalb von 200 m eine konstante Wassertemperatur von 3,8°C (M.Kozhow 1963, Dr.W.Junk, Den Haag). Die Fauna ist zum größten Teil endemisch. Die physiologischen Anpassungen, die mit der Eroberung des Abyssals  einhergehen, werden in der Literatur über marine Crustaceen wie auch über Baikalamphipoden vorwiegend als Anpassung an den beträchtlichen hydrostatischen Druck diskutiert (P.Sébert et al 1997, C.B.P.116A, 281;  R.Brauer et al 1980, C.B.P.65B, 109 und 119; R.Roer et al 1985, J.exp.Zool.233, 65).
Während mehrerer Expeditionen (1994, 1995, 1997) untersuchten wir die osmotischen und ionalen Hämolymphkonzentrationen von baikalischen Amphipoden aus verschiedenen Wassertiefen.  Ergebnisse :
1. Hälterung von abyssalen Amphipoden (Acanthogammarus reicherti, Parapallasea lagowski aus 1000 m und 800 m) im Aquarium führte innerhalb von 1-2 Tagen zu einer signifikanten Abnahme der osmotischen Hämolymphkonzentration, die für den Meßzeitraum von 1 Woche konstant blieb. Nach den bisher vorliegenden Daten beruht diese Abnahme der osmotischen  Konzentration auf einer Reduktion der NaCl Konzentration. Die sublitorale Art A.albus  aus 50 m dagegen zeigt in Aquarienhälterung keine veränderte Osmolalität. Unter der Voraussetzung, daß die sofortige Untersuchung von Frischfängen deren Konzentration am Standort annähernd widergeben, weist das obige Ergebnis darauf hin, daß abyssale Amphipoden in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet höhere osmotische und NaCl Konzentrationen haben als an der Wasseroberfläche.
2.  Bei 6 Arten wurde an Frischfängen untersucht, ob die osmotischen Konzentrationen von Populationen aus verschiedenen Wassertiefen innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes Unterschiede aufweisen. Die Ergebnisse zeigen in allen 6 Arten höhere Mittelwerte bei Frischfängen aus größerer Tiefe; bei 3 Arten sind diese Unterschiede signifikant (p< 0,01;  Mann-Whitney). Bei P.lagowski  konnte ein Fang aus einer beköderten Falle mit Trawlfängen aus gleicher Wassertiefe  verglichen werden, wobei die in der Falle gefangenen eine signifikant (p < 0,05;  Mann-Whitney) höhere Konzentration hatten. Dieses Ergebnis weist darauf hin, daß der durch Trawlen bedingte Stress (der vermutlich Hypoxie einschließt) bereits zur Reduktion der Osmolalität und NaCl Konzentration führt.
3. Mit der Akklimatisation zweier abyssaler Arten aus 800 m bzw. 1000 m in geräumigen Käfigen für 2 Tage an 3 verschiedene Wassertiefen im Baikal (Fangtiefe, 200 m, 10 m) sollte a. der Einfluß der Wassertiefe auf die osmotische und ionale Hämolymphkonzentration einer Population erfasst werden sowie b. die  osmotischen und ionalen Veränderungen, die auf Trawlen, nicht aber das Hochhieven zurückzuführen sind. Lactat (2 - 6 mmol/l) wurde in allen Frischfängen gefunden, was auf einen hypoxischen Zustand der Tiere hinweist. Dagegen wurde weder bei Käfig- noch bei Aquarientieren wesentliche Lactatkonzentrationen (0 - 0,8 mmol/l) gefunden, d.h. die mit dem Hochhieven einhergehende Decompression löst den hypoxischen Zustand nicht aus. Die Akklimatisation an verschiedene Wassertiefen hatte bei den beiden untersuchten Arten unterschiedliche Wirkung : Bei P.lagowski  entsprachen osmotische und NaCl Konzentrationen in allen drei Wassertiefen der Konzentration im Aquarium. Möglicherweise reichte die Akklimatisationszeit nicht aus, um die Standortkonzentration wieder zu erreichen. Bei A.reicherti  dagegen hatten die an 1000 m akklimatisierten Tiere wieder die Konzentration des Frischfangs aus gleicher Tiefe, während bei den an 200 m und 10 m akklimatisierten Tieren  Konzentrationen wie im Aquarium gemessen wurden.
Zusammenfassung: In der Summe deuten die Ergebnisse darauf hin, daß abyssale Amphipoden des Baikals mit der Besiedlung des Abyssals die osmotische und NaCl Konzentrationen in der Hämolymphe erhöhen.  Die biologische Bedeutung dieser Anpassung ist noch unklar.





Last update: 16.12.1999, Erstellung der Webseiten: T. Grospietsch