Homepage A. E. Imhof

WILLKOMMEN ZU ZWEI
LEHRVERANSTALTUNGEN
IM SOMMERSEMESTER 1996


Einladung und Kommentar zu

Im Hinblick auf beide Veranstaltungen wird erwartet, dass die vier Hintergrundorientierungen unter folgenden Links zur Kenntniss genommen werden:
  1. WS 1995/96 (= zum Einsatz von Internet in den Lehrveranstaltungen)
  2. ppl (= Kurzbericht für PPL-aktuell, das Informationsbulletin von PROJEKT PRO LEHRE der Freien Universität)
  3. CD-ROM und WWW (= CD-ROM und World Wide Web: eine hervorragende Kombination)
  4. Bild - Text - Literatur (zum Komplex "Historische Demographie II" bzw. zum Votivtafel-Komplex)


Hinweis:


GRUNDKURS

Interdisziplinarität in der (Frühen) Neuzeit,
ausgehend von der Historischen Demographie

Beginn ist am Montag, dem 15.04.1996, 08:15-09:45 Uhr
im Seminarraum Habelschwerdter Allee 45, L 30/19.


Bis zum Beginn des Sommersemesters 1996 wird eine CD-ROM "Historische Demographie digital" auf dem Markt zugänglich sein. (Sie ist mittlerweile erschienen. Ein Exemplar wurde in der Bibliothek des Friedrich-Meinecke-Instituts deponiert. Es kann bei der Bibliotheksaufsicht zum Eigenstudium am bibliotheksinternen PC ausgeliehen werden.) Die CD-ROM dient dieser Lehrveranstaltung als Grundlage. Sie wird kontinuierlich im WWW betreut.

Ein der CD-ROM beigegebenes Booklet informiert knapp über deren Inhalt und Aufbau. Der Text sei hier - ohne Installations- und Bedienungsanweisungen - als Einführung in den Grundkurs wiedergegeben.


Inhalt (der CD-ROM) :

A. Einführung in die Historische Demographie - mit 34 Figuren

  1. Einleitung
  2. Anschaulich machen
    Lebenserwartungen "früher" und "heute"
    Frauen leben länger - wie lange noch?
    Die Schlüsselrolle von Mädchen- und Frauenbildung
  3. Historische Demographie und Bilder
    Erzwungene Körperkontakte früher
    Vom terrorisierenden zum bescheidener gewordenen Tod
  4. Zu den Quellen und Methoden
    Kirchenbücher
    Inschriften auf römischen Grabsteinen
    Todesanzeigen
    Die Familienrekonstitutions-Methode
    Familienplanung in historischer Zeit
    Harte Daten und Bilder
  5. Nach dem Wandel von der unsicheren zur sicheren Lebenszeit: Welches sind die neuen Probleme?
    Folgen der epidemiologischen Transition: institutionalisiertes längeres Sterben
    Konzentration von Selbsttötungen in hohem Alter: rasches Anschwellen der Risikopopulation
    Auseinanderklaffen von Lebenserwartung und Gesundheitserwartung
    Gewonnene Jahre sind nicht automatisch erfüllte Jahre: das Konzept vom "Lebensplan"

B. Hundert Abbildungen aus der Historischen Demographie - kapitelweise angeordnet

C. Die zwölf wichtigsten Zeitschriften und Informationsquellen - einzeln vorgestellt
D. Auflistung der Schriften, in denen die Vorlagen für die 34 Figuren und 100 Abbildungen enthalten sind (angeordnet nach Erscheinungsjahr)

E. Ausführliche Bibliographie der gesamten benutzten Literatur - mit zusätzlichen Ergänzungen (alphabetische Anordnung)

F. Nummernweise Auflistung der 34 Figuren und 100 Abbildungen


Präsentation (der CD-ROM) :

Was ist Historische Demographie?

Die Historische Demographie beschäftigt sich mit Geburten und Sterbefällen über Raum und Zeit. Ihre hauptsächlichsten Quellen sind - vor den Angaben aus Statistischen oder Zivilstandsämtern - die Kirchenbücher. Diese gibt es bei uns einigermassen vollständig seit etwa der Mitte des 17. Jahrhunderts. Über frühere Zeiten erteilen Grabfunde aus ehemaligen Friedhöfen Auskunft oder zum Beispiel römische Grabsteine. Auf Einzelangaben letzterer Art bezieht sich die Historische Demographie allerdings selten und auch dann meist bloss zu Vergleichszwecken. Die entscheidenden Veränderungen haben sich bei uns während der letzten drei-, vierhundert Jahre vollzogen. Sie können folglich mit Hilfe der Pfarreiregister weitgehend vollständig und zudem sehr exakt erfasst werden. Als eine der wichtigsten ist der fundamentale Wandel von der unsicheren zur sicheren, zumindest ungleich sichereren Lebenszeit zu nennen. Wie nie zuvor und nirgendwo sonst auf der Welt können wir bei uns heute mit dem Leben rechnen. Die Folgen sind unübersehbar. Sie reichen von der nunmehr geringeren Kinderzahl, die ausreicht, um eine gegebene Bevölkerungsgrösse stabil zu halten, bis zum mittlerweile oft langwierigen Sterben an chronischen Leiden in hohem Alter. Die früheren Infektionskrankheiten töteten dagegen meist rasch und waren somit "gnädiger". Umgekehrt lohnt es sich für uns wie nie zuvor, ins Leben zu investieren. Früher wusste man nie, ob es nicht morgen oder übermorgen zu Ende ging. Wir sind die ersten, die das Leben von einem relativ kalkulierbaren Ende her leben und entsprechend organisieren können - oder könnten, wenn wir es vermehrt täten.

"Historische Demographie digital" will Zusammenhänge aus diesen fundamentalen Bereichen menschlichen Daseins unter Nutzung des neuen CD-Mediums visualisierend verständlich machen. Folglich stehen augenfällige Abbildungen, Graphiken, Figuren überall im Mittelpunkt, nirgends dagegen lange Zahlenreihen, Berechnungsformeln, Statistiken. Doch noch so aussagekräftige Abbildungen sprechen - entgegen weit verbreiteter Meinungen - kaum je für sich. Meist sind zumindest einige Orts- und Zeitangaben sowie knappe inhaltliche Erläuterungen notwendig. Wem diese Informationen auf der CD nicht ausreichen, findet im Anschluss an den Text jeweils einen Hinweis auf die Abbildungsquelle. Es versteht sich, dass in deren Umfeld meist umfassendere Interpretationen geboten werden. Ausserdem ist stets zusätzliche Literatur zum Thema aufgelistet. Neben Verfassernamen und Publikationsjahr weist ein in Klammern gesetzter Kurztitel auf den Inhalt hin. Die kompletten Angaben können dann durch Anklicken in der Gesamtbibliographie (= Teil E) aufgerufen werden.


Aktualität Historischer Demographie - bei uns und weltweit

Gewiss hat es die Historische Demographie im wesentlichen nur mit zwei Dingen zu tun: geboren werden und sterben. Sind das jedoch nicht die beiden wichtigsten Punkte im Leben jedes Menschen? Sie markieren Anfang und Ende der Spanne Zeit, die uns auf Erden beschieden ist. Früher waren das für den einen zwei Tage, für den anderen fünfzig Jahre, für den dritten neunzig. Im Vergleich dazu bekommen wir heute fast alle etwa gleich viele Jahre, Frauen im allgemeinen etwas mehr, Männer etwas weniger. Gewonnene Jahre sind indes nicht automatisch auch erfüllte Jahre. Wir müssen sie schon zu solchen machen. Ausserdem ist "Zunahme der Lebenserwartung" die eine Sache; eine andere Sache ist die vergleichsweise stagnierende "Gesundheitserwartung". Vor allem im Vierten Alter - jenseits etwa des 70., 75. Lebensjahres - nehmen die körperlichen Möglichkeiten nicht selten früher ab als die geistigen, sofern sie ein Leben lang trainiert wurden. In diesem Zusammenhang stellt die CD das Konzept vom "Lebensplan" vor. Dessen Motto könnte lauten: "Menschsein heisst, die von Anfang an in uns angelegte Spannung zwischen Werden, Sein und Vergehen zu akzeptieren, auszuhalten und aushaltend zu gestalten sowie den Tod zur rechten Zeit auf uns zu nehmen".

Nicht überall auf der Welt ist die Standardisierung und Anhebung der durchschnittlichen Sterbealter so weit fortgeschritten wie hierzulande. Was bei uns historisch ist, ist anderswo nach wie vor aktuell. Verständlicherweise möchte man dort die Aktualität aber ebenfalls baldmöglichst Geschichte werden lassen. Warum also nicht bei uns nachfragen, wie wir unseren vergleichsweise "paradiesischen" Zustand erreichten? Unversehens wächst der Historischen Demographie höchst aktuelle Relevanz zu. Sie entpuppt sich als gegenwartsbezogene Disziplin mit Nutzanwendung. Für mich hatte das zur Folge, diese Themen seit den frühen 1980er Jahren regelmässig auch in Brasilien sowie in Süd- und Südostasien zu unterrichten. Manches Beispiel auf der CD ist hiervon geprägt.


Visualisieren zielt auf Verständlichmachen

Was alle angeht, müssen auch alle verstehen - ob bei uns oder in Schwellen- und Entwicklungsländern. Seit zwanzig Jahren versuche ich deshalb, diesbezügliche Zusammenhänge möglichst anschaulich und auf einprägsame Weise zu erklären. Dabei entstanden Hunderte von Abbildungen, Graphiken, Strich- und Umzeichnungen. Als Diapositive lagen sie Dutzenden von Vorlesungen, Seminaren, Vorträgen zugrunde. Die meisten von ihnen wurden im Verlauf der Zeit publiziert. In überarbeiteter Form bilden sie nun den Kern der CD.


Gliederung der CD

Teil A: Einführung in die Historische Demographie
Teil A bringt eine zusammenhängende Einführung in die Historische Demographie. Um 34 Figuren gruppiert enthält sie grundsätzliche Erläuterungen zu den Quellen und den wichtigsten Methoden. Ferner wird hier der Reihe nach auf eine Anzahl zentraler Themen eingegangen, so auf den Wandel von der unsicheren zur sichereren Lebenszeit, auf die dieser Entwicklung zugrunde liegende Schlüsselrolle der Mädchen- und Frauenbildung, auf das zunehmende Auseinanderklaffen von Lebenserwartung und Gesundheitserwartung, auf das Überwiegen von Selbsttötungen im Vierten Alter, auf das Konzept vom "Lebensplan", damit aus den gewonnenen Jahren erfüllte Jahre werden.

Teil B: Hundert Abbildungen aus der Historischen Demographie kapitelweise
Teil B führt in Form von 100 nach Themenkreisen angeordneten Abbildungen die Quintessenzen aus zwanzig Jahren eigener historisch-demographischer Forschung und Lehre vor Augen. Zwei Jahrzehnte sind es her, seitdem 1975 der erste mit einer Forschergruppe erarbeitete Doppelband "Historische Demographie als Sozialgeschichte. Giessen und Umgebung vom 17. bis 19. Jahrhundert" erschien. Inzwischen liegen - neben Aufsätzen und Artikeln - zwei Dutzend Bücher zum Thema vor. Diesen Publikationen sind praktisch alle Vorlagen für die CD-Figuren und -Abbildungen entnommen. Interessierte finden im Teil D eine komplette Auflistung ihrer Titel und Erscheinungsorte.

Während Teil A jeweils anhand von nur einem oder zwei Beispielen in einem fortlaufenden Kontext auf zentrale Aspekte Historischer Demographie eingeht (z. B. auf die alters- und geschlechtsspezifische Suizidverteilung am Beispiel von Berlin-West 1987 in Figur 29), so finden sich in Teil B zu denselben Themen oft zahlreiche vertiefende Beispiele aus unterschiedlichen Zeiten und Räumen (zum Thema Alterssuizid z. B. CD [79] bis CD [89]). Ähnliche "Serien" gibt es zu zeitlich/räumlich differierenden Absterbeordnungen, zur historischen Familienplanung, zur seinerzeitigen Schlüsselrolle der Mädchen- und Frauenbildung in Europa bzw. zur heutigen in Schwellen- und Entwicklungsländern, zu den epidemiologischen, demographischen und gesundheitlichen Transitionen und deren Folgen, zum fundamentalen Wandel von "Gemeinschaft" zu "Gesellschaft" als logische Konsequenz des Wandels von der unsicheren zur sicheren Lebenszeit.

Teil C: Die zwölf wichtigsten Zeitschriften und Informationsquellen
Hier werden die wichtigsten Zeitschriften und Informationsquellen zur Historischen Demographie porträtiert. Auflistungen neuerer Beiträge machen charakteristische Schwerpunkte deutlich. Unter den elektronischen Informationsquellen wird das INTERNET-Diskussionsforum H-DEMOG vorgestellt. Die Angaben im Teil C sollen es Interessierten ermöglichen, auch fernerhin in allen wesentlichen Bereichen der Historischen Demographie auf dem laufenden zu bleiben.

Teil D: Auflistung der Schriften mit den Vorlagen für die 34 Figuren und die 100 Abbildungen
Unter dem erläuternden Text zu jeder Figur oder Abbildung findet sich stets ein Hinweis auf deren Herkunft, meist in Form einer Jahresangabe mit Buchstaben und Seitenzahl (z. B. 1993g, 14). Die vorliegende, nach Publikationsjahren gegliederte Auflistung enthält alle dazugehörigen bibliographischen Details.

Teil E: Ausführliche Bibliographie
Ihrem Entstehungshintergrund entsprechend erhebt die CD keinen Anspruch, alle Aspekte der Historischen Demographie gleichmässig zu behandeln. Sie spiegelt vielmehr wieder, womit ich mich als einer ihrer - hierzulande wenigen - Vertreter während der letzten zwei Jahrzehnte hauptsächlich beschäftigte. Wer folglich nach Ergänzendem oder Vertiefendem sucht, dürfte in dieser umfangreichen Literaturzusammenstellung leicht fündig werden. Als neuerer Gesamtüberblick könnte z. B. Pfister 1994 (= Bevölkerungsgeschichte und Historische Demographie 1500-1800) oder bezüglich der Methodenfragen Reher/Schofield 1993 (= Old and new methods in historical demography) dienen.

Teil F: Nummernweise Auflistung der 34 Figuren und 100 Abbildungen
Jede Figur und jede Abbildung ist hier mit einer knappen Inhaltsangabe versehen, so dass sie einzeln gezielt durch Anklicken aufgerufen werden kann.



HAUPTSEMINAR

Bildquellen für die Geschichte der (Frühen) Neuzeit.
Unter Einbeziehung neuer Technologien wie
INTERNET und Anfertigung von CD-ROMs

Beginn ist am Dienstag, dem 09.04.1996, 08:15-09:45 Uhr
im Seminarraum Habelschwerdter Allee 45, L 30/19.


Seit mehreren Semestern werden Teilnehmer an Lehrveranstaltungen in die laufenden Arbeiten an einer Bilddatenbank zur Geschichte der Neuzeit involviert. Dies ist erneut auch das Ziel des Hauptseminars vom Sommersemester 1996. Als Orientierung für Interessenten wird an dieser Stelle ein Überblick über den gegenwärtigen Stand eingefügt. (Er kann mit kleinen Modifikationen auch selbständig unter dem Link "sammtext" aufgerufen werden.)



Tausend Votivtafeln aus Sammarei -
der Jahrhunderte alten Wallfahrtskirche
bei Passau in Niederbayern

Unsere Vorfahren in Notsituationen :
Eine Bilddatenbank zum Alltag
vom 17. bis zum 20. Jahrhundert


Eine Gemeinschaftsarbeit

von Hubert Kahlhammer (Inventarisierung)
Sabine John und Hans Roth (Quellendokumentation)
Gregor Peda und Alexander Dannenberg (photographische Aufnahmen)
Bettina Etzenberger und Klaus Henkel (Redaktion)
Robert Bonca (CD-ROM-Produktion)

unter der Leitung von Arthur E. Imhof

mit freundlicher Unterstützung durch
den Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e. V., München
die ZEAM = Zentraleinrichtung für Audiovisuelle Medien der Freien Universität Berlin
Professor Dr. Walter Hartinger, Institut für Volkskunde der Universität Passau
sowie Dr. Herbert W. Wurster, Leiter des Archivs des Bistums Passau


Inhalt


Votivtafeln: eine Einführung

Pest, Hunger, Krieg prägten den Alltag unserer Vorfahren. Über effektive Mittel, sich zur Wehr zu setzen, verfügten sie kaum. Noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts lag das durchschnittliche Sterbealter bei etwa 35 Jahren. Zu Hunderten erhaltene Votivtafeln führen uns die überall und jederzeit auftauchenden Existenzbedrohungen wie keine anderen Quellen bildhaft vor Augen. Die meisten von ihnen stammen aus dem 17. bis beginnenden 20. Jahrhundert. Mangels anderer Möglichkeiten wurden in Notsituationen überirdische Helfer angerufen und ihnen als Dank eine Votivtafel in Aussicht gestellt (ex voto = aufgrund eines Gelöbnisses oder eines Gelübdes). Man flehte die dem Herrn Nahestehenden an, sich beim ihm zu verwenden, damit er die Not abwende. Wurde die Hilfe gewährt und trat eine glückliche Wendung ein (schlug der Blitz während eines Gewitters nicht ein; verschonten marodierende Truppen den Hof; führte die schwierige Geburt nicht zum Tod von Mutter und Kind; griff die Viehseuche nicht auf den eigenen Tierbestand über; trat bei schwerer Erkrankung trotz mangelnder ärztlicher Hilfe und fehlender Medikamente eine Gesundung ein; konnte die verregnete Ernte doch noch reif eingebracht werden), musste dies öffentlich bekundet werden. Zur grösseren Ehre der himmlischen Helfer gab der Votant eine Bildtafel in Auftrag (in der Regel bei einem lokalen Handwerksmeister). Nach Fertigstellung wurde sie gut sichtbar an einer Kirchenwand angebracht.

Votivtafeln sind in der Regel vierteilig. Zum einen wird der Votationsanlass bildhaft dargestellt (erkrankte Menschen oder Tiere, Feuer, kriegerische Ereignisse, Unfälle aller Art, Kindbetterinnen, psychische Leiden, Sorge um das Seelenheil, Gewalttaten). Zum andern sieht man den oder die Votanten, meist kniend und in flehentlich betender Haltung. Zum dritten findet sich eine kurze, üblicherweise mit der Jahreszahl versehene Beschreibung des Vorganges. Und zum vierten sehen wir - vom irdischen Geschehen durch ein Wolkenband getrennt - die überirdische Macht: diesen oder jenen in einer bestimmten Notsituation "zuständigen" Heiligen (Leonhard bei Viehseuche, Florian bei Feuersgefahr, Rochus oder Sebastian bei Pest; die Muttergottes bei fast allen Gefährdungen; als knappe neuere Übersicht vgl. Jean-Baptiste Lefèvre: Saints protecteurs et guérisseurs en province de Namur. Namur: Province de Namur 1995 [= Katalog der gleichnamigen Ausstellung im Musée des arts anciens du Namurois, 24. Juni -10. September 1995]).

Das Staatliche Museum für Volkskunde in Berlin-Dahlem verfügt über einen eigenen Bestand von rund dreihundert Votivtafeln, hauptsächlich aus dem süddeutsch-österreichischen Raum. Sie bildeten am Fachbereich Geschichtswissenschaften der Freien Universität Berlin in den vergangenen Jahren häufig Gegenstand von Lehrveranstaltungen zur Historischen Demographie.Wie hätte man rascher und eindrücklicher die permanente Existenzgefährdung unserer Vorfahren den Studierenden vor Augen führen und ihnen auf diese Weise die breite Streuung der Sterbealter sowie die daraus resultierende niedrige durchschnittliche Lebenserwartung, aber auch das Aufgehobensein in Gottvertrauen illustrieren können?

Von diesem Berliner Bestand ausgehend kam es im Verlauf der Zeit einerseits zur Publikation "Das prekäre Leben. Leben, Not und Sterben auf Votivtafeln. Impulse für heute. Buch mit CD-ROM" (Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 1995). In dieser Veröffentlichung wird ausführlich über die gesamte Votivtafelthematik gehandelt und auf die einschlägige Literatur verwiesen. Wer noch wenig damit vertraut ist, kann sich hier leicht über den gegenwärtigen Stand kundig machen. An dieser Stelle wird deshalb, abgesehen von einer knappen Literaturliste am Ende zur Anregung, auf weitere Ausführungen zum Problemkomplex verzichtet.

Andererseits erfolgte die Kontaktaufnahme mit weiteren Institutionen, die ebenfalls über reiche Votivtafelbestände verfügen, so dem Bayerischen Nationalmuseum in München (Sammlung Kriss) oder dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg (Sammlung Erwin Richter). Am fruchtbarsten erwies sich indes die unkomplizierte Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e. V. in München, der den Gesamtbestand von über zwölfhundert Votivtafeln der Wallfahrtskirche Sammarei bei Passau betreut (vgl. hierzu im Anschluss "Zum Votivtafelbestand Sammarei"). Auf diesem Material basiert eine erste Photo-CD mit hundert ausgewählten Tafeln, die wir nach dem Erscheinen der neuen Speichertechnik in Berlin herstellten. Die zugehörigen Kommentare und Bildlegenden wurden in einem Begleit-Booklet zusammengestellt. Dieses kombinierte CD-ROM-und- Booklet-Verfahren eignet sich im Lehrbetrieb vor allem dann, wenn keine grösseren Kenntnisse hinsichtlich einer anspruchsvolleren interaktiv-hypermedialen Realisierung vorhanden sind. Im Rahmen eines Hauptseminars im Sommersemester 1995 über den Einsatz neuer Medien im Geschichtsunterricht bildete sich indes spontan ein Team von sechs Teilnehmern, das die vorhandenen hundert digitalisierten Photo-CD-Bilder mittels TOOLBOOK hypermedial weiterbearbeitete und zwecks Leistungsnachweises schliesslich eine eigene interaktive CD-ROM produzierte.

Mittlerweile ist in Berlin ein Bestand von rund tausend Sammarei-Votivtafeln als Bilddatenbank auf zehn Photo-CDs digital gespeichert. Die dazu gehörige Dokumentation liegt aufgrund der Münchner Inventarisierungskarten ebenfalls komplett in einem Set kopiert vor. Und schliesslich existiert von jeder digitalisierten Tafel ein farbiger Photoabzug.

Als nächstes steht nun die Bearbeitung von rund dreihundert ausgewählten Tafeln für eine hypermedial-interaktive CD-ROM-Veröffentlichung bevor. Der Arbeitstitel lautet: "Unsere Vorfahren in Notsituationen. Bilddatenbank zum Alltag vom 17. bis zum 20. Jahrhundert". Als Erscheinungsdatum ist Ende 1996 vorgesehen.


Zum Votivtafelbestand Sammarei

Hinweis: Die folgenden Angaben zur Wallfahrtskirche Sammarei, zum dortigen Gnadenbild und dem Votivtafelbestand, zur ursprünglichen Auswahl von hundert Tafeln für eine Probe-Photo-CD, zu den Bildlegenden für ein Begleit-Booklet sowie alle sammareibezogenen Literaturvermerke basieren auf einem Exposé des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege (Dank an Sabine John und Hans Roth).


Für Interessierte gibt es hier auch eine kleine Tour durch Sammarei. Die neun komprimierten Bilder im jpg-Format umfassen insgesamt 201.382 bytes.


Die Wallfahrtskirche Sammarei

Sammarei - zusammengezogen aus Sankt Marien oder Sankt Marei - gehört heute zur Gemeinde Ortenburg im niederbayerischen Landkreis Passau (etwa 20 km südöstlich). Seit dem Hochmittelalter besass das Zisterzienserkloster Aldersbach dort ein Bauerngut. Als es 1619 niederbrannte, blieb die daneben stehende kleine, der Mutter Gottes geweihte Holzkapelle unversehrt. Auch ein Apfelbaum, dessen Früchte vorzüglichen Quittengeschmack gehabt haben sollen, schlug wieder aus. Das deuteten die Menschen als göttliche Wunderzeichen. Um die wachsende Zahl herbeiströmender Gläubiger seelsorglich besser zu betreuen, wurde 1690 der Grundstein für ein Wallfahrtspriesterhaus gelegt. 1707 erschien in Regensburg eine Auswahl von Berichten über die zahlreichen Gebetserhörungen unter dem Titel "Wolriechender Marianischer Quitten-Apffel" im Druck. Dieses Mirakelbuch sollte sicher auch den Ruf von Sammarei weit und breit bekannt machen. Überdies hielten die Mönche aus Aldersbach Andachtsbilder bereit, um ihre Hauswallfahrt zu fördern. Die Säkularisation bedeutete einen tiefen Einschnitt für die Gnadenstätte Sammarei, aber nicht ihr Ende. Nach der Aufhebung des Stiftes Aldersbach betreuten ehemalige Konventualen die Wallfahrt zunächst weiter. 1862 wurde Sammarei dann der Pfarrei Rainding einverleibt, zu dem es noch heute gehört, und der Pfarrhof in das einstige Wallfahrtspriesterhaus verlegt.


Das Gnadenbild von Sammarei

Der Rokokognadenaltar der erhaltenen Holzkapelle im Chor des Wallfahrtskirche wurde 1772 vermutlich von der Passauer Götzwerkstatt geschaffen. Er birgt das eigentliche Kultbild von Sammarei. Ein Blick darauf ist auch unter dem Hochaltarblatt mit der Darstellung Mariä Himmelfahrt hindurch vom Kirchenschiff aus möglich. Beim Gnadenbild handelt es sich um ein Ölgemälde, dessen Rückseite die Jahreszahl 1631 trägt. Es soll eine Kopie des Tafelbildes in der Maurerkapelle von Sankt Jakob in Straubing sein, das Hans Holbein dem Älteren zugeschrieben wird. Ein ähnliches Bild des Niederländers Adriaen Isenbrant von 1551 wurde erst 1985 bekannt. Es befindet sich heute in Budapest. Weitere wallfahrtsstiftende Kopien gibt es in Maria Bühel bei Oberndorf in der Erzdiözese Salzburg, in der Wiener Paulanerkirche sowie in der Grazer Karmeliterkirche. Wie der verwandte Maria-Hilf-Typus gehört auch das Gnadenbild von Sammarei in die Tradition der über Italien in die abendländische Kunst eingeführten Eleousa-Ikonen. Maria wird dabei sitzend in Dreiviertelfigur gezeigt. Der Jesusknabe steht in einen dünnen Schleier gehüllt auf ihrem Schoss. Er schmiegt seine Wange an die der Mutter, umfasst mit einem Arm ihren Hals und legt die andere Hand an den Ausschnitt ihres roten Kleides. Sie trägt darüber einen rosafarbenen Mantel mit einer Agraffe, die auf vielen Sammareier Votivtafeln deutlich wiedergegeben ist. Ein weisser Kopfschleier bedeckt teilweise die über Schulter und Rücken fallenden gelösten langen Haare. Blau ist nur das an Ausschnitt und Ärmeln sichtbare Untergewand. Viele Votivtafeln vereinfachen diese differenzierte Farbigkeit zum "klassischen" marianischen Farbakkord Rot/Blau. Vor allem im 18. Jahrhundert übernahmen manche Taferlmaler gerne auch das Vorhangmotiv aus dem Gnadenbild als zusätzliche Würdeformel. Allerdings erscheint vor allem auf den frühen Votivtafeln des 17. Jahrhunderts nicht immer das eben beschriebene Gnadenbild, sondern noch eine Pietà, die Jakob Bendel aus Pfarrkirchen 1640 schnitzte und die nun ihren Platz in der Predella des Gnadenaltares hat. Im ausgehenden 17. Jahrhundert scheint dann nach und nach die Verehrung des Gnadenbildes der Madonna mit Kind in den Vordergrund gerückt zu sein. Für eine ganze Reihe von Votivtafeln wählten die Maler auch andere Typen von Mariengnadenbildern, darunter besonders oft die Mariahilf. Ob sich hierin der ausdrückliche Wunsch von Wallfahrern spiegelt oder ob wir einen deutlichen Hinweis auf die überragende Kultdynamik dieses Bildes im nahen Passau vor uns haben, sei dahingestellt.


Der Votivbildbestand von Sammarei

Mit insgesamt 1264 Objekten aus der Zeit von 1632 bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts zählt der Votivbildbestand von Sammarei neben jenem von Sankt Walburg in Eichstätt und dem berühmten in Altötting zu den umfangreichsten in Bayern. Die Tafeln hängen wie ein dichter, bunter Bilderteppich an den Wänden von Chor und Holzkapelle. Heute sind sie nummeriert, wobei die genaue Standortangabe auf den Inventarkarten vermerkt ist. Schon in den 1950er Jahren wurde eine Inventarisierung versucht, aber nicht zu Ende geführt. Erst im Rahmen der 1976 begonnenen Kirchenrenovierung nahm man im Innern auch sämtliche Votivtafeln ab. Sie wurden gereinigt und gegebenenfalls restauriert. Gleichzeitig führte der örtliche Heimatpfleger, Lehrer Hubert Kalhammer, mit seinem Mitarbeiter Matthias Dirnberger eine chronologische Inventarisierung des gesamten Bestandes in enger Absprache und nach den Richtlinien des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege in München durch. Bei gleicher Gelegenheit beauftragte man Gregor Peda aus Passau mit photographischen Aufnahmen. (1995 wurden sie teilweise neu beziehungsweise ergänzend durch Alexander Dannenberg aus Berlin aufgenommen.) 1992 konnten die Arbeiten mit der - nunmehr gesicherten - Neuhängung der Votivtafeln an alter Stelle abgeschlossen werden (vgl. hierzu Roth 1993).
Alle schliesslich erstellten 1232 Inventareinzelkarteikarten sowie ein Set der ursprünglich durch Gregor Peda angefertigten Diapositive von Votivtafeln aus dem Zeitraum 1632-1869 befinden sich heute im Archiv des Bayerischen Landesvereins. Sie enthalten systematische Angaben über Bildinhalt, Maltechnik, gegebenenfalls zum Maler, zum verwendeten Material, zu Grösse und Rahmung, zu Datum und Herkunft, zu dem oder den Votanten, zum Erhaltungszustand und zum Text. Die als Ordnungsprinzip gewählte Chronologie möchte künftigen Forschungen den Zugriff erleichtern. Insgesamt scheint hier eine solide Grundlage geschaffen, um diese aussagekräftigen Bildquellen frömmigkeits-, sozial- und medizingeschichtlich, aber auch für die Haus- und Möbelforschung oder für die Trachten- und Gerätekunde auszuwerten. Den genauen regional-überregionalen Einzugsbereich sowie die soziale Schichtung der Votanten werden erst detaillierte Untersuchungen feststellen können. Sicher ist indes schon heute, dass die Wallfahrer aus ganz Niederbayern, einschliesslich des erst 1779 zu Oberösterreich geschlagenen Innviertels kamen. Bauern und Gesinde sind darunter ebenso vertreten wie Handwerker oder Geistliche. Ein Ansteigen der Zahl von Votanten aus der Beamten- und Bürgerschicht im 18. Jahrhundert ist nach dem ersten Überblick nur zu vermuten und müsste ebenfalls überprüft werden. Für die Kultur- und Mentalitätsgeschichte aufschlussreich dürften vor allem die rückseitigen Tafelnotizen sein. Hubert Kalhammer hat sie auf den Karteikarten ebenso vermerkt, wie er verschollenen oder andernorts verwahrten Stücken nachgegangen ist. Einige befinden sich heute nachweislich in München, Nürnberg, Wien und Berlin.


Zur Auswahl von 100 Votivbildern für eine erste Photo-CD-ROM

Ohne einer exakten Quantifizierung vorgreifen zu wollen und ungeachtet des zweifellos weiten Spektrums von Votationsanlässen scheinen sich im Gesamtbestand von Sammarei doch zwei deutliche Schwerpunkte abzuzeichnen. Zum einen handelt es sich um den Bereich der "Kindsnöte": von schweren Geburten über postnatale Depressionen bis hin zu Krankheiten und Unfällen von Säuglingen und Kleinkindern. Zum anderen fallen die häufigen Verlöbnisse wegen eines Augenleidens auf. Demgegenüber ist der Anlass "Unglück im Stall" eher selten, seltener jedenfalls, als man es angesichts des Bauernlandes um Sammarei erwarten würde. Um jedoch die Vielfalt der Leiden und Sorgen zu illustrieren, deren sich unsere Vorfahren in ihrem alltäglichen Leben zu erwehren hatten, wurden für eine erste Photo-CD-ROM jeweils mehrere Votivtafelbeispiele zu folgenden Hauptanlässen ausgewählt: Selbst in der Auswahl von nur hundert Tafeln aus dem Gesamtbestand spiegelt sich die erstaunliche Breite künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten. (Sämtliche hundert Tafeln können im Thumbnail-Format, also etwa in Briefmarkengrösse, hier einzeln aufgerufen werden, von 001.gif bis 100.gif. Die oben ausgewählten Thumbnail-Beispiele lassen sich auch gesamthaft als Mosaik auf den Monitor laden, ebenso alle hundert.) Von differenzierten Darstellungen mit malerischem Anspruch (vgl. z. B. die Inventarnummern 328 und 480 = CD [91] und [96]) bis zu schlichten, wiewohl oft bestechend expressiven "Taferln" reicht der Bogen. Rund hundert Votivbilder vermochte Hubert Kalhammer im Rahmen der Gesamtinventarisierung dem sogenannten Meister von Schacha zuzuschreiben. Wer sich hinter diesem Notnamen verbirgt, ist bis heute ungewiss. Jedenfalls handelt es sich bei ihm um den wohl bekanntesten niederbayerischen Taferlmaler in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seine Werke, die sich an vielen Wallfahrtsorten in diesem Raum erhalten haben, sind relativ leicht an den typischen Wolkenballen, den Kassettenwänden und den oben abgerundeten Schrifttafeln zu erkennen. Auch auf der CD-Auswahl ist dieser Meister von Schacha gut vertreten (vgl. Inventarnummern 577, 600, 678, 679, 755, 794, 796 = CD-Nummern [41], [82], [26], [75], [29], [97], [43]). Sein Name wird in den Bildlegenden allerdings nur dann genannt, wenn dies auch die entsprechende Inventarkarte tut.


Zur Gestaltung der Bildlegenden für ein Begleit-Booklet zur ersten Photo-CD

Die Legenden aller CD-Bildnummern wurden anhand der Diapositive nochmals überprüft. Dies trifft insbesondere auch zu für die wörtlich wiedergegebenen Tafelbeschriftungen, die in den Legenden kursiv geschrieben sind. Querbalken über einzelnen Buchstaben führten zu deren Verdoppelung. Runde Klammern (...) zeigen aufgelöste Kürzel an. Eindeutig zu ergänzende Fehlstellen sind nicht besonders gekennzeichnet. Die Angaben zu Material, Rahmen und Grösse der Votivtafeln entsprechen den diesbezüglichen Vermerken auf den Inventarkarten. Bei den Massen steht Höhe vor Breite. Unter "Gnadenbild" ist immer das oben beschriebene Bild der Madonna mit dem stehenden Jesusknaben zu verstehen. Andernfalls heisst es "Pietà" oder "Maria vom Typus ...". Rechts und links ist aus der Blickrichtung des Betrachters gesehen (z. B. die Position des Gnadenbildes auf der Tafel). Nur wenn von Körpergliedmassen dargestellter Personen die Rede ist, wird - dem Sprachgebrauch der Inventarkarten folgend - von diesen aus gedacht (z. B. sein rechter Arm, ihr linker Fuss). Was die Beschreibung von Kleidungsstücken betrifft, ist sie möglichst neutral gehalten. Lediglich beim charakteristischen Kopfschmuck in der Mädchentracht des Rottales und Gäubodens wurde statt der Bezeichnung "Kappe" wie auf den Inventarkarten der Ausdruck "Schapel" vorgezogen (vgl. zu dieser präziseren Bezeichnung die Ausführungen bei Zaborsky-Wahlstätten 1979). Einer Deutung soll damit nicht vorgegriffen werden. Gleiches gilt für die Beobachtung der altertümlichen Kombination von weissem, bis über den Hals reichendem Kopftuch unter einer Pelzhaube, die noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Trauertracht zugewiesen wird (vgl. hierzu Scheffler / Rattelmüller 1991, besonders Seiten 202-204 sowie Farbtafeln 38-39 und Abbildung 49).


Sammareibezogene Literatur

  • Aurenhammer, Hans: Die Mariengnadenbilder Wiens und Niederösterreichs in der Barockzeit.
  • Der Wandel ihrer Ikonographie und ihrer Verehrung (= Veröffentlichungen des Österreichischen Museums für Volkskunde, Bd. 8). Wien: Selbstverlag des Österreichischen Museums für Volkskunde 1956.
  • Bleibrunner, Hans: Andachtsbilder aus Altbayern. München: Süddeutscher Verlag 1971, 60 - 63.
  • Gugitz, Gustav: Artikel Maria Bühel. In: Marienlexikon (s. dort), Bd. 4. St. Ottilien: Eos Verlag 1992, 281.
  • Kalhammer, Hubert: Wallfahrtskirche Sammarei. Passau: Kunstverlag Peda 1989.
  • Mader, Franz: Sammarei. In: Derselbe: Wallfahrten im Bistum Passau. München, Zürich: Schnell & Steiner 1984, 121 - 124.
  • Marienlexikon, hrsg. im Auftrag des Institutum Marianum Regensburg von Remigius Bäumer und Leo Scheffczyk, Redaktion Florian Trenner, bisher erschienen 5 Bände. St. Ottilien: Eos Verlag 1988-1993 (abschliessender Bd. 6 im Druck).
  • Roth, Hans: Der Votivbilderbestand der Wallfahrtskirche Sammarei. In: Schönere Heimat 82, 1993, 36-39.
  • Scheffler, Gisela, Paul Ernst Rattelmüller: Volkstracht und Landschaft in Altbayern. Ihre Entdeckung um 1800 durch Johann Georg von Dillis und seine Zeitgenossen.
  • Katalog zur Ausstellung zum 150. Todestag von Johann Georg von Dillis. Staatliche Graphische Sammlung München 29. November 1991 - 9. Februar 1992. München: Satz und Druck Kastner & Callwey 1991.
  • Schuel, Regineberto: Wolriechender Marianischer Quitten-Apffel / Das ist: Denckwürdige Gnaden=Geschichten / Welche die gecrönte Jungfrau Maria zu Sammarey der bedrängten Welt erwiesen. Regensburg: Johann Zacharias Seidel 1707 [Mirakelbuch; vorhanden in der Bayerischen Staatsbibliothek München, Signatur: Barock 24].
  • Zaborsky-Wahlstätten, Oskar von: Die Tracht in Niederbayern. Bd. I: Gäuboden, Unteres Rott- und Vilstal. 2. Auflage München: Callwey 1979 (= Reprint der Erstauflage von 1940/41).


Einladung zur Mitarbeit

Fasst man die bisherigen Ausführungen zusammen, verfügt Berlin über eine gute Ausgangsbasis für die Weiterarbeit in unterschiedliche Richtungen unter Einbeziehung neuer Interessenten. Als Material steht zur Verfügung:
  • eine Bilddatenbank, bestehend aus 10 Photo-CD-ROMs mit rund tausend digitalisierten Votivtafeln
  • ein komplettes Set der Dokumentationen zu sämtlichen Tafeln
  • ein komplettes Set von Farbabzügen sämtlicher Tafeln
  • eine Probe-Photo-CD mit einer Auswahl von 100 Tafeln und einem Begleit-Booklet mit Kommentaren und Bildlegenden
  • darauf basierend eine mittels TOOLBOOK hypermedial-interaktiv gestaltete CD-ROM mit derselben Auswahl von hundert Votivtafeln, angefertigt durch ein Team von Studierenden
  • eine im Entstehen begriffene hypermedial-interaktiv gestaltete CD-ROM mit einer Auswahl von dreihundert Votivtafeln für eine Verlagsproduktion
  • Als Einführung in den gesamten Votivtafelkomplex eine Publikation von 1995: "Das prekäre Leben. Leben, Not und Sterben auf Votivtafeln. Impulse für heute. Buch mit CD-ROM"
Erwünscht ist insbesondere die interdisziplinäre Kooperation, gegebenenfalls mit dem Ziel der Herstellung weiterer CDs:
  • Architektur (z. B. architekturgeschichtliche Auswertung von Hausformen)
  • Volkskunde (Untersuchungen z. B. zu Geschirr, Kleidung, Inneneinrichtungen; Präferenzen für bestimmte Heilige)
  • Geographie (z. B. Einzugsbereich von Heiligen beziehungsweise von Wallfahrtsorten)
  • Germanistik (sprachgeschichtliche Auswertung der Votivtafeltexte)
  • Kunstgeschichte (z. B. "Abklatsch" beziehungsweise Nachleben bestimmter Stilrichtungen der Hochkunst, Nachweis unterschiedlicher "Hände"; volksreligiöse Farbsymbolik).
Vor allem die letzterwähnte, bisher völlig vernachlässigte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Sparten der Geschichte (Mentalitätsgeschichte, Historische Demographie, Alltagsgeschichte, Agrar- und Medizingeschichte usw.) und der Kunstgeschichte könnte seminal wirken. Anders als bei der Behandlung agrarer Sujets in der Hohen Kunst war es nie die Absicht der Votivtafelmaler, das bäuerliche Leben je nach künstlerischem Anliegen zu verherrlichen oder durch drastisch-realistische Darstellung der Alltagskalamitäten moralische Appelle an die Betrachter zu vermitteln oder ein romantisches Zurück-zur-Natur zu predigen (als Anregung in diese Richtung, d. h. als Kontrastprogramm vgl. Emmanuel Le Roy Ladurie [sous la direction de]: Paysages, paysan. LŽart et la terre en Europe du Moyen Age au XXe siècle. Paris: Bibliothèque Nationale de France / Réunion des Musées Nationaux 1994). Erstmals wäre es ferner auch möglich (und sehr erwünscht), aufgrund der Farbwiedergabe Hunderter von Votivtafeln die Entwicklung der religiösen Farbsymbolik auf dem Monitor zu studieren: wielange blieb etwa die "vornehme" Farbe blau der Muttergottes vorbehalten? (Als Anregung hierzu vgl. Beate Bender: Color caelestis. Anmerkungen zur Farbe Blau im Mittelalter. In: Hans Gercke [Hrsg.]: Blau: Farbe der Ferne. 2. Auflage: Heidelberg: Wunderhorn 1995, 82-103 [insbesondere die Abschnitte "Blau in der christlichen Bildvorstellung" und "Blau im Marienkult"]).


Einige Literaturhinweise zur Anregung

  • Anderegg, Klaus: Durch der Heiligen Gnad und Hilf. Wallfahrt, Wallfahrtskapellen und Exvotos in den oberwalliser Bezirken Goms und Östlich Raron. Basel: Krebs 1979.
  • Angenendt, Arnold: Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart. München: Beck 1994.
  • Beinert, Wolfgang, Heinrich Petri (Hrsg.): Handbuch der Marienkunde. Regensburg: Pustet 1984.
  • Beitl, Klaus: Votivbilder. Zeugnisse einer alten Volkskunst. Salzburg: Residenzverlag; Lizenzausgabe für den Heinrich Hugendubel Verlag München 1982.
  • Bender, Beate: Color caelestis. Anmerkungen zur Farbe Blau im Mittelalter. In: Hans Gercke (Hrsg.): Blau: Farbe der Ferne. 2. Auflage: Heidelberg: Wunderhorn 1995, 82-103 (insbesondere die Abschnitte "Blau in der christlichen Bildvorstellung" und "Blau im Marienkult").
  • Bosl, Karl u. a. (Hrsg.): Andechs. Der Heilige Berg. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. München: Prestel 1993.
  • Bringéus, Arvid: Volkstümliche Bildkunde. München: Callwey 1982.
  • Brückner, Wolfgang, Gottfried Korff, Martin Scharfe: Volksfrömmigkeitsforschung. Würzburg- München: Bayerische Blätter für Volkskunde - Bayerisches Nationalmuseum 1986.
  • Cousin, Bernard: Le miracle et le quotidien. Les ex-voto provençaux. Images dŽune société. Aix-en-Provence: Université de Provence 1983.
  • Creux, René et al.: Die Bilderwelt des Volkes. Brauchtum und Glaube. Frauenfeld: Huber 1980.
  • Dinzelbacher, Peter, Dieter R. Bauer (Hrsg.): Heiligenverehrung in Geschichte und Gegenwart. Ostfildern: Schwabenverlag 1990.
  • Dülmen, Richard van: Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit. Band 3: Religion, Magie, Aufklärung, 16.-18. Jahrhundert. München: Beck 1994.
  • Hartinger, Walter: Mariahilf ob Passau. Passau: Verlag des Vereins für Ostbairische Heimatforschung 1985.
  • Hartinger, Walter: Religion und Brauch. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1992.
  • Harvolk, Edgar: Votivtafeln. Bildzeugnisse von Hilfsbedürftigkeit und Gottvertrauen. München: Callwey 1979.
  • Kriss-Rettenbeck, Lenz: Ex Voto. Zeichen, Bild und Abbild im christlichen Votivbrauchtum. Zürich: Atlantis 1972.
  • Kriss-Rettenbeck, Lenz, Gerda Möhler (Hrsg.): Wallfahrt kennt keine Grenzen. München-Zürich: Schnell & Steiner 1984.
  • Lefèvre, Jean-Baptiste: Saints protecteurs et guérisseurs en province de Namur. Namur: Province de Namur 1995 (= Katalog der gleichnamigen Ausstellung im Musée des arts anciens du Namurois, 24. Juni -10. September 1995).
  • Le Roy Ladurie, Emmanuel (sous la direction de): Paysages, paysan. LŽart et la terre en Europe du Moyen Age au XXe siècle. Paris: Bibliothèque Nationale de France / Réunion des Musées Nationaux 1994).
  • Roth, Hans: Der Votivbilderbestand der Wallfahrtskirche Sammarei. Die 1976 begonnene Inventarisierung fand ihren Abschluss. In: Schönere Heimat 82, 1993, 36-39.
  • Theopold, Wilhelm: Votivmalerei und Medizin. Kulturgeschichte und Heilkunst im Spiegel der Votivmalerei. Zweite, durchgesehene und erweiterte Auflage. München: Thiemig 1981.
  • Turchini, Angelo: Ex-voto. Per una lettura dellŽex-voto dipinto. Zweite, wesentlich erweiterte Auflage. Mailand: Arolo 1992.


Hinweis :

An einer Teilnahme Interessierte mögen sich bitte bereits jetzt melden:

Tel.: (030) 838 4517

Fax : (030) 838 6754

oder e-mail.


Saturday, 30. December 1995 - 16:09:06

Last revision:

Friday, 15. March 1996 - 07:51:25