Zum Aufbau-Schema
von Votivtafeln



Beispiel: Krankheit
("rote Ruhr"), 1775

Votivtafeln sind in der Regel nach dem Schema A, B, C, D aufgebaut:

  • A Votationsanlass: eine kranke Person, ein Unfall, eine Frau im Kindbett, eine Viehseuche

  • B Der oder die Votanten, meist kniend mit gefalteten Händen. A und B können identisch sein.

  • C Die um Vermittlung beim HERRN angerufene überirdische Macht. Bei vielen Votivtafeln aus Sammarei ist das dortige Muttergottes-Gnadenbild zu sehen: Maria sitzend in Dreiviertelfigur; der Jesusknabe auf ihrem Schoss stehend in einen dünnen Schleier gehüllt, seine Wange an die Mutter schmiegend. Irdische und überirdische Sphäre sind durch Wolkenformationen (wie Wolkenbänke, Wolkenbäusche, Wolkengirlanden, Wolkenkränze oder Wolkenovale) voneinander getrennt.

  • D Eine knappe Beschreibung des Votationsanlasses, oft mit Nennung von Namen und Jahrzahl.


    Ich anna Maria Gongin Mezcherin uon Schärding hat sich hieher uerlobt in der
    Rothen Rur in einer Wochen, ich und mein Mann und zwey Kinder durch die uorbitt Mä-
    riä uon Samarey widerum alle gesundt worden 1775.


    Hier ist leicht nachzuvollziehen, weshalb die bildliche Darstellung nicht konkreter wurde. Die Bezeichnung "rote Ruhr" weist auf blutigen Stuhl hin, eine Folge von seinerzeit mangels Hygiene häufigen Magen-Darm-Indispositionen. Dezenterweise liess man auf der Votivtafel die undelikaten Konsequenzen solcher Durchfälle weg, sowohl mit Bezug auf die bettlägrige Mutter wie auch im Hinblick auf die drei weiteren, gemäss Text ebenfalls erkrankten knienden Familienangehörigen.

    Die Votivtafel von 1775