Lutherstadt Wittenberg

Sonntagsvorlesung im Augusteum

21. Januar 1996 um 11:15 Uhr

Zu Beginn des Dia-Vortrags wird die "Bilder-Ars" aus dem 15. Jahrhundert im Mittelpunkt stehen. Anhand von elf didaktisch äusserst raffiniert gestalteten Holzschnitten (einer Art "comic strip" jener Zeit für die vielen Leseunkundigen) sollte damals jedermann ab jungen Jahren lernen, gut zu sterben. Dies war umso wichtiger, als allein zu sterben in jenen Tagen häufiger Seuchen mit entsprechendem massenhaften gleichzeitigem Sterben nichts Ungewöhnliches darstellte.

Wer sich die elf Holzschnitte in Ruhe ansehen möchte, kann sie hier einzeln aufrufen. Sie sind aus Übertragungsgründen allerdings sämtlich stark komprimiert und bestehen aus je rund 30-40kb.

Es sind:

1. Versuchung im Glauben

2. Ermutigung im Glauben

3. Versuchung durch Verzweiflung

4. Trost durch Zuversicht

5. Versuchung durch Ungeduld

6. Trost durch Geduld

7. Versuchung durch Hochmut

8. Trost durch Demut

9. Versuchung durch zeitliche Güter

10. Trost durch Abwendung vom Irdischen

11. Die Todesstunde: das glückliche Ende

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Es ist auch möglich, die elf Bilder als Diaschau ablaufen zu lassen oder das Schema der Bilder-Ars zu studieren.

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500 Jahre später scheinen wir uns heute wieder in einer ähnlichen Situation zu befinden: auch in unseren Tagen sterben, wenn auch aus ganz anderen Gründen, wiederum viele Menschen allein. Doch wer lehrt uns sterben?

Im zweiten Teil des Vortrags werden wir uns deshalb Gedanken darüber machen müssen, dass sich nach dem einzigartigen Wandel von der unsicheren zur sicher(er)en Lebenszeit unsere irdische Lebensspanne zwar verdoppelt oder verdreifacht hat, das Leben insgesamt indes für viele unendlich kürzer (in des Wortes eigentlicher Bedeutung) geworden ist.

Wir haben doppelt so viele Jahre auf Erden, weil wir auch doppelt so gute haben. Anders ist das nicht zu erreichen. Anknüpfend an die alte Ars moriendi, insbesondere an die Ermahnung im achten Bild ("Sis humilis!"), ist die These, dass eine zeitgemässe neue Ars moriendi heute eine Ars vivendi sein könnte. Wer sein langes Leben gemäss einem Lebensplan erfüllt gelebt hat und nicht nur immer älter geworden ist, dem dürfte es am Ende leichter fallen, das Leben zur rechten Zeit loszulassen und lebenssatt zu sterben.

• Wer gerne einen zusammenhängenden Text zur Thematik lesen möchte, kann ihn unter "Erfüllt leben - in Gelassenheit sterben" aufrufen.

  PS: Für speziell Interessierte (Historiker, Theologen) sei auf das Project Wittenberg aufmerksam gemacht.