Zur Verabschiedung von Prof. Thielmann

Nun stehe ich vor einem großen Scherbenhaufen und Schuld daran ist er - Prof. Dr. Thielmann. Dabei hätte alles so einfach sein können. Nie wäre ich in bezug auf meine Wahlfachgruppe ins Grübeln gekommen, hätte ich nicht seine "Vertiefungsveranstaltung zum römischen Recht mit Digestenexegese" besucht. Da habe ich in einem Semester das Römische Recht kennen und schätzen gelernt. Und diesem Umstand habe ich Prof. Dr. Thielmann zu verdanken. Jetzt steht die Entscheidung bzgl. der Wahlfachgruppe an, und er "will&qout; einfach gehen. Einfach so ... Das geht doch nicht! Nein, er muß uns erhalten bleiben!
Wenn ich mich so umhöre in meinem Freundes- und Bekanntenkreis an Fachbereich, dann fiele mir niemand ein, der Herrn Prof. Dr. Thielmann nicht unbesehen zum Patenonkel seines Kindes (wenn der Student denn schon eines hätte) machen würde. Und ausnahmslos niemand, der mir bekannt ist, hat je schlechtes über ihn verlauten lassen. Das geht im Grunde auch gar nicht, denn nicht zu Unrecht hieß es in der Kommentierung des DeFo zum vergangenen Vorlesungssemester "Papa Thielmann". Das stimmt, davon hat er etwas!
Sicherlich hat er ganz persönliche Schwächen. Wer das erste Mal ohne Vorkenntnisse in eine seiner Erbrechtsvorlesungen geht und seine aufwendig und fleißig gezeichneten Skizzen zur gesetzlichen Erbfolge sieht und während der Vorlesung auch noch versucht zu verstehen, worüber er gerade spricht, der dürfte sich überfordert sehen. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil sich beim Zeichnen Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen haben. (Ein ausführlicheres Skriptum hätte dem überforderten Studenten das Zuhören vielleicht auch um einiges erleichtert.) Aber macht nicht gerade das und der Umstand, daß er sich ausgiebigst entschuldigt für jeden noch so kleinen Fehler, ihn so liebenswert? Ist es nicht gerade diese, von vielen Studenten häufig als fehlend beklagte Menschlichkeit, mit der Prof. Dr. Thielmann durch die Uni wandelt, die wenn er "geht", vielleicht ein Stück weit verloren gehen wird?

Zu seinen großen Stärken zählt aber auch seine fachliche Kompetenz, die, gepaart mit ausgefeilter Didaktik, jede Vorlesung doch noch zu einem Gewinn macht. Wer bei ihm in der „großen Übung" im Bürgerlichen Recht nichts verstanden hat, der muß die ersten Semester geschlafen haben. Nur selten habe ich einen Professor erlebt, der aus didaktischen Gründen Einzelpunkte in seinen Veranstaltungen derart häufig wiederholt. Und niemand wird bestreiten können, daß seine Art, sich über "mißlungene" höchstrichterliche Rechtsprechung lustig zu machen, wirklich einzigartig ist - wohl deshalb, weil sie stets liebenswürdig ist ...
Und wenn es geht, wo bleibt dann der obligatorische Blick auf seine Taschenuhr? Nein, kein Professor am Fachbereich hat soviel gemein mit dem literarischen Vorstellungsbild von einem Universitätsprofessor: ein wenig Zerstreutheit, eine altmodische Taschenuhr, aber stets freundlich und hilfsbereit und geistig so frisch wie kaum ein Student ...

Er wird aber nicht nur der Studentenschaft, sondern sicher auch seinen Kollegen fehlen. Wenn er geht, wer wird dann auf das Erbrecht vorbereiten. Seine Kollegen werden ihn sicher würdig vertreten, aber auch für sie steht mit seinem "Weggang" eine erhebliche Mehrbelastung ins Haus und auch sie sind nicht mehr die jüngsten ...
Und was seine "Vertiefungsveranstaltungen im Römischen Recht mit Digestenexegese" angeht, so steht zur Stunde nicht einmal sicher fest, ob sie fortgeführt wird, geschweige denn von wem ...
Seinem Kollegen Uwe Wesel fällt eine schwere Aufgabe zu. Er allein muß nun für das "Römische Recht" werben, um es vor einem "Dämmerschlaf" zu bewahren.

Herr Prof. Dr. Thielmann,

Sie mögen zwar schon etwas älter sein als die meisten Studenten, aber keineswegs ist es Zeit für Sie, in den Ruhestand zu gehen. Wir - und damit meine ich nicht nur die gebundenen und freien Mitarbeiter vom DeFo, sondern das Gros unserer Studentenschaft - wissen jedenfalls nicht, wievieler Argumente es noch bedarf, um Sie von unserem Standpunkt zu überzeugen, daß Sie weiter am Fachbereich aktiv bleiben müssen. Daher wird es uns eine Ehre sein, sie an unserem Fachbereich begrüßen zu dürfen, wenn Sie die eine oder andere Vertiefungsveranstaltung halten werden. Bis dahin wünschen wir Ihnen alles Gute für Ihren zukünftigen Lebensabschnitt, der, wie wir hoffen unseren Weg noch das eine oder andere Mal kreuzen wird und danken Ihnen herzlich für Ihre bisherigen Leistungen am Fachbereich. Bis bald in einem unserer Hörsäle!

Uwe Dorn

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Erstellt am 28.07.96 von Karsten Krone (alle Rechte vorbehalten) für das DeFo, letzte Änderungen am 14.4.98 von Florian Brick.

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