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Inzwischen hatte John Law außerdem eine
weitere Gründung vollzogen, die "Mississippi-
Compagnie", eine Handelsgesellschaft auf Ak-
tien, die die Kolonisierung Kanadas und der
Länder am Mississippi bezweckte. Diese beiden
Operationen zusammen brachten einen unge-
heuren spekulativen Aufschwung. Die Staats-
bank gab Geld aus, Gewerbe und Manufak-
turen blühten auf, zahlloses Volk aus aller Welt
strömte nach Frankreich und nach den franzö-
sischen Kolonien. Bis zum Mai 1720 wurden
nach einem eigenen Bericht von John Law "500
ganz große Schiffe erbaut oder gekauft, nicht
zu sprechen von den Brigantinen und Fregatten,
um den Strom von Auswanderern nach dem an
Metallen, Seide und Spezereien reichen Loui-
siana zu bringen." - Aber die Notenpresse der
Staatsbank war nicht mehr aufzuhalten. Der
Herzog von Orleans soll mehr Geld haben druk-
ken lassen als John Law überhaupt wußte.
Schließlich waren es 3,7 Milliarden Livres. Und
so, wie das Geld vermehrt wurde, stiegen die
Preise - sie stiegen so rasch, daß die Produktion
bei aller Emsigkeit nicht mehr nachkommen
konnte. Die Mississippi-Aktien stiegen mit und
waren in wenigen Jahren von 500 auf 18 000
Livres geklettert! - Dann aber kam es beim
Rückfluß der Noten zur Ernüchterung. Die Bank
konnte die Zettel nicht einlösen, die gewaltige
Papiergeld-Masse aber auch nicht im Umlauf
lassen. Jetzt war guter Rat teuer. John Law
wurde vom Regenten mit größerer Vollmacht
ausgestattet, zum Generalkontrolleur der Finan-
zen ernannt und versuchte nun von dieser Basis
aus, sein System mit Willkürmaßnahmen zu ret-
ten. Der Wert von Gold und Silber wird plötz-
lich nach dem Bedürfnis der Bank verändert;
man befiehlt die Ablieferung von Edelmetallen,
der Besitz von Kleinodien wird unter Strafe ge-
stellt, die Herstellung von Tafelsilber wird un-
tersagt, ja, sogar der Besitz von Bargeld, soweit
er über 500 Livres hinausginge, sollte nicht mehr
erlaubt sein. Da das aber alles nichts half, wagte
Law schließlich die einzig vernünftige Maß-
nahme, den Wert seiner Bank-Zettel auf die
Hälfte herabzusetzen. Der Erfolg war jedoch -
in der damaligen Zeit war man so etwas noch
nicht gewohnt -, daß ganz Frankreich in schäu-
menden Aufruhr geriet; das Gesetz mußte sofort
zurückgenommen werden. John Law konnte sich
durch heimliche Flucht retten.
Wie Gaettens in seinem interessanten Buch
"Inflationen. . ." schreibt, kann man John Law
nicht, wie zeitgenössische Flugblätter und Spott-
medaillen ihn hinstellten, als einen Gaukler
und Narren betrachten. Law habe im Grunde
genommen für absolut gesunde soziale Ideen
gekämpft. In der Tat ist das, was er anstrebte,
mit Hilfe des Papiergeldes einen geschmeidigen
Geldumlauf zu schaffen, den Kredit zu verbil-
ligen, Handel, Gewerbe und Manufakturen zu
fördern, eine großartige volkswirtschaftliche
Konzeption gewesen. Zu seiner Zeit hatte man
indessen noch gar keine Erfahrung und insbe-
sondere noch keine Vorstellung davon, daß et-
waige Fehler mit der Folgerichtigkeit natur-
gesetzlicher Vorgänge sich auswirken werden.
Aber wem sagen wir das? - Haben wir nicht
im zwanzigsten Jahrhundert noch ähnlich ope-
riert? Immer wenn sich die Auswirkungen von
Fehlern zeigen, werden auch gleich Sünden-
böcke gesucht. Als sich in Frankreich auf Grund
der allzu reichlichen Notenausgabe der Kurs
der Noten verschlechterte, wußte man nichts
Klügeres, als den ominösen Erlaß des Regenten,
der die Konfiskation von Gold und Silber an-
ordnete. Als Begründung dafür hieß es in die-
sem Edikt: "Trotz der von Sr. Majestät gehab-
ten Fürsorge, einen leichteren Geldumlauf her-
zustellen, gehen Übelwollende darauf aus, das
Vertrauen zu untergraben. Wir halten es des-
halb zugunsten des Handels und Geldumlaufs
für nötig, über diejenigen Strafen zu verhän-
gen, die das Bargeld aufspeichern. . ." - (s. a.
a. O. S. 125).
Es hat nichts genutzt, das Edikt, denn es wa-
ren nicht Übelwollende, die das System er-
schütterten, sondern es war die Eigengesetzlich-
keit des Geldwesens, die die Maßlosigkeit der
Notenvermehrung unter die Strafe der Ent-
wertung nahm.