Humboldt-Universität zu Berlin

Institut für Geschichtswissenschaften SS 1999

UE: Das Internet als Medium musealer Praxis

Leitung: Wolfgang Roehrig

HA zum 1. Juli 1999: "Besinnung": Wie nutze ich (als Student/in der Geschichte ?) das Internet heute und wie werde ich es im Jahre 2009 nutzen?

 

 

 

1999 nutze ich das Internet für mich bereits im dritten Jahr (meinen eigenen Anschluß zu Hause habe ich seit dem letzten Sommer, vorher war der Computerpool in der Uni ausreichend). Die Entwicklung schon in diesem kurzen Zeitabschnitt geht wie erwartet rasant voran. Anfangs nur vorsichtig herantastend und herumsurfend, eher spielerisch betrachtet, wird die Nutzung des Internets für mich immer spezifischer und spezieller.

 

Ich könnte eine endlose Reihe unterschiedlichster websides aufzählen, die ich mir im Laufe der Zeit zu Gemüte geführt habe, einige tauchen immer wieder auf (werden bei mir mit Lesezeichen versehen). Freude macht dabei, daß es glücklicherweise wirklich zunehmend seriöse (zwar auch genausoviele unseriöse) Informationen gibt, die ich für mich praktisch nutzen kann, sei es eine Fahrplaninfo, ein Kochrezept oder etwas anspruchsvoller das Presseecho zu bestimmten Ausstellungen oder die politischen Äußerungen der Indianer oder eine erste Information über den griechischen Redner Themistios aus dem 4. Jh. n. Chr. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

 

Schwerpunktmäßig für das Studium Kunstgeschichte und Geschichte interessiert mich, schnell an fachliche Informationen zu kommen. Hierbei helfen die verschiedenen Suchmaschinen, deren unterschiedliche Qualitäten ich durch probieren so langsam unterscheiden kann, aber da ändert sich auch wöchentlich etwas zum inhaltlich und bedienerfreundlich besseren.

 

Einen großen Schwerpunkt stellt die Literaturrecherche dar, die wohl in meiner Zukunft einen wesentlichen Stellenwert einnehmen wird. Zur Zeit ist das Bibliographieren und Herausfinden von Texten möglich, es hat auch schon das Zeitalter des elektronischen Buches begonnen. Diese Branche wird in 10 Jahren wahrscheinlich um einiges ausgefeiltere Möglichkeiten bieten. Hier stelle ich mir konkret vor, das ich cyberspacemäßig das gewünschte Buch in meinen cyberspace-Händen halten kann, aber vor allem eben lesen kann von zu Hause aus.

Also konkret sogar, daß man sich interaktiv über das Internet in den Bibliotheken der Welt bewegen kann und in den Büchern blättern kann, als wäre man live dort (so ökologisch, sprich papiersparend wie möglich!?).

 

So wird es auch mit der eigenen Präsentation eher in diese Richtung gehen. Falls ich demnächst Texte publiziere, könnte ein schneller und direkter Weg über das Internet gehen, aber nicht ausschließlich. Nichts geht über ein schön gebundenes Buch mit seinen Papierseiten, was man in den Händen hält.

Ähnlich wird es auch mit Museen und Ausstellungsbesuchen vor sich gehen. 2009 wird sich jede Ausstellung oder jedes Museum in qualitatativ höherem Maße und sehr komfortabel für den Besucher im Internet präsentieren.

 

 

 

Die Möglichkeit, daß man zeitgleich in Berlin, in Tokio und in NewYork im Museum herumwandeln kann ist faszinierend und wird 2009 Normalität sein. Die Qualität wird, was die Geschwindigkeit der Datenübertragung angeht, bis dahin noch enorm steigen.

Die Bildqualität wird vielleicht schon so ausgefeilt sein, daß ein Unterschied zur Vorlage für das menschliche Auge nicht mehr erkennbar ist.

Natürlich ersetzt das Internet keinen Ausstellungsbesuch vor Ort, denn daß man via elektronische Datenübertragung die Strüktur eine Ölgemäldes erennen kann oder sieht, wie geschöftes Papier wirkt, das kann ich mir nicht vorstellen für 2009 (vielleicht für 2109).

Auch solche Dinge wie Gerüche oder Luftschwingungen, wie man sie auf Reisen erleben kann, werden einem wohl nie nach Hause importiert werden.

 

Dinge wie Arbeitsmarkt, Warenhandel, Kontakte werden im Internet noch zunehmend eine Rolle spielen. Als Gegenzug werden leider noch ein paar Tante-Emma-Läden wegrationalisiert und die zwischenmenschlichen Kontakte werden (vielleicht) schwieriger aufrechterhalten.

 

 

 

Die Welt wird insgesamt kleiner, da man auf der internationalen Datenautobahn schnell überall anlangt. 2009 werden wesentlich mehr Teile der Welt miteinander vernetzt sein. Durch die Bevölkerungsexplosion und die immer krasseren sozialen Differenzen wird das Internet aber nur einem Teil der Weltbevölkerung zur Verfügung stehen im Jahre 2009.

 

Was aber auch zum Internet zu sagen ist: Es wird auch 2009 noch möglich sein, ohne Internet zu überleben, eventuell mit gewissen Vorteilen, aber eventuell auch mit Nachteilen, was vor allem Information betrifft, für diese Menschen.

Ich denke, daß andere Informationsmedien wie Zeitung, Rundfunk, Fernsehen in zehn Jahren den Überlebenskampf noch bestanden haben werden, wobei sich diese Medien weniger als Konkurrenz verstehen sollten, als vielmehr gut nebeneinander bestehen können, indem sie sich die zu ihnen passenden Ressorts auswählen.

 

Tendenziell ist es wahrscheinlich eine Generationsfrage. Alle jüngeren Menschen wachsen sogleich seit dem Kindergarten- und Schulalter in die Computer- und Internetwelt hinein und werden diese Phänomene als nicht wegzudenkende Selbstverständlichkeiten aufnehmen.