Arbeitstitel: Radio Charlie startet im Mai - Bis dahin sendet wieder AFN - Gafron: Hörer fehlen am Ende den anderen


Das kommerzielle Programm Radio Charlie wird voraussichtlich im Mai auf der Berliner Frequenz 87,9 MHz seinen Sendebetrieb aufnehmen. Dies kündigte der Co-Chairman von Capital Radio Georg Gafron am 14. März an. Bis dahin wird vorübergehend vom 15. März an der US-Sender AFN wieder ausgestrahlt. AFN war nach dem Abzug der amerikanischen Soldaten aus Berlin im vergangenen Jahr abgeschaltet worden.

Radio Charlie ist ein Kooperationsprojekt zwischen Capital Radio und Voice of America auf Basis eines Vertrages. An Capital Radio ist neben Hundert,6- Geschäftsführer Georg Gafron und zwei weiteren Hundert,6-Gesellschaftern unter anderem auch der frühere US-Botschafter Richard Burt beteiligt. Obwohl der Medienrat beiden Partnern je eine eigene Lizenz erteilt hat (Kifu 93/94), soll das Programm nicht in zwei Teile auseinanderfallen. VoA wird zehn Stunden des täglichen Programms beisteuern, Capital Radio vierzehn Stunden. So sendet Radio Charlie zu jeder vollen Stunde die englischsprachigen Nachrichten der VoA, zu jeder halben deutschsprachige. 80 Prozent der Wortbeiträge sollen in englischer Sprache sein. Die VoA hat mit dem National Public Radio die Übernahme von Programmteilen für Radio Charlie vereinbart. Dies erklärte der Direktor von VoA München Ted Lipien bei gleicher Gelegenheit. Die Hörer in Berlin-Brandenburg bekämen die Gelegenheit, bei VoA-Talkshows mit Studiogästen in Washington zu sprechen.

Der frühere US-Botschafter Richard Burt, jetzt Co-Chairman bei Capital Radio, versprach »some very good Rock´n´Roll« für den neuen Sender, mit dem die Beziehungen Berlins zu den USA auf besondere Weise fortgesetzt würden. Charles E. Redman, US-Botschafter in Deutschland, nannte Radio Charlie ein Symbol für die Zukunft der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Diese Form der »public-private-partnership« zwischen dem staatlichen Radio VoA und einem privaten Sender gebe es sonst nirgendwo.

Das Projekt sei nicht auf kommerziellen Erfolg hin ausgerichtet, so Georg Gafron. Es gehe darum, die durch den Weggang der Alliierten aus Berlin entstandene Lücke zu füllen. Die Gesellschafter wüßten, daß mit dem Sender kein Geld zu verdienen sei, seien aber sicher, den break-even zu erreichen. Radio Charlie beginne mit 15 fest angestellten Mitarbeitern. Das Projekt sei nur mit den Synergien denkbar, die das Funkhaus von Hundert,6 bieten könne. Von dort sendet seit 1994 auch jfk. Die kommerzielle Verantwortung liegt Gafron zufolge vollständig bei Capital Radio, im vergangenen Jahr seien bereits 4,3 Millionen Mark investiert worden.

In einem epd-Gespräch erklärte Gafron, eine Einschaltquote von drei oder vier Prozent sei vielleicht nicht zu vermarkten, die Hörer fehlten am Ende aber möglicherweise bei anderen Konkurrenten. Sofern der Medienrat das von sieben Berlin-Brandenburger Universitäten geplante Uni-Radio lizensieren sollte (Kifu 18/95), müßte Radio Charlie eine Sendestunde täglich abgeben. (mr)


Martin Recke <mr94@zedat.fu-berlin.de>