Arbeitstitel: Radio Charlie startet am 13. Mai


Der Berliner Kommerzsender Radio Charlie, ein Gemeinschaftsprojekt von Capital Radio Berlin und Voice of America (VoA) beginnt am 13. Mai seinen Sendebetrieb auf der früher dem amerikanischen Soldatensender AFN vorbehaltenen Frequenz 87,9 MHz. Zum Sendestart veranstaltet die Station eine Parade vom Brandenburger Tor bis zum Lustgarten. Ziel des VoA- Engagements in Berlin sei es, die Tradition von AFN in Berlin fortzusetzen, erklärte Myrna Whitworth, Director Affiliate Relations der VoA, am 10. Mai in Berlin. Es sei das erste Mal, daß VoA mit einem privatem Veranstalter kooperiere. Das Format der VoA-Sendungen sei dazu eigens an Radio Charlie angepaßt worden.

Co-Chairman Georg Gafron sieht Radio Charlie als Ausgangspunkt für andere derartige Projekte. Es sei ein Einstieg in eine neue Form der private-public- partnership, so Gafron. Die Voice of America verfüge noch anderswo in Europa über Kapazitäten und habe ein Interesse, diese Zusammenarbeit auszuweiten. Das Programme werde kommerziell ausschließlich von Capital Radio getragen, als Jahresbudget nannte Gafron eine Summe von neun Millionen Mark. In Berlin gibt es seinen Angaben zufolge zur Zeit elf festangestellte Mitarbeiter. Bis dato seien rund vier Millionen Mark investiert worden, in drei Jahren wolle Radio Charlie die Gewinnzone erreichen.

Das Programm wird keine klare Trennung zwischen den Anteilen der beiden Partner aufweisen. Ab neun Uhr sendet Charlie stündlich die internationalen Nachrichten der VoA in sechs bis zehn Minuten Länge, dazu zur halben Stunde die Nachrichten »aus Berlin, Deutschland und aller Welt« in deutscher Sprache. Dazu kommen Sendungen wie »VOA-Newsline«, »VOA-Today«, »World Report« und »All Things Considered«. Außerdem übernimmt der Sender eine Reihe von »Musikspecials« der VoA. Von Montag bis Samstag besteht das Tagesprogramm aus drei großflächigen Magazinstrecken.

Zusätzlich zur engen Kooperation mit der VoA baut Capital Radio nach Aussagen Gafrons ein eigenes USA-Korrespondentennetz auf. Dazu gebe es eigene Büros in New York und Los Angeles und einen »USA- Verantwortlichen«. Als Musikfarbe gibt die Station »Rock Classics der 70er, 80er und 90er Jahre und Specials von US-Top 40 bis Country« an. Die Frequenz 87,9 MHz war zu Zeiten AFNs eine der leistungsstärksten in Berlin. Nach Abschluß der Frequenzkoordination kann sie nun nur noch mit maximal einem Kilowatt betrieben werden, zur Zeit leistet der Sender auf dem Fernsehturm Alexanderplatz 700 Watt. Dies reicht nach Angaben des Technischen Direktors der Firma Mediatainment Norbert Bau aus, um das Stadtgebiet in Stereo-Qualität zu versorgen. Im Umkreis von etwa zehn Kilometern werde Mono-Qualität erreicht. Bau kritisierte, daß die Telekom nicht in der Lage sei, die fernmelderechtlich genehmigte und medienrechtlich lizenzierte Sendeleistung zu realisieren.

Capital Radio und VoA hatten Ende vergangenen Jahres je eine eigene Lizenz von der MABB erhalten (Kifu 93/94). An Capital Radio ist zu 45 Prozent die Oracle Group des früheren US-Botschafters Richard Burt beteiligt. 30 Prozent gehören dem Berliner Immobilienkaufmann David Katz und 25 Prozent der medialog Gesellschaft für neues Media-Marketing (Georg Gafron, Erich Marx und Klaus Groenke). Richard Burt und Georg Gafron sind als Co- Chairmen jeweils alleinvertretungsberechtigt. (mr)


Martin Recke <mr94@zedat.fu-berlin.de>