Drogenhandel: Berlin Yorckstraße – Zwischen Bürokratie und Heroin

Die Yorckstraße in Schöneberg Nord ist als eine Hochburg des Heroinhandels und -konsums bekannt. Foto: Doruk Sahin

Drogenhandel: Berlin Yorckstraße – Zwischen Bürokratie und Heroin

Der Drogenhandel in Berlin weitet sich zunehmend aus. Vor allem die Yorckstraße in Schöneberg bildet einen Schwerpunkt für den Heroinhandel, wobei sich die Stadt bei der Bekämpfung und Prävention oft selbst im Weg steht.

Von Niklas Sébastien Diesing und Doruk Sahin

Bild des U-Bahnhofs Yorckstraße, Foto: Doruk Sahin

Seit Jahren boomt der Drogenhandel an der Yorckstraße. Besonders Heroin wird dort verkauft und konsumiert. Aufgrund der Anwesenheit vieler Konsument*innen an der S+U-Bahn, bildete sich dort ein Markt. Anwohner*innen fühlen sich nicht mehr sicher und die Rückstände, wie Spritzen und Gürtel, belasten die Sauberkeit der Gegend. Abseits von Einsätzen der Polizei versuchen auch Bürger- und Hilfsorganisationen dagegen vorzugehen.

Ein altes Problem neu aufgedeckt

Laut einer Statistik des Senats, angefordert durch den SPD-Abgeordneten Tom Schreiber im Februar 2018, stieg die Anzahl der Strafermittlungsverfahren gegen Heroinhändler*innen am S+U Bahnhof Yorckstraße in 2017 stark an. Die Rückstände werden auf der Straße, im Wald oder auf Spielplätzen gefunden und gefährden das Wohl der Anwohner*innen. Dealer*innen bunkern die Drogen an unbekannten Orten und gehen nur mit Kleinstmengen auf die Straße. “Die Polizei tut was sie kann” sagt eine Sprecherin der Polizeidirektion 4 Abschnitt 41 und verweist damit auf die erhöhten Einsatzkräfte, intensive nächtliche Streifefahrten und den Einsatz von Drogenspürhunden. Jedoch verdrängt die Polizei zum Großteil die Drogenkonsument*innen in Richtung Friedrichshain-Kreuzberg. Als Ergebnis wird die Problematik nur von einer Polizeidirektion zur nächsten geschoben und keine zufriedenstellende Lösung gefunden. Laut Angaben der Polizei ist, Stand Juni 2018, das Problem in Gänze unmöglich lösbar.

Kiezgespräche: Sprachrohr der Bürger

Flyer des Quartiermanagements Schöneberger-Norden, Foto: Niklas Diesing

Bevor Peter Pulm, Leiter des Quartiermanagements Schöneberger-Norden, welches eng mit dem Senat zusammenarbeitet, im April 2017 zum ersten Kiezgespräch im Treff 62 in der Katzlerstraße einlud, waren der Polizei die Ausmaße des Problems rund um den Drogenhandel an der Yorckstraße nicht bekannt. Teilnehmer, wie Anwohner*innen, Hilfsorganisationen wie Fixpunkt e.V., die Mobile Jugendhilfe Outreach Berlin oder Heide Mutter, die in der Suchtprävention arbeitet, hatten und haben die Möglichkeit in den Kiezgesprächen ihre Sicht der Dinge zu erläutern und auf Augenhöhe mit Polizei und Staat zu kommunizieren. Ab Oktober 2017 verstärkte die Polizei die Einsätze, was sich in der vorab genannten Statistik widerspiegelt. Die Kiezgespräche bieten den Anwohner*innen ein Sprachrohr, durch das sie ihre Ansichten und Probleme in Schöneberg-Nord, besonders die Drogenproblematik, mit verschiedenen Akteuren teilen können.

Hilfsorganisationen: Sicherer Konsum steht im Vordergrund

Eine vollständige Lösung des Dealing Problems ist so gut wie unmöglich, weshalb es mehrere Organisationen gibt, die sich für die Gesundheit der Drogenabhängigen einsetzen. Die Mobile Jugendhilfe Outreach Berlin ist auch in Schöneberg aktiv und setzt sich für die Aufklärung über Drogen und die Beschäftigung Jugendlicher ein. Die Suchthilfe Schöneberg rund um Heide Mutter versucht, Alternativsuchträume zum sauberen Konsum zu bieten, um gefährlichen Krankheiten wie Hepatitis oder HIV vorzubeugen und eine saubere Entsorgung der Rückstände zu gewährleisten. Wie wir von Frau Mutter erfuhren, mangelt es leider unter anderem aufgrund der prekären Immobilienlage in Berlin an Geld, um an solche gut zu erreichenden Räume zu gelangen. Den gleichen Vorsatz hat auch Fixpunkt e.V., der überall in Berlin tätig ist und sich für den sauberen Konsum der Drogen einsetzt und engagiert. Neben Alternativsuchträumen bietet der Verein auch mobile Räume in Form von Wohnwägen an, die an bestimmten Punkten in Berlin stehen. Einen Ort zum Abstellen zu finden sei jedoch sehr schwer und sie sind immer wieder mit Problemen konfrontiert, bspw. mit Ladenbesitzer*innen, vor deren Läden sie parken, oder mit dem Ordnungsamt, sagt ein Vertreter des eingetragenen Vereins beim Kiezgespräch. Auch die Bürokratie mache ihnen immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Seit Oktober letzten Jahres versucht Fixpunkt e.V. in Zusammenarbeit mit dem Bezirksrat Tempelhof-Schöneberg und Heide Mutter einen Entsorgungseimer für Spritzen in einen Park an der Yorckstraße zu stellen. Auf diesen soll mit Plakaten hingewiesen werden. Doch damit dies möglich ist, muss dies erst mit der Stadt, dem Grünflächenamt und der für die Entsorgung durch Verbrennung zuständige Berliner Stadtreinigung abgesprochen werden. Obwohl es einen solchen Eimer schon in Charlottenburg-Wilmersdorf gibt, wird der Prozess eine Genehmigung dafür zu bekommen, noch ein paar Monate in Anspruch nehmen. Dies alles für einen Eimer, der nicht viel größer ist als ein regulärer Mülleimer.

Eine neue Hoffnung

Obwohl sich in 2018 die Lage laut Anwohner*innen, der Polizei und den beteiligten Organisationen deutlich entspannt hat, ist das Problem immer noch gegenwärtig. Es soll nun durch einen Netzwerkfonds in Höhe von 50.000€ Euro bekämpft werden. Der Fonds, der für die Bezirke Mitte, Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg gilt, dient zum “Monitoring der Szene”, so ein Vertreter des Fixpunkt e.V.

Kiezgespräch im Treff 62 , Foto: Niklas Diesing

Es sei das Umfangreichste, das in Berlin seit 30 Jahren gegen Drogen gemacht wurde, sagt er. Durch den Fonds soll zum ersten Mal ein Bild der Szene erstellt und Fachkräfte zur Hilfe der Drogenkonsument*innen ausgebildet werden. Zudem sollen Schulungen für Anwohner*innen zum Umgang mit Drogenkonsument*innen stattfinden. Das Ziel liegt dabei auf Nachhaltigkeit, damit die Lage so ruhig bleibt, wie sie in den letzten Monaten war. Wann genau dieser Fonds in Kraft tritt, ist noch nicht bekannt. Die Verhandlungen wurden Anfang Juli diesen Jahres weitergeführt und der erste Termin mit der Senatsverwaltung soll Anfang September 2018 stattfinden.


Niklas Sébastien Diesing ist im 4. Semester und studiert Publizistik und Kommunikationswissenschaften im Hauptfach und Sozial- und Kulturanthropologie im Nebenfach. 

 

 

 

Doruk Sahin ist im 4. Semester des Studiengangs Publizistik und Kommunikationswissenschaften als Hauptfach und Politikwissenschaft als Nebenfach. Er interessiert sich für journalistische Ethik und Kommunikationsphilosophie.