Charlottenburg: Lollapalooza im Olympiapark – Wird jetzt alles gut?

Auch 2018 eine große Party? Bühnenimpression vom Lollapalooza 2017 von FRUHG Festival GmbH & Co. KG

Charlottenburg: Lollapalooza im Olympiapark – Wird jetzt alles gut?

170.000 Besucher an zwei Tagen, ausgelassenes Feiern, laute Musik und überlastete Züge. Anwohner und Besucher äußerten Kritik am Lollapalooza 2017. Nun zieht das Festival nach Charlottenburg um.

Von Steliyana Doseva und Yannik Herm

Zwei Tage lang feierten zehntausende Besucher auf der Galopprennbahn Hoppegarten eine große Party mit Rockikonen wie den Foo Fighters um Frontsänger Dave Grohl oder dem niederländischen Star-DJ Hardwell. An den Wochenendtagen des 9. und 10. Septembers sorgten jedoch nicht nur die Musiker für Schlagzeilen. Die WELT schrieb von chaotischen Szenen, kollabierenden Menschen in Wärmedecken am Bahnhof Hoppegarten und stundenlangen Verzögerungen beim Transport. Nach Angaben des Veranstalters verzeichnet der Sanitätsdienst am Festivalwochenende insgesamt 20-30 Menschen mit Kreislaufproblemen, die auch beim stundenlangen Warten auf die Züge der S-Bahn am Samstag auftraten. Von einer »Imagepleite« oder »peinlichen Nummer für Berlin« war in weiteren Medien die Rede. 2018 soll das Festival auf dem Maifeld im Charlottenburger Ortsteil Westend stattfinden. Findet das Musikfestival damit endlich ein Zuhause.

Festival begeistert viele Besucher

Patrick Matz hat sich gerade ein neues Ticket für das Lollapalooza 2018 gekauft. Ganz gespannt und mit großer Freude wartet der Student auf das nächste musikalische Erlebnis und wünscht sich ein noch besser gefeiertes Lollapalooza im neuen Jahr. Er erzählt oft euphorisch von dem Event und sieht nur die guten Seiten der jährlichen Veranstaltung. Das Gelände in Hoppegarten war für Patrick und seine Freunde per Fuß zu erreichen, aber selbst wenn sie nicht in Strausberg gewohnt hätten, hätten sie einen Schlafplatz in der Nähe gesucht, so der Student. »Als wir uns entschlossen, den Heimweg anzutreten, wollten wir nicht mit der Menge laufen, wobei wir den klaren Vorteil hatten, dass wir nicht auf die Öffentlichen oder andere Verkehrsmittel angewiesen waren. Wir waren innerhalb weniger Minuten wieder außerhalb des Geländes und gingen heim. Wir nahmen nichts, wirklich nichts von dem war, was man im Nachhinein in sämtlichen Zeitungen lesen konnte«, so Matz. Ausschließlich gute Musik und tolle Atmosphäre blieben ihm im Gedächtnis, den Lärm und die vollen Straßen bemerkte er nicht.

Klagen über Abreisechaos

Auch Sandera Neumann besuchte das Festival auf der Galopprennbahn in Hoppegarten. Obwohl sie auch in der Nähe wohnt, musste sie die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen. Als sie am ersten Festivaltag bei der Abreise auf die Bahn wartete, standen tausende Menschen vor dem Zugang des S-Bahnhof Hoppegarten. »Ich musste um den Bahnhof herumlaufen und habe die Massen gesehen. Die Bahnen waren schon extrem voll, aber das kann man sich ja selber ausrechnen, bei so vielen Festival-Teilnehmern«, so Neumann. Trotz der Abreisesituation kommt sie zu einem positiven Fazit. »An für sich würden wir wieder hingehen, wenn es wieder in Hoppegarten wäre. Für ein Wochenende ist der Lärm aushaltbar«, so die Besucherin.
Ein weiterer Betroffener des Abreisechaos war Florian. Der Student berichtet von gesperrten Straßen, genervte Anwohner aufgrund der lauten Musik und keiner Möglichkeit, das Gelände zügig zu verlassen. »Am ersten Abend hatte man erhebliche Probleme vom Gelände runter zu kommen, wenn man den Shuttlebus nehmen wollte«, so Florian. Um die Menschenmassen zu umgehen, haben sie sich einige Besucher entschieden, das Festival früher zu verlassen. »Das sollte aber nicht so sein! Man hätte es insgesamt besser machen müssen«, fordert der Besucher. Florian nimmt an, dass einige Anwohner dem Festival und insbesondere dem Lärm kritisch gegenüberstanden: „Kann mir gut vorstellen, dass das manche Anwohner nervte, ist recht spießig hier.“ Die Besucher und mehrere Anwohner haben ihre Meinungen sowie ihre positiven und negativen Emotionen, teilweise auch in den sozialen Netzwerken, geteilt. Aus den Stimmen zeigt sich, dass die Einstellungen zum Lollapalooza 2017 weit auseinandergehen. Während einige Besucher von der Musik und dem Festival schwärmen, zeichnen diverse Stimmen ein anderes Bild vom Event. Kann das Olympiagelände als neuer Veranstaltungsort sämtliche Bedürfnisse zufriedenstellen?

Der neue Schauplatz des Lollapalooza 2018: Das Olympiagelände

Tatsächlich ist das beschauliche Westend mit seinen gut 40.000 Einwohnern als Standort des Olympiageländes und der Waldbühne ein Mittelpunkt verschiedener Großereignisse. Im Berliner Olympiastadion finden nicht nur die Heimspiele von Fußball-Bundesligist Hertha BSC statt, sondern auch das DFB-Pokalfinale oder das Leichtathletik-Festival ISTAF. Zu einem pulsierenden Veranstaltungsort wird der Charlottenburger Ortsteil jedoch nicht nur durch den Sport, sondern auch durch Konzerte von Weltstars, welche neben anderen Ereignissen wie der Pyronale zehntausende Besucher nach Westend locken.

Günter L. wohnt seit 25 Jahren in Westend. Der 58-Jährige genießt besonders die tolle Anbindung des ruhigen Stadtteils mit der Nähe zur City-West, die über die U-Bahnlinie 2 in 10 Minuten zu erreichen ist. Genau das mache den Kiez aus: »Ruhig, aber mitten im Getümmel.«
An die regelmäßigen Veranstaltungen in Westend habe er sich nach all den Jahren gewöhnt. »Ob Fußballspiele, Konzerte oder Papstbesuche. In Westend ist immer etwas los.« Hören kann er alles, wie er erzählt. Superstars in der Waldbühne oder die Fans im Olympiastadion. Während ihn die Jubelschreie nach Hertha-Toren erfreuen, befürchtet er im September 2018 Einschnitte im Alltag und lange Nächte.
Der 58-Jährige führt auf, welche Probleme den Westendlern bekannt sind. »Es beginnt bei kleinen Dingen wie der unmöglichen Parkplatzsuche. Teilweise stehen die Autos auf dem Bürgersteig oder in unserer Einfahrt. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man jedoch auch nicht nach Hause, da sie bei Großereignissen massiv überlastet sind. Von der Tatsache, dass man bei solchen nächtlichen Konzerten als Anwohner unmöglich Schlaf finden kann, mal ganz abgesehen.«

Die einzige Zufahrtsstraße zum Olympiagelände: Die Olympische Straße im täglichen Betrieb. Foto: Yannik Herm.

Während bei Hertha-Spielen im Durchschnitt 50000 Besucher kommen, erscheinen bei großen Auftritten im Olympiastadion über 70000 Menschen. Mit dem Lollapalooza erreicht auch das Olympiagelände neue Dimensionen. Im letzten Jahr kamen pro Tag 85000 Menschen auf die Galopprennbahn in Hoppegarten.

Sind der Olympiapark und die umliegende Infrastruktur für solche Menschenmengen gerüstet?

Ja, sagen Verantwortliche der PR-Abteilung des Festivals. »Das traditionsreiche Gelände des Olympiastadions und des Olympiapark Berlins ist veranstaltungserprobt. Der neue Standort ist geschaffen für Veranstaltungen mit über 80.000 Besuchern und bietet eine bestmögliche Verkehrsanbindung hinsichtlich des öffentlichen Nahverkehrs, mit jeweils nur wenigen hundert Metern zum Festivalgelände«, erklärt die PR-Mitarbeiterin Saskia Klug. Die Organisatoren scheinen zuversichtlich die richtigen Schlüsse aus dem Abreisechaos in diesem Jahr gezogn zu haben. In Abstimmung mit den verantwortlichen Verkehrsunternehmen soll die An- und Abreise der zehntausenden Besucher diesmal durchgänglich reibungslos ablaufen. In der dafür vorhandenen Infrastruktur begründet Klug die Standortwahl. Es stellt sich nur noch die Frage: Bleibt das Festival für immer in Charlottenburg?

Olympiastadion: Endlich mal Zuhause?

Das berühmte Festival hat mehrfach sein Zuhause gewechselt. Nach allen Umzügen ist Lollapalooza immer noch auf der Suche nach einem festen Veranstaltungsort. »Es war natürlich immer auch wünschenswert, dass das Festival einen festen Standort hat – in erster Linie bzgl. Planungssicherheit und aus produktionstechnischen Gründen«, sagt Klug. Die Frage, wohin in 2019, bleibt aber leider offen.
Mit der Hoffnung auf eine gute Party kaufen immer mehr Fans die neuen Tickets. »Nach einer entsprechenden Analyse und Auswertung werden dann gegebenenfalls Maßnahmen und Lösungen erarbeitet und mit den betroffenen Parteien ausgearbeitet«, versprechen die Veranstalter. Wie genau diese Maßnahmen aussehen könnten, bleibt unklar. Am 8. und 9. September 2018 findet das weltweit berühmte Festival statt und nach den Problemen und hoffentlich gezogenen Lehren bleibt nur zu wünschen, dass diesmal alles gut wird.


Steliyana Doseva studiert im 5. Semester Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Sie will danach als Journalistin über gesellschaftsrelevante Themen in aller Welt berichten.


Yannik Herm studiert Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft im 5. Semester an der Freien Universität Berlin.