Ofen aus – Schulen in Lichtenberg ohne Mittagessen

Ofen aus – Schulen in Lichtenberg ohne Mittagessen

Seit dem Sommer 2016 werden vier Oberschulen im Berliner Bezirk Lichtenberg nicht mehr mit Essen beliefert. Der Grund: Der bisherige Caterer TrendFood ging insolvent. Über politische Maßnahmen, die in der Realität nicht fruchten.

Von Aileen Rost

Schulessen ist ein Thema, das Bund und Ländern seit etwa zehn Jahren besonders am Herzen liegt: 2006 wurde das Landesprogramm für „gute gesunde Schulen“ gegründet, an dem allein in Berlin 145 Schulen teilnehmen. Der Vorteil daran: Caterer werden besonders genau unter die Lupe genommen, Qualität steht im Fokus, Schulessen wird subventioniert. Eine nette Idee – wenn die eigene Schule an diesem Programm teilnimmt und sich ein passender Caterer finden lässt.

Die Mildred-Harnack-Schule, die Schule am Rathaus und die George-Orwell-Schule im Bezirk Lichtenberg jedenfalls können davon momentan nicht profitieren. Seit dem Sommer 2016 sind die Oberschulen auf der Suche nach einem Caterer. Bezuschussung? Fehlanzeige. Lösung des Problems? Lässt auf sich warten. Bis dahin bringen die SchülerInnen weiterhin selbst ihre Verpflegung mit.

Politik macht Schule

Bei der Gutenberg-Schule hingegen zeichnet sich eine Lösung ab. Als Mitglied des Landesprogramms kommt der Ganztagsschule besondere Unterstützung zu – wenn auch laut Direktor Bethke kein finanzieller Zuschuss bei der Essenversorgung.

Umbaumaßnahmen der schuleigenen Küche sollen die temporäre Versorgung der SchülerInnen durch den Caterer der angrenzenden Grundschule sichern. Derzeit werden auch mehrere Lieferanten geprüft: „Die Schule bildet einen Mittagessenausschuss, der aus Schüler-, Eltern- und Lehrervertretern besteht. Der Ausschuss legt sich nach Begutachtung der Umsetzungskonzepte (also Ansprechpartner, Leistungen, Preise, Bestell- und Abrechnungssystem, mögliche Anzahl der Essenausgabekräfte) und eventuellem Testessen auf einen Favoriten fest. Das Bezirksamt entscheidet abschließend“, begründet der Schulleiter der Gutenberg-Schule das Vorgehen. Eine Entscheidung fällt voraussichtlich Ende März.

Auf Schnitzeljagd nach einem neuen Caterer

Die Essenlieferung ist seit mehreren Monaten unterbrochen. „Am 31. Juli 2016 wurde von der Firma TrendFood der gesamte Geschäftsbetrieb wegen Insolvenz eingestellt. Alle darauf folgenden Verhandlungen mit anderen Caterern, die zu einer Sicherstellung der Essenversorgung der Schulen führen sollten, sind bisher ergebnislos geblieben. Hauptsächlich sind die geringen Teilnehmerzahlen das größte Hindernis, Unternehmen dafür zu gewinnen, die Essenversorgung fortzuführen.“, erklärt der Bezirksstadtrat für Schule und Sport, Wilfried Nünthel (CDU).

Ist das geforderte Schulessen also nur ein politischer Schwerpunkt, mit dem an der Realität vorbei agiert wird?

Die Zahlen sind eindeutig: An allen vier betroffenen Schulen nehmen nicht einmal ein Sechstel der SchülerInnen das Angebot des Schulessens wahr.

Anzahl SchülerInnen pro Tag am Schulessen

Abb. zeigt Verhältnis von allen SchülerInnen/Schule und TeilnehmerInnen/Tag am Schulessen

Dies könnte an mangelhafter Qualität des Essens, zu hohen Preisen u. Ä. liegen.

„Für die Mittagsgerichte gilt künftig ein Festpreis von 3,25 Euro. Davon werden 30 Prozent wie bisher vom Land Berlin getragen. Die Eltern zahlen für das Mittagessen künftig monatlich 37 Euro pro Kind“, schreibt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf der Webseite berlin.de zum Thema „Gute gesunde Schule“. Direktor Bethke wünscht sich für diesen Preis mindestens zwei Wahlessen, davon eines vegetarisch sowie Rohkost-, Blatt- und Obstsalate, mundgerecht geschnittenes Obst und Joghurt oder Quark mit frischen Früchten aus der Region. Ob einer der zur Wahl stehenden Caterer diese Anforderungen erfüllt ist bislang unklar. Einsicht in den Mittagessenausschuss der Schule haben Außenstehende nicht. Sollte, trotz sorgfältiger Auswahl des Lieferanten, die Zahl der am Schulessen teilnehmenden SchülerInnen so gering bleiben, ist die Politik möglicherweise erneut gefragt. Das momentane Problem scheint Politikgemacht und Politikgedacht.

Inwiefern die andauernden Umbaumaßnahmen der hauseigenen Küche an der Gutenberg-Oberschule aus finanzieller Perspektive verhältnismäßig sind, ist ungewiss. Für Wilfried Nünthel zählt, trotz geringer Anzahl an TeilnehmerInnen am Schulessen vor allem die Schulverpflegung sicherzustellen – und zwar in der traditionellen Form des Kantinenessens. Auf mögliche Alternativen, die womöglich eher an die Bedürfnisse der SchülerInnen anknüpfen, wurde nicht eingegangen. Klar ist: Ende März 2017 soll zumindest in der Gutenberg-Schule wieder der Ofen an sein.


Large Blog ImageAileen Rost studiert im 5. Semester Publizistik- und Kommunikationswissenschaft im Kernfach und Sozial- und Kulturanthropologie im Nebenfach.


2017-07-06T12:17:58+02:00 Kategorien: Berlin + Brandenburg, Lesen|Tags: , , , , , |