Social Media Kunst

Social Media Kunst

Mona Lisa macht ein Duck Face, Jesus und die Zwölf Apostel von Leonardo da Vinci machen ein Selfie während des letzten Abendmahls. Dank des Internets ist alles möglich. Doch wie hat sich der Umgang mit Kunst im Zeitalter der virtuellen Kommunikation wirklich geändert, wie wird es präsentiert und wer profitiert davon?

Von Valentin Minkov

Die soziale Netzwerke als Symbol unserer Zeit

Die Erfolgsgeschichte des Social Networkings hat ihren Anfang in 1993 mit dem Start des ersten öffentlichen Webtools, welches jedem erlaubt hat, seine eigene Webseite zu erstellen und auch zu veröffentlichten. Mit der Entwicklung des Blogs und später in 2002 des ersten sozialen Netzwerkes MySpace, wo man zum ersten Mal sein eigenes Profil erstellen konnte, beginnt eine neue Ära in der Mediengeschichte. Heute ist das Leben ohne die in 2003 gegründeten Facebook und Twitter für die meisten Menschen undenkbar. Dafür gibt es viele Ursachen unterschiedlicher Natur. Vor allem erfolgen die Verbindungen zwischen den Menschen meistens nicht in einer „eins-zu-eins-Konstellation“, sondern sie funktionieren über Netzwerksysteme, durch die wir in unterschiedlichen Weisen profitieren können. Das soziale Online Netzwerk ist nützlich für die Verbreitung von Informationen, Fotos und Videos und man tritt in Kontakt mit Menschen, mit denen man normalerweise nicht interagieren würde. Seiten wie Facebook oder Twitter haben sich in den letzten Jahren zur Schaubühne der freien Meinungsbildung und Verbreitung entwickelt. Doch das bringt manchmal auch Probleme mit sich.

Die so genannten “Internet Trolls” sind Leute, die mit ihrem Internetverhalten zum Ziel haben, andere Menschen zu beleidigen, verspotten oder provozieren. Während zu Beginn dies verabscheut wurde, ist es letzter Zeit zu einem immer stärkeren Trend geworden und immer mehr Menschen investieren ihre Zeit darin. Eins der Werkzeuge dieser Gruppe von Internetnutzern ist das “Meme” oder Bilder, Videos usw. mit einem Humor oder Spottinhalt. Dieses Internetphänomen thematisiert alle Bereiche des Lebens, darunter auch die Kunst. Es existieren mittlerweile zahlreiche Seiten, die Kunstwerke, besonders solche von den Alten Meistern, als Hintergrund für lustige Witze oder Zitate benutzen. Während das von manchen Menschen als harmlosen Humor empfunden wird, regen sich andere darüber auf, ob Michelangelo, da Vinci oder van Gogh sich das erhofft haben, als sie ihre virtuose Kunstwerke geschaffen haben. Doch jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, so steht es im Artikel 5, Absatz 1 des Grundgesetzes.

Quelle: https://twitter.com/NatashaSimic/status/316216217776041984

Was ist Kunst überhaupt?

In ihrer Funktion ist die bildende Kunst eine grundlegende Form der Kommunikation unter den Menschen; sie bringt uns zusammen und ermöglicht, dass wir uns selbst und die anderen besser verstehen. Doch was kann die Kunst kommunizieren? Die südamerikanische Künstlerin Marlene Dumas meint, dass wir durch Kunst Dinge verstehen können, die wir oft in unserem Alltag übersehen. ”Die [bildende] Kunst ist eine Methode, mit Hilfe dessen wir mit Unbekannten agieren können. Sie hat eine transformierende Kraft, durch die wir auf verborgene Teile von uns selbst zugreifen können und so Aspekte der menschlichen Seele entdecken, von den wir nichts wussten.”

Zugleich hat die Kunst die Macht, uns in unserer Fantasie in vergangenen Zeiten zu versetzen und uns der Welt vor mehreren Jahrhunderten näher zu bringen; sie ist also ein Spiegel der Kultur. Kunst kann nicht einfach definiert werden und aus diesem Grund finden einige Leute darin keinen Zweck. Das macht es umso wichtiger, ihr mit einem offenen Geist zu begegnen und bereit zu sein, etwas neues zu erleben. Und vielleicht ist gerade deswegen die Einbeziehung der Kunst in der neuen Welt der Internet Kommunikation so essentiell.

Kunst und Internet – wie geht das?

Laut der Kuratorin einer Berliner Galerie, Frau Gertrud Steinbock, ist der Umgang mit Kunst eine Sache der Subjektivität. Die Kunstwissenschaftlerin sieht in den Memes keinen Respektmangel der neuen Generation, sondern eine Möglichkeit. “Die so genannten Memes mit berühmten Gemälden sind auch eine Form von Umgang mit Kunst und auch keine „falsche“, sondern eine neue. Und solange es solche Formen gibt, kann man behaupten, dass die Kunst ihre Relevanz nicht verloren hat. Ansonsten wird sie zu einer Art „elitären“ Unterhaltung, der die gegenwärtigen Entwicklungen völlig fremd sind. Und das wäre sehr schade.” Sie deutet auch an, dass die sozialen Netzwerken sich schon immer zusammen mit der Kunst entwickelt haben. “Spätestens seit der Künstler Richard Prince einen großformatigen Ausdruck eines InstagramBildes für 90.000 US Dollar zu verkaufen versuchte, war es klar, dass die Frage ob Kunst und soziale Netzwerke vereinbar sind, eine große Präsenz haben wird.”

Und sie hat Recht, beinahe jeder Künstler, ob Maler oder Fotograf, hat heutzutage ein Instagram Profil. Ein erfolgreicher Künstler in der heutigen schnelllebigen Welt kann es sich nicht mehr leisten, sich nur auf die Kunstproduktion zu konzentrieren, sondern muss sich auch auf ihre Popularisierung konzentrieren. Die soziale Netzwerke machen es möglich, dass jegliche Art von Inhalten ein sehr breites Publikum erreichen. Das bestätigen auch die Autoren der Studie “Access of Young People to Culture in Europe”* zu Deutsch “Zugang der Jugendlichen zur Kultur in Europa”, die 2009 veröffentlicht wurde. Sie finden es ist sehr wichtig, dass Kulturangebote auch im neusten Internet Trend integriert sind:

Der Zugang zu Kultur von Jugendlichen, sei es als Akteure oder als Konsumenten, ist eine entscheide Bedingung für ihre vollwertige Mitgliedschaft in der Gesellschaft. Zugang zu Kultur kann das Bewusstsein für ein gemeinsames kulturelles Erbe stärken und ein weltoffenes, gemeinnütziges Engagement fördern. Beteiligung an kulturellen Aktivitäten ermöglicht es Jugendlichen, ihre kreative Energie auszudrücken und damit an ihrer persönlichen Entwicklung und ihrem Zugehörigkeitsgefühl in einer Gesellschaft mitzuwirken. Da die jungen Menschen sehr aktiv an der virtuellen Kommunikation teilnehmen, vor allem SocialNetworkingSeiten wie facebook.com und zunehmend Twitter.com, ist es unsere Pflicht, denen einen Zugang zur Kultur auch da zu gewährleisten.

How I feel when I look at my followers count

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Präsenz der Künstler in der Online Welt

Was bedeutet aber „Social Media Kunst“ für die Künstler selbst? Es ermöglicht zeitgenössischen Künstlern sich leicht an der technologischen Aufregung einzuschließen, setzt sie auf die gleiche Ebene wie alle anderen, bietet aber trotzdem einen Raum für Kreativität. In diesem Sinne gewährleistet der komplexe Begriff „Kunst, die soziale Netzwerke nutzt,“ eine imaginäre Auflösung für den Widerspruch der bildenden Kunst in einer Welt, die von Technologie beherrscht wird.

Die Umwandlung der Kunst, die vom Internet schon stark geprägt und in den Online Plattformen präsent ist, führt zu einer interessanten Frage: Wie wird die Kunst in 100 Jahren aussehen, wenn die Technologien sich weiter entwickelt haben? Nur die Zeit kann es verraten. Und bis dann können wir weiterhin unser Handy anlächeln, wenn wir in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit lesen, wie die griechische Fruchtbarkeitsgöttin Ariadne aus dem Gemälde von Gaspare Landi Zitate aus dem Film Girls Club benutzt, um ihr letztes Tinder Date zu beschreiben.


Valentin Minkov studiert Kunstgeschichte und Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin im 4. Semester.

2017-07-06T12:18:00+02:00 Kategorien: Lesen, Macht + Medien|Tags: , , , , , |