Anna ohne Blume

Anna ohne Blume

Das Café Anna Blume ist berlinweit bekannt für sein großartiges Frühstück, serviert in entspannter Urlaubs-Atmosphäre auf der Terrasse, umgeben von Bäumen und rosablühenden Hortensien. Doch die Idylle ist bedroht, seit vor einigen Monaten das Ordnungsamt Pankow beschloss, eine Offensive zu starten gegen die üppige Bepflanzung sämtlicher Gaststätten im Kollwitzkiez. Der Grund: Viele Cafés im Prenzlauer Bergs Szene-Viertel haben eine Begrünung, die über die gesetzliche Vorschrift von einem Meter Höhe inklusive Topf, wortwörtlich hinausgewachsen ist. Britta, eine der drei Geschäftsführer des Anna Blume schilderte mir den Streit aus Sicht der empörten Gastronomen.

Von Lia Nordmann

Mitte Mai erschien der erste Artikel in der Berliner Zeitung, indem der Streit zwischen dem Ordnungsamt und Cafébesitzern im Kollwitzkiez thematisiert wurde, das Anna Blume wird darin als Beispiel genannt. Wann kam das Ordnungsamt das erste Mal zu dir?

Da, glaube ich, kamen die zwei Wochen vorher zu uns und dann haben wir, meine Partner und ich – wir sind ja zu dritt hier – gesagt: „Jetzt müssen wir aber was unternehmen.“ Und dann sind wir an die Berliner Zeitung herangetreten und die haben den Artikel geschrieben. Danach hat es seinen Lauf genommen, da war erst mal dieser Berliner Zeitung Artikel und dann ist Spreeradio noch gekommen und der Berliner Kurier und dann war hier Riesenaufruhr und wir haben noch eine Unterschriftenaktion gestartet.

Die Unterschriftensammlung war die Aktion „Kiezgrün retten“?

Ja, genau das ging von uns aus. Wir sind halt hier rumgelaufen und haben Unterschriften gesammelt und Flyer ausgelegt.

Wie war die Resonanz, als du Unterschriften gesammelt hast?

Die haben alle gesagt, die vom Ordnungsamt spinnen doch!

Hast du die Petition schon eingereicht?

Wir haben es nicht eingereicht, weil mein Mann da ein Gespräch mit dem Bezirksamt hatte und es sah eigentlich recht positiv aus, dass die Anzeige jetzt erst mal zurückgezogen wird. Vor ein paar Tagen war er aber nochmal dort und da hieß es, sie können keine Ausnahme machen. Deswegen ist es jetzt ganz aktuell wieder der alte Stand und ich weiß nicht, wie es sich weiterentwickelt.

Die gesetzliche Regelung gibt es ja schon lange, aber es gab angeblich kürzlich Beschwerden von Anwohnern und deswegen ist das Ordnungsamt erst draufgekommen, erneut Kontrollen durchzuführen…

Anwohner glaube ich nicht, das war irgendein anderer Restaurantbesitzer hier im Bezirk, der seine Pflanzen zurückschneiden musste, ich weiß jetzt nicht genau, wer das war, und dann hat er gesagt: „Naja, aber das Anna Blume hat ja auch so viel Grün!“

Zu dir ist in letzter Zeit also niemand gekommen, der sich an der Bepflanzung gestört hätte?

Um Gottes Willen, gar nicht! Ne ne, im Gegenteil, es sitzen ja alle gerne da.

Ja eben, es macht die Atmosphäre hier ja gerade aus. Wie lange ist die Bepflanzung jetzt schon in dem Zustand in dem sie heute ist?

Na, seit wir angefangen haben im Laden, vor elf Jahren.

Und die Pflanzentöpfe waren elf Jahre lang kein Problem?

Ne, ist ja auch alles genehmigt, diese Fläche und natürlich haben wir dort Bäume gepflanzt vor zehn Jahren, ich weiß jetzt aber nicht, ob es da drin stand, diese Höhenregel. Naja, irgendwann verdrängt man das ja auch, wenn man so ein Café hat und das mit den Pflanzen wunderschön aussieht, die jetzt schon 10 Jahre alt sind.

Das Ordnungsamt meint, dass zu große Pflanzen eine Gefahr für Kinder sein, die Sicht behinderten, oder ähnliches. Wie viele Kinder haben deine Pflanzen schon auf dem Gewissen?

Natürlich keins, die sind ja groß und schwer diese Töpfe und fallen auch nicht um und machen auch nicht den Straßengrund kaputt. Das ist völliger Blödsinn.

Was meinst du, gibt es zur Zeit keine größeren Probleme im Bezirk Prenzlauer Berg?

Das fragen sich alle. Wenn man hier rumläuft, merkt man sofort, dass zum Beispiel Kinderspielplätze so vermüllt sind, da kümmert sich keiner drum. Ich versteh es auch nicht. Eigentlich müsste man sich ja freuen, wenn ein bisschen Grün in der Stadt ist. Abgesehen davon, dass es auch unser Konzept ist, ist es ja schön, wenn man ein bisschen Ruhe findet in der Stadt. Und ich sehe hier keine Gefahr, der ist ja wirklich total breit, da müsste man wirklich im Einzelfall entschieden. Wenn der Gehweg schmaler ist, dann versteh ich das auch, dass nicht genug Platz ist.

Eine Entscheidung von Fall zu Fall scheint das Ordnungsamt ja, anders als behauptet, nicht zutreffen. Stattdessen wird starr die aktuelle Regelung durchgesetzt?

Rigoros. Und weil wir natürlich auch ein großer Laden sind, können sie nicht sagen, sie machen hier eine Ausnahme. Und jetzt müssen wir nochmal komplett umdenken. Ich war eigentlich schon so erleichtert – bis vor zwei Tagen. Ich kann mir, aber wirklich rein von meiner Vorstellungskraft her, nicht denken, dass wir wirklich alles runterkürzen müssen, aber man weiß es nicht, ich muss mir jetzt den nächsten Schritt überlegen, ob wir vielleicht noch die Unterschriften einreichen.

Falls die Petition dennoch erfolglos ist, müsstest du wahrscheinlich eine Strafe zahlen.  Wie hoch ist die Strafzahlung bei so einem Vergehen ungefähr – in derselben Höhe wie Falschparken?

Nein, nein, ich glaub, das geht schon in die Tausender, das wäre schon echt schlimm für einen kleinen Betrieb. Jetzt mal ganz unter uns: vielleicht braucht der Bezirk auch einfach Geld. Vor dieser ganzen Sache haben sie ja massive Parkplatzkontrolle durchgeführt und angeblich in einer Woche fünftausend Euro eingenommen, in einer Woche! Kann schon sein, dass das jetzt die nächste Idee ist…


Lia Nordmann ist 20 Jahre alt und studiert Philosophie und Publizistik an der FU Berlin. Seit ein paar Monaten wohnt die Berlinerin in Prenzlauer Berg und dann auch noch im Kollwitzkietz! Entgegen aller Erwartungen hat sie bisher keinen echten Schwaben dort gefunden, gibt die Suche aber noch nicht auf.