Goldschmied – ein Traumberuf mit Zukunft?

Goldschmied – ein Traumberuf mit Zukunft?

Das Goldschmiedehandwerk zählt zu den seltenen, aber sehr beliebten Berufen. Unter fehlendem Nachwuchs leidet dieser Beruf nicht. Jedoch wählt man dieses Handwerk nicht, um damit reich zu werden. Die Begeisterung für die Kreativität und das Schaffen mit den Händen ist der Grund für diese Berufswahl. Doch wie geht es der neuen Generation der Goldschmiede? Was müssen sie mitbringen, um sich in einer immer schneller verändernden Welt zu behaupten? Ein Überblick.

Von Gabriele Frieß

Konzentriert sitzt Anna an ihrer Werkbank und bearbeitet mit einem Sägebogen die Ecken eines Metallstücks. Diese werden später abgeknickt, damit daraus eine Fassung entstehen kann. Es ist eine Auftragsarbeit. Dem Besitzer gefiel ein altes Schmuckstück nicht mehr und er wollte den Stein neu gefasst haben. Der Entwurf des neuen Anhängers war Annas Job.

Kreativität gehört neben handwerklichem Geschick zu den Voraussetzungen, die ein angehender Goldschmied mitbringen muss. Die Lehre ist ganzheitlich angelegt. Die Auszubildenden lernen nicht nur die handwerkliche Fertigung eines Schmuckstücks, sondern entwerfen diese auch selber und planen die Arbeitsabläufe. Die Vermittlung von Kenntnissen über Werkstoffe und Edelsteine, über chemische und physikalische Vorgänge beim Legieren, Schmelzen und Glühen von Metallen, über Methoden der Oberflächenbehandlung, sowie berufsbezogene Mathematik gehören zu den grundlegenden Ausbildungsinhalten.

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Goldschmied bei der Arbeit. CC/Martin Melcher

Geduldig sägt Anna weiter. Es ist nicht ihre Lieblingsaufgabe, wie sie gesteht. Aber auch die langweiligen, monotonen Arbeiten müssen gemacht werden. Der Beruf des Goldschmieds beinhaltet die Entwicklung und Herstellung eines Schmuckstückes von der Konzeption bis zum fertigen Kunstwerk. Das Design ist Annas Leidenschaft. Das Entwerfen und das Experimentieren, die Versuche, einen Einfall umzusetzen, das Entwickeln von Modellen, das Austesten von Ideen sind Aufgaben, die ihr Herz höher schlagen lassen.

Ihre Werkstatt, die sich in einem Backsteingebäude befindet, ist großräumig und sehr ordentlich. An den Wänden stehen Tische mit Maschinen und Regale mit vielen Werkzeugen wie Sägebögen, Feilen und Zangen. Auf ein Punktschweißgerät, mit dem präzises Schweißen in Mikrometerbereich möglich ist, ist Anna besonders stolz. Es war teuer in der Anschaffung, aber immer noch günstiger als eine Lasermaschine.

Während im Goldschmiedehandwerk nach wie vor die traditionellen Werkzeuge zu den Hauptwerkzeugen gehören, sind in den letzten 10 Jahren neue Technologien hinzugekommen, die auch in der Ausbildung vermittelt werden. Dazu gehören die Einführung der Lasertechnik, der Vakuumguss per Maschine und das 3D-Programm Rhino für Entwürfe.

Ob Anna aber ein Design mit dem Grafik-Programm erstellt oder nur eine Handzeichnung anfertigt, ist vom Schmuckstück und vom Kunden abhängig. Auch die Dauer der Entwürfe kann sich sehr unterscheiden. Sie kann eine Stunde betragen oder aber bis zu vier Tage. Je nach Zeitaufwand und Schwierigkeit für Konzeption und Herstellung des Produktes variiert Anna den Preis. Auf die Frage nach der Wirtschaftlichkeit versichert sie, dass sie um ihre Fähigkeiten weiß und ihre Leistung nicht unter Wert verkauft. Auch wenn sie es nicht ganz so deutlich ausspricht: Ihre Arbeit scheint profitabel.

Die wirtschaftliche Lage der Goldschmiede in Deutschland ist nicht vollständig statistisch erhoben. Die freiberuflichen und angestellten Goldschmiede sind zwar erfasst. Ihre finanzielle Situation wurde jedoch nicht ausgewertet. Einzig die Schließungen von Läden sind dokumentiert. Diese erklärten sich aber meist durch altersbedingtes Ausscheiden, so der Zentralverband der deutschen Goldschmiede. Nach dessen Einschätzung ist die wirtschaftliche Situation der Goldschmiede in Deutschland gut.

Anna ist keine typische Vertreterin des Goldschmiedehandwerks. Konsequent entwickelte sie ihr Interesse für das Gestalterische und Kreative weiter. Neugier und Herausforderungen treiben sie an. Sie begann mit einer Ausbildung zur Gestaltungstechnischen Assistentin, die ihr nicht genug war. Danach folgte die Lehre zur Goldschmiedin und nun befindet sie sich bereits im Studium zur Produktdesignerin an der Universität der Künste in Berlin. Ihre gesammelte Erfahrung und ihr Wissen sind ihr im Studium von großem Nutzen. Anna ist mit ihrem handwerklichen Geschick und ihrer routinierten Herangehensweise beim Entwerfen und Planen den anderen Studenten gegenüber klar im Vorteil.

Das Studium lässt ihr gerade nicht viel Zeit, um ihren Beruf als Goldschmiedin auszuüben. An Aufträgen fehlt es ihr jedoch nicht. Einige musste sie sogar ablehnen. Kunden müsse sie nicht werben, sagt sie. Die stießen oft zufällig auf sie. So hat ihr ihre Steuerberaterin einen größeren Auftrag vermittelt. Jedoch verlässt sie sich nicht nur auf glückliche Fügungen. Aus diesem Grund präsentiert sie sich und ihre Kollektion auf einer Homepage, die sie selbst erstellt hat.

Während die ältere Generation der Goldschmiede oft einen eigenen Laden besitzt, der schon lange besteht und sich vor allem durch die treue Stammkundschaft finanziert, nutzen die Jungen auch andere Möglichkeiten. Die freiberufliche Arbeit ist nach wie vor der meistgewählte Weg für die heutigen Goldschmiede. Nicht jeder kann sich einen eigenen Laden leisten, weshalb häufig Werkstätten gemietet und die Schmuckstücke über das Internet vertrieben werden. Damit müssen sie sich nicht auf einen Standort oder auf ein bestimmtes Repertoire festlegen. Flexibilität und ständige Weiterentwicklung sowie Online- Präsenz und Kontakte sind wichtige Faktoren für erfolgreiche Kunsthandwerker.

Auch Jakob gehört zu den Goldschmieden, die keinen eigenen Laden besitzen und trotzdem sehr erfolgreich sind. Über mangelnde Aufträge kann er sich nicht beklagen. Kontakte sind alles, sagt er. Nach seiner Lehre wollte er andere Sachen ausprobieren und jobbte unter anderem beim DRK und beim Messebau. Das hat seiner Karriere als Goldschmied aber keinen Abbruch getan – im Gegenteil. Wenn er Leuten von seinem erlernten Beruf erzählte, stieß er auf großes Interesse und Anfragen für Sonderanfertigungen folgten. Mittlerweile arbeitet er Vollzeit als Goldschmied.

Die gute Auftragslage für Goldschmiede bestätigt auch Frau Roth von der Goldschmiede-Innung Berlin. Goldschmied sei ein seltener Beruf, aber einer, der eine Nische fülle. Etwa 10 junge Leute beginnen jedes Jahr ihre Lehre in der Hauptstadt. Die Kreativität und die handwerkliche Feinarbeit sind es, die die Auszubildenden am Goldschmiedehandwerk reizen. Bewerber mit zeichnerischem Talent, Fingerspitzengefühl und Fantasie eignen sich besonders.

Der Entwurf eines Produktes und die Versuche, diesen unter Beachtung der technischen Möglichkeiten und Grenzen umzusetzen, sind Annas Steckenpferd. In der Kreativität und dem Experimentellen findet sie ihre Erfüllung. Das ist es, was sie zukünftig machen möchte. Ob sie nach dem Studium in Berlin bleiben wird, weiß sie noch nicht. Ihre umfangreiche Ausbildung sowie die große Bandbreite ihres erworbenen Wissens und ihrer Fähigkeiten ermöglichen ihr ein weites Arbeitsfeld und erleichtern ihr die Selbstvermarktung. Selbstbewusst und zuversichtlich blickt sie in die Zukunft.


Gabriele Frieß ist Studentin der Publizistik- und Kommunikationswissenschaften sowie der Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin.

2017-07-06T12:18:13+02:00 Kategorien: Kunst + Können, Lesen|Tags: , , , , , , , |