Globale Vernetzung beim Theatertreffen in Berlin

Globale Vernetzung beim Theatertreffen in Berlin

Beim Berliner Theatertreffen kommen jährlich internationale Theatermacher zusammen, die die besondere Chance nutzen, hier erste Kontakte für internationale Theaterkooperationen zu knüpfen. Mit dem diesjährigen Theatertreffen wurde im Rahmen des „Theater-Camps“ diese Besonderheit fokussiert, indem man über die Chancen und Herausforderungen von internationalen Kooperationen, die auf Branchentreffen dieser Art entstehen, diskutierte. Im Interview berichtet uns die Leiterin des Berliner Theatertreffens Yvonne Büdenhölzer, welche Formen von internationaler Zusammenarbeit beim Theatertreffen entstehen und erläutert, welche besondere Stellung dabei die Stadt Berlin hat.

Von Tanja Beckmann

Inwiefern sind durch das Berliner Theatertreffen nicht nur auf der Ebene des Ensembles, sondern auch auf inhaltlicher Ebene der Regie-Ebene oder der Öffentlichkeitsarbeit internationale Kooperationen entstanden und welche gemeinsamen Produkte sind daraus hervorgetreten?

Yvonne Büdenhölzer, Leiterin Berliner Theatertreffen Copyright: Martin Kaufhold

Yvonne Büdenhölzer, Leiterin Berliner Theatertreffen. Copyright: Martin Kaufhold

Yvonne Büdenhölzer: „Das Theatertreffen wurde mal als Schaufenster zum Westen gegründet. Diese Funktion hat es schon seit längerer Zeit nicht mehr, sondern ist jetzt vielmehr ein Schaufenster für die Welt geworden. Das heißt, es kommen durch das Auswärtige Amt, durch das Besucherprogramm des Goethe-Instituts sehr viele internationale Kuratoren, Kritiker und Künstler zu uns, die das Festival besuchen. Daraus ergeben sich des Öfteren Zusammenarbeiten in Form von Gastspieleinladungen, aber auch Einladungen an einzelne Künstler in einem fremden Land eine Arbeit zu initiieren. Das ist die erste Ebene.

Die zweite Ebene ergibt sich aus dem ältesten Rahmenprogramm des Festivals. Seit 50 Jahren findet das ‚Internationale Forum‘ beim Theatertreffen statt. Hier kommen 30 bis 35 internationale Theaterkünstler unterschiedlicher Sparten zusammen. Das Internationale Forum ist ein Campus, der viele Formen der Zusammenarbeit entstehen lässt. So sehe ich das Theatertreffen auch: Einerseits als Publikumsfestival und Talente-Campus, aber auch als internationale Fachmesse.

Und dann ist es so, dass das deutschsprachige Theater durch das Theatertreffen in die Welt getragen wird.“

Warum wird das Theatertreffen seit seiner Gründung 1963 weiterhin in Berlin veranstaltet und wechselt nicht jährlich den Veranstaltungsort? Welche Chancen und Risiken bietet die deutsche Hauptstadt?

Yvonne Büdenhölzer: „Es wurde immer mal wieder diskutiert, das Theatertreffen reisen zu lassen. Ich halte das für nicht sinnvoll. Ich glaube, dass das Theatertreffen genau richtig ist in Berlin, weil hier in der Stadt schon so eine reiche Theaterszene vorhanden ist. Die Kunstform Theater verliert leider immer mehr an Relevanz und das ist natürlich die große Chance, mit dem Theatertreffen einmal im Jahr das Theater auch überregional in den Fokus zu rücken. Das Theatertreffen im Mai ist ein wichtiger Termin im Spielzeitkalender. Das rührt daher, dass wir hier im Festival die Gastspiele der  zehn Inszenierungen programmieren und dass die Berliner Bühnen während des Festivals natürlich ihre besten Inszenierungen ansetzen. Man bekommt durch die vielen internationalen Gäste einen größeren Aufmerksamkeitsradius in diesen 18 Tagen Berliner Theatertreffen.

Risiko? Die Berliner haben halt schon alles gesehen und sind sehr kritisch, aber auch das ist eigentlich eher eine Chance.“

Welche Potenziale sieht man in Berlin für die Zukunft, um die Theaterarbeit im deutschsprachigen Raum und in Europa voranzutreiben?

Yvonne Büdenhölzer: „Die Vielfalt an Kunstformen ist in Berlin überragend. Das betrifft nicht nur die Darstellenden Künste, sondern alle anderen auch. Aber grundsätzlich lässt sich sagen, dass die deutschsprachige oder deutsche Theaterlandschaft so reich ist durch diese Repertoire- und Ensemblestruktur, durch die Stadt- und Staatstheaterstrukturen, dass das natürlich sowieso ein riesiges Potenzial ist, was wir – wie ich finde – auch schützen müssen.

Ich glaube, dass Berlin ganz konkret aufpassen muss, dass die Künste den Wandel der Stadt mittragen. Das heißt, dass es eine sorgfältige Liegenschaftspolitik gibt, also dass Orte, die in der Stadt für die Kunst wichtig werden, von kulturpolitischer Seite aus geschützt werden. Da hoffe ich einfach, dass Menschen wie der neue Kulturstaatssekretär Tim Renner, ein ausreichendes Bewusstsein dafür haben und diese Transformationsprozesse mitmachen, um Berlin weiterhin so attraktiv zu halten.“

Um diese internationalen Projekte nicht nur mit Branchentreffen wie dem Berliner Theatertreffen anzustoßen, sondern überhaupt auch finanziell zu ermöglichen, gibt es in Deutschland verschiedene Förderprogramme, zum Beispiel von der Kulturstiftung des Bundes, des Internationalen Theaterinstituts und des Goethe-Instituts. Sie leisten einen wichtigen Beitrag, um internationale Kooperationen an Stadttheatern finanziell zu unterstützen.

Titelbild: Pressefoto der Berliner Festspiele ‚Nebula‘ © Vasil Tasevski


Tanja Beckmann  studiert an der Freien Universität Theaterwissenschaft sowie Publizistik- und Kommunikationswissenschaften. Vor ihrem Studium absolvierte sie in einer PR-Agentur eine Ausbildung als Kauffrau für Marketingkommunikation.

2017-07-06T12:18:12+02:00 Kategorien: Berlin + Brandenburg, Kunst + Können, Lesen|Tags: , , , , , , |