"Neuer Naturkundemuseums-Chef will Schätze heben und sein Haus öffnen"

dpa-Gespräch mit Reinhold Leinfelder vom 18. Februar 2006


wiedergegeben mit freundlicher Erlaubnis von dpa



Museen/Berlin/
(Zusammenfassung 1100 - dpa-Gespräch)

Neuer Naturkundemuseums-Chef will Schätze heben und sein Haus öffnen


Berlin (dpa) - Der neue Generaldirektor des Museums für Naturkunde Berlin will die Schätze seines Hauses Wissenschaft und Öffentlichkeit noch besser zugänglich machen. «Wir haben hier ein riesiges Kulturgut, das es zu befördern gilt», sagte Prof. Reinhold Leinfelder in einem dpa-Gespräch. Der Paläontologe aus München will sowohl die wissenschaftliche Arbeit mit modernen Methoden aufmöbeln als auch das Museum stärker in Berlins Kulturszene verankern. «Erwachsene sollen nicht nur als Begleiter ihrer Kinder zu uns kommen», sagt der 48-Jährige, der bislang die Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns leitete.

   Leinfelders erklärtes Ziel ist es, den Status des Berliner Museums unter den weltweiten «Besten Fünf» sichtbar zu machen. Die derzeit laufenden Umbauten in vier Ausstellungssälen und der Wiederaufbau des seit dem Weltkrieg zerstörten Ostflügels bis 2010 sollen hierfür Zeichen sein. «Ein Manko des Hauses war es bislang sicherlich, dass es keinen Raum für Sonderausstellungen gab», sagt Leinfelder. Das soll künftig anders werden. «Noch vor der Wiedereröffnung im Sommer 2007 wird es erste Sonderausstellungen geben, die auch das Publikum anlocken sollen, das die ständige Ausstellung bereits kennt.»

Biodiversität, Evolution, Weltklima - das Ineinandergreifen verschiedener Disziplinen sollen das Profil des Hauses künftig stärker bestimmen. Leinfelder, dessen Spezialgebiet Korallenriffe mit ihren symbiotischen Lebensformen sind, will deshalb auch intern Barrieren abbauen. «Einzelne Institute wie bislang wird es ihm Museum nicht mehr geben, sondern eine gemeinsame Forschungsabteilung, eine Sammlungsabteilung und eine für Ausstellungen und öffentliche Bildung.» An der Ludwig-Maximilians-Universität in München hat Leinfelder das renommierte GeoBioCenter als fachübergreifenden Forschungsverbund ins Leben gerufen. «Ähnliches könnte ich mir auch einmal für Berlin vorstellen», sagt er.

Wissenschaftlicher Schwerpunkt wird zunächst die Neubewertung der Sammlung mit modernen Methoden sein. Mehr als 25 Millionen Sammlungsstücke, viele davon kostbare «Typen» und bis zu 400 Jahre alt, lagern unter teils katastrophalen Bedingungen in den Depots. In Zukunft sollen die wertvollen Stücke im neuen, klimatisierten Ostflügel aufbewahrt werden. «Wir wollen ein Isotopenlabor einrichten, um Aufschlüsse etwa über die Ernährung der ausgestorbenen Tiere ziehen zu können.» Auch molekularbiologische Untersuchungen sollen hinzu kommen. «So können wir auch sehen, wie die Evolution in den letzten Jahrhunderten fortgeschritten ist.»

Neben der Grundlagen- und angewandten Forschung liegt Leinfelder aber vor allem eins am Herzen: Der Wissens-Transfer. «Ich wollte noch nie in den Elfenbeinturm», sagt er und plädiert für ein offenes Haus. Fortbildungsaktionen für Lehrer, Projekte mit Schulen schweben im vor. Aber auch mehr Austausch mit anderen Kultureinrichtungen. «Davon gibt es in Berlin ja mehr als genug», sagt der geborene Augsburger, dem die Hauptstadt sehr gefällt. Zusammen mit seinem ältesten Sohn wohnt er derzeit in einer Zweier-WG mitten in Moabit. Seine Frau und zwei jüngere Kinder ziehen im Sommer nach. «Die Berge werde ich schon vermissen», sagt der begeisterte Bergsteiger. «Aber ich tausche sieja gegen andere spannende Sachen ein.»

(Autorin: Andrea Barthélémy, dpa)

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191054 Feb 06

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