hier klicken, falls Menuleiste nicht sichtbar ist

Buchbesprechung zu Hans-Joachim Zillmer (2005) Die Evolutionslüge

von Dr. Günter Schweigert, Staatliches Museum für Naturkunde, Stuttgart

<- zurück zur Eingangsseite Buchbesprechungen

Im Oktober 2005 zum Druck eingereicht für Geowissenschaftliche Mitteilungen (GMit)

Die Evolution – ein Lügengebäude!?

 Hans-Joachim Zillmer (2005): Die Evolutionslüge – Die Neandertaler und andere Fälschungen der Menschheitsgeschichte. - 334 S., 49 Abb., 69 Fotos;  München (LangenMüller)

ISBN 3-7844-3026-0 . Preis: 22,90 €

 Die Evolutionstheorie – alles nur Humbug, unterstützt von einer intriganten, verschworenen Gemeinschaft von Wissenschaftlern, die versuchen, andere Meinungen zu unterdrücken, um ihre eigenen Jobs zu retten? Dies will uns H.-J. Zillmer in seinem neuesten Buch glauben machen. Fälschungen und falsche Datierungen dienen ihm als willkommener Aufhänger, die Evolutionstheorie insgesamt zu zerpflücken. Zillmer geht von der Hypothese aus, dass die Erdgeschichte viel kürzer dauerte, und somit schon die für eine Evolution benötigte Zeit gar nicht vorhanden ist. Manche Zeitabschnitte, wie das Tertiär oder die Mittelsteinzeit, werden als extrem kurz oder gar nicht existent, sondern frei erfunden angesehen – aber schon ein Blick auf geologische Karten zeigt doch sogleich die weite Verbreitung tertiärer Sedimente. Für die nach seiner Ansicht angeblich gar nicht nachweisbare Übereinanderstapelung tertiärer Bildungen gibt er mit dem Pariser Becken ein ganz vorzügliches Gegenbeispiel. Peinlich, dass auf der einleitend gezeigten erdgeschichtlichen Tabelle das Paleozän als Paläozoikum bezeichnet wird. Seine vorgebrachten Fakten, weitestgehend beschränkt auf die Evolution des Menschen und von Säugetieren, scheinen erdrückend, jedenfalls dem unbedarften Leser, der das nötige wissenschaftliche Hintergrundwissen nicht besitzt. Schaut man jedoch etwas genauer hin, so erweisen sich diese scheinbaren Fakten als höchst obskure Quellen ohne überprüfbaren Hintergrund. Im Zusammenstellen solcher Berichte, oft aus der Tagespresse bzw. Sensationspresse des vorletzten Jahrhunderts, muss man dem Autor großen Fleiß bescheinigen. Angebliche Beobachtungen von „Nessie“, dem Yeti, Bigfoot oder gar von Aliens gleichen in bemerkenswerter Weise den hier vorgestellten angeblichen Zeugnissen, wie isolierte menschliche Fuß- oder gar Hand(!)spuren neben Dinosaurierfährten, oder der schon vor Jahrzehnten durch die Presse geisternde angebliche kambrische Schuhabdruck mit einem zertretenen Trilobiten – wohlgemerkt in einer marinen Ablagerung. Zu einem angeblichen kreidezeitlichen Sandsteinbrocken aus Kolumbien mit menschlichen Extremitäten sollte sich Zillmer die Frage stellen, ob manche kolumbianische Fossilienhändler nicht ebenso gut fälschen können wie manche marokkanische Trilobitenschnitzer. Eine von wissenschaftlicher Seite als Konkretion entlarvter angeblicher zerdrückter Menschenschädel aus dem Oberkarbon ist genauso überzeugend wie einst Scheuchzers Homo Diluvii. Eine angebliche moderne Dinosaurierrekonstruktion auf einem mutmaßlich gefälschten Artefakt (Schwert aus Blei!) dokumentiert er nur mit einer winzigen Strichzeichnung. Das ganze ist garniert mit völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten von Wissenschaftlern,  die als Zeugen oder besser Kronzeugen für die Absurdität mancher angeblichen Lehrmeinung herhalten müssen. Dass die Sahara als Wüste erst jüngst entstanden ist, wie Felsbilder vorzeitlicher Menschen mit Darstellungen einer reichen afrikanischen Tierwelt bezeugen, ist keine neue Erkenntnis Zillmers. Was aber in diesem Zusammenhang ins Feld geführte kreidezeitliche Mosasaurierfunde – fälschlicherweise als Mesosaurier erwähnt – mit Reliktvorkommen rezenter Krokodile zu tun haben sollen, erscheint mir schleierhaft. Die gut dokumentierten mehrfach wechselnden Klimaszenarien mit mehreren Kaltzeiten und Warmzeiten innerhalb des Eiszeitalters werden auf eine einzige kurze „Schneezeit“ reduziert, und verwundert die Frage gestellt, wie es dann wärmeliebende Tiere wie Löwen und Flusspferde geschafft haben sollen, in dieser Öde zu existieren. Als Quelle für das angebliche Nebeneinander der extrem wärmeliebenden Tiere mit Mammut & Co. wird ein offenbar sinnentstellend verfälschter Zeitungsbericht angegeben. Hauptargument für Zillmers Reduktion der Zeit ist seine Behauptung, dass man aus der Mächtigkeit einer Ablagerung nicht auf die Dauer derselben schließen kann. Das ist natürlich vollkommen richtig und keineswegs im Widerspruch zu irgendeiner Lehrmeinung, wie uns Zillmer weismachen will. Die Fundschicht des Heidelberger Unterkiefers aus den Sanden von Mauer oder der Steinheimer Urmensch kann ohne weiteres in ganz kurzer Zeit, ja bei einem einzigen Ereignis abgelagert worden sein, dazu bedarf es keines wissenschaftlichen Kronzeugen. Dies sagt überhaupt nichts über das Gesamtalter der Ablagerung. Die überaus zahlreichen zusammen mit diesem Unterkiefer zum Vorschein gekommenen Reste längst ausgestorbener Säugetiere – gegenüber einem Hominidenfund für die sensationsgierige Presse und auch die Wissenschaftswelt leider weit weniger spektakulär – sollte man nicht einfach unterschlagen. Radiometrische Datierungsmethoden mögen da und dort auch fehlerhaft gewesen sein, was bereits bei der Probennahme geschehen sein kann. Obwohl Zillmer diese Methoden vehement ablehnt, greift er doch ständig darauf zurück, aber nur, wenn ihm die gewonnenen Daten ins Bild zu passen scheinen. Die Evolutionstheorie kommt ohnehin auch ohne diese Methoden aus, sie stellen lediglich ein modernes Hilfsmittel dar, wo man früher nur vage Abschätzungen geben konnte. Seltsam auch, dass er das Vorkommen kreidezeitlicher Fossilien auf der heutigen Erdoberfläche als Beleg wertet, diese hätten zusammen mit den angeblich viel jüngeren gelebt. Wären die kreidezeitlichen Fossilien nicht durch Erosion freigelegt worden und so in ein der unmittelbaren Beobachtung zugängliches Niveau geraten, würden wir Fossilien überhaupt nur aus Bergwerken kennen. Wenn wir an Englands Yorkshire-Küste einen versteinerten Ammoniten auflesen, kommt auch niemand auf die Idee, dieser sei gleich alt wie der daneben angeschwemmte tote Hering. Dass der letzte gemeinsame Vorfahre aller heute lebenden Menschen erst vor 3000 Jahren gelebt haben soll, ist blanker Unsinn, da wir uns da bereits in der geschichtlichen Epoche befinden und es die heutigen für einzelne Individuen bestehenden Migrationsmöglichkeiten (Flugzeug!) damals noch gar nicht gab und manche Naturvölker selbst heute noch in weitgehender Isolation leben. Im klaren Widerspruch zu einem extrem raschen Zeitablauf der Erdgeschichte steht selbst die Erdexpansionstheorie, mit der Zillmer als Alternative zur Plattentheorie liebäugelt. Selbstverständlich setzt sich wissenschaftliche Erkenntnis als Ergebnis stetig vermehrten Wissens zusammen, und es gehört zum wissenschaftlichen Ethos, die gewonnene Erkenntnis stets zu hinterfragen und keiner Doktrin aufzusitzen – übrigens auch nicht einem Darwin. Aus geringer Datenmenge lassen sich eben oft nur unvollkommene Vorstellungen ableiten, und Irrtümer sind geschehen und werden sich auch in Zukunft immer wieder einmal ereignen. So ist bestimmt zum Neandertaler noch nicht das letzte Wort gesprochen. Für die Erklärung der Osterinsel-Skulpturen bräuchte Zillmer freilich nur in seinem eigenen Buch etwas zurückzublättern, wo ein heutiger Malaie abgebildet ist. Oder sind die Malaien etwa auch Neandertaler? Alles in allem: Wäre alles bereits bekannt, könnte die Forschung ja eingestellt werden. Eine frühere, unvollkommenere Kenntnislage aus unserer heutigen Sicht zu verdammen, steht uns nicht zu. Wer allerdings gerne Däniken liest, wird von Zillmer auch nicht allzu sehr enttäuscht sein.

Günter Schweigert, Stuttgart

Dank an Günter Schweigert für die Abdruckgenehmigung!

<- zurück zur Eingangsseite Buchbesprechungen


Last Changes by Reinhold Leinfelder :28.07.2008