Kinder und Tod

Kindersterblichkeit

Geburt und Tod lagen nah beieinander im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Bei der Niederkunft mußte man immer mit dem Tod des Kindes oder auch der Mutter rechnen. Teilweise waren es die hygienischen Bedingungen und natürlich der Entwicklungsstand der Medizin, der hierfür verantwortlich war.
Die Folge war, daß die Wahrscheinlichkeit, daß ein nicht geringer Teil der Kinder das Erwachsenenalter nicht erreichte, recht hoch war. Die tiefe Religiosität der Menschen - die man bei Betrachtungen dieser Zeit nie außer Acht lassen darf - machte es ihnen leichter, diese Schläge zu ertragen, wie das Beispiel des Johannes Beringer zeigt, den das Schicksal besonders hart schlug.
Trotzdem darf man nicht denken, daß die Eltern dem Schicksal ihrer Kinder gleichgültig gegenüberstanden, oder daß die Liebe zu den Nachkommen kleiner war, als sie heute gemeinhin ist.
Ariès meint aus literarischen und bildlichen Quellen folgern zu können, daß man dem Tod von Säuglingen eher gleichgültig gegenüberstand (siehe auch das Kapitel Entdeckung der Kindheit). Allerdings sind uns auch zahlreich Quellen überliefert, in denen Eltern den Tod ihrer Kinder bitterlich betrauern; als Beispiele sollen Nehemiah Wallington und Martin Luther dienen.
Die Frage, wie man mit dem Tod seiner Kinder umgehen könnte, stellte sich auch Humanisten wie Alberti und Vives, die versuchten, den Menschen einen gleichmütigen Umgang nahezubringen.

Kindstötung

Aber man muß auch konstatieren, daß dem Kindstod oft genug nachgeholfen wurde. Zum einen ist eine gewisse halbabsichtliche Fahrlässigkeit zu erkennen, zum anderen auch das vorsätzliche Töten der eigenen Nachkommenschaft.

Häufig waren die Familien zu arm, um noch ein weiteres Kind ernähren zu können. Trotzdem war Abteibung oder Verhütung ( z. B. durch "coitus interruptus") nicht möglich, da dies von der Kirche strikt abgelehnt wurde. Also versuchte man, sich der Neugeborenen zu entledigen. Dies geschah allerdings nicht auf direkte Art und Weise, sondern fahrlässig durch Sorglosigkeit. Viel zu früh gab man die Kinder zu Ammen, man nahm sie mit ins Bett, wo sie kläglich erstickten, man ließ sie unbeobachtet usw. Schuld empfand man anscheinend nicht, gab man die Kinder doch in die Hand Gottes, der die unschuldigen Wesen ganz nach seinem Belieben zu sich nehmen konnte oder eben nicht.
Diese Handlungsweisen waren natürlich nicht die Regel, aber sie kamen auch nicht so selten vor.

Noch viel, viel seltener geschah es, daß Eltern ihre Kinder ermordeten. Kindsmord wurde auch mit schweren Strafen bedroht. Bei Kindsmord im Mittelalter und der Frühen Neuzeit handelt es sich fast immer um Fälle, wo junge Frauen und Mädchen ihre unehelichen Kinder umbrachten.




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