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Einleitung

Eine kurze zeitgeschichtliche Einordung
Nur ein Handwerk?
Maler in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts
Zum Thema Kleidung

Eine kurze zeitgeschichtliche Einordnung
Die Niederlande des frühen 17. Jahrhunderts, zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg, befanden sich in einer Phase des Aufschwungs und Wohlstands. Zwar war "die Vorstellung einer Gesellschaft ohne Arme schlicht undenkbar" [van Deursen, 44], doch von massenhaftem Elend waren die Niederlande verschont. Geographisch gelegen zwischen dem stark von der Reformation beeinflußten Deutschen Kaiserreich und dem katholischen Westen Europas, trafen in der holländischen Gesellschaft des beginnenden 17. Jahrhunderts die großen religiösen und politischen Strömungen der Zeit aufeinander. Die niederländischen Provinzen trieben regen Handel und unterhielten vielfältige Beziehungen zu anderen Ländern. 50 Prozent der Welthandelsgüter wurden in den Handelszentren Rotterdam (Norden) und Antwerpen (Süden) umgeschlagen.

Auch im Lande selbst bestand ein Gegensatz: im Norden hatten die Flamen sich früh zur lutherschen Lehre und seit Mitte des 16. Jahrhunderts zum Calvinismus bekannt, im katholischen Süden standen die Wallonen unter starkem spanischen Einfluß.

Zur Lebzeiten Joos de Mompers befanden sich die Niederlande unter Moritz von Oranien im Kampf um ihre Unabhängigkeit. Nachdem sich der Norden sich 1568 von der habsburgischen Oberhoheit hatte befreien können, blieb der Süden bis zum Haager Frieden 1648 unter spanischer Herrschaft. Grundsätzlich hatten sich die 17 niederländischen Provinzen im Norden wie im Süden stets aufgrund ihrer wirtschaftlichen Macht ein hohes Maß an Freiheiten bewahren können. Doch erst mit der Anerkennung als eigenständige Republik durch Spanien im Jahre 1648 erlangten die gesamten Niederlande ihre volle Unabhängigkeit.

Nur ein Handwerk?
Maler in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts
Maler zu sein bedeutete zu Zeiten Joos de Mompers in erster Linie, "verkaufbare Arbeiten zu produzieren, um sich seinen Lebensunterhalt zu sichern" [Price, 121]. Die Preise für Bilder erreichten kaum so astronomische Höhen wie heute. Es war nicht eine kleine, hochkultivierte Elite, die Bilder kaufte. Die Arbeiten der Maler zielten auf sozial Gleich- oder unmittelbar Höhergestellte. Diese Kunden kauften Bilder, "wie sie Stühle oder Tische kauften" [van Deursen, 71]: um "das Heim zu verschönern und eine Anlage von bleibendem Wert" zu erstehen [Price, 134 ]. Eine Schätzung, die die Zahl der zwischen 1600 und 1619 in Holland gefertigten Bilder auf etwa 812 700 beziffert, gibt einen Eindruck von der ungewöhnlich hohen Produktivität niederländischer Maler [Freedberg / de Vries, 315, Tabelle 9].

Joos de Momper gehörte in den Kreisen dieser "Handwerker" zweifelsohne zu den Höherstehenden. Dies läßt sich einerseits daraus schließen, daß er Zeit und Mittel besaß, sich durch einen Aufenthalt in Italien weiterzubilden. Geht man weiterhin davon aus, daß er seine Auftraggeber vorwiegend unter gesellschaftlich Gleichgestellten fand und seine Bilder deren Welt wiederspiegelten, so ist dies ein weiterer Hinweis auf eine gehobene Stellung de Mompers: im Zentrum seiner Bilder nämlich stehen wohlhabende Bürger. Dies ist besonders gut auf dem Sommer-Bild erkennbar.

Zum Thema Kleidung
Was nun sollte an der Bekleidung der Figuren Joos de Mompers, oder genauer gesagt, Jan Brueghels, interessant sein? Diese Frage ist ebenso berechtigt wie einfach zu beantworten.

Betrachtet man die Figuren auf den Bildern de Mompers genauer, so wird eine große Zahl von Details erkennbar. Mit der zunehmenden Bedeutung des Individuums in der Malerei nahm auch die Vielfalt der dargestellten Persönlichkeiten zu. Die Figuren auf den Bildern de Mompers "leben", die Gesichter zeigen Emotionen, die Körpersprache ist lebendig. Gleiches gilt auch für die Bekleidung. Es wird sich zeigen, daß die Kleidung der Figuren auf gesellschaftliche Stellung oder Funktion schließen läßt, auf Beeinflussung durch verschiedene europäische Stile, und sogar auf die Religion und Weltanschauung.

Heute ist Kleidung weitgehend standardisiert. Der Kleidungsstil der Norweger unterscheidet sich nicht wesentlich von dem der Spanier. Das beste Beispiel hierfür ist der Anzug. Im Europa des 17. Jahrhunderts war dies grundlegend anders. Die Kleidung wurde meist individuell gefertigt. Modische Strömungen verbreiteten sich langsamer und berührten nur einen kleinen Teil der Bevölkerung. Die starken regionalen Unterschiede, zum Teil in von Stadt zu Stadt unterschiedlichen Kleiderordnungen festgelegt, finden sich noch heute in den Trachten wieder. Somit war Kleidung ein weitaus deutlicherer Hinweis auf Herkunft, Status und Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Gruppen, als dies heute der Fall ist.