Konzeptpapier zum Einsatz künstlicher Riffe als Alternative
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UW Landschaften für sporttaucherische Aktivitäten
Korallenriffe, bis vor wenigen Jahrzehnten unbeachtet und kaum zugänglich,
geraten im Zuge des Tauchsports und Massentourismus zunehmend unter Druck.
Während bisher die wichtigsten Störfaktoren in allgemeiner Umweltverschmutzung,
Einträgen von Sedimenten und Nährstoffen aus der Landwirtschaft
und in Abwassereinleitungen zu suchen waren, entwickelt sich der Tauchtourismus
zu einer Belastungsgröße, die an vielen Orten (und zwar besonders
an den biologisch interessantesten ) zu einem Stressfaktor geworden ist,
der alle anderen in Bezug auf seine Auswirkungen auf das Ökosystem
Korallenriff weit übertrifft.
Konzepte gegen diese Entwicklung, die nicht zuletzt auch von den betroffenen
Tauchsportanbietern selbst erarbeitet wurden, zielten vornehmlich auf die
Verbesserung der Tauchausbildung sowie eine allgemeine Reglementierung des
Tauchbetriebes. Diese Konzepte konnten zwar lokal Schädigungen verlangsamen,
sie waren aber nicht geeignet, den "Verbrauch" ungestörter
Riffgebiete zu stoppen. Es scheint daher dringend geboten, das neue Problem
Massentauchtourismus auch mit neuen, unkonventionellen Mitteln anzugehen.
Die Maximalforderung von Riffökologen und Umweltschützern, den
Tourismus drastisch zu reduzieren und besonders schützenswerte Gebiete
völlig aus der Nutzung auszuklammern, ist zwar prinzipiell richtig,
vielerorts aber nicht realisierbar, da der Tauchtourismus besonders für
einige Entwicklungsländer eine beträchtliche Einnahmequelle darstellt
und alternative touristische Attraktionen oft fehlen.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma könnte die Schaffung künstlicher
Erlebnisräume bieten, welche an ökologisch unbedenklichen Stellen
bereitgestellt werden.
Mit Hilfe neuer Technologien können aus leicht beschaffbaren Rohmaterialien
facettenreiche Landschaften gestaltet und installiert werden, die sowohl
den taucherischen Ansprüchen genügen, als auch übergeordneten
Zielen der Umweltpädagogik und in begrenztem Umfang auch Renaturierungskonzepten
gerecht würden.
Konstruktion von künstlichen Riffstrukturen mit Hilfe von elektrochemischer
Präzipitation.
Durch Anlegen eines Gleichstromes an geeignet geformte Elektroden lassen
sich mineralische Bestandteile aus dem Meerwasser kathodisch niederschlagen.
Mit Hilfe dieser Technik lassen sich Metallstrukturen (oder sonstiges leitendes
Material) mit Karbonatmineralien überkrusten, die für eine Vielzahl
benthischer Organismen ein ideales Besiedlungssubstrat darstellen. Auch
Steinkorallen können auf diesem Untergrund zur Ansiedlung gebracht
werden.
Die erforderliche Matrix kann leicht (Maschendraht) und in praktisch jedwedem
Design ausgebildet sein. Die Stromversorgung kann netzunabhängig über
Photovoltaikpaneele bewerkstelligt werden. Anoden, Kabel und provisorische
Befestigungselemente können nach Abschluß der Bestromung wiederverwendet
werden.
Die Universität Essen hat zu diesen Themenkomplex seit einiger Zeit
Untersuchungen im Roten Meer durchgeführt und sucht derzeit kompetente
Partner für die Realisierung einer großdimensionierten Pilotanlage.
Konzept zur Realisation eines marinen Erlebnisparks
Eine Anlage dieser Art sollte an einem Ort eine Vielzahl unterschiedlicher
Nutzungsmöglichkeiten vereinen.
Bedarf besteht zu den Aspekten: Erlebnisräume, Training/ Schulung,
Umweltpädagogik; entsprechende Anlagen sollten Ansprüchen der
Ökologie, Sicherheit, Ästhetik entsprechen.
Vor dem Hintergrund dieses breiten Spektrums scheint es nicht sinnvoll,
eine universell einsetzbare Einheit zu entwickeln, die allen Ansprüchen
nur mit großen Einschränkungen gerecht würde. Unser Lösungskonzept
sieht Module vor, die ihren spezifischen Aufgaben entsprechend gestaltet
werden und miteinander kombiniert werden können. Eine Anlage besteht
je nach gewünschter Bandbreite des Angebotes aus unterschiedlich vielen
Modulen.
Folgende Typen von Modulen sind denkbar.
Erlebnismodul: große raumgreifende Struktur mit der Option,
diese innen und außen zu erkunden; stabile Ausführung mit unterschiedlichen
Ansprüchen an die koordinativen Fähigkeiten des Tauchers, Schaffung
unterschiedlicher Habitate zur Spontanansiedlung ortstypischer Organismen.
( ideal mittelgroßes Wrack KÜMO) sollte auch in ästhetischer
Hinsicht die Attraktion der Gesamtanlage darstellen.
Prüfungsmodul: ist am stärksten abstrahiert, erlaubt in
idealer Weise die Schulung und Weiterbildung von Sporttauchern, erlaubt
die Simulation von Notfallsituationen, Suchaktionen (rescue Diver) Tauchen
unter erschwerten Bedingungen ( Plattformen für das An- und Ablegen
von PT-Geräten , Peilungspunkte in entsprechender Entfernung für
Orientierungstauchen. Einige mobile Gegenstände für Bergeübungen)
Das Prüfungsmodul ist die zentrale Einheit in deren Nähe auch
die Boje für die Verankerung der Tauchbote plaziert sein sollte. (Sammelplatz,
Dekostationen )
Ein- und Ausstieg.
Das Renaturierungsmodul versucht eine möglichst naturnahe Integration
der künstlichen Elemente in die genuine UW- Landschaft. Möglichkeiten
für UW- Photographie und biologische Schulung , attraktive Gestaltung
aber sensibler als Erlebismodul, schützenswerte Einheit mit Nutzungseinschränkung.
Das Umweltpädagogische Modul kann in Form eines UW- Lehrpfades
ausgebildet sein,
schult die Aufmerksamkeit für bemerkensverte Phänomene, macht
vertraut mit den wichtigsten Faunen- und Florenelementen. Kann als Konzept
die Einzelkomponenten der Gesamtanlage verknüpfen.
Die einzelnen Module zeichnen sich durch abgestufte "Naturnähe"
aus. Einheiten, die starkem Druck ausgesetzt sind, werden vornehmlich nach
sporttaucherischen Gesichtspunkten entwickelt, mit zunehmendem Umsetzung
umweltpädagogischer Ziele muß die Nutzung entsprechend eingeschränkt
werden. Das Ziel sind attraktive, funktionsgerechte Bedingungen für
die verschiedenen Aspekte der Taucherei auf engem Raum. Der Sporttaucher
wird dazu angehalten, seine taucherischen Aktivitäten den lokalen Rahmenbedingungen
anzupassen und nicht ( wie bisher leider die Regel) umgekehrt.
Ein weiterer Vorteil dieser Module wäre die Möglichkeit zur schrittweisen
Integration weiterer Elemente in den Gesamtkomplex. Die für den Aufbau
nötigen Kapazitäten können relativ klein dimensioniert sein
aber über einen längeren Zeitraum genutzt und soweit als möglich
wiederverwendet werden.
SCORE
save coral reefs
Künstliche Riffe als alternative Erlebnisräume zum Schutz
natürlicher Tauchgebiete
Korallenriffe, bis vor wenigen Jahrzehnten unbeachtet und kaum zugänglich,
geraten durch Tauchsport in der Form von Massentourismus zunehmend unter
Druck. Selbst guter Wille und ausreichende Ausbildung schützen nicht
vor Flurschaden im "Porzellanladen der Natur". Jeder verantwortungsbewußte
Taucher mit einschlägiger Erfahrung wird wohl zähneknirschend
bestätigen müssen, daß die ökologisch vertretbare Kapazität
an Tauchtourismus vielerorts auch für den Laien erkennbar überschritten
wurde und wird.
Obwohl ein Umdenken im Umgang mit der Resource Riff erste Früchte
trägt (z.B. Setzen von Dauerbojen, ökologische Inhalte in der
Tauchausbildung etc.) hinterläßt die Sporttaucherei in vielen
Riffen unübersehbare Spuren der "Übernutzung".
Das Dilemma der nur bedingten Vereinbarkeit von Naturschutz und berechtigten
individuellen und kommerziellen Interessen zwingt alle Beteiligten, unkonventionelle
Wege zu beschreiten.
Ein Ausweg kann die Schaffung künstlicher Unterwasserparks
sein.
Die Meeresbiologen der Universität Essen unter Leitung von Prof. Dr.
Helmut Schuhmacher haben auf der Basis langjähriger Erfahrungen mit
künstlichen Riffen ein Konzept zur Schaffung attraktiver Erlebnisräume
entwickelt. Durch Installation von geeigneten Strukturen in monotonen, ökologisch
unbedenklichen Gebieten ( z.B. Sandflächen oder bereits stark geschädigten
Arealen) können an vielen Orten taucherisch, biologisch und ästhetisch
ansprechende Alternativen zu natürlichen Korallenriffen geschaffen
werden.
Durch das Zusammenspiel von speziell auf die Bedürfnisse des Tauchsports
zugeschnittenem Design und der Bereitstellung von adäquaten Besiedlungsflächen
entstehen belebte, selbstwachsende Strukturen, die nicht nur einer Vielzahl
von taucherischen Ansprüchen in idealer Weise entsprechen, sondern
auch zum Lebensraum vieler Rifforganismen werden.
Der Nutzen dieses Konzeptes schlägt sich praktisch in allen
angesprochenen Teilaspekten nieder. Neben dem direkten Nutzen für den
Naturschutz durch Reduktion des Tauchaufkommens in natürlichen Riffen
werden mittelfristig positive Effekte in Bezug auf Renaturierungsaspekte,
Tauchausbildung und umweltpädagogische Ziele erwartet. Unterwasserparks,
richtig betrieben, können ein Beitrag in Richtung sanfter Tourismus
sein.
SCORE, die Initiative der Abteilung Hydrobiologie der Universität
Essen, bemüht sich derzeit um die Bildung einer Interessengemeinschaft,
die Ökologen, Sponsoren Tauchsport- und Behördenvertreter an einen
Tisch bringt und die Realisierung eines Pilotprojektes begleitet. Interessenten
sind hiermit eingeladen, sich in Verbindung zu setzen mit
Prof. Dr. Helmut Schuhmacher /Peter van Treeck
Institut für Ökologie / Abt Hydrobiologie
Universität Essen, 45 117 Essen
Fax 0201 183 2529
E-mail pvt@uni-essen.de
(html-code durch Reinhold Leinfelder, 10.1.1997)