Im online-Artikel 'Jurassic Reef Park' sowie in weiteren Informationen des deutschen Riffressourcen-Servers wurde das Thema 'Riffe und Klima' angesprochen.

Hier finden Sie eine etwas weitergehende Diskussion zum Thema

Die Bedeutung von Riffen für unser Klima

von Reinhold Leinfelder, Stuttgart

 

Riffe bilden immense Mengen von Kalk (CaCO3) und sind damit eng in den Kohlenstoffkreislauf eingebunden.

Riffe als Säureregulator: Der Salzgehalt unserer Meere beruht auf der Konzentration von Kationen und Anionen im Meerwasser. Als Verwitterungsprodukte im Flußwasser gelöst (etwa Kalzium und Natrium als Kationen, Bikarbonat, Chlorid und Sulfat als Anionen), werden sie vom Festland ins Meer verfrachtet. Kohlendioxid löst sich darüberhinaus direkt von der Atmosphäre im Meerwasser und reagiert dort zum Teil mit Wasser unter Bildung von Bikarbonat- und Sauerstoffionen. Das Bikarbonat steht wiederum mit dem im Riff ausgeschiedenen festen Kalk (Kalziumkarbonat) im Gleichgewicht. Die Lösung der Ionen bewirkt Säure- und Laugenbildungen, wobei insbesondere dem Bikarbonation eine stark puffernde Wirkung zugute kommt, so daß Meerwasser einen leicht basischen Chemismus hat. Wäre Bikarbonat nicht, oder aber übermäßig vorhanden, würde der Säuregehalt der Meere stark schwanken. Diese Änderungen würden die Organismen schlecht oder überhaupt nicht vertragen. Zudem würde sich die Löslichkeit des atmosphärischen Kohlendioxids im Meerwasser ändern und das für unser Klima so wichtige Gleichgewicht aus dem Gleichgewicht bringen. Da auch andererseits durch Verwitterung dauernd Bikarbonat-Ionen zugeführt werden, muß durch Kalkbildung Bikarbonat laufend entzogen werden, um das Kohlendioxid-Gleichgewicht und damit das Klimagleichgewicht zu erhalten Riffe haben daran einen entscheidenden Anteil.

 

Die bei der Kalkbildung wichtigen Reaktionen sind:

2H20 + 2CO2 = 2HCO- + 2 H+ (Wasser + Kohlendioxid im Gleichgewicht mit Bikarbonationen und Wasserstoffionen)

Ca++ + 2HCO3- = CaCO3 + CO2 + H20 (Kalziumionen + Bikarbonationen im Gleichgewicht mit Kalziumkarbonat (Kalk) + Kohlendioxid + Wasser)

 

 

Komplizierter und in der Fachwelt noch umstritten diskutiert ist die Frage, ob Riffwachstum auch zur Abpufferung des menschengemachten Treibhauseffektes direkt beitragen könnte oder ihn gar verstärkt. Im Riffkalk steckt indirekt eine ungeheure Menge des Treibhausgases Kohlendioxid. Träufelt man verdünnte Salzsäure oder eine andere Säure auf ein Korallenskelett, so braust es auf. Die entstehenden Blasen stellen Kohlendioxid dar. Der Aufbau ganzer Kalkgebirge durch Riffkomplexe (zum Beispiel die Dolomiten oder weite Bereiche der Nördlichen Kalkalpen) macht klar, welche Unmengen von Karbonat durch Riffwachstum in die Atmosphäre im Laufe der Erdgeschichte verfrachtet wurde und auch heute noch verfrachtet werden. Würde man das Kohlendioxid etwa nach obiger Methode aus dem Karbonat befreien, käme es wohl zu einer unglaublichen Klimakatastrophe. Tatsächlich kann dies jedoch nicht eintreten und die Prozesse sind komplizierter. Durch Riffkalkbildung wird nämlich nicht nur Kohlenstoff (in Form des dem Kohlendioxidmoleküls ähnlichen Karbonatmoleküls) in die Erdkruste verfrachtet, sondern auch gleichzeitig einiges an freiem Kohlendioxid zumindest rechnerisch produziert. Einerseits verschwindet also Karbonat in der Erdkruste. Andererseits wird, anorganisch betrachtet, durch Kalkfällung Kohlendioxid an die Atmosphäre abgegeben. Manche Wissenschaftler meinen, daß sich Riffe dadurch gleichsam das von ihnen gewünschte warme Klima stabilisieren. Umstritten ist aber insbesonsere, ob die Photosythese der Korallensymbionten nicht doch mehr CO2 bindet und somit Riffwachstum vielleicht doch direkt atmosphärisches Kohlendioxid aus dem Verkehr zieht. Auch fossile Riffe, die heute auf dem Festland liegen, sind in den Kohlendioxidkreislauf einbezogen. Durch Verkarstung werden gewaltige Mengen von atmosphärischem Kohlendioxid in wassergelöstes Bikarbonat übergeführt und der Treibhauseffekt abgemindert.

Man darf auf die weitere Diskussion der Wissenschaftler gespannt sein. Sicher ist jedoch, daß das Riffwachstum in die komplizierten Klimaprozesse einbezogen ist. Schon alleine deshalb hat man man allen Grund, nicht in dieses System einzugreifen und aktiv Riffschutz zu betreiben.

Text und Copyright: Reinhold Leinfelder
(Manuskriptauszug aus Artikel zu einer Senckenberg-Broschüre über Riffe)

Herzlichen Dank an Florian Böhm, Kiel, für wertvolle Diskussionen.


Letzte Änderungen durch Reinhold Leinfelder am 28. 4.1997 / 14.3.98

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