Vorabpublikation

Inzwischen erschienen in "Kleine Senckenberg-Reihe", Sonderheft zur Riffausstellung "Städte unter Wasser. Zwei Milliarden Jahre" sowie in leicht erweiterter Form im Schulmaterialienheft. In letzterem gibt es noch zusätzliche Exkursionsvorschläge zu jurassischen und triassischen Riffen in Südwestdeutschland.

© Copyright bei den Autoren und dem Senckenberg-Naturmuseum


Dieses Dokument können Sie auch als in formatierter Form als pdf-File auf Ihre Festplatte laden und ausdrucken (dazu benötigen Sie den Acrobat Reader, den Sie kostenlos unter bei Adobe-Software herunterladen können)


Besuchenswerte fossile Riffe

 

zusammengestellt durch

Martin Nose*, Winfried Werner** und Günter Schweigert***

 

* Institut für Geologie und Paläontologie, Herdweg 51, D-70174 Stuttgart, Fax: 0711 1211341

** Bayerische Staatssammlung für historische Geologie und Paläontologie, Richard Wagner Str. 10, 80333 München, Fax: 089 5203276

*** Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart, Rosenstein 1, D-70191 Stuttgart, Fax: 0711 8936100


Rheinisches Schiefergebirge (Devon) | Schwäbische und Fränkische Alb (Jura) | Nördliche Kalkalpen (Trias, Kreide)

 

Rheinisches Schiefergebirge (Korallen-Stromatoporen-Riffe der Devon-Zeit)

 

Rechtsrheinisches Schiefergebirge; Mittlere Lahnmulde, Gegend von Weilburg/Lahn:

 

 

Stillgelegter Steinbruch "Jörissen" 1 km NW' Wirbelau

 

Lage: Straße von Runkel nach Weilburg (L 3020) bis Abzwg. Wirbelau. Hier nach Westen, Richtung Schupbach und nächste Abzwg. nach Norden, nach ca. 300 m erreicht man das Steinbruchgelände. Topographische Karte (TK 25), Blatt 5515 Weilburg.

 

Hier ist an bis zu 10 m Meter hohen gesägten Wänden eine hervorragende Einsicht in die Vorriff-Ablagerungen eines Riffkomplexes ("Wirbelauer-Riff") aus der tieferen Oberdevon-Zeit möglich. Das "Wirbelauer-Riff" wuchs auf einer untermeerischen vulkanischen Schwelle innerhalb eines NE-SW gerichteten tiefen Beckens ("variszischer Trog") bzw. eines küstenfernen tropischen Meeres. Die sehr grobkörnigen Kalksteine können als Schuttfahnen im Vorfeld des eigentlichen Riffkomplexes angesehen werden. In einigen Bereichen ist die ursprüngliche steile Hangneigung von 30 bis 35° zu erkennen.

Die Kalksteine beinhalten ein weites Spektrum von transportierten und umgela-gerten Rifforganismen wie zum Beispiel Korallen (v.a. Tabulate: Alveolites, Thamnopora), Schwämmen ("Stromatoporen"), Seelilien (Krinoiden) und "Armfüßern" (Brachiopoden).

Bemerkenswert sind auch die sehr dicken fibrösen, lagig erscheinenden "Mineraltapeten" (Karbonatzemente), die sich in den ursprünglichen Hohlräumen zwischen den Rifforganismen auf anorganischem Wege abgeschieden haben.

Der Abbau des Kalksteins aus dem Lahntal ("Lahnmarmor") läßt sich bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen. Als Bau- und Ornamentstein fand der Lahnmarmor weltweite Bedeutung. "Lahnmarmore" wurden nach Übersee bis New York vertrieben, wo sie z.B. beim Bau des "Empire State Buildings" Verwendung fanden. Unter Verwendung von Seilsägen wurden große Blöcke aus dem anstehenden Gestein herausgesägt. Heute ist der Abbau vollständig eingestellt. Dieser Abbaumethode sind die heute für Geologen und andere Interessierte so phantastischen Einblicke in die Welt der Devon-Riffe zu verdanken.

 

Literatur:

KREBS, W. (1971): Devonian reef limestones in the Eastern Rhenish Schiefergebirge.- In: MÜLLER, G. (ed.): Sedimentology of parts of central Europe.- Guidebook, VIII Int. Sediment. Congress, Heidelberg.

OETKEN, S. & ZANKL, H. (1993): Mittel- Oberdevonische Karbonate des zentralen und vorgelagerten Riffbereiches in der mittleren Lahnmulde.- In: AMLER, R.W. & TIETZE, K.-W.: Exkursionsführer zum 8. Sedimentologen-Treffen a.d. Philipps-Universität Marburg/Lahn.- 3-17; Marburg.

 

 

Stillgelegter Steinbruch der Fa. Dickerhoff & Neumann, 500 m NW' von Villmar.

 

Lage: am W' Lahnufer am NW-Rand von Villmar, von Villmar-Zentrum über die alte Lahnbrücke zum Bahnhof. Oberhalb des Bahnhofs stillgelegtes Steinbruchgelände. Im südlichsten Teil Kleingartensiedlung mit dahinterliegenden Aufschlüssen. Topographische Karte (TK 25), Blatt 5615 Villmar.

 

Dieses inaktive große Steinbruchgelände bietet einen phantastischen Einblick (gesägte Steinbruchwände) in die Struktur eines Riffkernes aus der Mitteldevon-Zeit ("Villmarer-Riff"). Dieses Riff ist ähnlich dem "Wirbelauer-Riff" auf einer submarinen vulkanoklastischen ("Schalstein")-Schwelle in einem tropischen Meer fernab von ausgedehnten Festlandsbereichen entstanden. Anders als im Wirbelauer Steinbruch sind hier die Rifforganismen, v.a. Schwämme ("Stromatoporen") häufig in ihrer ursprünglichen Lebensposition und sind i.d.R. als vollständige Individuen erhalten. Zwischen den bis zu 1 m großen "Stromatoporen" finden sich umgelagerte Organismenreste von "Stromatoporen", Seelilien und Korallen. Die "Stromatoporen" zeigen in Anpassung an verschiedene Umweltbedingungen (z.B. höherer Eintrag von Schlamm und Schutt) unterschiedliche Wuchsformen.

 

Hinweis: Bei Besuch des Wirbelauer- und Villmarer-Steinbruches empfiehlt sich die Mitnahme einer Wasserflasche um die gesägten Wände zu befeuchten (Organismen und Strukturen kommen wesentlich besser heraus !)

 

Literatur:

KÖNIGSHOF, P., GEWEHR, B., KORNDER, L., WEHRMANN, A., BRAUN, R. & ZANKL, H. (1991): Stromatoporen-Morphotypen aus einem zentralen Riffbereich (Mitteldevon) in der südwestlichen Lahnmulde.- Geologica et Palaeontologica, 25: 19-35; Marburg.

OETKEN, S. & ZANKL, H. (1993): Mittel- Oberdevonische Karbonate des zentralen und vorgelagerten Riffbereiches in der mittleren Lahnmulde.- In: AMLER, R.W. & TIETZE, K.-W., Exkursionsführer zum 8. Sedimentologen-Treffen a.d. Philipps-Universität Marburg/Lahn.- 3-17; Marburg.

 

 

 

Linksrheinisches Schiefergebirge; Eifel

 

 

Stillgelegter Steinbruch ("Zisterzienser-Steinbruch") zwischen Kerpen und Niederehe

 

Lage: Landesstraße 10 von Hillesheim über Berndorf nach Kerpen. Hier Kreisstraße 59 nach Niederehe, nach ca. 1 km stillgelegtes Steinbruchgelände links der Straße. Topographische Karte (TK 25), Blatt 5606 Üxheim. Betreten des Geländes mit Rücksprache der Verbandsgemeinde Hillesheim (Ortspolizeibehörde) möglich.

 

In diesem Steinbruch ist ein Ausschnitt aus den Mitteldevon-Schichten (390-376 Mill. Jahren) der Eifel zu sehen. Die Ablagerungen umfassen zum Teil Riffgesteine (i.w. aus "Stromatoporen"), aber auch Schuttkalke aus den Resten von "Armfüßern" (Brachiopoden). Anders als im Lahntal (siehe oben) handelt es sich hier um Bildungen in einem tropischen Flach- bzw. Schelfmeer, daß einem im Norden befindlichen Festland ("Alter Roter Kontinent") vorgelagert war. Die häufigsten Organismen, die im Gestein zu finden sind, sind neben "Stromatoporen", Korallen (Tabulate: Alveolites), Brachiopoden und Seelilien (Krinoiden). Die "Stromatoporen" bilden einzelne Riffkörper und besitzen unterschiedliche Wuchsformen (dünnästig bis massiv, kugelig). Die großen Blöcke vor dem Steinbruch bieten einen guten Überblick über die "Stromatoporen"-Fauna und -Formenvielfalt. Die Schalenreste der Brachiopoden sind in Form eines Brachiopoden-Schillkalkstein-Horizontes (amygdala-Horizont) anzutreffen, der eventuell die ehemalige Küste des Mitteldevon-Meeres nachzeichnet und in der Eifel eine weite Verbreitung hat.

Der Steinbruch ist Teil des Geo-Pfades der Verbandsgemeinde Hillesheim. Der Geo-Pfad erschließt auf einer Länge von 125 km 30 besonders interessante Aufschlüsse, die neben den Devon-Riffen auch Einblicke in die Geologie der Eifeler Vulkankegel und Maare als auch der Buntsandstein-Zeit bieten. Darüber hinaus erhält man einen anschaulichen Überblick über die Geschichte des Bergbaues in der Eifelregion.

 

Literatur:

BIRENHEIDE, R. COEN-AUBERT, M. LÜTTE, B.-P. & TOURNEUR, F. (1991): Devonian coral bearing strata of the Eifel hills and the Ardenne.- VI. Intern. Symp. Fossil Cnidaria, Excursion - Guidebook, Exc. B 1, 113 S.; Münster.

ESCHGHI, I. KASIG, W. & LASCHET, CH. (1989): Begleitbuch zum GEO-PFAD der Verbandsgemeinde Hillesheim.- 126 S.; Hillesheim.

 

 

Stillgelegter "Operich"-Steinbruch, 500 m W' Büdesheim

 

Lage: an der Bundesstraße 410 westlich von Büdesheim am Fuß des SW-Hanges des Naubergs, Topographische Karte (TK 25), Blatt 5705 Gerolstein.

 

Dieser etwas versteckt liegende Steinbruch offenbart eine Kalkstein-Folge aus der jüngsten Mitteldevon- und älteren Oberdevon-Zeit. Es handelt sich hier weitgehend um gelbe dolomitische Kalksteine (Dolomit: MgCa(CO3)2), die z.T. sehr schöne Riffstrukturen beinhalten (u.a. "Jux-Riff"; benannt nach einem Kölner Geologie-Professor, der dieses Riff als erster beschrieben hat). Neben den Riffen, die i.w. aus lagigen oder kugeligen "Stromatoporen" aufgebaut sind und im Aufschluß durch ihre knollige, ungeschichtete Struktur auffallen, existieren im mittleren Teil der Abfolge, innerhalb von gut geschichteten dolomitischen Kalken, auch "Riffrasen", die zur Gänze aus dünnästigen "Stromatoporen" aufgebaut sind ("Spaghetti-Kalke"). Derartige "Stromatoporen-Rasen" zeigen i. allg. ein seichtes, eingeschränkt marines Rückriff-Milieu an.

 

Literatur:

JUX, U. (1960): Die devonischen Riffe im Rheinischen Schiefergebirge.- N. Jb. Geol. Paläont. Abh., 110 (2): 186-258; Stuttgart.

BIRENHEIDE, R. (1990): Untersuchungen an rugosen Korallen aus dem Bereich der Mittel-Devon/Ober-Devon-Grenze des Rheinischen Schiefergebirges.- Senckenbergiana lethaea, 70 (4/6): 259-295; Frankfurt/Main.

BIRENHEIDE, R. COEN-AUBERT, M. LÜTTE, B.-P. & TOURNEUR, F. (1991): Devonian coral bearing strata of the Eifel hills and the Ardenne.- VI. Intern. Symp. Fossil Cnidaria, Excursion - Guidebook, Exc. B 1, 113 S.; Münster.

 


 

Süddeutschland (Schwamm- und Korallenriffe der Jura-Zeit)

 

 

Stillgelegter Steinbruch der Fa. Heitmann ("Korallenbruch") im Blautal, SW' von Arnegg, mittlere Schwäbische Alb

 

Lage: 1 km SW' von Arnegg im Arnegger Tal, am W' Talhang. Topographische Karte (TK 25), Blatt 7525 Ulm-Nordwest.

In diesem Steinbruch ist ein Korallenriff der Schwäbischen Alb zu sehen. Die meisten fossilen Korallenriffe im Oberjura und auch die der Schwäbischen Alb bestehen nur aus einer Ansammlung von Riffschuttmaterial ("Schutthaufen-Riffe"). Dies rührt daher, daß in den Riffgemeinschaften der Jura-Zeit die kalkabscheidenden Rotalgen noch weitgehend fehlten, die am Aufbau der heutigen Korallenriffe in reicher Zahl mitbeteiligt sind und wesentlich für deren Stabilität gegenüber Brandung verantwortlich sind.

Bei den Korallenvorkommen der Schwäbischen Alb handelt es sich nicht um Teile eines langgestreckten Riffgürtels, wie es das heutige "Great Barrier Reef" vor Australien darstellt, sondern um kleine, meist isolierte "Fleckenriffe", deren Durchmesser in den meisten Fällen 10 Meter kaum überschreitet. Arnegg ist einer der wenigen Aufschlüsse auf der Schwäbischen Alb, die einen Einblick in eine solches Riff erlauben. Allerdings sind hier die Korallen und ihre Begleitfauna sowohl im eigentlichen Riff wie auch in den Riffschuttbänken, im Gegensatz zu einigen anderen Korallenvorkommen auf der Schwäbischen Alb (Gerstetten, Nattheim) nur kalkig erhalten und damit nicht so gut überliefert. Man findet neben Kieselschwämmen Stockkorallen der Gattungen Thecosmilia, Enallhelia und Thamnasteria sowie Brachiopoden. Der Steinbruch zeigt den Übergang von einem Schwammriff in ein Korallenriff. Der Wechsel ist sicherlich mit einer Verflachung des Meeres in Verbindung zu bringen. Dabei stellen sich allmählich günstigere Wachstumsbedingungen für Riffkorallen ein. In den ältesten korallenführenden Schichten im Steinbruch Arnegg findet man zusammen mit Kieselschwämmen eine fächerförmige Pionierart unter den Korallen, die an verhältnismäßig tiefes Wasser angepaßt war. In den höheren Schichten nimmt die Vielfalt an Korallen dann rasch zu.

 

Literatur:

PAULSEN, S. (1964): Aufbau und Petrographie des Riffkomplexes von Arnegg im höheren Weißen Jura der Schwäbischen Alb (Württemberg).- Arb. Geol.-Paläontol. Inst., NF. 42, 98 S.; Stuttgart.

 

 

Stillgelegter "Klingenhalde"-Steinbruch bei Gosheim, westliche Schwäbische Alb

 

Lage: 1 km E' von Gosheim an der Straße nach Bubsheim (Bubsheimer Steige), Topographische Karte (TK 25), Blatt 7818 Wehingen.

 

In diesem Aufschluß ist ein Schwammriff-Komplex der Schwäbischen Alb zu sehen. Die Schwammriffe der Schwäbischen Alb wurden vor ca. 150 Mio. Jahren während der Oberjura-Zeit in einem warmen, tropischen Meer gebildet. Die Schwammriffe treten heute in Form von massigen Kalkfelsen ohne deutliche Schichtung entlang der Steilstufe des nördlichen Stufenrands ("Albtrauf") der Schwäbischen Alb auf.

In Gosheim handelt es sich um eine Vielzahl von kleineren Riffhügeln (Bioherme), die sich zu einem größerem Schwammriff-Komplex zusammenschließen. Die einzelnen Riff-Bereiche zeichnen sich durch eine linsenförmige, in sich massige Struktur aus. Innerhalb dieser Linsen, die durch ein lokales Anschwellen der Kalkbänke entstehen, findet man die für die Riffbildung verantwortlichen Organismen (v.a. Kieselschwämme und Mikrobenkrusten). Das Wachstum der Organismen bedingt eine erhöhte Produktion und Akkumulation von Kalkschlamm, die das Anschwellen der Bänke verursachen. Im Hangschutt finden sich schöne Exemplare (allerdings meist Bruchstücke) von Kieselschwämmen und Kalksteine mit schlierigen, häufig dunklen Bereichen (Mikrobenkrusten), die in der Regel auch mit Kieselschwämmen assoziiert auftreten.

 

Literatur:

REICH, V. (1995): Fazies und Architektur des Schwammriff-Komplexes (Oxfordium) im Klingenhalde-Steinbruch bei Gosheim (incl. Geologischer Kartierung).- Inst. f. Geologie und Paläontologie d. Universität Stuttgart (unveröffentlichte Diplomarbeit).

 

 

"Zwölf-Apostel-Felsen", Fränkische Alb

 

Lage: Straße Eichstätt Richtung Treuchtlingen, Felsgruppe am Prallhang der Altmühl E' Solnhofen, Topographische Karte (TK 25), Blatt 7132 Dollnstein.

 

Die malerische Felsgruppe im Altmühltal wird von Schwamm-Mikrobenkrusten-Kalken des Weißjura Delta aufgebaut, die lateral in die gebankten Kalke des Treuchtlinger Marmors übergehen. Die hellen massigen Kalke sind durch Klüfte zerteilt und in der jüngeren Erdgeschichte von der Erosion als Einzelfelsen herauspräpariert worden. Wellig verlaufende Hohlkehlen im unteren Bereich der Felsgruppe, die durch Mergellagen verursacht sind, zeigen den girlandenartigen Baus des Riffkomplexes. Die Neigung der Riffhänge beträgt etwa 20°. Am Top zeigt die flache Lagerung der Bankung einen Ausgleich des Reliefs mit dem Absterben des Riffkomplexes an.

An Fauna finden sich großwüchsige, tellerförmige Kieselschwämme mit Mikrobenkrusten, Brachiopoden, Echinodermen (Seeigelverwandte) und Muscheln.

 

Literatur:

MEYER, R.K.F. & SCHMIDT-KALER, H. (1984) Erdgeschichte sichtbar gemacht. Ein geologischer Führer durch die Altmühlalb.- 2. Auflage, 260 S.; München (Bayer. Geol. Landesamt).

MEYER, R.K.F. & SCHMIDT-KALER, H. (1994): Wanderungen in die Erdgeschichte. I. Treuchtlingen, Solnhofen, Mörnsheim, Dollnstein.- 2. Auflage, 96 S.; München (F. Pfeil).

 

 

 

 

 

Steinbruch Schmaus NW' Ludwag bei Bamberg

 

Lage: Bamberg auf A 70 nach Scheßlitz, dann nach S nach Ludwag; Neuer Steinbruch N' Ludwag; Topographische Karte (TK 25), Blatt 6032 Scheßlitz.

 

Der neue Steinbruch von Ludwag erschließt Massenkalke des sog. Würgau-Görauer-Riffareals mit Schwammkalken des Weißjura Beta sowie darüber folgend Schwamm-Mergel und Kalke des Weißjura Gamma und Delta. Die Schwammkalkbänke des Weißjura Beta zu Beginn der Abfolge bilden kuppelartige, steil-geflankte Riffstrukturen, die eine Höhe von 15 bis 20 m bei Durchmessern von 50 bis 60 m erreichen. Das Riffwachstum endet hier mit dem starken Einsetzen der Mergelsedimentation des unteren Weißjura Gamma, wodurch wahrscheinlich das Relief des unteren Riffkomplexes ausgeglichen wurde. Im mittleren Weißjura Gamma finden sich erneut einzelne Schwamm-Mikrobenkrusten-Riffchen.

Die unteren Riffkalke liegen heute dolomitisiert vor, so daß von der ursprünglichen Fauna aus Kieselschwämmen mit ihrer Begleitfauna kaum noch Reste vorzufinden sind. Hingegen sind die Mergel des unteren Weißjura Gamma reich an großen tellerförmigen Schwämmen, Brachiopoden (Terebrateln, Rhynchonellen), Skeletteilen von Seeigeln und Ammoniten.

 

Literatur:

BRACHERT, T.C. (1986): Kontinuierliche und diskontinuierliche Sedimentation im süddeutschen Oberjura (unteres Kimmeridge; Ludwag/Oberfranken, Nördliche Frankenalb.- Facies, 15: 233-284; Erlangen.

MEYER, R.K.F. & SCHMIDT-KALER, H. (1989): Paläogeographischer Atlas des süddeutschen Oberjura (Malm).- Geologisches Jahrbuch, 115: 77 S.; Hannover.

 

 

"Müllerfelsen", nördliche Frankenalb

 

Lage: Von Forchheim entlang der Wiesent auf B 470 nach Ebermannstadt und Streitberg; Müllerfelsen liegt E' Streitberg; Topographische Karte (TK 25), Blatt 6133 Muggendorf.

 

Als markanter "Stotzen" bildet der Müllerfelsen einen guten Blickfang am Nordhang des Wiesenttales östlich Streitberg. Er besteht aus Schwamm-Mikrobenkrusten-Riffkalken des tieferen Weißjura (oberer Weißjura alpha und unterer Weißjura Beta), die seitlich in die normal gebankte Schichtfolge übergehen. Im unteren Abschnitt des "Stotzens" ist die domartige Riffstruktur mit bis zu 40° steilen Flanken an der Wechselfolge aus Kalken und durchziehenden Mergelfugen gut erkennbar, der obere Abschnitt ist hingegen stark dolomitisiert und nahezu strukturlos. Seitlich (links) schließt sich die normalgebankte Wechselfolge aus Mergeln und Kalken an, die stellenweise (z.B. ca. 30 m westlich des "Müllerfelsen") "Kleinstotzen" von etwa 50 cm Höhe einschließt.

Die Schwamm-Mikrobenkrusten-Kalke des "Müllerfelsens" stellen eine zyklische Abfolge von Kieselschwamm-reicher Besiedlung und Mikrobenkrustendominanz dar. Die zunehmende Bedeutung der Mikrobenkrusten in den höheren Partien des Felsens (nur durch Dünnschliffuntersuchungen feststellbar) zeigt eine Verflachung des damaligen Meeresbereiches bis unterhalb der Wellenbasis an. Die gelegentlichen bzw. zyklisch auftretenden Ereignisse von Mergelsedimentation (Mergelfugen !) stellen jeweils das Ende einer Besiedlungsphase von teller- und becherförmigen Kieselschwämmen dar.

 

Literatur:

FLÜGEL. E. & STEIGER, T. (1981): An Upper Jurassic sponge-algal buildup from the Northern Frankenalb, West Germany.- Soc. Econ. Paleontol. Min., Spec. Publ., 30: 371-397; Tulsa.

MEYER, R.K.F. & SCHMIDT-KALER, H. (1989): Paläogeographischer Atlas des süddeutschen Oberjura (Malm).- Geologisches Jahrbuch, 115: 77 S.; Hannover.

MEYER, R.K.F. & SCHMIDT-KALER, H. (1992): Wanderungen in die Erdgeschichte. 5. Durch die Fränkische Schweiz.- 167 S.; München (F. Pfeil).

 


 

Bayerische und Östereichische Kalkalpen (Korallen-Schwamm-Riffe der Obertrias-Zeit und Muschelriffe der Oberkreide-Zeit)

 

 

Steinplatte bei Waidring/Tirol

 

Zufahrt: über Reit im Winkl - Kössen - Waidring, von hier Fahrstraße nach Norden bis Großparkplatz.

 

Als weithin sichtbarer, herausragender Felssporn mit steilabfallender S-Wand und landschaftlich wie geologisch gleichermaßen attraktive Sehenswürdigkeit lädt die Steinplatte (1869 m ü. NN) zu einer Wanderung in das grenznahe Österreich westlich Salzburg ein. Inmitten der weitgehend von Flachwasserablagerungen (Hauptdolomit und Dachsteinkalk) der mittleren und höheren Trias geprägten Bergmassive zeigt die Steinplatte einen einmaligen Einblick in einen Kalkschwamm- und Korallen-Riffkomplex der obersten Trias (Rhät) mit lateralem Übergang in die vorgelagerte Beckenfazies. Für einen generellen Eindruck bietet sich ein Blick von Westen auf die Steinplatte an, und zwar vom Gegenhang unterhalb des Parkplatzes aus. Er zeigt den hellgrauen Oberrhät-Riffkalk der Steinplatte mit dem flach nach NW Richtung Berggasthof 'Kammerköhr' einfallendem Berghang. Diese Richtung entspricht gleichzeitig dem ehemaligen Übergang von Riff zur Beckenfazies, die heute unterhalb des Gasthofes an der Geländekante mit Mergeln und Mergelkalken der Kössener Schichten erschlossen ist. Während diese generelle Interpretation der Steinplatte im wesentlichen anerkannt ist, erfuhr der eigentliche Riffkomplex im Laufe der letzten Jahrzehnte unterschiedliche Deutungen. Das heutige Erosionsrelikt eines ehemals größeren Oberrhätkalk-Massivs wird einerseits -ähnlich der heutigen Korallenriff-Zonierung- in Vorriff, Riffkern und Rückriff untergliedert (z.B. PILLER & LOBITZER 1979, PILLER 1981). Andererseits wird die Steinplatte als randlicher Rest einer ausgedehnteren geneigten Karbonatplattform interpretiert, die den Übergangsbereich zwischen der Dachsteinkalk-Plattform im Süden und der Beckenfazies der Kössener Schichten im Norden darstellt. In dieser Hangsituation bildeten Kalkschwämme und Tabulozoen zusammen mit Korallen, Kalkalgen und Foraminiferen kleine Riff-"Mounds". Ausgedehnte Rasen der buschigen "Thecosmilia"-Koralle finden sich heute am Top dieser Entwicklung (zu sehen auf mittlerer Höhe des Wegs zum Gipfel nahe der Geländekante, sogenannter Korallengarten), vereinzelte kleine "Thecosmilia-Riffchen" auch entlang des Wegs am Hangfuß westlich unterhalb der Steinplatte.

 

Literatur:

PILLER, W.E.(1981): The Steinplatte reef complex, part of an Upper Triassic carbonate platform near Salzburg, Austria. - SEPM Special Publication, no. 30: 261-290; Tulsa.

PILLER, W. E.& LOBITZER, H. (1979): Die obertriassiche Karbonatplattform zwischen Steinplatte (Tirol) und Hochkönig (Salzburg). - Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt, Jg. 1979 (2): 171-180; Wien.

STANTON R.J. & FLÜGEL, E.(1989): Problems with reef models: The Late Triassic Steinplatte "Reef" (Northern Alps, Salzburg/Tyrol, Austria). - Facies, 20: 1-138; Erlangen.

 

 

Oberrhätriff von Adnet bei Salzburg

 

Lage: Tropfbruch östlich Adnet; über Salzburg, bei Hallein nach Osten Richtung Adnet.

 

Die angesägten und polierten Steinbruchwände des Tropfbruches nahe Adnet vermitteln einen eindrucksvollen Einblick in Fauna und Aufbau eines öberrhätischen Korallen-Fleckenriffareals. Der zentrale Bereich der ehemaligen Fleckenriffe wird vor allem von Korallen und Kalkschwämmen eingenommen. Die oberen, stark wellen-exponierten Riffhänge sind durch Onkoide (Lithocodium/Bacinella-Onkoide) charakterisiert, während die tieferen Riffhänge von einer Algen-Foraminiferen-Gemeinschaft geprägt werden. Es folgen beckenwärts die Übergangssedimente zur Beckenfazies (Kössener Schichten), die im Steinbruch nicht erschlossen ist.

An Fauna sind in den Fleckenriffen hauptsächlich buschige, massive und solitäre Korallen sowie Kalkschwämme, Algen und spongiostromate Cyanophyceen beteiligt. Die Wachstumsrichtung der Korallenäste weist häufig entgegen der ehemals vorherrschenden Wasserströmung.

Die oberrhätischen Riffbereiche werden in der Gegend von Adnet von rötlichen Knollenkalken des unteren Jura (Lias) überlagert.

Literatur:

FLÜGEL, E. (1981): Paleoecology and facies of Upper Triassic reefs in the Northern Calcareous Alps. - SEPM Special Publication, no. 30: 291-259; Tulsa.

SCHÄFER, P.& SENOWBARI-DARYAN, B.(1981): Facies development and paleoecologic zonation of four Upper Triassic patch-reefs, Northern Calcareous Alps near Salzburg, Austria. - SEPM Special Publication, no. 30: 241-259; Tulsa.

 

 

"Krönnerriff" (Oberkreide-Hippuritenriff) bei Bad Reichenhall

 

Lage: Aufschluß inmitten des Waldes am Nordfuß des Lattenberges SE Bayerisch Gmain bei Bad Reichenhall, zwischen Fesenbach und Weißenbach; Blatt 8243 Reichenhall (R: 4568 650, H: 5286 280); von Bad Reichenhall über B20 nach Bayerisch Gmain, von hier Fußweg südlich der Bahnlinie zum Lattenberg.

Bitte beachten ! Der Aufschluß ist ein Naturdenkmal. Fossil- und Gesteinsaufsammlungen sind nicht erlaubt.

 

Vereinzelt schalten sich in die Karbonatgesteine der sogenannten Mittleren Gosau-Schichten Rudistenriffe ein, von denen das Krönnerriff des Lattenberges zu den interessantesten gehört. Rudisten sind besondere Muscheln, die in der Oberkreide-Zeit, wie die Korallen, in der Lage waren Riffe zu bauen.

Über Ramsaudolomit (Ladin/Mitteltrias) lagert hier eine bauxitisch gebundene transgressive Grobbreckzie, die in Geröllbreckzien übergeht (im Ostteil aufgeschlossen). Darüber entwickeln sich verschiedene Lebensgemeinschaften von Radiolitiden Muscheln, die in ehemals küstennahem Milieu anzusiedeln sind und häufig durch Brandungsenergie umgelagert wurden. Nach oben folgen große Solitär-Hippuriten, die sich im Hangenden zu Gerüsten zusammenschließen.

Das eigentliche 5 m mächtige, bis zu 50 m lange Krönner-Riff ist ein Hippuriten-Barriereriff, dessen hauptsächlich liegende, zumeist parallel miteinander verwachsene Individuen im Aufschluß eine massige Wand ergeben. Das Riff wird von zwei Hippuriten-Arten gebildet. Beim überwiegenden Teil der Hippuriten weist die Deckelklappe nach Osten, in Richtung der ehemaligen höher energetischen Vorriffzone, die heute als heller Schuttkalk dokumentiert ist. Westlich des Riffes folgen ein grauer siltiger Mergelkalk sowie dunkelgraue Mergel, die den lagunären Rückriffbereich andeuten.

 

Literatur:

HAGN, H. HÖFLING, R.& IMMEL, H.(1982): Exkursion D. - in: Exkursionen zum 2. Kreidesymposium München '82, D1-D67; München (Institut für Paläontologie und historische Geologie)

HÖFLING, R.(1985): Faziesverteilung und Fossilvergesellschaftungen im karbonatischen Flachwasser-Milieu der alpinen Oberkreide (Gosau-Formation). - Münchner Geowissenschaftliche Abhandlungen, A, 3: 241 S., München.



Rheinisches Schiefergebirge (Devon) | Schwäbische und Fränkische Alb (Jura) | Nördliche Kalkalpen (Trias, Kreide)


Dieses Dokument können Sie auch als in formatierter Form als pdf-File auf Ihre Festplatte laden und ausdrucken (dazu benötigen Sie den Acrobat Reader, den Sie kostenlos bei Adobe-Software herunterladen können)


html-Konvertierung: R. Leinfelder 9.7.97, letzte Änderungen 14.3.98.