FU-Student Sebastian Gallander gewinnt den Hauptpreis beim Ideenwettbewerb USable
Foster Grandparents bald auch in Deutschland?

 

"Als ich im Oktober in den FU|Nachrichten von dem Wettbewerb USable gelesen habe, habe ich sofort an das Foster Grandparent Program gedacht", berichtet Sebastian Gallander. Im Herbst hatte die Körber-Stiftung zum ersten Mal den auf zwei Jahre angelegten "Transatlantischen Ideen-Wettbewerb USable" ausgeschrie-ben. Dieser Wettbewerb richtete sich an alle, die im Rahmen eines Schul-, Studiums- oder Arbeitsaufenthaltes, aber auch während des Urlaubs in den Vereinigten Staaten auf eine originelle Idee gestoßen sind, die auch in Deutschland zur Lösung von wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Problemen beitragen könnte.

Gallander, der im dritten Semester Publizistik, Politikwissenschaft und Nordamerikastudien an der FU studiert, hat das Foster Grandparent Program im Sommer 1998 kennengelernt. In New York City absolvierte der 21-jährige ein vierwöchiges Praktikum in der PR-Abteilung des New York City Department for the Aging, der städtischen Behörde für Seniorenangelegenheiten. "Eigentlich hatte ich, vor allem wegen des fehlenden Rentensystems, an der ausreichenden staatlichen Versorgung von Senioren in den USA große Zweifel", erzählt Gallander. "Während des Praktikums im Department for the Aging habe ich dann festgestellt, daß es unglaublich engagierte Programme für ältere Amerikaner gibt."

Das Foster Grandparent Program basiert auf der Idee, daß Senioren die Aufgaben von "Pflegegroßeltern" übernehmen. Ergänzend zur Arbeit professioneller Betreuer, Sozialarbeitern oder Mitarbeitern öffentlicher Einrichtungen betreuen die Foster Grandparents pflege- und zuwendungsbedürftige Kinder: Kinder und Jugendliche, denen eine intakte Familie fehlt, die mißhandelt, körperlich bzw. geistig behindert oder sonst emotional schwierig oder auffällig sind. Das Programm zeichnet sich vor allem dadurch aus, daß es in einzigartiger Weise Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zusammenführt und beiden Seiten großen Nutzen bringt: Auf der einen Seite erfahren die Kinder und Jugendlichen intensive Betreuung, Fürsorge und Zuwendung. Auf der anderen Seite profitieren die Senioren - nicht nur finanziell, weil sie ein kleines Gehalt und weitere Vergünstigungen, wie Fahrgeld und Mittagessen, einen jährlichen Gesundheitscheck sowie eine Haftpflicht- und Unfallversicherung erhalten. Sondern sie gewinnen auch in anderer Hinsicht: "Durch das Foster Grandparent Program erfahren ältere Menschen, daß sie gebraucht werden - das gibt ihrem Leben häufig einen neuen Sinn", erklärt Gallander. Der FU-Student sieht auch in Deutschland Bedarf für die "Pflegegroßeltern": Seit längerem leiden das Gesundheitswesen, der Pflegebereich und der gesamte soziale Sektor unter der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte. Einsparungen und Mittelkürzungen im sozialen Bereich gehen auf Kosten der persönlichen, individuellen Fürsorge, die gerade für Kinder und Heranwachsende prägend und lebenswichtig ist. "Auch in der Bundesrepublik gibt es einerseits zunehmend weniger intensiv betreute Kinder und Jugendliche. Andererseits nimmt aber die Zahl der Senioren in unserer Gesellschaft zu. Viele ältere Menschen, insbesondere Frührenter, suchen nach einer sinnvollen Aufgabe, bei der sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen und damit anderen helfen können", sagt Gallander. "An diesen beiden Problembereichen unserer Gesellschaft setzt die Idee des Grandparent Programs an".

Gallanders Vorschlag überzeugte auch die Jury des USable-Wettbewerbs. Seine Idee wurde unter rund 750 eingesandten Vorschlägen mit einem Hauptpreis ausgezeichnet. Neben dem Foster Grandparent Program wurden weitere sechs Vorschläge mit Geldpreisen honoriert. 31 weitere Teilnehmer erhielten Flugreisen – natürlich in die USA. Insgesamt wurden in der ersten Runde des USable-Wettbewerbs Preise im Wert von 150.000,- DM vergeben. Am 20. Juni 1999 werden die Gewinner ihre Ideen im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in Köln vorstellen. Hier wird auch diskutiert werden, welche Projekte sich am ehesten und am erfolgversprechendsten in Deutschland realisieren lassen. Auch die praktische Umsetzung einiger Projekte ist wichtiger Bestandteil des Wettbewerbs: Die Körber-Stiftung hat hierfür weitere 150.000,- DM zur Verfügung gestellt, sie wird sich als Pate der Projekte engagieren und bei der Suche von Kooperationspartnern helfen.

Wer auf den Geschmack gekommen ist und bei einem Amerika-Aufenthalt eine ungewöhnliche Idee entdeckt hat, kann noch teilnehmen. Die zweite Runde des Transatlantischen Ideen-Wettbewerbs USable läuft bis zum 31. Dezember 1999. Anregungen, Tips und Teilnahmebedingungen finden sich im Internet unter http://www.usable.de oder können bei der Körber-Stiftung, USable, 21027 Hamburg, Tel.: (0 40) 72 50-44 75, Fax: (0 40) 7250-3922 angefordert werden.

Iris Kampf

Photo:
Markus Hertrich