Weit über die Freie Universität hinaus haben ihn seine ehrenamtlichen Aktivitäten bekannt gemacht. Die Naturschützer dieser Stadt kennen ihn als unermüdlichen Sammler alter Obstbaum- und Getreidesorten sowie alter Nutztierrassen. Die breite Bevölkerung kennt zumindest ein Ergebnis seiner Aktivitäten: Das Museumsdorf Düppel. Prof. Dr. Werner Plarre, langjähriger Professor für Genetik und Pflanzenzüchtung am Fachbereich Biologie der Freien Universität, war einer der Mitbegründer. "Der war nicht nur Wissenschaftler", heißt es im Museumsdorf, "der war sich auch nicht zu schade, Mist zu fahren. Und als wir ’79 einen neuen Garten auf einer Wiese angelegt haben, hat er den Spaten in die Hand genommen und mitgegraben – auf einem Platz, wo 100 Jahre Wiese gewesen war." Als Wissenschaftler hatte er hier den Ort, wo er sein genetisches Ressourcenprogramm verwirklichen konnte. Durch Rückzüchtung rettete er die alten Haustierrassen und konnte insbesondere die Skudden (Schafe) vor dem Aussterben bewahren. Ähnliche Verdienste hat er sich bei der Rettung von alten Obst- und Getreidesorten sowie der Begleitflora (Kornrade, Kornblume) erworben.
Werner Plarre war ein neugieriger kreativer Forscher, ein motivierender und Begeisterung erweckender Lehrer, dem es gelang, viele ehrenamtliche Helfer für die Umsetzung seiner Ideen zu gewinnen, darunter eine Bürgerinitiative in Gatow, wo nach seiner Anleitung und mit seiner Hilfe seit 10 Jahren eine Baumschule für alte Obstsorten betrieben wird.
Plarre studierte in Jena und Halle Botanik und Agrarwissenschaften, promovierte 1953 bei Walther Hoffmann in Halle mit einer Arbeit über Inzuchteffekte und Fertilitätsstörungen bei Roggen. Danach war er Mitglied der Forschungsstelle Getreidezüchtung in Hadmersleben bis er 1960 seinem Lehrer nach Berlin-Dahlem auf eine Stelle als Oberassistent am damaligen Institut für Vererbungs- und Züchtungsforschung der Technischen Universität Berlin folgte. 1969 habilitierte sich Werner Plarre an diesem von Erwin Baur 1914 gegründeten traditionsreichen Institut und übernahm eine C 3-Professur für Genetik und Pflanzenzüchtung, die 1972 mit dem übrigen Institut beim Fachbereich Biologie der FU angesiedelt wurde. Mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten setzte er die Tradition des Hauses fort, wissenschaftliche Erkenntnis und ihre Anwendung in der Praxis zu verknüpfen.
Fünf Motive bestimmten Plarres Forschungen: die Neugier auf den Prozeß der Kulturpflanzenevolution, die Sorge um die Erhaltung der genetischen Vielfalt bei den Ursprungs- und Primitivformen der Nutzpflanzen und die Sorge um die Sicherung der Ernährung der Menschen in den Ländern der Dritten Welt, außerdem die Versuche, bestimmte biochemisch definierte Merkmale in der Pflanzenzüchtung bewußt zu nutzen sowie sein Eintreten für den Schutz von Naturdenkmälern. Seine Liebe galt den tropischen und subtropischen Ländern. Auf Forschungsreisen nach Ostafrika, Madagaskar, Indien und Südamerika, während längerer Forschungsaufenthalte in Westafrika und West Irian sammelte er Erfahrungen über tropische Nutzpflanzen. Über 80 Publikationen Werner Plarres und seiner Mitarbeiter sowie seine Tätigkeit als Mitherausgeber und Autor einschlägiger Hochschullehrbücher seines Faches dokumentieren sein Werk.
Werner Plarre begeisterte durch seinen Vortrag. Wegen seiner Kompetenz und seiner Fürsorge wurde er von Mitarbeitern und Studierenden geachtet und verehrt. Er war ein liebenswerter Chef und Kollege. Werner Plarre war ein engagierter Bürger, der sich nicht scheute, für seine gerechte Überzeugung, gegen behördliche Willkür auf die "Barrikaden" zu gehen. Sein Vorbild als Hochschullehrer und sein Eintreten für die Anliegen der Studierenden in schwierigen Zeiten verschafften ihm Achtung und Anerkennung.
AZ: Prof. Dr. W. Odenbach (a. D.), FB Biologie, Chemie, Pharmazie