Stücken (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Beelitz-Treuenbrietzen

Die Kirche ist ein neugotischer Bau von 1860 unter Verwendung eines mittelalterlichen Feldsteinbaus. Dieser wurde nach Osten verlängert, bzw. eine bis dahin bestehende Chorquadratkirche oder eine dreiteilige Kirche mit Apsis wurde unter Beseitigung von Chor (und Apsis?) zu einer langen Rechteckkirche umgestaltet. Außerdem ist die Kirche geringfügig nach Westen erweitert worden. Über diesem Teil erhebt sich der neugotische Westturm. Die Einbauten und die Ausstattung stammen aus der Zeit des Umbaus.

Lage der Kirche: Stücken liegt etwa auf halbem Wege zwischen Beelitz und Ludwigsfelde. Es war ursprünglich ein Straßendorf mit Gut (Hist. Ortslexikon). Die Kirche liegt an der Dorfstraße und ist vom Friedhof umgeben.

Ortsgeschichte: Der Ort wird im Landbuch von Kaiser Karl IV. erstmals urkundlich erwähnt. Fischer (1970) leitet den Namen von mnd. "sticke, sticken" ab (Stecken, in die Erde geschlagener Pfahl). Der Name des Nachbarortes Körzin leitet sich von ursl. Kyka, "Stock, Stumpf" her. Fischer denkt an eine Namensübertragung (und Übersetzung) dieses Ortsnamens auf das benachbarte deutsche Dorf. 1375 hatte das Dorf (nur) 30 Hufen, davon hatte der Pfarrer 2 Freihufen. Busse Schonow und sein Bruder hatten sechs Freihufen zu ihrem Hof in Stücken. Zwei Hufen gehörten zum Rittersitz derer von Heinrichsdorf. Jede abgabenpflichtige Hufe mußte 9 Scheffel Roggen, 7 Scheffel Gerste und 6 Scheffel Hafer an Pacht abgeben. Der Zins betrug 4 Schillinge pro Hufe. Die Bede (Steuer) betrug 2 1/2 Schillinge, 2 1/2 Viertel Roggen, 2 1/2 Viertel Gerste und 5 Viertel Hafer. Es gab 22 Kossätenstellen, von denen aber nur 16 besetzt waren. Jeder der Kossäten mußte 6 Pfennige und 1 Huhn zahlen. Nicht weiter spezifizierte Abgaben waren drei Obuli von jeder Hufe und drei Obuli von jedem Kossäten. Außerdem mußte jede achte Hufe eine Mandel (= Mandelkorn; Getreidemaß) abliefern. Der Krug hatte 1 Talent und 1 Huhn als Abgabe zu zahlen. Die Abgaben der Mühle waren mit 10 Wispeln Roggen und einem Huhn vergleichsweise hoch. Die Abgaben verteilten sich auf eine große Zahl von Nutzungsberechtigten. Von den Mühlenabgaben standen dem Markgrafen noch 4 Wispel Roggen zu. Die Witwe des Nicolai Stenow bezog 2 Wispel Roggen von Heinrich von Buten. Die Witwe von Sticken hatte 1 1/2 Frustra und 4 Scheffel vom Markgrafen als Lehen. An den einen Altar in Beelitz gingen 10 Scheffel Roggen, an den anderen Altar 20 Scheffel. Jakob Mukum, Kanoniker in Brandenburg, hatte Pacht und Zins von 4 Hufen, davon gingen aber 5 Schillinge und 5 Scheffel an Andreas Holft, Bürger in Spandau. Die Witwe des Grambeke bezog 1 1/2 Wispel Roggen, 24 Scheffel Gerste, 11 Scheffel Hafer, 20 Groschen und 1 Huhn. Andreas Holft, Bürger in Spandau, bekam 9 Scheffel Roggen, 6 Scheffel und 1 Viertel Gerste, 2 Viertel Hafer und 16 Groschen. Heyne Czabels und sein Bruder hatten 15 Scheffel Roggen vom Markgrafen zu Lehen. Tyle Wulf hatte Einnahmen in Höhe von 18 Scheffel Roggen, einem Wispel Gerste, 3 Scheffel Hafer und 17 Schillinge Pfennige. Weitere 21 Scheffel Hafer und 4 Scheffel Roggen gingen an Jakob Mukum. Heyne Czabels, Bürger in Beelitz, hatte einen halben Wispel Roggen vom Markgrafen zu Lehen. Heyne Frittze, Bürger in Treuenbrietzen, hatte 4 Scheffel Roggen auf Lebzeiten, die nach seinem Tod an Jacob Mukum zurückfielen. Otto von Beelitz hatte Einnahmen in Höhe von 4 Scheffel Roggen, 4 Scheffel Gerste, 4 Scheffel Hafer und 10 Schillinge vom Markgrafen zu Lehen. Weiter hatte dieser einen Hof, 4 Schillinge und vier Scheffel Gerste. Hans Schulte in Beelitz war der Nutznießer von Pacht und Zins über 2 Hufen. Otto und Hans von Heinrichsdorf bezogen 13 1/2 Scheffel Hafer, 6 Pfennige und 1 Huhn. Hennyng Stenow, Bürger in Beelitz war mit 28 Scheffel Gerste vom Markgrafen belehnt. R. von Oppen, Ritter, erhielt vier Schillinge. Das Obergericht und die Wagendienste waren noch im Besitz des Markgrafen.

Baustruktur: Die Kirche ist heute ein rechteckiger Feldsteinbau (24,40 m lang und 8,85 m (im W) - 8,15 m (im O) breit) mit Westturm. Die Baustruktur ist aber durch den Umbau von 1860 bestimmt und ist sicher nicht mit der ursprünglichen Baustruktur identisch. Die Giebel sind massiv mit Feldsteinen in unregelmäßigem Gefüge gemauert. Die Kirche ist fast exakt Ost-West ausgerichtet.

Mauerwerksausführung: Die Kirche ist ein Feldsteinbau. Für die breiten Gewände der Fenster wurden Backsteine benutzt. Im ursprünglichen Teil des Baus besteht die Blendquaderschale aus Lagen von gut gequaderten Feldsteinen. In den neueren Teilen und im höheren Teil des aufgehenden Mauerwerks ist das Mauerwerk teils lagig, teils unregelmäßig. Allerdings finden sich auch dort immer wieder Feldsteinquader, die sicher vom ursprünglichen Bau stammen und für den neuen Bau wieder verwendet wurden. Die Mauerstärke beträgt im unteren Teil um 1 m. Etwa 30 cm über den Fensterbasen springt die Mauer innen ca. 30 cm ein.

Mörtel und Putze: Die Kirche besitzt einen Fugenputz.

Portale: In der Nordwand ist ein Reparaturbereich zu sehen, der nur von einem beseitigten Nordportal stammen kann. Er liegt gegenüber dem ehemaligen und jetzt zugesetzten Südportal, von dem aber nur noch der untere Teil des Gewändes zu sehen ist. Im östlichen Teil der Nordwand führt eine segmentbogige Tür in den Chorbereich. Ein Portal in der Westwand ist der jetzige Zugang zur Kirche.

Fenster und Blenden: Alle Fenster stammen vom Umbau von 1860. Es haben sich auch keine Spuren alter Fenster erhalten. In der Südwand wie auch in der Nordwand sind je 6 Fenster, von denen die vier mittleren jeweils zu Zweiergruppen zusammengefasst sind. In der Westseite des Turmes sitzt knapp unterhalb der Firsthöhe des Schiffes ein hohes, schlitzförmiges Fenster. In der Ostseite befindet sich ein neugotisches Fenster.

Innenbögen: Es sind keine Innenbögen vorhanden.

Turm: Der Turm ist ein kleiner quadratischer Westturm über dem Westgiebel. Wie das Gewicht innen abgefangen wird, konnten wir noch nicht untersuchen. Das Glockengeschoß besitzt auf jeder Seite je eine große, spitzbogige Schallöffnung. Der Spitzhelm des Turms schließt mit Kugel und Kreuz ab.

Dächer: Das Satteldach des Schiffs ist mit einer Doppeldeckung von Biberschwanzziegeln eingedeckt. Der Turm besitzt einen verschieferten, achteckigen Spitzhelm.

Innenausstattung: Das Innere haben wir noch nicht gesehen. Der "Dehio" beschreibt eine Ausstattung des 19. Jahrhunderts.

Außenbereich: An der Ostwand der Kirche ist eine Grabplatte oder ein Epitaph angebracht. Der Friedhof ist von einer Ziegelmauer umgeben.

Baugeschichte: Die Baugeschichte der Kirche ist durch den Umbau von 1860 geprägt. Ältere Umbaumaßnahmen sind nicht zu erkennen. Die Rekonstruktion des Ursprungsbaus ist ebenfalls unsicher. Vielleicht können noch Unterlagen vom Umbau von 1860 Aufschluß geben, wie die alte Kirche ausgesehen hat.
Aufgrund der Mauerwerksausführung in den vom Umbau wenig berührten, unteren Teilen des ursprünglichen Baus und der mutmaßlichen Baustruktur dürfte der Baubeginn in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts anzusetzen sein.
Die Kirche bestand aus Schiff (ca. 12,10-12,65 m Länge, 8,85 m Breite) und eingezogenem Chor. Ob die Kirche auch eine Apsis hatte, kann ohne Grabung im Inneren wohl nicht entschieden werden. Falls die heutige Länge der Kirche ungefähr mit der ursprünglichen identisch ist, muß die Existenz einer Apsis vorausgesetzt werden. Die Portalpositionen im Ursprungsbau und die Proportionen schließen einen ursprünglichen Rechteckbau oder einen Apsissaal wohl aus. Es fehlt ein Priesterportal im erhaltenen Teil des Ursprungsbaus. Außerdem sind die erschlossenen Portale mittig bezogen auf das Schiff einer Chorquadratkirche (oder einer dreiteiligen Kirche mit Apsis).
1860 wurde die Kirche grundlegend umgebaut. Das Schiff wurde nach Osten verlängert, unter Beseitigung eines eingezogenen Chors (und einer Apsis?). Außerdem wurde die Kirche um ca. 3 m nach Westen erweitert. Über diesem Bereich befindet sich jetzt der Westturm. Auch die gesamte Innenausstattung wurde bei diesem Umbau erneuert.

Vergleiche: Das Schiff des Ursprungsbaus stimmt in seinen Maßen und Proportionen (12,10-s in Zauchwitz überein. Etwas weniger gut "paßt" die Dorfkirche in Preußnitz (12,55 x 9,4 m), die noch recht ähnliche absolute Maße und Proportionen besitzt. Diese Kirche gehört zur Gruppe der dreiteiligen Kirchen mit Apsis.

Bemerkungen: Die Kirche ist im alten Dehio/Potsdam nicht aufgeführt.

Information und Dank: -

Literatur: Fidicin (1860), Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd.3, Teil 3 Der Zauchische Kreis, S.55-7, Schulze (1940), Das Landbuch der Mark Brandenburg, S.202/3, Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 1 (Zauche), S.121, Rohrlach (1977), Historisches Ortslexikon für Brandenburg Teil 5 Zauch-Belzig, S.419-421, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.279, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.1037.

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Brandenburg: Stücken Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 6 Ev. Dorfkirche. Neugotischer rechteckiger Feldsteinbau mit quadratischem Dachturm über dem Westgiebel, 1860 errichtet unter Einbeziehung der Umfassungsmauern des frühgotischen Vorläufers. Einbauten und Ausstattung aus der Bauzeit.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Stücken Dorfkirche Neugotischer Feldsteinbau mit Dachturm, um 1860 unter Verwendung mittelalterlicher Mauerreste. Einbauten und Ausstattung, mit neugotischem Orgelprospekt aus der Erbauungszeit. Kelch, Zinn, 18. Jh.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K neugotischer Feldsteinbau mit Backsteingliederungen und w Turmaufsatz um 1860.

Aufnahme der Kirche: September 2000, Januar 2002

Grundriss:

Grundriss der Kirche (eigene Aufnahme, nicht winkeltreu)

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003