Rogäsen (Teilruine) (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Elbe-Fläming

Die Kirche bietet zur Zeit ein beklagenswertes Bild: das Dach von Schiff und Chor ist nicht mehr vorhanden, ebenso natürlich die Inneneinrichtung. Die Fenster sind zerschlagen. Lediglich der Turm ist noch intakt. Dabei ist die Kirche ein kunsthistorisch sehr interessantes Bauwerk. Ursprünglich wohl eine vierteilige Anlage, wurde der Chor unter Beseitigung der ursprünglichen Apsis nach Osten verlängert. In einer weiteren Bauphase wurde dann an diesen verlängerten Chor wiederum eine Apsis angebaut.

Lage der Kirche: Rogäsen liegt ca. 8 km nördlich von Ziesar. Die Kirche liegt am Ostende der West-Ost-verlaufenden Dorfstraße. Der früher die Kirche umgebende Friedhof ist schon lange aufgegeben.

Ortsgeschichte: Nach Fischer (1970) ist der Name von polabisch Rogoz´n = "Ort, wo Rohrkolben wachsen" zu interpretieren. Über Ortsgeschichte konnten wir noch nicht viel in Erfahrung bringen, denn der Ort ist nicht im Hisorischen Ortslexikon für Brandenburg enthalten. Der Ort war über 500 Jahre im Besitz der Familie von Werder. Es folgte dann ab dem Jahre 1848 die Familie von Wartensleben.

Baustruktur: Der Bau besteht aus Querwestturm, Schiff, eingezogenem, etwas verlängertem Chor und später angebauter, halbrunder Apsis. Die ursprüngliche Apsis war im Zuge der Chorverlängerung abgerissen worden. Vor der Anfügung der heutigen Apsis hatte der Bau eine Zeitlang einen im Osten gerade geschlossenen Chor. Der ursprüngliche Bau ist deutlich zweiphasig, wobei auf dem östlichen Teil des Schiffes eine deutliche Baunaht zu beobachten ist.

Mauerwerksausführung: Das Mauerwerk ist im ursprünglichem Teil des Chors lagig mit mäßig gut behauenen Quadern und ohne Zwischenlagen ausgeführt. Die Chorverlängerung nach Osten ist unregelmäßig gemauert. Die Apsis ist verputzt. Das Mauerwerk des Schiffs und die noch vorhandenen geringen Reste des ursprünglichen Querwestturms sind dagegen in deutlich "besserer" Quadertechnik gemauert als der Chor. Die Mauerstärke beträgt ca. 1 m (an der Südwand des Schiffs gemessen). Der westliche Teil des Turms ist wesentlich ungeordneter gemauert, obwohl z. T. gequaderte Feldsteine verwendet wurden. In der Westwand enthält die Mauer auch Ziegelmaterial (Ziegelformat: 28,5 x 13 x ? cm). Wir halten diesen Teil für einen Wiederaufbau nach einem Einsturz des ursprünglichen Westturms unter Verwendung der alten Feldsteinquader. In der Ostwand des Turms zeichnet sich der alte Westgiebel des Schiffs ab. Der Turm ist im unteren Teil ein typischer Querwestturm mit Feldsteinmauerwerk, in das jedoch bereits Ziegelmaterial eingemischt ist. Über der Traufhöhe bekommt der Turm Ziegelkanten, bevor er sehr deutlich einspringt. Der obere Teil ist ganz aus Ziegeln. Der Ostgiebel des (verlängerten) Chors besteht aus Mischmauerwerk aus sehr kleinen Feldsteinen und überwiegend Ziegeln. Die Mauerstärke der Apsis beträgt nur 60 cm.

Mörtel und Putze: Die (neuere) Apsis ist komplett verputzt. Ansonsten zeigt der Bau lediglich einen Fugenputz. Innen hatte die Kirche einmal einen glatten Putz, der aber inzwischen an den meisten Stellen abgefallen ist. Darunter kommt ein älterer steinsichtiger Putz zum Vorschein.

Portale: Auf der Südseite des Schiffs befindet sich das rundbogige Gemeindeportal direkt an der Turmmauer. Es besitzt ein Feldsteingewände und einen Feldsteinbogen. Im unteren Teil der Mitte der Westwand des Turms sind Unregelmäßigkeiten im Mauerwerk, die möglicherweise auf ein ursprüngliches Westportal schließen lassen. Das Priesterportal auf der Südseite des Chors ist rundbogig mit einem Feldsteingewände und einem Feldsteinbogen.

Fenster und Blenden: Über dem Gemeindeportal der Südseite ist ein kurzes flach-segmentbogiges Fenster mit einem Ziegelbogen. Das westliche Gewände ist ein Feldsteingewände, das östliche Gewände ein Ziegelgewände. Oberhalb des westlichen Feldsteingewändes sind noch zwei Ziegel des ursprünglichen Ziegelbogens zu erkennen. Nach Osten folgt ein zugesetztes, rundbogiges Fenster mit Feldsteingewände und einem Ziegelbogen sowie ein langes, segmentbogiges Fenster. Dieses Fenster besitzt im oberen Teil ein westliches Feldsteingewände und ein östliches Ziegelgewände sowie einen Ziegelbogen. Auch hier ist noch oberhalb des Feldsteingewändes der Ansatz des ursprünglichen Ziegelbogens zu erkennen. Das Fenster wurde ganz offensichtlich nach unten verlängert. Hier wurden Ziegel mit dem Stempel "Rathenow" verwendet. Die Fenster der Nordseite des Schiffs entsprichen denen der Südseite. Bei allen Fenstern erkenn man noch Reste des ursprünglichen romanischen Bogens, der aus Ziegeln gemauert war. Über dem Priesterportal in der Südwand des Chors ist der Umriß eines zugesetzten ursprünglichen, rundbogigen Fensters mit Feldsteingewände und -bogen zu erkennen. Östlich folgt ein langes segmentbogiges Fenster mit Ziegelgewände. Im nach Osten verlängerten Teil des Chors sind zwei weitere segmentbogige Fenster mit Ziegelgewände. Diese sind jedoch kürzer als das Fenster im ursprünglichen Teil des Chors. Zwischen den beiden kürzeren Fenstern befindet sich ein Hocheingang; er war der Zugang zu einer Herrschaftsloge im Innern des Chors. In der Nordseite des Chors sind zwei kurze segmentbogige Fenster und dazwischen eine Tür, zu der ein Treppe führte. Die Tür war der Zugang zum nördlichen Teil der Herrschaftloge im Innern des Chors. In der später angefügten Apsis sind drei rundbogige Fenster. Im Ostgiebel des verlängerten Teils des Chors sind innen eine Dreiergruppe von spitzbogigen Blenden, wobei die mittlere Blende größer als die äußeren Blenden ist. Im Turm ist unterhalb der Traufhöhe des Schiffs ein zugesetztes Fenster mit Ziegelbogen. In der Westwand des Turms befinden sich ein Schartenfenster und ein Rechteckfenster.

Innenbögen: Der heutige Apsisbogen ist rundbogig. Es muß aber betont werden, daß es sich um eine später angefügte Apsis handelt. Die ursprüngliche Apsis ist im Zuge der Chorverlängerung beseitigt worden. Der Triumphbogen wurde ebenfalls beseitigt, die Ansatzstellen sind mit Ziegeln vermauert. Die Ziegel messen 25-25,5 x 13 x 7,5-8 cm. In der Westwand des Schiffs zeichnet sich ein großer, jetzt bis auf eine kleine, segmentbogige Tür zugesetzter Rundbogen ab, der Verbindungsbogen zwischen Schiff und Turm. Im Inneren des Turms ist der Verbindungsbogen als tiefe blendenartige Nische erhalten. Er wird in der Mitte durch eine Art Pfeiler abgestützt, der die gesamte Mauerstärke der Ostwand des Turms bzw. der Westwand des Schiffs einnimmt. Das Ziegelgewände der heutigen Tür hat das Ziegelformat 30 x 14 x 8,5 cm. Eine flachbogige Verbindungstür war auch zwischen Turmobergeschoß und dem Dachboden des Schiffs.

Turm: Der Turm ist im unteren Teil ein typischer Querwestturm mit Feldsteinmauerwerk. Innerhalb des heutigen Turms sind unschwer drei Bauphasen zu erkennen. Die Höhe des ursprünglichen Querwestturms kennen wir nicht, denn er ist in seinem westlichen Teil völlig eingestürzt und wiederaufgebaut worden. Der Wiederaufbau war deutlich niedriger als der heutige Turm, wie an den beiden zugesetzten ursprünglichen Schallöffnungen in der Westseite zu sehen ist. Sie waren rundbogig mit Gewänden und Bögen aus Ziegeln. Der heutige Turmaufsatz aus Backstein ist erst im 19. Jahrhundert entstanden. Im Turm hängen zwei mittelalterliche Glocken, eine davon ist mit 1460 datiert

Dächer: Der Turm hat einen stumpfen Helm, der mit Schiefer gedeckt ist.

Innenausstattung: Die Innenausstattung ging beim Abriß des Dachs 1978 verloren. Derzeit wird versucht zu rekonstruieren, wohin das Inventar gekommen ist. Die Kirche war vor dem Verlust des Dachs flachgedeckt. Der Fußboden ist ein Plattenfußboden mit quadratischen Kunststeinplatten. Interessanterweise beschreibt Wernicke (1898) noch die "Ruine eines lebensgrossen bemalten unschönen Taufengels", der damals in der Turmhalle auf dem Boden lag. Im Westen war eine Empore vorhanden. Die spätgotische Madonna, die heute in der Südwestecke der Burgkapelle in Ziesar steht, stammt urspünglich aus Rogäsen.

Außenbereich: Im Außenbereich haben sich keine Kunstdenkmale erhalten.

Baugeschichte: Das Quadermauerwerk in den erhaltenen ursprünglichen Teilen der Kirche lässt auf eine Entstehung Anfang des 13. Jahrhunderts schließen. Der ursprüngliche Bau war vierteilig mit Querwestturm in Schiffsbreite, Schiff, eingezogenem Chor und Apsis. Der Verbindungsbogen zwischen Turm und Schiff ist sehr groß und rundbogig (heute bis auf eine kleine rechteckige Tür vermauert). Der Ursprungsbau entstand in zwei Bauabschnitten; zunächst Apsis, Chor und östlicher Teil des Schiffs, in einem zweiten Abschnitt der größte Teil des Schiffs und der Turm. Interessanterweise hatte der Chor rundbogige Fenster mit Feldsteingewände (je zwei Fenster auf Nord- und Südseite), das Schiff dagegen rundbogige Fenster mit Ziegelbögen (je drei Fenster auf Nord- und Südseite). Dazu kamen das Gemeindeportal in der Südwand des Schiffs und das Priesterportal in der Südwand des Chors. Zusätzlich dürfte der Bau noch ein ursprüngliches Westportal gehabt haben.
Ende des 15. Jahrhunderts/Anfang des 16. Jahrhunderts ist der Westteil des Turms eingestürzt. Er wurde unter Verwendung der alten Quader, aber auch mit viel eingemauertem Ziegelmaterial in den Zwischenräumen wieder aufgebaut. Vermutlich wurde damals der alte Verbindungsbogen zwischen Turm und Schiff zugesetzt. Allerdings könnte dies auch bereits früher geschehen sein. Das Format der Gewändeziegel der heutigen Verbindungstür zwischen Turm und Schiff sowie die rundbogigen, heute zugesetzten Schallöffnungen weisen auf Spätgotik hin.
Vermutlich erfolgte noch vor oder kurz nach dem 30-jährigen Krieg ein größerer Umbau. Die ursprüngliche Apsis wurde abgerissen und der Chor nach Osten verlängert. Der Triumphbogen wurde beseitigt und die Ansatzstellen mit Ziegeln vermauert. Das Ziegelformat von 25-25,5 x 13 x 7,5-8 cm läßt auf einen frühbarocken Umbau schließen. Vermutlich stammt auch die Veränderung der Schiffs- und Chorfenster aus dieser Zeit.
1897 wurde an die Ostseite des verlängerten Chors eine neue Halbkreisapsis angebaut, und der Turm wurde um das heutige Glockengeschoß aufgestockt (nach Wernicke). Außerdem erfolgte der Durchbruch von zwei Verbindungstüren in den Chor, und die Treppenaufbauten zu den Emporen im Chorraum wurden angefügt (ebenfalls nach Wernicke).
Die Kirche ist seit 1978 Teilruine (Dach eingestürzt, Fenster herausgebrochen, Inneneinrichtung beseitigt). 1993 erfolgten erste Sicherungsmaßnahmen im Turm.
Im Jahre 2002 wurde mit der Planung der Wiederherstellung der Kirche begonnen.

Vergleiche:

Bemerkungen: Die Kirche ist weder im "Dehio" noch im Werk "Bau- und Kunstdenkmale in der DDR" korrekt beschrieben und interpretiert. Merkwürdigerweise erwähnt der "Dehio" keine Apsis, sondern schreibt der Kirche unrichtigerweise einen gerade geschlossenen Chor zu. In beiden Werken wird die deutlich sichtbare Verlängerung des Chors nach Osten nicht erwähnt. Der Turmaufsatz ist im Dehio/Brandenburg fälschlicherweise "um 1920" datiert.
Merkwürdig ist die verhältnismäßig weit im Westen liegende Gemeindepforte, die fast an der Westwand des Schiffs liegt.
Ursprünglich aus dieser Kirche stammt die Madonna mit Jesuskind, die heute in der Burgkapelle in Ziesar steht. Wernicke (1898) fand sind "unten im Turme liegend ... ganz vernachlässigte und mit brauner Ölfarbe überstrichene, aber zu den besseren gehörige Arbeit, ...".

Information und Dank: Der derzeit begonnene Wiederaufbau der Kirche wird vom Architekturbüro Fleege und Oeser, Grabenstr.18, 14776 Brandenburg/Havel geplant. Tel. 03381/25190, Email: fleege-oeser@t-online.de

Literatur: Wernicke (1898): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Kreise Jerichow, S.356-8, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.52, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.410, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.941, Möschner (2003), Kirchen im Evangelischen Kirchenkreis Elbe-Fläming, S.69.

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Potsdam: Rogäsen Bez. Potsdam, Ldkr. Brandenburg. - Inv. Prov. Sachsen, Jerichow II. Dorf-K. Im Kern spätrom. flachgedeckter Feldsteinbau aus querrck. WTurm, Schiff von gleicher Breite und eingezogenem, gerade geschl. Chor, im 18. Jh. und E. 19. Jh. eingreifend verändert. Einbauten aus dem 19. Jh.

Dehio/Brandenburg: Rogäsen Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5 Ehem. Dorfkirche, seit 1978 Ruine, Sicherungsarbeiten 1993. - Im Kern Feldsteinbau 1. H. 13. Jh. mit spätgotischem querrechteckigen Westturm. Der eingezogene Chor im 18. Jh. verlängert, 1898 um eine Apsis ergänzt; der quadratische Turmaufbau um 1920. Auf der Südseite zwei rundbogige Feldsteinportale.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Rogäsen Dorfkirche Rechteckiger Feldsteinbau des 13. Jh. mit eingezogenem Chor und querrechteckigem Westturm. Mehrfach verändert, der quadratische Turmoberbau, die Apsis sowie die laubenartigen Treppenanbauten am Chor E. 19. Jh. - Innenausbau ebenfalls E. 19. Jh. Kanzel 2. H. 18. Jh., 1897 umgebaut. 2 mittelalterliche Glocken, eine davon 1460 datiert.

Aufnahme der Kirche: August 1999, September 2002

Grundriss:

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003