Rietz (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Beelitz-Treuenbrietzen

Diese Kirche hat, mit Ausnahme des zugesetzten, spitzbogigen Priesterportals, leider keine ursprünglichen Öffnungen (mehr). Eine Datierung bzw. ein Vergleich mit anderen Kirchen ist daher schwierig. Zudem wurde bei der letzten Renovierung 1999 ein völlig unpassender Muschelschillsandputz zum Neuverfugen benutzt. Dafür ist die Innenausstattung umso sehenswerter; ein dreigeschossiger Barockaltar und eine barocke Kanzel.

Lage der Kirche: Rietz liegt südwestlich von Treuenbrietzen. Vom Dorftyp her war es ein unregelmäßiges Gassendorf mit Gutshof. Die Kirche liegt mitten im Dorf und ist umgeben vom ehemaligen Friedhof.

Ortsgeschichte: Der Ort wird bereits 1303 erstmals urkundlich faßbar ("cum aqua ... Retys"). Dieser Beleg dürfte den Bach bezeichnen, der mitten im Ort Rietz entspringt und heute Mühlenbach oder Rietzerbach heißt. Fischer (1970) leitet den Namen von polabisch Recica ="kleiner Fluß" ab. Der Ort wurde also nach der Lage an diesem Bach benannt. Das Dorf war bis 1807 sächsich. Die Feldmark hatte nur 14 Hufen (aber erst 1703 belegt). Die Ortsherrschaft gehörte vor 1388 den v. Dochow und wechselte noch vor 1419/20 zur Familie v. Thümen. Noch vor 1466 kam sie dann an die Familie v. Seelen, die sie bis nach 1652 inne hatte. Von 1669 bis 1729 sind die v. Rindauf, von 1729-1751 die v. Kötteritz und von 1751 bis 1872 die v. Buchholtz im Besitz des Dorfes (oder auch nur von einzelnen Teilen). 1530 und 1575 sind jeweils vier Pfarrhufen belegt. Rietz war bis 1530 Mutterkirche and ab 1530 Tochterkirche von Haseloff. Die Pfarre gehörte um 1500 zur Sedes Treuenbrietzen, ab 1541 bis 1910 zur Superintendentur Belzig. Von 1910 bis 1961 gehörte die Pfarrei zur Superintendentur Niemegk, ab 1969 war sie wieder bei Belzig.

Baustruktur: Der Kirchenbau ist eine Rechteckkirche (18,80 m lang, 8,30-8,50 m breit) mit einem eingezogenen neuromanischen, leicht längsrechteckigen Backsteinturm (3,50 m lang, 3,25 m breit). Die Seitenwände divergieren leicht nach Osten. An der Ostwand wurde ein gegenüber der Schiffsbreite eingezogener Sakristeianbau (6,75 m breit, 2,40-2,65 m lang) mit an den Ostgiebel angelehntem Schornstein angebracht. Die Kirche weicht mit magnetisch gemessenen 8° nach Nordosten von der idealen Ost-West-Ausrichtung ab.

Mauerwerksausführung: Der ursprüngliche Bau ist ein Feldsteinbau, die späteren Bauteile wurden mit Backstein gemauert. Das Mauerwerk ist lagig mit gespaltenen Feldsteinen in einem dicken Mörtelbett; z.T. wurden in der Südwand extrem große Feldsteine verwendet. Das Lagengefüge ist hier unregelmäßiger als in der Nordwand. Die Westwand des Schiffs und der Turm sind in Ziegel ausgeführt; das Ziegelformat beträgt 26 x ? x 7 cm. Der Ostgiebel besteht aus kleinteiligem, völlig unregelmäßigem Feldsteinmauerwerk. Die Süd- und Nordwände des Ostanbaus sind mit einem Mischmauerwerk aus Ziegeln und Feldstein gemauert. Vielleicht wurden hier alte Stützpfeiler der Schiffsostwand als Seitenwände integriert, zumal die Seitenwände unterschiedlich lang und wesentlich dicker als die Schiffwände sind. Die Ostwand des Anbaus ist in Backstein ausgeführt. Die Ziegel in der Nord- und Südseite haben das Format 27,5-28 x Die Mauerstärke des Schiffs beträgt ca. 80 cm.

Mörtel und Putze: Bei der Renovierung im Jahre 1999 wurde ein neuer Fugenputz aufgebracht, ein völlig unpassender Muschelschillsand. Ältere Putze sind nicht mehr zu erkennen.

Portale: An der Kirche läßt sich nur ein einziges ursprüngliches Portal ausmachen; das Priesterportal auf der Nordseite (s.u.). Allerdings ist bei einer Kirche dieser Größe ein Gemeindeportal in der nördlichen oder südlichen Seitenwand zu erwarten. In der Nordwand sind die Lagen ungestört, und ein nördliches Gemeindeportal kann ausgeschlossen werden. In der Südwand sind die Lagen durch die Verwendung von z.T. extrem großen Feldsteinen direkt über Niveau generell unruhiger. Unter dem mittleren Fenster ist die Lage der großen Feldsteine unterbrochen und das Mauerwerk unregelmäßig. Es ist die einzige Stelle, an der ein Gemeindeportal beseitigt worden sein könnte. Es wäre auch denkbar, dass die Kirche nur ein Priesterportal in der Nordwand und ein Gemeindeportal in der Westwand hatte.
In der Nordwand befindet sich sehr weit westlich ein später eingebrochenes Portal mit Ziegelgewände und einem flachbogien Sturz. Im Gewände messen die Ziegel 25 x 12 x 6 cm, im Bogen 26 x 12,5-13 x 7 cm. Der heutige
Durchgang von der Turmhalle zum Kircheninneren ist flachbogig, und das Gewände ist nicht zu sehen, da der Turmraum innen verputzt ist. Es könnte ein ursprüngliches Westportal gewesen sein. Das Priesterportal in der Nordwand des Chorbereichs der Kirche ist spitzbogig mit schlecht behauenen und schlecht passenden Gewände- und Bogensteinen. Ganz am Westende der Nordseite befindet sich eine flachbogige Tür mit Ziegelgewände. Sie führt zu einem kleinen Raum mit Treppe zur Empore. Der heutige Haupteingang ist durch das Westportal im Turm. Dieses ist relativ groß und rundbogig.

Fenster und Blenden: Die Südseite hat insgesamt fünf Fenster; von Osten her: zwei kleine segmentbogige Fenster, dann ein großes, dann wieder ein kleines und wieder ein großes segmentbogiges Fenster. Am zweiten Fenster von Westen finden sich im Gewände Ziegel mit dem Format 26 x 13 x 7,5 cm, ein im Barock verwendetes Format. Die Nordseite zeigt vier Fenster, von Osten folgen ein kleines, ein großes und dann zwei kleine flach-segmentbogige Fenster. Am mittleren Fenster der Südwand maßen wir am Gewände das Ziegelformat 26-26,5 x 12,5 x 7 cm. Der Turm hat im Erdgeschoß je ein rundbogiges Fensterchen auf Nord- und Südseite, im ersten Geschoß sind es je ein rundbogiges Fensterchen auf Nord-, West- und Südseite. Im nächsten Geschoß sind es je ein rundbogiges Fenster auf Nord- und Südseite sowie zwei engstehende rundbogige Fensterchen in der Westseite. Das Geschoß unterhalb der Glockenstube hat je ein Rundfenster auf Nord-, Süd- und Westseite. Die Westseite des Schiffs weist je ein kleines rundbogiges Fenster nördlich und südlich des eingezogenen Turms auf. In der Ostseite des Anbaus sind zwei kleine rundbogige Fensterchen.

Innenbögen: Innenbögen sind keine vorhanden.

Turm: Der Turm ist ein stark eingezogener, im Grundriss längsrechteckiger Westturm von 1858. Im Glockengeschoß sind auf jeder Seite zwei schmale rundbogige Schallöffnungen unter einem großen Rundbogen. Das Dach schließt mit Kugel und Windfahne ab. In der Windfahne ist die Jahreszahl 1829 zu lesen.

Dächer: Das Satteldach des Schiffs und das nach Osten abfallende Pultdach der Sakristei an der Ostwand sind mit neuen Biberschwanzziegeln eingedeckt. Der achteckige Spitzhelm des Turms ist verschiefert.

Innenausstattung: Wir waren noch nicht im Inneren der Kirche. Einige Beobachtungen liessen sich durch die Fenster machen. Das Innere ist flachgedeckt mit freiliegenden Querbalken. Die hölzerne polygonale Kanzel ist von einem Schalldeckel bekrönt. Die Kirche besitzt eine Westempore. An den Wänden befinden sich einige Weihekreuze.

Außenbereich: Der ehemalige Friedhof um die Kirche ist von einem schmiedereisernen Zaun umgeben, das Friedhofsportal trägt die Jahreszahl 1977.

Baugeschichte: Aus der Mauerwerksausführung kann geschlossen werden, daß die Kirche im 14. Jahrhundert entstanden sein dürfte.
Die einfache Rechteckkirche hatte wohl drei oder vier Fenster und eine spitzbogige Priesterpforte auf der Nordseite. Eventuell gab es ein Süd- oder ein Westportal. Die Südseite besaß vier Fenster, die Ostseite ein oder drei Fenster.
Im Gewände des westlichen Fensters der Südseite, im Bogen der westlichen Tür der Nordseite und in den ehemaligen Stützpfeilern an der Ostseite (jetzt Nord- und Südwand des Ostanbaus) finden sich Ziegel mit einem Format von 26 x 13 x 7 cm. Dieses Ziegelformat wurde hauptsächlich im 18. Jahrhundert verwendet. Vermutlich wurden die Fenster verändert und das westliche Nordportal eingebrochen. An der Ostwand wurden zwei Stützpfeiler angebracht.
1858 wurde die Westwand der Kirche mit Backstein neu gemauert und der westliche Backsteinturm errichtet. Vermutlich ist auch der Ostanbau zeitgleich.
Eine Restaurierung fand 1959 statt. Seit ca. 1997 bis 2000 wurde die Kirche außen saniert. Der Putz wurde erneuert, und das Dach erhielt eine neue Deckung.

Vergleiche: Als Vergleich bietet sich die Dorfkirche in Gömnigk an, die mit 18,85 m Länge etwa gleich lang, allerdings mit 9,15 m Breite etwas breiter ist. Die Mauerwerksausführung ist ebenfalls vergleichbar.

Bemerkungen: Die Datierung der Kirche ist sehr schwierig. Dies zeigt sich auch in der einschlägigen Literatur. Im Historischen Ortslexikon wird die Kirche ins "12./13. Jahrhundert" gestellt. Der "Dehio/Potsdam" beschreibt die Kirche als spätgotisch, während der "Dehio/Brandenburg" die Kirche ins 13. Jahrhundert datiert. In beiden "Dehio´s" wird das vermauerte Priesterportal in der Nordseite des Schiffes als rundbogig beschrieben. Das Portal ist grob mit nur geringfügig behauenen Gewändesteinen gemauert; die generelle Form ist jedoch eher spitzbogig. Außerdem ist zu bemerken, dass rundbogige Priesterportale auch bei gotischen Dorfkirchen vorkommen. Das Mauerwerk widerspricht jedoch der Frühdatierung ganz entschieden. Außerdem wäre eine romanische Rechteckkirche in der Fläming-Region sehr ungewöhnlich.
Auch die Datierung der Entstehungszeit in die Spätgotik lehnen wir ab. Dagegen spricht das große Längen-/Breiten-Verhältnis von über 2, das für eine spätgotische Kirche sehr ungewöhnlich wäre.

Information und Dank: -

Literatur: Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 2 Die Ortsnamen des Kreises Belzig, S.94/5, Rohrlach (1977): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 5 Zauch-Belzig, S.365-7, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.149, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.409/10, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.938.

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Potsdam: Rietz Bez. Potsdam, Ldkr. Jüterbog Dorf-K. Spätgot. rck. Feldsteinbau mit quadr. romanisierendem Feldsteinturm der 2. H. 19. Jh., gleichzeitig Veränderung der Fenster; ein rundbogiges NPortal vermauert. Rest. 1959. Innen Balkendecke; WEmpore und Chorgestühl 17. Jh. - Altaraufsatz um 1700, 3geschossiger hölzerner Aufbau, mit gewundenen Säulen und Akanthuswangen, im Hauptfeld Kreuzigungsgemälde, 1880 von Th. Dieckelmann, die anderen Bilder auf Holz, bar., Abendmahl und Himmelfahrt. Gleichzeitig die Kanzel, polyg. Korb mit Blütengehängen auf gewundenem Fuß.

Dehio/Brandenburg: Rietz (bei Treuenbrietzen) Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5 Ev. Dorfkirche. Im Kern rechteckiger Feldsteinbau des 13. Jh. mit quadratischem neuromanischen Backsteinturm von 1858, gleichzeitig Veränderung der Fenster. Rest. 1959 und seit 1997. Auf der Nordseite vermauertes rundbogiges Feldsteinportal. Innen Balkendecke; Westempore und Chorgestühl 17. Jh. - Altaraufsatz um 1700, dreigeschossiger hölzerner Aufbau mit gewundenen Säulen und Akanthuswangen sowie Abendmahls- und Himmelfahrtsgemälde. Im Hauptfeld Kreuzigungsgemälde, 1880. Kanzel, um 1700, auf gewundenem Fuß polygonaler Korb mit Blütengehängen.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Rietz Dorfkirche Rechteckiger spätgotischer Feldsteinbau mit hohem Backsteinturm von 1858. Altaraufsatz A. 18. Jh., das Kreuzigungsbild 1880 von Theodor Dieckelmann. Kanzel A. 18. Jh. Gestühl im Chor und Westempore barock. 2 Stühle mit geschweifter Lehne, 18. Jh. Taufschale, Zinn, 1739. Zinnteller 1701.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K einschiffige Anlage mit WTurm aus Backstein über quadratischem Grundriß 12./13. Jh, auf der OSeite Sakristei, 19. Jh, mit am Giebel hochgeführtem Schornstein.

Aufnahme der Kirche: September 2000, Januar 2003

Grundriss:

Grundriß der Kirche (hängt in der Marien-Kirche in Treuenbrietzen).

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003