Lobbese (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Beelitz-Treuenbrietzen

Die Kirche von Lobbese liegt leicht erhöht auf dem Dorfanger. Durch ihre Lage ist sie eine eindrucksvolle Erscheinung. Die Fenster der Apsis sind noch im ursprünglichen Zustand, während fast alle anderen Fenster verändert worden sind. Auch die Innenausstattung ist bemerkenswert.

Lage der Kirche: Lobbese ist ein Angerdorf mit sackgassenartiger Erweiterung (Hist. Ortslexikon). Die Kirche liegt leicht erhöht auf dem Dorfanger inmitten des Friedhofes, der noch z.T. belegt ist.

Ortsgeschichte: 1276 wurde Lobbese erstmals urkundlich erwähnt (bereits in der heutigen Schreibweise). Fischer (1970) leitet den Namen von plb. "Loboz´je, Lobuz´je" = Stengel, Stoppeln, Reisig, Gestrüpp, Sträucher ab. Eine Namensübertragung von Lobbes Arr. Thuin, Dep. Hainant, Belgien hält er für unwahrscheinlich. 1591 hatte der Ort 58 Hufen, davon hatte der Pfarrer zwei Freihufen.

Baustruktur: Die Kirche hat eine dreiteilige Baustruktur mit Apsis (5,70 m breit, ca. 2,20 m ausgewölbt), eingezogenem Chor (6,10 m lang, 7,10 m breit) und Schiff (17,80 m lang, 9,60 m breit) mit westlichem Giebelturm. Die unteren drei bis vier Schichten lassen sich vom Chor auf das Schiff verfolgen. Dies könnte darauf hin deuten, dass zuerst Chor und Apsis sowie die Grundmauern des Schiffes errichtet worden sind. Erst in einem zweiten Bauabschnitt wurde auch das Schiff hochgemauert. Die Kirche ist magnetisch Ost-West ausgerichtet.

Mauerwerksausführung: Die Kirche wurde aus Feldsteinen errichtet. Das Mauerwerk ist generell lagig. Die unteren drei bis vier Lagen bestehen aus gut gequaderten Feldsteinen. Darüber nimmt der Grad der Quaderung rasch ab. Ab Höhe der Fensterbasen sind die Feldsteine praktisch ungequadert und nur noch außen behauen. Aber die Ortsteine sind auch im höheren Bereich gut behauen. Im unteren Teil der Chormauern sind die Feldsteinquader verhältnismäßig klein. Der Ostgiebel des Chors ist unregelmäßig gemauert.
Die
Westwand ist in der Qualität der Mauerwerksausführung deutlich unregelmäßiger. Sie enthält viel Ziegelmaterial (Biberschwanzziegel, Dachpfannen oder Mönch-und-Nonne-Ziegel, Backsteine) und wird durch zwei nach Westen gerichtete Stützpfeiler abgestützt. Trotz dieser Sicherungsmaßnahmen weist die Westwand Setzungsschäden auf. Die Westwand des Giebelturms ist "neu" und springt etwas zurück. Sie besteht aus aus Feldsteinen und ist innen mit einer Ziegelmauer verstärkt.

Mörtel und Putze: Die Kirche weist im unteren Teil der Mauern nur einen Fugenputz auf. Im höheren Teil haben sich Reste eines steinsichtigen Putzes erhalten.

Portale: In der Nordseite ist ein jetzt zugesetztes Gemeindeportal, dessen Bogenbereich von einem Fenster abgeschnitten ist. Es hat gut behauene Gewändesteine. Das rundbogige Portal in der Südwand ist der jetzige Zugang zum Kircheninneren. Das Gewände und der Bogen sind verputzt. Es ist durch einen offenen Vorbau vor der Witterung geschützt. Das rundbogige Priesterportal in der Südwand des Chors ist zugesetzt. Auffallend sind die verhältnismäßig schlecht bearbeiteten Bogensteine.

Fenster und Blenden: Die Südseite des Schiffes besitzt drei korbbogige Fenster mit Ziegelgewände. Etwas westlich über dem Vordach ist ein zugesetztes originales Fenster zu erkennen, das im unteren Teil noch vom Dach des Vorbaus verdeckt ist. Die Nordseite des Schiffes weist vier korbbogige Fenster auf. Am östlichen Fenster haben die Ziegel des Gewändes eine Höhe von 7,5 cm. In der südlichen Chorwand befinden zwei unterschiedliche Fenster; das westliche ist segmentbogig mit oberem Blendenteil, das östliche Fenster schneidet ein originales Fenster ab, dessen zugesetzte, linke (= westliche) Hälfte erhalten ist. Auf der Nordseite des Chores sitzt das einzige korbbogige Fenster genau zwischen den zugesetzten originalen Fenstern, die dadurch je etwa zur Hälfte abgeschnitten sind. Die Apsis hat drei originale Fenster, bei denen allerdings die lichte Weite erweitert wurde. Sie messen ca. 60 cm in der Breite und sind ca. 1 m hoch. Der Ostgiebel des Chores hat ein kleines kreuzförmiges Fensterchen mit Feldsteingewände direkt im First.

Innenbögen: Das Innere der Kirche haben wir noch nicht gesehen. Im Dehio ist ein rundbogiger Triumphbogen beschrieben.

Turm: Der Turm ist ein kleiner, quadratischer Giebelturm mit massiver Westwand. Die übrigen drei Seiten sind verbrettert. Er hat je eine Schallöffnung auf der Nord- und Südseite. Das Turmdach schließt mit Knof, Windfahne mit Wetterhahn und Stern ab.

Dächer: Im Ostgiebel des Schiffes zeichnet sich ein etwas niedrigerer, älterer Giebel ab, der einen etwas flacheren Winkel als der heutige Giebel hatte. Das Halbkegeldach der Apsis ist mit neuen Biberschwanzziegeln eingedeckt, ebenso die Satteldächer von Schiff und Chor. Im Ostgiebel des Chores zeichnet sich der Ansatz eines älteren, wesentlich höheren Apsisdaches ab. Das verschieferte Dach des Turmes geht vom Viereck ins Achteck über und ist zu einem Spitzhelm ausgezogen.

Innenausstattung: Das Kircheninnere haben wir noch nicht gesehen. Pfeifer (1997) bildet eine Sakramentsnische ab, die inschriftlich mit 1518 datiert ist. Die kielbogige, fialengeschmückte Rahmung zeigt das sächsische Wappen.

Außenbereich: Im Außenbereich der Kirche befinden sich keine Kunstgegenstände.

Baugeschichte: Aufgrund der Baustruktur und der Mauerwerksausführung kann der Baubeginn ins ausgehende 12. Jahrhundert oder beginnende 13. Jahrhundert datiert werden. Die heutige Baustruktur entspricht der ursprünglichen Baustruktur. Das Schiff hatte je vier Fenster auf Nord- und Südseite und je zwei Fenster in der Nord- und Südwand des Chores. Die Apsis besaß bzw. besitzt noch drei Fenster. Im Schiff waren Gemeindeportale auf der Nord- und Südseite; das Priesterportal sitzt in der Chorsüdwand. Laut Inschrift wurde 1518 die Sakramentsnische eingesetzt. Ob dieser Einbau mit einer anderen, größeren Baumaßnahme verbunden war, ist nicht bekannt.
Vermutlich wurden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Fenster vergrößert.
Die Kirche wurde 1898 restauiert. Der Umfang der Arbeiten ist nicht bekannt. Allerdings dürfte der Vorbau über dem Südportal von dieser Renovierung stammen.
Eine weitere Kirchenrenovierung wurde 1966 durchgeführt. Die bisher letzte Renovierung fand 1997 statt. Die Dächer wurden neu mit Biberschwanzziegeln eingedeckt.

Vergleiche: Die Kirche in Lobbese ist bei einer Länge von 17,80 m mit einer Breite von 9,60 m relativ schmal. Andere dreiteilige Kirchen sind bei ähnlicher Länge deutlich breiter. Der Chor ist relativ kurz. Am ehesten vergleichbar ist noch die Kirche in Hohenwerbig, deren Schiff aber deutlich kürzer ist.

Bemerkungen: Der Datierung der Kirche in die 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts wie in den "Bau- und Kunstdenkmalen" und im "Dehio" stimmen wir im Prinzip zu. Möglich wäre auch noch das ausgehende 12. Jahrhundert. Sicherlich völlig unzutreffend ist die Einstufung der Kirche bei Pfeifer (1997) ("1400").

Information und Dank: -

Literatur: Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 2 Die Ortsnamen des Kreises Belzig, S.68, Rohrlach (1977): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 5 Zauch-Belzig, S.231-33, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.280, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.144, Pfeifer (1997), Feldsteinkirchen im Fläming, S.70-3, Ibbeken (1999), Die mittelalterlichen Feld- und Bruchsteinkirchen des Fläming, S.143, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.602

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Potsdam: Lobbese Bez. Potsdam, Ldkr. Jüterbog Dorf-K. Spätrom. Feldsteinbau aus Schiff, eingezogenem, etwa quadr. Chor und Apsis. Über der WWand Fachwerkdachreiter. Die Fenster der Apsis original, die übrigen bar. verändert; in der NWand des Schiffes und in der s Chorwand je 1 zugesetztes rundbogiges Portal. Innen der rundbogige Triumphbogen erh. Rest. der K. 1893 und 1966. - Sakramentsnische dat. 1518, mit kielbogiger, fialengeschmückter Rahmung und dem sächsischen Wappen. Hölzerne Kanzel 17. Jh., am Korb Ecksäulchen und gemalte Evangelistendarstellungen, damit verbunden Pfarrstuhl und Absolutionsbild. Kreuzigungsgemälde 17. Jh.

Dehio/Brandenburg: Lobbese Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 8 Ev. Dorfkirche. Leicht erhöht gelegener stattlicher spätromanischer Saalbau aus Feldstein, 1. H. 13. Jh., mit eingezogenem, annähernd quadratischem Chor und Apsis. Über der Westwand Fachwerkdachreiter mit massiver Westwand, wohl 18. Jh. Die Kirche rest. 1898, 1966 und 1997. - In der Apsis die kleinen Rundbogenfenster erhalten, die übrigen breitrundbogig erweitert, in der Nordwand des Schiffs und in der südl. Chorwand je ein zugesetztes rundbogiges Portal. Innen rundbogiger Triumphbogen, Putzdecken in Schiff und Chor, Apsiskalotte. Sakramentsnische, dat. 1518, mit kielbogiger, fialengeschmückter Sandsteinrahmung und dem sächsischen Wappen. - Hölzerne Kanzel, 17. Jh., über gedrehter Säule polygonaler Korb mit Ecksäulchen und gemalten Evangelistendarstellungen; auf dem anschließenden Pfarrstuhl Gemälde der protestantischen Beichte. Kreuzigungsgemälde, 17. Jh.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Lobbese Dorfkirche Spätromanischer Feldsteinbau mit eingezogenem Chor und Apsis, 1. H. 13. Jh. Über dem Westgiebel kleiner Fachwerk-Dachreiter, wohl 18. Jh. - Kanzel mit Pfarrerstuhl 17. Jh. Sakramentsnische, Sandstein, 1518. Tafelbild mit Kreuzigung, 17. Jh., Taufschale, Zinn, 1745. Glocke 1678 von Georg Billich, Wittenberg.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K rechteckiger Feldsteinbau mit eingezogenem Chor und Halbkreisapsis 13. Jh, am WGiebel neuzeitlicher Dachturm, von den rundbogigen Altfenstern die drei der Apsis und ein vermauertes s am Schiff erhalten, in der Chornordwand Gewändereste, heutige Fenster korbbogig, 18. Jh (?), zwei vermauerte Rundbogenportale n am Schiff und s am Chor, an der WWand zwei Feldsteinstreben, Dachturm frontal in Feldstein, sonst Fachwerk; K 1898 und 1966 restauiert; Glocke von 1678.

Pfeifer (1997): Lobbese südlich von Treuenbrietzen bei Marzahna
Die Kirche liegt im Dorfinnern und ist eine vollständige Anlage mit Dachturm. Schon von weitem fällt ein breiter Stützpfeiler von Westen auf und macht stutzig, warum ist er da? Eine schärfere Betrachtung der Mauern liefert die Erklärung. Selbst wenn der untere Teil noch bis zu den Fenstern geschichtet ist, sind die Mauern unregelmäßig und führen zu Labilität. Hinzu kommt die Lage der Kirche auf einem kleinen Hügel, wo die Mauern leicht nach außen abrutschen können. Der Kirchenbau könnte in die Übergangszeit etwa um 1400 angesetzt werden oder der Bau hat eine Weile geruht. Jedenfalls ist der Qualitätsbruch der Mauertechnik konsequent um die ganze Kirche herumgeführt worden. Grund dafür könnte ein Ausbleiben der Steinmetze gewesen sein oder mangelnde Finanzkraft des Ortes. Es ist übrigens interessant, die Fenster näher zu betrachten. Sie liegen, wenn auch vergrößert, doch an ihrer alten Position. Die ursprünglichen Portale (im Norden und im Chor) sind zugesetzt. Der jetzige Eingang mit kleinem Backsteinvorraum stammt wohl aus der Restauration des späten 19. Jahrhunderts. Der Innenraum ist geprägt durch die Bogen der Triumphwand und des Apsisansatzes. Sie erzeugen angenehme Weite. Das Kirchenschiff ist durch keine modernen Teile der Einrichtung gestört. Die eintönige weißgraue Farbgebung stammt sicher von der Renovierung von 1956. Am Sakramentshäuschen hat der Kunsthistoriker es leicht, er datiert sich selbst mit 1518 in die gotische Zeit. Dazu gehören schöne schmückende Beschläge. Man sollte sie einmal mit den Beschlägen der modernen Tür vergleichen, die gotisch sein wollen. Aber diese schneckenartigen Voluten hat es in der alten Zeit nicht gegeben, wie man überhaupt Neugotik oft leicht an Übertreibungen erkennt.
Die große Rarität hier in Lobbese ist die uralte Sandsteintaufe in romanischem Stil. Sie stand ursprünglich im Westen und ist bei der Anlage des Winterraums unter der Empore an den jetzigen Ort versetzt worden. Dabei hat sie wohl auch zwei Sprünge erlitten. Ob die Westposition wohl die alte war? Man könnte es vermuten. Die große etwas überzogene halbkreisförmige Kuppa ruht auf einem kurzen kräftigen Säulenfuß. Die Kuppa ist mit einem schrägverlaufenden Muster an Ritzungen versehen, die durch ein Spitzeisen hergestellt wurden (Scharrierung). Um den Rand des Beckens zieht sich ein Streifen mit sich kreuzender Scharrierung, auch der Fuß ist mit kreuzförmiger Scharrierung geschmückt. Die harmonisch-schlichte Form dieses Taufsteins ist eine wahre Augenfreude.

Ibbeken (1999): Lobbese liegt halbwegs zwischen Wittenberg und Treuenbrietzen. Die Kirche stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert, sie ist heute in keinem guten Zustand. Die dreiteilige Anlage ist ungewöhnlich proportioniert: an ein sehr langes Schiff schließt sich ein relativ kleiner, eingezogener und quadratischer Chor mit einer sehr kleinen Apsis an. Das Mauerwerk des Sockels ist noch recht regelmäßig, besonders im Chor, nach oben nimmt das aber sehr schnell ab, um in völliger Regellosigkeit zu enden. Die rundbogige Priesterpforte ist zugemauert, über dem backsteingefassten Portal des Schiffes ist noch der Umriss eines alten Fensters zu erkennen, die anderen Fenster sind später gebrochen. Der Dachturm besitzt einen hochgezogenen Giebel vom Typ Dangelsdorf. Aufnahme von Süden.

Aufnahme der Kirche: Juli 1999, November 2001

Grundriss:

Grundriss der Kirche in Lobbese (eigene Aufnahme, nicht winkeltreu).

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003