Jeserig/Fläming (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Lehnin-Belzig

Die turmlose Kirche von Jeserig ist nach ihrer Außenrenovierung wieder ein Schmuckstück des Dorfes. Auffallend bei dieser Kirche ist, dass die Feldsteine zwar in Lagen versetzt sind, aber nicht oder kaum gequadert sind. Der ursprünglich gestaffelte Chor wurde etwas erhöht und ist jetzt mit dem Schiff zusammen unter einem einheitlichen Dach.

Lage der Kirche: Jeserig liegt südwestlich von Belzig. Das Dorf ist von seiner Anlage her ein Straßendorf (Historisches Ortslexikon). Die Kirche liegt mitten im Dorf umgeben vom ehemaligen Friedhof.

Ortsgeschichte: Der Ort wird 1388 erstmals urkundlich erwähnt ("Czu Jesserig"). Den Namen deutet Fischer (1970) als "kleiner See" bzw. Siedlung an einem kleinen See. Jeserig liegt an einem kleinen See.

Baustruktur: Der Kirchenbau ist eine dreiteilige Anlage mit Schiff (13,50 m lang, 10,35 m breit), eingezogenem Chor (6,10 m lang und 8,50 m breit) und relativ stark ausgewölbter Apsis (ca. 3,60 m). Das Schiff hat vier Fensterachsen, der Chor zwei Fensterachsen und die Apsis die üblichen drei Fenster. Es ist eine relativ hohe Kirche, die vom Sockel bis zum Dach der Apsis etwa 3,65 m mißt. Der Chor wurde deutlich aufgestockt und hat jetzt Schiffshöhe. In dem Kirchenbau sind keine auffälligen unterschiedlichen Bauphasen zu erkennen, ausgenommen die Aufstockung des Chores auf Schiffshöhe. An der Südseite des Chors ragen Konsolen aus neuen Ziegeln (von der letzten Renovierung) aus der Wand, etwas unterhalb der Fensterbasen. Soll hier durch diese neuen Konsolenziegel ein ehemaliger Anbau angedeutet werden? Die Kirche ist magnetisch exakt Ost-West ausgerichtet (Januar 2000).

Mauerwerksausführung: Der Bau besteht aus Feldstein. Die Mauerwerksausführung ist lagig, aber mit nur außen behauenen oder unbehauenen Feldsteinen. Es kommen keine oder nur gelegentlich Zwischenlagen vor; häufig sind unregelmäßige Auskeilungen. Der Chor wurde vermutlich im Barock auf Schiffshöhe aufgestockt. Die Apsisfundamente (-sockel) stehen ca. 20 cm vor.

Mörtel und Putze: Die Westseite ist komplett mit einem neuen Rauputz verputzt, lediglich unten am Sockel wurden ca. 50 cm freigelassen. Chor und Schiff haben einen einfachen Putzfries.

Portale: Das Nordportal ist rundbogig mit einem Begleitbogen. An der Gewändeinnenseite dieses Portals wurde ein Ziegelformat von 27 x 13,5 x 9,5-10 cm gemessen. Innen ist das Portal segmentbogig. Es sind noch die Löcher des Verschlußbalken erhalten. Im unteren Bereich der Westseite, der nicht verputzt ist, kann noch das Gewände eines zugesetzten Westportals beobachtet werden. Der Bogen des Priesterportals in der Nordseite des Chores ist etwas asymmetrisch und flach-rundbogig. Der Bogen und das Gewände sind komplett verputzt, so dass über das Material und die ursprüngliche Form des Bogens keine Angaben gemacht werden können. Innen ist das Priesterportal rechteckig.

Fenster und Blenden: Die Nordseite des Kirchenschiffs weist vier Fenster auf, die noch weitgehend die Originalform und -größe haben. Allerdings sind die Gewände verputzt und die lichten Weiten etwas vergrößert worden. In der Südseite befinden sich vier lange, segmentbogige Fenster mit verputztem Gewände. In der Nordseite des Chors sind zwei Fenster, wovon das westliche Fenster etwas vergrößert ist. Das östliche, rundbogige Fenster besitzt noch die ursprüngliche Form mit grob behauenen Gewändesteinen, aber die lichte Weite scheint etwas vergrößert worden zu sein. Das westliche, flachbogige Fenster ist sowohl nach oben wie auch nach unten etwas verlängert und auch etwas erweitert worden. In der Südseite des Chors befinden sich zwei segmentbogige Fenster. Man kann aber noch über den jetzigen Bögen die Reste der Bögen der alten Fenster erkennen. In der Apsis sind die üblichen drei rundbogigen Fenster; allerdings ist das mittlere Fenster im unteren Teil (etwa eine Steinreihe) zugesetzt worden. Die lichte Weite scheint bei allen drei Fenstern etwas vergrößert worden zu sein. Die seitlichen und unveränderten Apsisfenster messen 125 x 70 cm.

Innenbögen: Der Apsisbogen ist sehr breit. Der Triumphbogen ist dagegen beseitigt worden.

Turm: Die Kirche ist heute turmlos.

Dächer: Chor und Schiff haben ein einheitliches Satteldach, die Apsis ein halbkegelförmiges Dach. Beide Dächer sind mit neuen Biberschwanzziegeln eingedeckt.

Innenausstattung: Das Innere der Kirche ist flachgedeckt. Der Boden ist ein Ziegelfußboden aus Mauerziegeln. Der Chorbereich liegt eine Stufe höher als der Gemeindebereich. Vom Haupteingang auf der Nordseite des Schiffes führen zwei Stufen hinab in das Schiff. Die Kanzel steht auf der Nordseite des Chores. Sie stand ursprünglich in der Gertraudenkapelle zu Belzig und stammt aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Der Altaraufsatz ist mit 1693 datiert; das Hauptbild stammt aus dem Jahr 1857. Die heutige, im Chorraum stehende Taufe ist modern. In der Winterkirche unter der Westempore steht noch die alte, barocke Taufe in einer Ecke. Zwei Kastengestühle an der Südseite des Chores dürfen wohl ebenfalls ins 17. Jahrhundert datiert werden. Die Kirche hat eine Westempore. Unter dieser ist eine Winterkirche eingerichtet, die mit einem Glasabschluß vom übrigen Kirchenraum abgetrennt ist. Auf der Westempore steht die Orgel mit einem schönen Prospekt. In der Nordseite der Apsis befindet sich eine kleine Sakramentsnische.

Außenbereich: Die Apsis hat einen ca. 20 cm breiten Sockel (Fundament?), der Chor dagegen nur einen ca. 5-10 cm breiten Sockel (Fundament?).

Baugeschichte: Auffallend an der Kirche sind die gedrungenen Verhältnisse sowie das lagige Mauerwerk mit ungequaderten, nur außen behauenen Feldsteinen. Der Baubeginn dürfte aufgrund des Mauerwerks (Lagen von kleinen, unbehauenen oder nur außen behauenen Feldsteinen) und des kurzen, querrechteckigen Chores wohl noch in das 12. Jahrhundert zu datieren sein. Das Historische Ortslexikon vermutet, daß Jeserig ursprünglich Mutterkirche der wüstgewordenen Dörfer Allendorf, Kalotsche, Glümendorf und Petzdorf war (und eventuell auch der wüsten Dörfer Brasen und Reppelstedt, deren Lage aber nicht bekannt ist).
Die Kirche hatte ursprünglich ein West- und ein Nordportal, das Priesterportal befand sich in der Nordwand des Chors. Das Schiff hatte auf Nord- und Südseite des Schiffes je vier Fenster, auf Nord- und Südseite des Chors je zwei Fenster. Die Apsis hatte drei romanische Fenster. Aufgrund der Portalpositionen kann sicher angenommen werden, daß die Kirche nie einen Querwestturm hatte. Die Kirche besaß zumindest zeitweise einen Dachturm.
Das am Nordportal gemessenene gotische Ziegelformat deutet auf eine bauliche Veränderung im 15. Jahrhundert hin.
1693 erhielt die Kirche einen neuen Altar. 1695 erfolgte eine größere Renovierung (Faehndrich, 1883). Möglicherweise wurden die segmentbogig veränderten Fenster in der Südwand des Chores bereits Ende des 17. Jahrhunderts verändert.
In den Jahren 1748-50 fand eine weitere größere Renovierung statt. (nach Faehndrich, 1883). Einzelheiten sind aber nicht bekannt. 1817 mußte die kleinere der zwei Glocken, nachdem sie gesprungen war, umgegossen werden. Es ist anzunehmen, dass die Kirche einen Dachturm hatte. In den Jahren 1829/30 wurde vor die Westseite ein Turm gebaut, vermutlich ein Holzturm. 1857 wurde für den Altar ein neues Ölgemälde gefertigt und der Altar neu gestrichen. 1858 wurden die Südfenster des Schiffes und das westliche Fenster auf der Nordseite des Chores stark vergrößert. Die Schiffsnordfenster erhielten Putzfaschen. Innen wurde auf der Südseite des Schiffes eine Empore eingebaut. Die anderen Emporen wurden verbreitert. Die Kirche und das Kirchengestühl wurden frisch gestrichen. Die Kanzel, die zuvor vor dem Frauengestühl auf der Nordseite gestanden hatte, wurde in die Nähe des Altars gerückt. 1877 wurde die von Orgelbaumeister Lobbes (Niemegk) gefertigte Orgel eingeweiht. Dafür mußte "ein Orgelchor hergerichtet werden" (nach Faehndrich, 1883). Vermutlich ist der Satz so zu interpretieren, dass an der Westempore Veränderungen vorgenommen werden mußten. 1881 wurde der Turm renoviert und mit Schiefer gedeckt.
Bisher nicht bekannt ist, wann genau der Turm vor der Westseite abgerissen wurde. In den 1990er Jahren wurde die Kirche über einen längeren Zeitraum saniert. 1996 wurde der Dachstuhl saniert, 1999 wurde die Kirche außen neu verputzt und das Dach neu eingedeckt. 2000/2001 wurde der Kircheninnenraum neu gestaltet, die Wände neu verputzt, die Elektrik erneuert. Die Orgel wurde repariert.

Vergleiche: Die Kirche hat eine vergleichsweise große Breite, sowohl im Schiff wie auch im Chor. Dafür sind Schiff und Chor relativ kurz. Daher ergibt sich das Bild einer relativ gedrungenen Kirche mit querrechteckigem Chor und stark ausgewölbter Apsis. Es gibt kaum direkt vergleichbare Kirchen. Die meisten dreiteiligen Dorfkirchen haben ein längeres und schmaleres Schiff. Lediglich das Schiff der Dorfkirche in Raben hat ähnliche Maße (13,20 m lang, 10,60 m breit), aber der Chor (8,40 m lang, 8,40 m breit) ist bei annähernd gleicher Breite um über 2 m länger als der Chor der Jeseriger Kirche.

Bemerkungen: In der Kirche ist die ehemalige Kanzel der St. Gertrauden-Kapelle in Belzig aufgestellt worden. Die St. Gertrauden-Kapelle hat um 1615 eine größere bauliche Umgestaltung erfahren, und die Kanzel könnte in dieser Zeit entstanden sein. Wann sie aber nach Jeserig kam ist nicht bekannt.

Information und Dank:

Literatur: Faehndrich (1883), Die Herrschaft Wiesenburg ..., S.334ff., Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 2 Die Ortsnamen des Kreises Belzig, S.58/9, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam) (1983), S.236, Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR (1978), S.23, Rohrlach (1977): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil V Zauch-Belzig, S.171-3, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.471.

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Potsdam: Jeserig/Fläming Bez. Potsdam, Ldkr. Belzig Dorf-K. Spätrom. Feldsteinbau aus rck. Schiff und eingezogenem Chor, beide jetzt mit durchgehendem Satteldach, und Apsis. Das NPortal erh., ein ehem. WPortal vermauert. Die Fenster 1858 verändert. Das Innere flachgedeckt, der Chorbogen entfernt; WEmpore. - Hölzerner Altaraufsatz mit ausgesägten, akanthus-bemalten Wangen 1693, das Abendmahlsbild 1857 von Döhring aus Wittenberg nach niederländischem Vorbild des 16. Jh. Hölzerne Kanzel (aus Belzig, Gertrauden-K.) um 1615, in den Feldern des polyg. Korbes 4 naive Gemälde: der kindliche Salvator, das apokalyptische Lamm, der Säemann, Christus und die Samariterin.

Dehio/Brandenburg: Jeserig/Fläming Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5 Ev. Dorfkirche. Spätromanischer Saalbau aus Feldstein mit eingezogenem Rechteckchor und Apsis (Turm 1954 abgerissen, Westgiebel verputzt). Restaurierung beg. 1989. Nördl. rundbogiges Feldsteinportal, das Westportal vermauert. Auf der Nordseite hochsitzende kleine Rundbogenfenster, die Fenster der Südseite 1858 vergrößert. Innen flachgedeckt, der Chorbogen entfernt; Westempore. - Hölzerner Altaraufsatz mit ausgesägten, akanthusbemalten Wangen 1693, das Abendmahlsbild 1857 von Döhring aus Wittenberg nach niederländischem Vorbild des 16. Jh. Hölzerne Kanzel (aus Belzig, St. Gertrauden) um 1615, in den Feldern des polygonalen Korbs vier ländliche Gemälde: der kindliche Salvator, das apokalyptische Lamm, der Sämann, Christus und die Samariterin.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Jeserig/Fläming, Bez. Potsdam, Ldkr. Belzig Dorfkirche Feldsteinbau mit eingezogenem Chor und Apsis 13. Jh., verändert 1858. - Altaraufsatz 1693, das Hauptbild von 1857. Kanzel A. 17. Jh., ehem. in der Gertraudenkapelle zu Belzig. 2 Kastengestühle 17. Jh. Kelch, Silber vergoldet, 1705, 2 Patenen, Silber vergoldet, 1656 und 1723. Glocke 1469.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K Feldsteinbau mit eingezogenem Chor und Apsis 13. Jh, verändert 1858, Glocke von 1469.

Aufnahme der Kirche: September 1998, Januar 2000

Grundriss: aufgenommen, aber noch nicht digitalisiert

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003