Jeserig/Brandenburg (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Lehnin-Belzig

Die Kirche ist leider komplett verputzt und Aussagen zur Baugeschichte sind daher nur begrenzt möglich. Leider sind auch fast alle Öffnungen verändert worden. Die Kirche wurde vermutlich barockzeitlich nach Osten verlängert und erhielt einen polygonalen Ostschluß.

Lage der Kirche: Jeserig liegt östlich von Brandenburg. Vom Ortstyp her ist es ein Angerdorf (Hist. Ortslexikon). Die Kirche liegt auf dem Dorfanger umgeben vom Friedhof.

Ortsgeschichte: 1367 wird der Jeseriger See, 1368 auch das Dorf Jeserig selbst erstmals urkundlich genannt. Den Namen deutet Fischer (1970) als "kleiner See" bzw. Siedlung an einem kleinen See. Jeserig liegt an einem See, dem Jeseriger See. Die heutige Feldmark des Dorfes umfaßt auch die Feldmark des wüstgefallenen Dorfes Wida. Die Hufenzahl des Dorfes ist stark wechselnd im Laufe der Jahrhunderte und geht aus den erwähnten Hufenzahlen nicht eindeutig hervor. 1451 werden 28 Dorfhufen genannt, 1538 werden 12 Hufen des wüsten Dorfes Wida erwähnt. 1538 sind es dann insgesamt 45 Hufen. Der Pfarrer hatte 1541 drei Pfarrhufen. 1644 sind es dann 17 Dorfhufen und 31 Hufen zu Wida. 1801 werden gar 30 Bauernhufen und 21 Lehnhufen genannt.
Auch die Besitzgeschichte ist äußerst verwirrend. Anscheinend gehörte der See vor 1367/8 den v. Retzow und v. Rochow, die ihn in dieser Zeit dem Kloster Lehnin übertrugen. Der erste bekannte Besitzer des Dorfes ist ein Blankenende zu Neustatdt Brandenburg (vor 1419), der das Dorf an Bensdorf und Dives zu Brandenburg verpfändete. Bereits vor 1430 bis etwa 1470 gehörte das Dorf dem Bensdorf zu Brandenburg. 1558 bis 1629 war es im Besitz der Familie Happe v. Happberg, die es 1629 an einen v. Redern verkauften. Dieser hatte das Dorf allerdings nur kurze Zeit, denn bereits vor 1644 war es an die v. Rochow gekommen, die Ortsherrschaft und das Patronat bis 1872 innehatten. Ein Freihof mit 10 Hufen (7 Dorfhufen 3 Hufen zu Wida) der v. Rochow war von 1450-1601 weiterverlehnt an die Familie Rock. Von 1629 bis 1644 war er wieder im Besitz der v. Rochow. 1644 bis 1664 war er dann die v. Schlabrendorf Besitzer dieses Gutes, ab 1664 hatten die v. Rochow das Gut wieder inne, die in diesem Jahr auch die Ortsherrschaft und das Patronat erwarben.

Baustruktur: Der Kirchenbau in Jeserig besteht aus Schiff (12,75 m Länge, 7,45 m Breite) mit nachträglichem angefügtem polygonalen Ostschluß (5,20 m lang) und schiffsbreitem Westturm (4,55 m lang, 7,45 m breit), der ursprünglich mit einem großen Spitzbogen mit dem Schiff verbunden war. Daraus ergibt sich eine Gesamtlänge von 22,50 m. An der Nordseite wurde eine große, zweistöckige Herrschaftsloge angebaut (6,80 m lang, 4,80 m breit). Die Kirche weicht mit magnetisch gemessenen 8° nach Nordosten von der idealen Ostwestausrichtung ab.

Mauerwerksausführung: Die Kirche ist überwiegend ein Feldsteinbau. Lediglich für den nachträglich angefügten polygonalen Ostschluß und die Herrschaftsloge auf der Nordseite sowie für kleinere Reparaturbereiche und Südportale wurde Backstein verwendet. Am Nordanbau maßen wir das Ziegelformat 25 x 14,5 x 7,5 cm, an einer Reparaturstelle in der Westseite des Turmes nördlich neben dem Westportal 25, 5 x ? x 7,5 cm. Das Ziegelformat des polygonalen Chorschlusses konnte nicht komplett erfaßt werden (25,5 x ? x 8 cm). Über die Mauerwerksausführung des Schiffes kann keine Aussage gemacht werden, da das Schiff verputzt ist. Der Turm hat ein lagiges Mauerwerk aus nur außen glatt behauenen Feldsteinen. Die Mauerstärke im östlich angebauten Chorpolygon ist deutlich geringer als im Ursprungsbau (geschätzt über einen Meter), konnte aber nicht exakt gemessen werden.

Mörtel und Putze: Schiff, Chor und Herrschaftloge sind komplett verputzt, der Turm besitzt im unteren Teil einen steinsichtigen Verputz. Der obere Teil besitzt einen unregelmäßigen Kontakt zum tieferen Teil des Turmes und ist komplett verputzt.

Portale: Im westlichen Teil der Südwand des Schiffes, direkt am Übergang zum Turm ist das Ziegelgewände eines rundbogiges Portal vom Putz befreit worden. Der Bogen besteht aus einer Lage stehender Binder. Die Ziegel messen 30-30,5 x 13,5 x 9-10 cm. Im Portalgewände finden sich einige wenige Näpfchenstrukturen. Ein weiteres zugesetztes Portal zeichnet sich unter dem Putz etwa beim mittleren Fenster der Südwand ab. Es hatte ein Ziegelgewände mit 28 cm langen Ziegel und ist mit kleinformatigen Ziegeln zugesetzt worden. Der heutige Zugang zum Kircheninneren ist durch das rechteckige Westportal, das von einem offenen Dachvorbau geschützt ist. Der Nordanbau ist durch ein rechteckiges Portal auf seiner Nordseite zugänglich.

Fenster und Blenden: In der Südseite des Schiffes sitzen vier, relativ lange flachbogige Fenster, in der Nordseite sind es zwei derartige Fenster. Der Chor hatte ursprünglich auf jeder der drei Facetten ein rechteckiges Fenster. Das nordöstliche Fenster ist als Blende ganz zugesetzt. Das mittlere, östliche Fenster ist bis auf ein kleines Rechteckfenster blendenartig zugesetzt. Lediglich das Fenster der südöstlichen Facette ist zum größten Teil noch offen; nur die unteren 50 cm sind als Blende zugesetzt. In der Südseite des Turm befindet sich ein kleines flachbogiges Fensterchen. Über dem Westportal zeichnet sich im Mauerwerk ein runder Reparaturbereich ab, der nur von einer beseitigten Rundblende stammen kann. Der Nordanbau besitzt auf seiner Westseite zwei rechteckige Fenster übereinander. Die Ostseite zeigt zwei lange, flachbogige, aber unterschiedliche breite Fenster nebeneinander.

Innenbögen: Der Turmraum hat mit dem Schiffsinneren einen spitzbogigen Verbindungsbogen. Er ist jedoch heute bis auf eine normalgroße Tür zugesetzt.

Turm: Der Turm ist ein schiffsbreiter Westturm. Deutlich sind zwei Bauphasen im Mauerwerk ablesbar, die allerdings zeitlich weit auseinander liegen. Unten ist unverputztes Feldsteinmauerwerk, oben verputztes Ziegelmauerwerk. Der Kontakt ist unregelmäßig. An der Basis des verputzten oberen Teils sind noch die Feldsteingewände der alten Schallöffnungen zu sehen. Auf der Nord- und Südseite waren es je eine Schallöffnung, auf der Westseite zwei Schallöffnungen. Das heutige Glockengeschoß ist gegenüber dem unteren Teil etwas eingezogen. Auf jeder Seite befinden sich je zwei flachbogige Schallöffnungen. Der sechseitige Dachreiter schließt mit Kugel, Windfahne und Stern ab. Die Windfahne ist in Form eines springenden Steinbocks gestaltet. In die Windfahne sind die Jahreszahl 1907 und 1987 eingearbeitet. Außerdem sind drei Lilien (oder Doppelspringer) zu erkennen. Das ist eine Anspielung auf das Wappen der v. Rochow, die bis 1872 die Ortsherrschaft und das Patronat über Jeserig innehatten. Als Vergleich sei hier an das Rochow-Wappen an der Westseite der Kirche in Plessow erinnert.

Dächer: Der Turm besitzt ein beidseitig abgewalmtes und gebrochenes Querdach mit einem relativ großen Dachreiter. Dieser ist 6eckig und besitzt eine Schweifhaube mit ausgezogener Spitze. Querdach und Dachreiter sind mit Kupfer verkleidet. In der West- und Ostseite des Dachreiter ist je eine rechteckige Öffnung.

Innenausstattung: Wir waren bisher noch nicht im Inneren der Kirche. Die Westtür ist im oberen Teil durchbrochen und vergittert. Durch das Gitter kann man auf Altarwand und Taufe sehen. Das Chorpolygon ist durch eine Altarwand mit Kanzel und eine Chorempore am restlichen Kirchenraum abgeteilt. Die Altarmensa ist eine einfache Blockmensa. Vor dem Altar steht die einfache barocke Holztaufe. Das Gestühl stammt von einer der Innenrestaurierungen des 19. Jahrhunderts. . Die Orgel steht auf der Chorempore.

Außenbereich: Bei unserem Besuch haben wir leider versäumt, die im Dehio beschriebenen Grabdenkmäler aus dem Anfang des 19. Jahrhundert zu fotografieren. Ein Grabmal war mit einem Vordach versehen und wurde als Holzlager mißbraucht.

Baugeschichte: Aufgrund der Mauerwerksausführung, des Längen-Breiten-Verhältnisses, der Baustruktur und der Stilelemte (rundbogiges Gemeindeportal, spitzbogiger Verbindungsbogen zwischen Turm und Schiff) ist von einem Baubeginn der Kirche am Ende des 13. Jahrhunderts/Anfang des 14. Jahrhunderts auszugehen.
Unter Berücksichtigung aller Beobachtungen kann es sich beim Ursprungsbau nur um eine Rechteckkirche mit schiffsbreitem Querwestturm (17,30 m lang, 7,45 m breit) gehandelt haben. Ein theoretisch noch möglicher Apsissaal ist aufgrund des ungequaderten Mauerwerks und des spitzbogigen Verbindungsbogen zwischen Turm und Schiff unwahrscheinlich. Eine Kirche mit eingezogenem Chor kann man aufgrund der geringen Breite des Schiffes eigentlich ausschließen. Es waren zwei Portale auf der Südseite vorhanden. Die Kirche hatte jeweils drei Fenster auf Nord- und Südseite.
1731 wurde die Kirche umgebaut und die Fenster vergrößert. Die Kirche wurde nach Osten verlängert und mit einem polygonalen Ostabschluß versehen. Die Kirche wurde verputzt.
Das Innere wurde 1812 und 1864 verändert. 1877 erfolgte der Anbau einer Patronatsloge an die Nordseite der Kirche. 1907 erhielt der Turm seinen neubarocken Abschluß.

Vergleiche: Die Kirche hat fast exakt dieselben Maße wie die Dorfkirche in Schenkenhorst (17,40 m lang, 7,55 m breit). Sie gehört damit zu einer kleinen Gruppe von sehr langen und im Verhältnis dazu sehr schmalen, früh

Bemerkungen: Es ist schon etwas merkwürdig, dass in keiner der früheren Publikationen die Verlängerung der Kirche nach Osten erkannt wurde.
Bisher ist die neuere Baugeschichte noch schlecht recherchiert.

Information und Dank: -

Literatur: Fidicin 1860, Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd.3, Teil 3 Der Zauchische Kreis, S.26/7, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.236, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.42, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.471

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Potsdam: Jeserig Bez. Potsdam, Ldkr. Brandenburg Dorf-H. Feldsteinbau aus 3seitig geschl. Schiff und WTurm, im Kern ma., im 18. Jh. umgestaltet und verputzt.-1864 durch hölzerne Einbauten eingreifend verändert, die Patronatsloge 1877 angefügt, Turmabschluß von 1907. Wandepitaph für E. v. Rochow +1771, schwarzer und weißer Marmor. Über zopfigem Sockel Rokokokartusche mit weinendem Engel. Auf dem Kirchhof 2 Grabdenkmäler 1809 und 1816.

Dehio/Brandenburg: Jeserig (bei Brandenburg) Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5 Ev. Dorfkirche. Im Kern mittelalterlicher Feldsteinbau mit dreiseitigem Ostschluß und querrechteckigem Westturm, 1731 umgestaltet und verputzt. Nördl. Anbau mit Patronatsloge 1877, neubarocker Turmabschluß 1907. - Die Turmhalle urspr. mit großem Spitzbogen zur Kirche geöffnet. Der Kirchenraum im 19. und A. 20. Jh. durch hölzerne Einbauten eingreifend verändert: das Chorpolygon durch Altarwand mit Kanzel und Chorempore abgeteilt, im Kern wohl barock, 1902 erneuert; Westempore auf toskanischen Säulen 1864, Patronatsempore 1877. Wandepitaph für Friedrich Ehrenreich v. Rochow (+ 1771), schwarzer und weißer Marmor. Über zopfigem Sockel Rokokokartusche mit weinendem Engel. Auf dem Kirchhof zwei klassizistische Grabdenkmäler 1809 und 1816.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Jeserig
Dorfkirche Im Kern mittelalterlicher rechteckiger Feldsteinbau mit dreiseitigem Chorschluß und Westbreitturm, 1731 barock umgebaut. Turmabschluß 1907. Das Innere 1812 und 1864 verändert. - Kanzelaltar mit Altarwand und Orgelempore teilweise barock, 1864 verändert. Pfarrerstuhl 1792. Kelch, Silber vergoldet, 1723. Taufschüssel, Messing, 1. H. 16. Jh. Epitaph F. E. v. Rochow, Marmor, 1771. Auf dem Kirchhof 2 klassizistische Grabdenkmäler 1809 und 1816.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K im Kern ma rechteckiger Feldsteinbau mit dreiseitigem Chorschluß und WBreitturm, 1731 barock umgebaut, Turmabschluß von 1907, Inneres 1812 und 1864 verändert.

Aufnahme der Kirche: September 2002

Grundriss:

Grundriss der Dorfkirche Jeserig (bei Brandenburg) (eigene Aufnahme; nicht winkeltreu).

Zur Startseite


©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003