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Ein Kapitel aus:
Karl Walker: Das Geld in der Geschichte
Rudolf Zitzmann Verlag; Lauf bei Nürnberg; 1959

JOHN LAW - UND SEIN PAPIERGELD

Als der Sonnenkönig Ludwig XIV. 1715
starb, waren in Frankreich allein die jährlichen
Zinsen für die Staatsschuld schon größer als die
laufenden Staats-Einnahmen. Der Regent Her-
zog Philipp von Orleans, der den unmündigen
Knaben Ludwig XV. vertrat, fand keinen Rat
mehr. In dieser Zeit hatte John Law einigen
europäischen Höfen phantastisch anmutende Fi-
nanzierungsprojekte unterbreitet, war zuerst
abgewiesen, dann aber in Frankreich doch her-
angezogen worden. John Law, ein Mann von
schottischer Herkunft, im Bankwesen bewandert
und weit gereist, bekam die Erlaubnis zur Errich-
tung einer privaten Kreditbank, die bald schon
zu einer Staatsbank umgewandelt wurde. Diese
Bank gab Zettel aus, von denen Law zunächst
nicht mit Unrecht sagte, daß sie genau so gut
wie Metallgeld für Zahlungszwecke benutzt
werden könnten. Nach seiner Theorie sollten
diese Zettel durch den Grund und Boden ge-
deckt sein, womit der eigentliche und bleibende
Wert des Landes beweglich gemacht und in Um-
lauf gebracht würde. Das Papiergeld sei sogar
wertbeständiger als das Silber, "denn die Län-
der bringen herfür, aber das Silber ist schon her-
vorgebracht", und die Landgüter können keine
von ihren Nutzungen verlieren, aber das Geld
kann sein Gepräge verlieren". In der prakti-
schen Handhabung richtete man sich jedoch nicht
nach diesen Grundsätzen. John Law beugte sich
sofort dem Finanzbedürfnis des Staates und
räumte ihm ein, daß er auf Grund seines eigenen
Kredites - also ohne Grund- und Boden-Dek-
kung - solches Papiergeld ausgeben könne. Be-
reits im Jahre 1718 wurden seine Zettel Staats-
papiergeld. Da in Frankreich um diese Zeit dank
der Verschwendung des Hofes Geldmangel
herrschte, brachte das Papiergeld wirklich eine
Erleichterung. Handel und Gewerbe blühten
wieder auf und der Zinsfuß sank.

Inzwischen hatte John Law außerdem eine
weitere Gründung vollzogen, die "Mississippi-
Compagnie", eine Handelsgesellschaft auf Ak-
tien, die die Kolonisierung Kanadas und der
Länder am Mississippi bezweckte. Diese beiden
Operationen zusammen brachten einen unge-
heuren spekulativen Aufschwung. Die Staats-
bank gab Geld aus, Gewerbe und Manufak-
turen blühten auf, zahlloses Volk aus aller Welt
strömte nach Frankreich und nach den franzö-
sischen Kolonien. Bis zum Mai 1720 wurden
nach einem eigenen Bericht von John Law "500
ganz große Schiffe erbaut oder gekauft, nicht
zu sprechen von den Brigantinen und Fregatten,
um den Strom von Auswanderern nach dem an
Metallen, Seide und Spezereien reichen Loui-
siana zu bringen." - Aber die Notenpresse der
Staatsbank war nicht mehr aufzuhalten. Der
Herzog von Orleans soll mehr Geld haben druk-
ken lassen als John Law überhaupt wußte.
Schließlich waren es 3,7 Milliarden Livres. Und
so, wie das Geld vermehrt wurde, stiegen die
Preise - sie stiegen so rasch, daß die Produktion
bei aller Emsigkeit nicht mehr nachkommen
konnte. Die Mississippi-Aktien stiegen mit und
waren in wenigen Jahren von 500 auf 18 000
Livres geklettert! - Dann aber kam es beim
Rückfluß der Noten zur Ernüchterung. Die Bank
konnte die Zettel nicht einlösen, die gewaltige
Papiergeld-Masse aber auch nicht im Umlauf
lassen. Jetzt war guter Rat teuer. John Law
wurde vom Regenten mit größerer Vollmacht
ausgestattet, zum Generalkontrolleur der Finan-
zen ernannt und versuchte nun von dieser Basis
aus, sein System mit Willkürmaßnahmen zu ret-
ten. Der Wert von Gold und Silber wird plötz-
lich nach dem Bedürfnis der Bank verändert;
man befiehlt die Ablieferung von Edelmetallen,
der Besitz von Kleinodien wird unter Strafe ge-
stellt, die Herstellung von Tafelsilber wird un-
tersagt, ja, sogar der Besitz von Bargeld, soweit
er über 500 Livres hinausginge, sollte nicht mehr
erlaubt sein. Da das aber alles nichts half, wagte
Law schließlich die einzig vernünftige Maß-
nahme, den Wert seiner Bank-Zettel auf die
Hälfte herabzusetzen. Der Erfolg war jedoch -
in der damaligen Zeit war man so etwas noch
nicht gewohnt -, daß ganz Frankreich in schäu-
menden Aufruhr geriet; das Gesetz mußte sofort
zurückgenommen werden. John Law konnte sich
durch heimliche Flucht retten.

Wie Gaettens in seinem interessanten Buch
"Inflationen. . ." schreibt, kann man John Law
nicht, wie zeitgenössische Flugblätter und Spott-
medaillen ihn hinstellten, als einen Gaukler
und Narren betrachten. Law habe im Grunde
genommen für absolut gesunde soziale Ideen
gekämpft. In der Tat ist das, was er anstrebte,
mit Hilfe des Papiergeldes einen geschmeidigen
Geldumlauf zu schaffen, den Kredit zu verbil-
ligen, Handel, Gewerbe und Manufakturen zu
fördern, eine großartige volkswirtschaftliche
Konzeption gewesen. Zu seiner Zeit hatte man
indessen noch gar keine Erfahrung und insbe-
sondere noch keine Vorstellung davon, daß et-
waige Fehler mit der Folgerichtigkeit natur-
gesetzlicher Vorgänge sich auswirken werden.
Aber wem sagen wir das? - Haben wir nicht
im zwanzigsten Jahrhundert noch ähnlich ope-
riert? Immer wenn sich die Auswirkungen von
Fehlern zeigen, werden auch gleich Sünden-
böcke gesucht. Als sich in Frankreich auf Grund
der allzu reichlichen Notenausgabe der Kurs
der Noten verschlechterte, wußte man nichts
Klügeres, als den ominösen Erlaß des Regenten,
der die Konfiskation von Gold und Silber an-
ordnete. Als Begründung dafür hieß es in die-
sem Edikt: "Trotz der von Sr. Majestät gehab-
ten Fürsorge, einen leichteren Geldumlauf her-
zustellen, gehen Übelwollende darauf aus, das
Vertrauen zu untergraben. Wir halten es des-
halb zugunsten des Handels und Geldumlaufs
für nötig, über diejenigen Strafen zu verhän-
gen, die das Bargeld aufspeichern. . ." - (s. a.
a. O. S. 125).

Es hat nichts genutzt, das Edikt, denn es wa-
ren nicht Übelwollende, die das System er-
schütterten, sondern es war die Eigengesetzlich-
keit des Geldwesens, die die Maßlosigkeit der
Notenvermehrung unter die Strafe der Ent-
wertung nahm.


Dieser Text wurde am 6.7.1997 ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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