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Text von Robert Mittelstaedt im Juni 2002 gescannt und geldreform.de zur Verfuegung gestellt. Danke!


Schriftenreihe des Schweizer Freiwirtschaftsbundes

"Was ist FFF?"

von Werner Schmid, Zürich
3. Auflage, 11.-15. Tausend, 1937 (?)
Auslieferung für den Buchhandel: Pestalozzi-Fellenberg-Haus, Bern
Buchdruckerei H. Gerber, Schwarzenburg

Das Einmaleins der Volkswirtschaft


Was wollen die Freiwirtschafter?

Wir wollen nichts mehr und nichts weniger, als das verwirklichen, was als Aufgabe der Eidgenossenschaft in deren Bundesverfassung niedergelegt ist: Die Wohlfahrt Aller fördern und sichern. Wir wollen die höchstmögliche Freiheit des Einzelnen auf der Grundlage der Sicherheit und der Gerechtigkeit für das Ganze. Wir wollen die Demokratie sichern und vollenden durch deren Ausbau auf wirtschaftlichem Gebiet. Wir wollen allen Bürgern das Recht auf Arbeit sichern, sowie den Anspruch auf den vollen Arbeitsertrag verwirklichen, Wir wollen die Beschränkung, den Abbau des arbeitslosen Einkommens und die Erhöhung, den Aufbau des Arbeitseinkommens. Wir wollen der Spekulation auf den Leib rücken, wollen die Wirtschaftskrise nicht nur mildern und in ihren Folgen abschwächen, sondern an der Wurzel packen und ein für alle Mal ausrotten und beseitigen, sie ersetzen durch eine dauernd blühende Wirtschaft. Wir wollen die größtmögliche Selbständigkeit und Selbstverantwortung des Einzelnen. die größtmögliche wirtschaftliche Sicherung tür die Familie, als der Grundlage und des Nährbodens der Volksgemeinschaft. Wir wollen die soziale Frage lösen, damit die Grundlage schaffen für den sozialen Frieden, für die Beseitigung des Klassenkampfes, für den Bürgerfrieden und damit für den Völkerfrieden.


Wir wollen viel

Aber wir wollen das, was als Sehnsucht in den Herzen von Millionen Menschen lebt, Wirklichkeit werden lassen. Und wir glauben, daß es gerade die Aufgabe der Schweiz wäre, die Lösung dieser Fragen mutig an die Hand zu nehmen, - Wir wollen aber diese Dinge nicht nur - wir wissen auch den Weg zu ihrer Verwirklichung zu zeigen. Denn darauf kommt es schließlich an. Wer wollte all diese Forderungen nicht auch verwirklicht sehen? Aber noch immer scheiterte deren Verwirklichung an allen möglichen Hindernissen. Wo lagen sie? Jeder Fortschritt der Menschen mußte erkämpft werden. Alle freiheitlichen Strömungen mußten sich durchsetzen gegen den Widerstand derer, die sich in ihren Vorrechten bedroht fühlten. Die Schweizergeschichte liefert hier der Beispiele genug. Auch heute ist es so. Auch heute werden durch unsere Forderungen die Vorrechte einer kleinen Schicht bedroht.


Die Voraussetzungen

Zur Verwirklichung aller von uns aufgestellten Postulate sind heute alle Voraussetzungen gegeben. Niemand auf der Welt, niemand in unserem Lande müßte Not und Hunger leiden, wenn es mit rechten Dingen zuginge. Alle hätten wir genügend zu leben, hätten wir genug Arbeit und Verdienst, könnten wir zu Wohlstand und zu einer anständigen Lebenshaltung kommen, wenn dieses eine große Hindernis beseitigt wäre. Niemand müßte mehr armengenössig sein, niemand mehr Arbeitslosenunterstützung empfangen, niemand mehr sich vor Schaltern demütigen lassen, niemand mehr in traurigen Löchern wohnen. Alle könnten Mensch sein, ein menschenwürdiges Dasein führen, durch ehrliche Arbeit sich und die Seinen erhalten, Licht, Luft, Sonne und den Reichtum und die Schönheit der Natur genießen. Wenn diese eine, gewaltige, dunkle Macht der Finanz nicht wäre. «Die heimliche Hand», wie sie genannt wird. Die Technik könnte alles produzieren, was wir brauchen. Haben wir doch, nach der Feststellung des Bundesrates, allein in der Schweiz einen Produktionsapparat, der genügen würde, weitere vier Millionen Menschen zu ernähren.


Wo fehlt’s?

Warum haben wir eine Milchschwemme, so daß unsere Bauern nicht wissen, wohin mit dem Segen und nichts lösen dafür und daneben unterernährte Kinder, zahlreiche Arbeiterfamilien, die nicht genügend Milch konsumieren können? Warum mußte man im ganzen Lande die Produktion lebenswichtiger Güter einschränken, zur gleichen Zeit, da die Menschen sich immer weniger leisten konnten, zur gleichen Zeit, da ihr Bedarf nach Waren immer größer, der Warenhunger immer ungestillter wurde?

Die Waren liegen da und die sie herstellten, wären sie gerne los. Denn dazu haben sie sie hergestellt. Die Menschen wären auch da, die sie gerne hätten. Warum kaufen sie sie denn nicht? Warum kaufen sie nicht? Nun, warum kaufst Du Dir nicht einfach, was Du brauchst oder gerne hättest, lieber Leser? Dir fehlt's am Geld? Nun, so geht es uns allen, so geht es der ganzen breiten Schicht der Arbeitenden aller Stände und Berufe.


Am Gelde fehlt’s!

Wenn man den Leuten das Geld aus der Tasche nimmt, können sie nicht mehr kaufen. Wenn sie nicht kaufen können, kann der Produzent nichts produzieren. Wenn der Produzent nichts produzieren kann, kann er seine Arbeiter nicht beschäftigen, er muß sie entlassen. Wenn die Arbeiter nicht arbeiten können, können sie auch nicht kaufen. Wenn sie nicht kaufen können ... So geht das immer weiter. Und wenn das so weiter geht, dann steht die Wirtschaft still.

Wenn aber das Geld da ist, wenn die Menschen die Möglichkeit haben, Geld auszugeben, ihren Warenhunger zu stillen, dann kommt die Wirtschaft in Gang. Denn wenn der Käufer kauft, dann kann der Produzent seine Waren absetzen, dann muß er wieder neue herstellen, dann muß er die Arbeiter wieder einstellen, dann haben sie wieder Lohn, dann können auch sie wieder kaufen, dann kann der Produzent ... So geht es jetzt auch da immer weiter, in ständigem Kreislauf, ständigem Kreislauf des Geldes. Dieser ständige Kreislauf des Geldes ist es, der die Wirtschaft am Leben erhält, sie belebt und ständig aufwärts treibt. Der Kreislauf des Geldes allein ist es, der Arbeit und damit Verdienstmöglichkeit und Wohlstand schafft und schaffen kann.


Warum funktionierte der Geldumlauf schlecht?

Er funktionierte deshalb schlecht, weil wir bald zu viel und bald zu wenig Geld im Umlauf hatten. Anno l914, als der Krieg ausbrach, hatten wir einen Geldumlauf von 336 Millionen Franken. Bis Ende 1919 wurde derselbe auf 1036 Millionen erhöht. Also mehr als verdreifacht! Das Geld raste damals durch alle Hände, stürzte sich geradezu auf alle Waren. Und wer Waren zu verkaufen hatte, der lachte sich ins Fäustchen. Diese große Nachfrage nach Waren trieb natürlich die Preise in die Höhe. Denn die Preise sind das Ergebnis von Angebot und Nachfrage. Das Angebot, das sind die Waren, die zum Verkaufe angeboten werden müssen, die Nachfrage, das ist das Geld, das Nachfrage nach diesen Waren hält. Wenn nun das Geld in diesem Umfang vermehrt wird, dann müssen die Preise naturgemäß allgemein steigen. Ein Teil der Preissteigerung ist natürlich auch auf die anfängliche Verknappung der Waren zurückzuführen; aber die dadurch hervorgerufene Teuerung wird vom eidg. Finanzexperten nur auf etwa 20% geschätzt. Die übrigen 80% sind auf die unsinnige Geldvermehrung zurückzuführen. Diese allgemeine Preissteigerung nennen wir eine Inflation.

War das nun nicht herrlich, daß das Geld so rasch umlief? Ja und nein! Die rasche Zirkulation des Geldes ist erwünscht und notwendig. Unerwünscht aber ist die allgemeine Preissteigerung. Denn sie ist ein Betrug am Sparer und schädigt alle Lohnempfänger. Denn der Lohnaufbau wird bei uns bekanntlich im Berner Tempo vorgenommen. So hinkten während der Kriegszeit die Löhne ständig hinter der Preissteigerung her, was unendliche Lohnkämpfe zur Folge hatte, die schließlich im Generalstreik gipfelten. So hat die Inflation Unruhe und Zwietracht in unser Volk gebracht und es unnötig verhetzt. Der eidgen. Finanzexperte, Dr. Kellenberger, damals noch Redaktor am «Bund», schrieb deshalb voll Bitterkeit.

«Es ist bewundernswert mit welcher Seelenruhe sich unsere Bundesverwaltung über die tausendjährigen Erfahrungen der Weltgeschichte und die elementarsten Grundsätze der Volkswirtschaftslehre hinwegsetzt. Durch ihre verhängnisvolle Finanzpolitik haben Regierung und Räte redlich mitgeholfen, die Teuerung ohne Not zu verschärfen, die Unzufriedenheit in weite Kreise der Bevölkerung zu tragen und damit der Streikbewegung unbewußt Vorschub zu leisten.»


Der Betrug der Inflation

Die Inflation war aber auch ein großangelegter Betrug am Sparer. Wer im Jahre 1914 hundert Franken in sein Sparheft legte und sie im Jahre 1919 wieder holte, der konnte damit nur noch so viel Waren kaufen, wie er 1914 schon für 45 Franken bekommen hätte. Das heißt, er wurde durch die Inflation um 55% seiner Ersparnisse bestohlen. Denn wenn die Preise allgemein steigen, der Durchschnittspreisstand oder Index sich allgemein hebt, dann verliert das Geld an Kaufkraft, es entwertet sich. Die Preise stiegen nun aber im Durchschnitt von 1914 bis 1919 von l00 auf 224! Das war ein schweres, soziales Unrecht.


Das Unrecht der Deflation

Nun aber fügte man diesem schweren Unrecht gleich ein neues an. Man löste das Unrecht der Inflation ab durch das nicht minder schwere Unrecht der Deflation. Um nach dem Kriege wieder zur Goldwährung zurückkehren zu können und das Verhältnis 100:100 zwischen Noten und Gold wieder herzustellen, baute man den Notenstand ab, wodurch man die Preise wieder senkte. Man glaubte damit dem Volke eine Wohltat zu erweisen. So wurde wenigstens im Nationalrat gesagt.

Aber die Deflation erwies sich nicht nur nicht als Wohltat, sondern als furchtbarer Schrecken. Denn der allgemeine Preisabbau lähmte das Geschäftsleben. Sobald Herr Musy, der damalige Finanzminister, den Preisabbau ankündigte, begann die Wirtschaft zu stocken. Jedermann sagte sich: Wenn jetzt alles billiger wird, dann halte ich mein Geld solange wie möglich zurück, um möglichst billig einkaufen zu können. Es wurde weniger gekauft, also weniger abgesetzt, also weniger produziert, also konnte weniger gearbeitet werden. Ergebnis: Arbeitslosigkeit.

Dazu kam, daß die Notenbank den Geldumlauf systematisch drosselte, einengte, verkleinerte. Die Nationalbank tat, nach ihrem Jahresbericht von 1920, alles, «was in ihrer Macht stand, um den von den Behörden geforderten Preisabbau zu fördern». Was in ihrer Macht stand, war eben die Verringerung des Geldumlaufs; so daß sich die Nachfrage nach Waren automatisch verkleinerte, wodurch die Preise fielen. Der Index (Durchschnittspreisstand) fiel von 224 im Jahre 1920 auf 162 im Jahre 1926. Die Vorteile, die man dem Volke versprochen hatte, waren 150 000 Arbeitslose! Und diejenigen, die noch arbeiten konnten, mußten sich schwere Lohnabzüge gefallen lassen. Hatte man zur Zeit der Inflation die Löhne im Berner Tempo aufgebaut, so wurden sie jetzt im Freiburger Tempo wieder abgebaut! Das führte zu neuen, aber in der Hauptsache erfolglosen Lohnkämpfen. Zu neuen Unruhen, Zwistigkeiten und Unzufriedenheiten. Nicht genug an dieser Lähmung des Geschäftsganges, an dieser erschreckenden Arbeitslosenziffer, bedeutete die Deflation außerdem einen schweren Betrug am Schuldner.


Der Betrug am Schuldner

Nehmen wir an, ein Handwerker, oder ein Bauer, oder ein Unternehmer, oder ein Beamter habe im Jahre 1920 ein Darlehen aufgenommen im Betrage von 10000 Fr. Der Bauer konnte z. B. durch den Verkauf von 1 Kalb seine Schuld verzinsen, der Beamte durch einen Monatslohn von 500 Franken, der Unternehmer durch den Verkauf von zehn Maschinen. Durch den allgemeinen Preisfall aber wurde der ganze Schuldvertrag verfälscht. Der Bauer mußte im. Jahre 1926 statt 1 Kalb deren 3 verkaufen, um die Schuld verzinsen zu können. Der Lohn des Beamten war auf 350 Franken zusammengeschmolzen, er mußte jetzt mehr als einen Monatslohn zur Verzinsung seiner Schuld aufwenden. Der Unternehmer endlich, der für eine Maschine nur noch 750 Franken bekam, mußte deren dreizehn verkaufen, um die Schuld zu verzinsen. Anderseits konnte der Zinsempfänger, der Gläubiger mit dem Geld, das er erhielt, mehr kaufen als er mit dem Gelde, das er verlieh, hätte erwerben können. Die Deflation fälscht alle Zahlungsverträge zugunsten des Gläubigers, zu Lasten des Schuldners. Der Geschäftsmann sah seinen Umsatz von 100000 Fr. auf 60000 Fr. zusammenschmelzen, aber die Schulden blieben auf gleicher Höhe, ebenso die Zinsen.

So hat diese Politik des Geldentzuges und der Verlangsamung des Geldumlaufs zur Schrumpfung unserer Wirtschaft geführt. Das Internationale Arbeitsamt schreibt darüber in seinen ausgedehnten Untersuchungen «Das Problem der Arbeitslosigkeit in internationaler Betrachtung» (Pestalozzi-Fellenberg-Haus, Bern):

«In den Monaten März, Mai und September 1920 eröffnete die Schweiz. Nationalbank eine Geldentziehungspolitik: gegenüber 1036 Millionen am 31. Dezember 1919 betrug der Notenumlauf am 31. März 1920 nur noch 974 Millionen, er fiel am 30. Juni auf 954 Millionen. -- Die Wirkungen dieses Geldentzuges beginnen sich im Oktober zu zeigen. Die Preise fallen rapid und am Höhepunkt der Krise (150.000 Arbeitslose) im Februar 1922, zeigt der Index 172,3, das ist beinahe die Hälfte gegenüber Anfang 1920, am Vorabend der Krise.»

Was hätte denn getan werden sollen?

Kritisieren ist leicht, besser machen ist schwerer, pflegt man zu sagen. Nun, man hat es von 1926 an besser gemacht. Von 1926 an wurde das getan, was man immer hätte tun sollen: man sorgte dafür, daß die Preise weder allgemein fielen, noch allgemein stiegen. Man vermied Inflation und Deflation, man hielt einen festen Preisstand. Wenn der Durchschnittspreisstand fest bleibt, dann kann man mit dem Franken immer ungefähr gleich viel Ware kaufen, dann hat der Franken eine feste Kaufkraft. Im Jahre 1926 stand der Index auf 162, im Jahre 1929 immer noch auf 161. Kein Schuldner wurde betrogen. Kein Gläubiger wurde betrogen. Niemand hielt sein Geld zurück in Erwartung sinkender Preise. Niemand ergriff die rasende Flucht in die Sachwerte. Handel und Wandel blühten auf, die Arbeitslosigkeit sank, die Ersparnisse des arbeitenden Volkes stiegen. Die Einlagen stiegen von 1926 bis 1929 von 996 auf 1227 Millionen Franken. Die Erträgnisse der Wirtschaft stiegen. Die Exportindustrie blühte auf, indem der Export von 153 auf 174 Millionen stieg. So bewahrheitete sich die Voraussage von Professor Gustav Cassel in Stockholm, der schon Jahre vorher gesagt hatte:

«Wenn die Zentralnotenbanken nur dazu übergehen, den Preisstand zu festigen, werden die Konjunkturschwankungen der Vergangenheit angehören.»
Was hatte denn die Notenbank getan? Nun, sie gab gerade so viel Geld in Umlauf, daß der Preisstand nicht schwankte. Durch die unsinnige Vermehrung von 1914 - 1919 hatte sie die Preise gehoben, durch die Verminderung nach 1920 sie wieder gesenkt. Das war ein ungeregelter Geldumlauf.

Die Regelung des Geldumlaufs

Sie ist die Voraussetzung einer gut funktionierenden Wirtschaft. Das Internationale Arbeitsamt sagt darüber in seinen bereits erwähnten Untersuchungen:

«In der Vermehrung und. Verminderung der Zahlungsmittel im Verhältnis zur angebotenen Gütermenge liegt also ein beinahe automatischer Grund für die Belebung und Verlangsamung des Geschäftsganges und damit für die Erhöhung und die Verminderung der Beschäftigungsmöglichkeiten.»

Da nach dem Notenbankgesetz die Nationalbank diejenige Institution ist, die den Geldumlauf des Landes zu regeln hat, wäre es ihre Pflicht, stets soviel Geld im Umlauf zu erhalten, daß der Preisstand fest bleibt, d. h. daß die Kaufkraft des Geldes nicht schwankt.

dann muß der Geldumlauf dementsprechend vergrößert werden, damit diese Mehrproduktion auch abgesetzt werden kann und dem Volke zugute kommt. Der gleichbleibende Preisstand zeigt an, daß der Geldumlauf richtig geregelt ist. Die Entwicklung von 1926 bis 1929 hat die Richtigkeit dieser Forderung schlagend dargetan. Das zeigen folgende Zahlen:

  Preisstand Notenmenge
in Mill. Fr.
SBB-Überschuss
in Mill. Fr.
Staatsrechnung
in Mill. Fr.
1926 162 769 109 -9,0
1927 160 798 128 -1,5
1928 161 818 151 23,0
1929 161 855 151 24,0

Aber man lernte nichts aus diesen Erfahrungen und störte die Entwicklung neuerdings durch eine abermalige Deflation als Folge der Goldwährung.

Die Einführung der Goldwährung

Sie erfolgte im Jahrs 1930. Sie brachte uns die schwere Krise, an deren Folgen wir heute noch leiden. Was heißt Goldwährung? Unter der Goldwährung wird der Preis der Ware Gold gesetzlich festgelegt. So wurde zum Beispiel in der Schweiz im Jahre 1930 gesetzlich bestimmt, daß man für einen Franken jederzeit 0,29 Gramm Gold erhalten solle oder für 0,29 Gramm Gold jederzeit einen Franken. Indem die Notenbank diesen Preis gesetzlich durch das - größtenteils ahnungslose, andernfalls willfährige - Parlament festlegen läßt und garantiert, ist sie gezwungen, ihn auch zu halten.

Wenn nun unter der Goldwährung die Goldproduktion steigt, d. h. wenn viel Gold produziert und zum Verkaufe angeboten wird, hat der Goldpreis Tendenz zum Fallen. Wenn die Kartoffelernte groß ist, werden die Kartoffeln billig. Genau so ist es mit dem Gold. Wenn nun aber die Notenbank das Gold immer zum gleichen Preis ankauft, dann hat das zur Folge, daß ihr bei steigender Goldproduktion Gold zufließt. Sie bezahlt es mit Noten. Dadurch wird der Geldumlauf erhöht, was wieder zur Folge hat, daß die Warenpreise steigen. Sinkender Goldpreis ist gleichbedeutend mit steigenden Warenpreisen.

Umgekehrt: Wird das Gold rar, dann hat der Goldpreis Neigung zum Steigen. Um das Steigen des Goldpreises zu verhindern, muß die Notenbank das Gold zum alten Preise anbieten, d. h. es wird jeder, der Gold kaufen will, es bei der Notenbank beziehen. Das Geld strömt zur Notenbank, wodurch der Geldumlauf im Lande sich verringert, was sinkende, Warenpreise zur Folge hat. Steigender Goldpreis hat sinkende Warenpreise zur Folge.

Die Goldwährung ist eine ausgesprochene Spekulantenwährung

Denn am Auf und Ab der Preise verdienen die Spekulanten. Steigen die Preise, dann kaufen sie rasch Sachwerte, solange sie noch billig sind (Land, Häuser usw.), um sie, wenn die Preise ganz oben sind, teuer wieder abzusetzen. Indem es alle tun, wird das Warenangebot rasch erhöht, die Nachfrage verkleinert. Dadurch wird der Preisfall beschleunigt, das verdiente Geld wird gehamstert, wertet sich aber im Kastenfuße wieder auf. - So sind wir durch die Goldwährung denen ausgeliefert, die Gold besitzen und durch die Beherrschung des Goldes auch unsere ganze Wirtschaft, den gesamten Geldumlauf unserer Wirtschaft beherrschen. Daß die Goldminen schon bis 600% Dividenden abgeworfen haben, sei nur am Rande vermerkt. Warum führten wir denn die Goldwährung ein?

So wird jeder fragen. Haben denn die maßgebenden Instanzen nicht gewußt, was das bedeutet? Wahrscheinlich nicht. Hat doch im Jahre 1918 der damalige Finanzminister Motta in aller Offenheit im Nationalrat erklärt, die Währungsfrage sei ihm ein Mysterium.

Der Grund der Einführung der Goldwährung war das Streben nach festen Wechselkursen. Die Notenbank betrachtet die Festigkeit der Wechselkurse in erster Linie als das hauptsächliche Ziel ihrer Politik. Der Wechselkurs ist der Preis des Schweizerfranken ausgedrückt in ausländischem Geld. Wenn der Ausländer bei uns etwas kaufen will, muß er zwei Dinge wissen: er muß wissen, was die Ware in Schweizerfranken kostet und er muß ferner wissen, was er für die Schweizerfranken in seinem Gelde zahlen muß. Dieses Umtauschverhältnis zwischen ausländischem Geld und Schweizergeld nennt man nun eben Wechselkurs (von wechseln umtauschen).

Indem nun die Nationalbank einen Goldpreis festlegte, ergab sich mit allen ausländischen Währungen, die das ebenfalls getan hatten, ein festes Austauschverhältnis. Für einen Schweizerfranken bekam man rund 0,3 Gramm Gold, für einen. französischen Franken 0,06 Gramm Gold. So ergab sich ein Austauschverhältnis von 5:1, das heißt man bekam für einen Schweizerfranken fünf französische Franken und für fünf französische Franken einen Schweizerfranken. Man nennt das die Goldparität. - Es ist klar, daß ein fester Wechselkurs für Importeure und Exporteure, d. h. für alle diejenigen, die im Außenhandel zu tun haben, von Vorteil ist, weil sie dann eine sichere Rechnungsgrundlage haben. Wenn aber als Folge dieser Goldparität, d. h. dieses festen Verhältnisses des Frankens zum Gold der Preisstand im Inland schwankt, ist dieser feste Wechselkurs viel zu teuer erkauft. Die schweizerische Wirtschaft, auch die Exportwirtschaft; gingen an dieser festen Goldparität zu Grunde.

Die Einführung der Goldwährung fiel in eine Zeit verminderter Goldproduktion, also steigender Goldpreise und damit fallender Warenpreise. Der allgemeine Preisfall trat in den Vereinigten Staaten im Herbst 1929 ein und. übertrug sich, dank der Goldwährung, automatisch auf alle andern Goldwährungsländer. Denn unter der Goldwährung ist jede Preisstandschwankung ansteckend. Indem die Waren in USA billiger wurden, konnten die Amerikaner alle andern Länder konkurrenzieren. In den andern Ländern stieg die Einfuhr amerikanischer Waren, während die Ausfuhr nach USA. zurückging. Die andern Länder hatten also einen Importüberschuß, d. h. sie führten mehr ein als aus. Diesen Importüberschuß mußten sie mit Gold zahlen. Indem das Gold, der Notenbank entzogen wurde, indem man es dort kaufte, verringerte sich der Geldumlauf, was einen Preisfall zur Folge hat. Auf diese Weise ist die Krise «ansteckend», wie Prof. Fisher sagt, und so entsteht die sogenannte Weltwirtschaftskrise. Was hätte die Notenbank tun sollen?

Sie hätte die Goldwährung nicht einführen, sondern den Preisstand im Inland festhalten sollen. Dann wäre der Wechselkurs des Frankens in dem Maße gesunken, als das Ausland Deflation machte, d. h. seine Preise abbaute. Unsere Waren wären dann zwar gegenüber den ausländischen teurer gewesen, aber dafür ware der Franken billiger geworden. Wir hätten dann trotzdem exportieren können. Wegen der Beibehaltung des hohen Kurses aber konnten wir nicht exportieren, erst recht nicht mehr, als die meisten andern Länder unter Führung Englands ihren Wechselkurs senkten, ihr Geld vom Golde lösten.

England vollzog damit einen Schritt von größter Tragweite. Es verzichtete damit auf den festen Wechselkurs zu Gunsten des festen Preisstandes im Inland. Die Engländer sind kluge Leute, klug genug, um ein Währungssystem aufzugeben, wenn es ihnen die Wirtschaft ruiniert. Die Engländer sagten sich: Wichtiger als ein fester Goldpreis ist uns eine feste Kaufkraft unseres Geldes gegenüber den Waren. Die Leute kaufen mit ihrem Gelde ja nicht Gold, sie kaufen all die Dinge, die sie zum Leben brauchen. Also müssen wir dafür sorgen, daß sie immer ungefähr gleichviel Waren für eine Geldeinheit kaufen können. Dem englischen Beispiel folgten die nordischen Staaten. Allen voran Schweden, das ganz zielbewußt darauf ausging, den Preisstand zu festigen, das also an Stelle der Goldwährung die sogenannte Indexwährung oder Festwährung einführte.

Der Erfolg der schwedischen Wirtschaftspolitik

Während bei uns die Wirtschaft immer mehr schrumpfte, nahm sie in Schweden einen glänzenden Aufschwung. Die Arbeitslosigkeit ging ständig zurück, die Produktionsziffer stieg von 79,1 auf 100 im Jahre 1934, die Ersparnisse von 382 Mill. Kronen auf 497 im Jahre 1935, die Bautätigkeit von 85,9 auf 126,9, der Export von 93,53 auf 107,75 Millionen Kronen, die Bahntransporte von 641 auf 768.000 tkm.

Gleichzeitig sank aber auch der Zinsfuß. Und das war wiederum von größter Wichtigkeit. Denn wenn das Geld billig ist, kann viel unternommen werden, während das teure Geld den Wirtschaftsablauf erschwert, sofern der Preisstand fest ist. Je billiger das Geld wird, umso eher kann man Geld aufnehmen und etwas produzieren.

Warum fiel der Zinsfuß in Schweden?

Während er doch zu gleicher Zeit bei uns stieg? Durch den Abgang von der Goldwährung ließ der Deflationsdruck vom Ausland nach. Die gehamsterten Gelder kamen wieder zum Vorschein und stellten sich der Wirtschaft zur Verfügung. Die Zunahme der Ersparnisse, als Folge der erhöhten Beschäftigungsmöglichkeiten, vermehrte abermals das Angebot an Leihkapital. Je mehr Leihkapital sich aber der Wirtschaft anbietet, umso mehr sinkt der Zinsfuß. Umso mehr wird also weitere Arbeit ermöglicht. Der schweizerische Bundesrat hat in seiner Botschaft vom 7. April 1936 festgestellt:

«Es gibt für die Geldverbilligung nur eine natürliche Lösung: sie besteht in der Verbesserung des Verhältnisses zwischen Geldangebot und Geldnachfrage.»
Diese Verbilligung des Geldes, dieses Sinken des Zinses war aber bei uns nicht möglich, solange man dem Gelde durch weiteren Preisfall eine weitere Aufwertung in Aussicht stellte. Sie war nicht möglich, solange eine Milliarde Schweizerfranken gehamstert war. Das war nicht nur eine Schädigung der Volkswirtschaft durch die damit verbundene Verringerung des Geldumlaufs, und damit verbundene Arbeitslosigkeit (Wer Geld einschließt, sperrt Arbeiter aus!), sondern auch deshalb, weil dadurch eben eine Senkung des Zinsfußes unterbunden wurde...

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Zinses

Sie wird uns erst klar, wenn wir uns die Tatsache vergegenwärtigen, daß die Hälfte des schweizerischen Volkseinkommens Zins, d. h. arbeitsloses Einkommen ist und nur die Hälfte Lohn. Das Volkseinkommen wird auf sechs Milliarden geschätzt, so daß jährlich drei Milliarden Franken eingenommen werden, ohne daß dieser Einnahme eine Arbeitsleistung gegenüberstünde. Das bedeutet, daß dem arbeitenden Schweizervolk jährlich die Hälfte seines Arbeitsertrages abgenommen wird durch diejenigen, die aus den Zinsen statt aus der Arbeit leben, durch diejenigen, die aus der Arbeit anderer leben.

Denn während 3,2% der Kriegssteuerpflichtigen im Jahre 1919 53,1% des Volksvermögens besaßen, hatten 48% daran gar keinen Anteil. Während also die breite Masse des Volkes die Hälfte des Arbeitsertrages abliefern muß, kann eine kleine Oberschicht aus der Arbeit der Massen herrlich und in Freuden ein sorgloses Dasein genießen. Denn wenn man täglich 1 - 4000 Franken Zinsen einnehmen kann, braucht man sich wahrlich keine großen Sorgen zu machen, muß man weder Hunger noch Kälte fürchten. Die einzigen Sorgen, die man hat, bestehen darin, daß man nicht weiß, ob man den Winter in St. Moritz oder in Neapel verbringen soll.

Wann zahlen wir denn den Zins?

Nicht nur dann, wenn wir dem Hausmeister unsere Wohnungsmiete zahlen. Denn 75% davon muß auch er wieder abliefern an die Bank, die ihm das Geld lieh. Wir zahlen aber auch Zins in allen und jeden Dingen, die wir kaufen: in den Lebensmittelpreisen, in den Warenpreisen aller Art, im Eisenbahnbillett, im Telephongespräch, allüberall ist Zins verborgen. Ganz heimlich werden wir durch ihn ausgebeutet. Oder besser ganz unheimlich. Die Nettozinslast der SHB. stieg von 1931 bis 1935 von 109 auf 115 Millionen Franken, die Zinslast verschlang 1929 26% der Total-Einnahmen gegenüber 37 % im Jahre 1935! Ehe irgend etwas in der Welt produziert werden kann, muß der Zinstribut entrichtet werden, sonst streikt das Geld und verweigert seine Arbeitspflicht. Und wenn das Geld streikt, dann kann der Arbeiter feiern - und hungern, der Bauer rackern - und hungern, der Unternehmer feiern - und Konkurs machen, der Beamte mehr arbeiten ---- und weniger Lohn beziehen.

Die Arbeitsdienstpflicht des Geldes

Indem man das Geld einer regelmäßigen, kostenpflichtigen Abstempelung unterwirft, erreicht man, daß es nicht mehr gehamstert werden kann. Es muß ständig zirkulieren, sich ständig der Wirtschaft zur Verfügung stellen. Es kann nicht mehr streiken. Der Blutkreislauf der Wirtschaft kann nicht mehr gestört werden. Das Leihgeld muß ständig zur Verfügung stehen, muß sich ständig anbieten und drückt damit ständig auf den Zinsfuß. Jedes Sinken des Zinsfußes aber bedeutet eine Verminderung des arbeitslosen Einkommens und eine Erhöhung des Arbeitseinkommens. Denn wenn der Anteil des arbeitslosen Einkommens sinkt, muß notwendig der Anteil des Arbeitseinkommens am Volkseinkommen, müssen die Löhne steigen. Wenn der Zins ganz verschwunden ist, dann ist auch die größte Ausbeutung, diejenige durch den Zins überwunden. Aber wie soll man denn sparen, wenn das Geld fortwährend unter Umlaufszwang steht? Merke wohl: nur das Bargeld steht unter diesem Zwang, nicht aber das Buchgeld, die Sparguthaben. Sie werden - im Gegensatz zu 1915-19 -, wo die Preissteigerung sie um 55% entwertete - nicht entwertet. Sie bleiben in ihrer Kaufkraft erhalten, weil ja der Preisstand, das Spiegelbild der Kaufkraft, gleich bleibt. Ja, das Sinken des Zinses ermöglicht erst recht eine erhöhte Spartätigkeit. Denn je weniger Tribut wir dem Kapital zu entrichten haben, umso mehr können wir für die alten Tage auf die Seite legen. - Aber was sollen die alten Leute tun, die aus den Zinsen leben müssen? Wir stellen die Gegenfrage: Was sollen die alten Leute tun, denen Inflation und Deflation alles geraubt haben? Für die Übergangszeit muß für diese Leute gesorgt werden. Nachher kann sich jeder durch fleißige Arbeit soviel an Ersparnissen zurücklegen, daß er bequem und gut im Alter davon leben kann. Er soll dannzumal sein Kapital aufbrauchen oder sich eine Rente kaufen, wenn ihm das mehr Spaß macht. Denn ein großes Vermögen braucht er seinen Kindern nicht zu hinterlassen, sie haben ja die Möglichkeit, in einer blühenden Wirtschaft sich selbst ein solches zu erarbeiten. Vermögen sollen erarbeitet, nicht ererbt werden.

Die Arbeitspflicht des Menschen

Der Mensch soll durch Arbeit sich durchs Leben bringen, nicht durch Müßiggang. Darum dient dieses neue Wirtschaftssystem allen Menschen: denen die arbeiten wollen, bringt es die Möglichkeit, zu Wohlstand zu kommen und diejenigen, die nicht arbeiten wollen, müssen, wenn sie leben wollen, wohl oder übel arbeiten. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Aber wer arbeitet, soll auch nicht durch ein ausbeuterisches Geldsystem um die Früchte seiner Arbeit betrogen werden. Für die Gebrechlichen aber werden Mittel vorhanden sein, um ihnen zu helfen. Durch diese so ganz einfachen, jedem vernünftigen Menschen einleuchtenden Maßnahmen kommen wir zu einer natürlichen Wirtschaftsordnung, die die Freiheit den Einzelnen ebenso sichert wie die Freiheit der Volksgemeinschaft. Diese Wirtschaftsordnung, wo der Staat nicht allen Berufsständen als Almosenspender helfen muß, wo jeder Einzelne weitgehend für sich selbst verantwortlich ist, wo die freie Initiative die Menschenwürde stärkt und fördert, sie ist das Wirtschaftssystem der Zukunft, der Freiheit und des Friedens. Es ist einleuchtend, daß da, wo jeder für sich selbst verantwortlich ist, ganz andere Entwicklungen möglich sind. Denn diese Selbstverantwortung kann ja nicht ausarten, weil die Ausbeutungsmöglichkeit gegenüber dem Nächsten nicht mehr besteht. Jeder kann die Verantwortung für sich und. seine Familie übernehmen, ohne deshalb den Nebenmenschen auf die Füße zu treten. Raum für alle hat die Erde.

Neuer Sinn der Familie

Die Familie kommt zu einer ganz neuen Bedeutung. Wenn Kummer und Sorgen nicht mehr die täglichen Gäste sind, wenn die Frau nicht mehr gezwungen ist, in die Fabrik zu gehen, weil jetzt der Arbeitslohn höher, d.h. Zinsenlast kleiner ist, dann wird endlich auch in der letzten Wohnstube des Landes die Muttererde der Sittlichkeit geschaffen, von der Pestalozzi sprach, und die er als die Grundlage jeder wahren Volksgemeinschaft pries. Die wirtschaftlichen Grundlagen ermöglichen erst den sittlichen Aufstieg des Volkes.

Die Rettung der Demokratie

Allein durch diese wirtschaftlichen Maßnahmen ist die Demokratie noch zu retten. Solange Menschen durch Menschen ausgebeutet werden, solange haben wir keine Demokratie. Die Gesetze der Ethik, der Religion, sie müssen endlich auch in der Wirtschaft Geltung haben. Eher kommen wir nicht zum Bürgerfrieden, nicht zur Demokratie.

Die Wirtschaftskrise hat auch die Demokratie zertrümmert, die Volks- und Freiheitsrechte abgebaut. Mehr und mehr werden wir durch dringliche Bundesbeschlüsse regiert, mehr und mehr geraten wir in den Polizeistaat hinein. Die Proletarisierung der Massen erhöht die Gefahr der Faschisierung des Landes. Nur die Überwindung der Wirtschaftsnot kann uns retten, kann unsere Demokratie sichern. Wenn die Menschen Brot und Arbeit haben, dann schwindet die Lust zur Revolution, weil sie dann nicht mehr nötig ist.

Kleine Ursache große Wirkungen

Es will fast unglaublich erscheinen, daß durch die Festigung des Preisstandes und durch den Umlaufszwang des Geldes eine blühende Wirtschaft, steigender Wohlstand geschaffen und die Ausbeutung überwunden werden können. Und doch ist es so. Alle Bemühungen, des Problems auf andere Weise Herr zu werden, scheiterten. Mußten scheitern, weil sie nicht die wahren Ursachen erfaßten. So hat insbesondere der Marxismus versagt, weil er den Fehler auf der Produktionsseite vermutete, die Zirkulation des Geldes aber unbeachtet ließ. Die zahllosen Eingriffe in die Produktion aber verkomplizierten nur den Wirtschaftsablauf ohne irgend welche Linderung zu bringen. Es nützt auch gar nichts, in der Krise nach Arbeitsbeschaffung zu rufen. Arbeitsmöglichkeiten sind ja genügend vorhanden. Aber wenn kein Geld da ist, kann eben nicht gearbeitet werden. Wir sorgen für Arbeitsbeschaffung nur durch Vergrößerung des Geldumlaufs, nicht anders.

Die Bodenfrage

Aber noch ist ein Problem da, das gelöst werden muß. Das ist die Bodenfrage. Der Boden und seine Schätze sind eine einmalige, nicht zu vergrößernde oder zu vermehrende Gabe der Natur. Jeder Mensch hat mit dem Tage seiner Geburt ein Anrecht auf dieses Land und seine Schätze. Wenn aber schon einer den Boden für sich in Besitz genommen hat? Was dann? Dann hat er die Möglichkeit, den Boden andern gegen eine Entschädigung zur Verfügung zu stellen. Und das arme Menschenkindlein, das zur Welt kam, ohne sich einen Vater auszulesen, der Boden besitzt, muß das verspüren. Es muß den Boden, auf den es Anspruch hat, mieten. Es muß dem Bodenbesitzer die Grundrente zahlen. Die Grundrente ist umso höher, je größer die Zahl der Menschen ist, die auf den Boden Anspruch erheben. Darum ist sie in der Stadt am größten und in der Wüste gleich Null. Milliarden und Milliarden müssen die Völker jährlich den Großgrundbesitzern für den Boden zahlen, den sie bewohnen und auf den sie doch ein natürliches Anrecht hätten, sowie für die Bodenschätze, die jene großen Herren mit Beschlag belegten. Ist das richtig?

Sollen wir den Boden enteignen, dem Besitzer wegnehmen, wie die Kommunisten in Rußland? Das wäre nicht minder falsch. Denn das träfe die vielen tausend Bauern, die im Schweiße ihres Angesichts den Boden beackern zu unser aller Nutz und Frommen. Ebenso sehr wie den Großgrundbesitzer, den wir eigentlich treffen wollen und der aus der Arbeit seiner Mitmenschen lebt.

Was soll geschehen?

Wir müssen in erster Linie den Boden der Spekulation entziehen, was dadurch geschehen kann, daß der Allgemeinheit bei Handänderungen das Vorkaufsrecht gesichert wird. Dieses Vorkaufsrecht kann auch landwirtschaftlichen Genossenschaften gegeben werden. Eine weitere gesetzliche Bestimmung müßte verlangen, daß Boden nur von denjenigen erworben werden darf, die ihn wirklich bebauen, sei es als Bauern oder als Bauherren. Aber was soll die Gemeinde mit dem Boden anfangen, den sie erwarb? Sie soll möglichst zweckmäßige kleinere Pachtgüter schaffen, wo junge, strebsame Bauernsöhne leben können. Der Ruf nach solchen Pachtgütern ertönt ja schon seit Jahren gerade von bäuerlicher Seite. Diese Güter sollen in Erbpacht vergeben werden, um eine möglichst bodenständige und seßhafte Bauernsame zu erhalten.

Indem die Allgemeinheit mehr und mehr, im Laufe der Jahrhunderte den Boden wieder an sich nimmt, kommt die Grundrente wieder der Allgemeinheit zugute. Heute gehören 50% des Schweizerbodens den Banken. Die Grundrente, die in Form von Pachtgebühren in die Staatskassen fließt, soll zu weiteren Bodenkäufen und zur Abtragung der entstandenen Schulden dienen und endlich zu sozialen Zwecken verwendet werden.

Kampf der Spekulation!

Die Befreiung unseres Volkes aus den Händen der Spekulation und der Hochfinanz wäre nicht vollständig, wenn nicht auch die Befreiung des Bodens vorgenommen würde. Es darf nicht sein, daß der Boden des Vaterlandes zum Spekulationsobjekt bleibt. Ein wahrhaft freies Volk kann nur auf freiem Grund und Boden existieren.

Damit haben wir die Vorschläge angedeutet, die wir Freiwirtschafter heute machen. Mehr konnten wir nicht, als sie andeuten. Wer sich dafür interessiert - und wer würde sich nicht dafür interessieren? - der möge die freiwirtschaftliche Literatur studieren, deren Verzeichnis sich im Anhang befindet.

Zusammenfassung

Unsere Forderungen sind zusammengefaßt im freiwirtschaftlichen Manifest:

  1. Jeder Bürger hat die sittliche Pflicht, eine Wirtschaftsordnung zu erstreben und verwirklichen zu helfen, die dem arbeitenden Volke den vollen Ertrag seiner Arbeit zukommen läßt, die Sicherheit des wirtschaftlichen Daseins gewährleistet und jedem arbeitenden Menschen die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit und die individuelle Gestaltung seines Lebens ermöglicht
     
  2. Die Grundlage der staatlichen und wirtschaftlichen Ordnung bildet die Freiheit der Persönlichkeit.
    Staat und Wirtschaft sind um des Menschen willen da. Sie beide sind Hilfsmittel mit dem Zwecke, die Entfaltung der im Menschen liegenden Kräfte und den kulturellen Aufstieg des Einzelnen und des ganzen Volkes zu ermöglichen.
    Jede Beschränkung der Freiheit durch Staat und Wirtschaft muß auf dem freien Willen der Bürger beruhen.
     
  3. Das Vaterland, als Inbegriff von Land und Volk ist die Heimat jedes Bürgers.
    Der Staat, als politisch-rechtliche Organisationsform, ist nicht Selbstzweck, sondern hat die Aufgabe, die rechtliche und wirtschaftliche Lebensgrundlage seiner Bürger zu sichern.
     
  4. Klassenkampf, Spaltung des Volkes in Stände, die sich bekämpfen, gewaltsame Eingriffe des Staates in die Wirtschaft und Staatsverschuldung infolge wirtschaftlicher Maßnahmen sind Folgen einer verfehlten Wirtschaftsordnung.
     
  5. Die Unsicherheit des wirtschaftlichen Daseins, der Klassenkampf und die Not der Wirtschaftskrise beruhen immer auf allgemeinen Preisschwankungen und auf der durch diese Preisschwankungen bewirkten Veränderung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse.
    Jede allgemeine Preissteigerung ist zugleich eine Entwertung des Geldes, also auch eine Entwertung jedes Vermögens und jedes festen Einkommens.
    Jede allgemeine Preissenkung ist zugleich eine Aufwertung des Geldes, also auch eine Aufwertung der Schulden und eine Verminderung des Einkommens aus der Arbeit und dem Warenumsatz.
    Jede allgemeine Preisschwankung verfälscht den bisherigen Inhalt aller Zahlungsverträge und schädigt zwangsläufig den einen oder andern Teil der Volksgenossen.
    Eine Volkswirtschaft die solche Schwankungen zuläßt und mit sich bringt, ist unsittlich und untergräbt fortwährend die Gemeinschaft des ganzen Volkes.
     
  6. Jede allgemeine Preisschwankung ist zugleich eine Veränderung der Kaufkraft des Geldes.
    Die Grundlage einer sittlichen und gerechten Wirtschaftsordnung ist ein Tauschmittel, dessen Kaufkraft unter allen Umständen gleichbleibt.
    Der Staat ist verpflichtet, dem arbeitenden Volke eine Währung zur Verfügung zu stellen, deren Kaufkraft keinerlei Schwankungen erleidet.
     
  7. Die Verkettung der Währung mit dem Golde führt Schwankungen der Kaufkraft, liefert das Tauschmittel der Willkür der nationalen und internationalen Spekulation aus und hat über alle Völker unsägliches Elend gebracht.
    Die Goldwährung hat in einer nach sittlichen Grundsätzen geordneten Volkswirtschaft keinen Platz. Sie muß unverzüglich abgeschafft werden.
     
  8. Die Gestaltung der Währung ist eine Angelegenheit des eigenen Staates.
    Jeder Staat hat die Möglichkeit, durch eine fortwährend nach dem Durchschnittspreis der Waren geleitete Währung seine Wirtschaft in Ordnung zu bringen und sowohl jede Krise als auch jede fieberhafte Steigerung der Wirtschaft unmöglich zu machen.
     
  9. Der Staat ist verpflichtet, dem arbeitenden Volke ein Tauschmittel zur Verfügung zu halten, das der Wirtschaft seiner Natur nach nicht willkürlich entzogen werden kann. Der auf allen Waren lastende Zwang des Angebotes ist daher auch auf das Geld zu übertragen.
     
  10. Die fortwährende Anpassung des mit dem Umlaufzwang versehenen Geldes an die Bedürfnisse der Wirtschaft schützt das arbeitende Volk für alle Zeiten vor der Wirtschaftskrise und vor der Zerrüttung seines Vermögens. Wir verlangen, daß der Staat unserem Volke ein solches Tauschmittel unverzüglich zur Verfügung stelle.
     
  11. Grund und Boden des Vaterlandes darf nicht Gegenstand der Spekulation sein.
    Durch ein Bundesgesetz ist dem Staate, dem Kanton und der Gemeinde ein Vorkaufsrecht am Grund und Boden einzuräumen und jede Bodenspekulation unmöglich zu machen. Jede Enteignung von Grund und Boden gegen den Willen des Eigentümers ist unstatthaft. Vorbehalten bleiben die besonderen Voraussetzungen des Bundesgesetzes über die Enteignung.
     
  12. Die sittliche Wirtschaftsordnung erteilt der menschlichen Arbeit die höchste Wertung.
    Der Staat hat die Pflicht, die Arbeit gegen jeden Mißbrauch durch Einzelne zu schützen.
    Schutz der Arbeit, Schaffung einer stabilen Währung und Erlaß eines Bodenrechts, das den Eigentümer vor Verschuldung, den Mieter und Pächter vor Ausbeutung schützt: das sind die einzigen Maßnahmen, die der Staat für die Volkswirtschaft zu treffen hat.
     
  13. Eine internationale Gemeinschaft der Völker und Nationen ist erst dann möglich, wenn jeder Staat auf seinem Gebiete die Ordnung des Rechtes und der Wirtschaft erlangt hat. Ordnung in Wirtschaft und Recht vermag allein den Frieden zwischen den Völkern zu sichern.
    Wir verlangen, daß unser Staat ohne Rücksicht auf andere Staaten die Ordnung von Wirtschaft und Recht schaffe und auf dem Wege, den wir aufgezeigt haben, jede Erschütterung der schweizerischen Wirtschaft unmöglich mache.
     
  14. Wir verwerfen jede Zwangswirtschaft und jede Auslieferung der Wirtschaft an den Staat.
    Wir verwerfen jede Diktatur und jede Gemeinschaft, die nicht auf der Freiheit der Menschen und Bürger beruht.
    Wir verwerfen jede Entfremdung des Menschen von seinem Vaterland und von seinen Volksgenossen.
    Es lebe die Gemeinschaft der freien Menschen in einer gerechten Wirtschaftsordnung! Es lebe die Gemeinschaft der Völker auf Grund einer gerechten Wirtschaftsordnung!
    Es lebe das Vaterland! Es lebe die freie Schweiz als Erbe der Väter, als Heimat unseres Volkes und als Glied einer kommenden Völkergemeinschaft!

Schön und gut, mag mancher Leser denken, aber läßt sich das auch wirklich durchführen? Ist das nicht nur irgend eine Utopie? Unsere Sachverständigen sagen ja doch, die Indexwährung sei ein Unsinn, sei überhaupt nicht durchführbar und was dergleichen Behauptungen mehr sind. Gewiß, das sagen sie. Aber einmal kommt es nicht in erster Linie darauf an, was gewisse Professoren sagen und sodann sind schon allzuviele Dinge Wirklichkeit geworden, von denen die Professoren behaupteten, sie ließen sich nie verwirklichen. Denken wir nur an Eisenbahn und Luftschiff. Es kommt darauf an, was dem Rechte und der Gerechtigkeit dient. Was ihnen dient, muß sich verwirklichen lassen, wenn wir nur den Willen dazu haben. Sodann aber muß festgestellt werden, daß es eine ganze Reihe bedeutendster Nationalökonomen gibt, die sich zu diesen Forderungen bekennen und sie vertreten. Wir führen hier nur einige wenige an:

Der beste Zeuge ist Schweden, das 1931 von der Goldwährung abging, hierauf die Politik des festen Preisstandes trieb und als natürliche Folge zu einer einzigartigen Wirtschaftsblüte kam. Die Arbeitslosigkeit verschwand, die Produktion stieg. Löhne und Ersparnisse nahmen. zu, während der Zinsfuß sank.

Hören wir aber auch einige Nationalökonomen von Weltruf:

Prof. Irving Fisher, Yale-Universität, USA.

«Diebstahl ist ein großes soziales Unrecht, aber es ist nichts, verglichen mit dem Unrecht, das durch die Kaufkraftschwankungen des Geldes geschieht. Das also ist das Übel, mit dem wir uns auseinander zu setzen haben. Daß man das Geld als Gewichtsmaß, statt als Maß der Kaufkraft herausgibt, ist Volksbetrug - es ist dasselbe, als ob man den Meter als einen Stab von so und so viel Gewicht statt von so und so viel Länge bezeichnen würde.»
J. M. Keynes, Professor in Cambridge.
«Es gibt wenige Engländer, die nicht erfreut sind über die Brechung unserer goldenen Sklavenkette. Wir fühlen, daß wir nun endlich freie Hand haben, etwas zu tun, das einen Sinn hat.»
Lord Melchett (früher Sir Alfred Mond), der Schöpfer einer der größten chemischen Konzerne, der Imperial Chemical Industries:
«Es scheint einen außerordentlichen Bankrott der menschlichen Intelligenz zu bedeuten, daß der Handel und die Entwicklung der Welt mit der Beschäftigung ihrer fortwährend zunehmenden Bevölkerung auf unbestimmte Zeit hinaus aufgehalten und niedergedrückt werden sollten, nur darum, weil wir keinen Apparat ausfindig machen können, der sich damit mit größerer Elastizität befassen könnte und daß er sich nur auf die Produktionsmenge eines sonst nutzlosen gelben Metalls stützt.»
H. A. Casson, der bekannte Reklamefachmann, 1931:
«Ich habe schon wiederholt darauf hingewiesen, daß unsere Banken mehr als alle anderen Stellen zur Überwindung der Wirtschaftskrisen beitragen können. Sie können uns frei machen von der Anbetung des Goldes... Auf dem Gebiet des Geldwesens sind wir hoffnungslos rückständig und wir müssen die größten Anstrengungen machen, um die Kaufkraft des Geldes vernünftig zu kontrollieren... Wir sind auf ein Goldkreuz genagelt worden. Geld hat man teuer und rar gemacht und durch sinkende Preise jeden Verdienst genommen.»
«Wir selbst sind der Überzeugung, daß sehr bald die Zeit kommen muß, in der man dem Verkehr soviel Geld zur Verfügung stellen muß, wie er zum Tausch der Leistungen benötigt, und daß man die Menge des benötigten Tauschmittels nicht von dem ungenügenden und zufälligen Bestand eines Metalls abhängig macht, das zudem von Privatleuten in Beträgen von hunderten Millionen gehamstert und aus dem Verkehr gezogen ist, wie man eine Ware aufspeichert, mit deren Wertzuwachs man Geschäfte machen will auf Kosten des Volkes.»
(«Der Organisator»)
«Die Goldwährung zerstört die Staaten, die sie annehmen; denn sie ist nicht in der Lage, den Bedarf der Wirtschaft an Zahlungsmitteln zu genügen (sie wird also Arbeitslosigkeit hervorrufen), zumal wir ohne Schaden so viel Gold, wie wir wollen, aus dem Verkehr zurückziehen können.»
Henry Ford.
Sir Josiah Stamp, gewesener Generalgouverneur der Bank von England, in einem offenen Brief an die «Times», Nr. 44 993, 8. September 1928:
«Die gleichbleibende Kaufkraft des Geldes ist das Fundamental-Problem unseres Zeitalters. Für mich besteht die Grundlage der wirtschaftlichen Zukunft Englands in der Festigkeit des Preisstandes, und wenn dieses Problem von heute ab in 10 Jahren, nicht gelöst ist, wird England nur noch eine Macht zweiten Ranges sein. Innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte wird sich das Geldproblem als jene Frage erweisen, die stärker als irgendeine andere Frage hinter allen Problemen der Arbeitslosigkeit, der Streiks, der Industrie und der internationalen Beziehungen steckt. Vor sieben Jahren erklärte ich in einer Rede, die damals als «unpraktisch, akademisch» und als «unnötig alarmierend» bezeichnet wurde: angesichts der Notwendigkeit eines stabilen. Wertmessers für internationale Reparations- und Schuldenzahlungen, sowie für die Bemessung der internationalen Verschuldung und für innere industrielle Fragen, könne ohne Übertreibung behauptet werden, daß vielleicht das ganze Geschick der nächsten zwei Generationen von der Lösung dieses Problems abhänge. Seither hat man allgemein anerkannt, daß das Problem keineswegs akademisch, sondern höchst realer, praktischer Natur ist.»
Prof. Dr. Gustav Cassel in «Währungsstabilisierung als Weltproblem»:
«Die Welt hat jetzt schon gelernt, daß eine rationell regulierte Papiervaluta möglich ist, ja, daß die Goldvaluta in der Tat nichts anderes ist als eine Papiervaluta, die durch angemessene Regulierung der Zahlungsmittelversorgung in Parität mit Gold gehalten wird. Die Abschaffung der Goldwährung und der Übergang zu einer rationell regulierten Papierwährung ist also nicht nur vollständig möglich, sondern wird auch unter gewissen Voraussetzungen absolut notwendig werden.»
Mc. Kenna, Präsident der Midland-Bank (der größten Bank der Welt):
«Die Geschichte zeigt uns, daß, abgesehen vielleicht von Kriegen oder religiöser Unduldsamkeit, kein einzelner Faktor mehr Elend und Unglück verursacht hat, als das große Maß von Veränderlichkeit unseres allgemeinen Preisniveaus. Dies mag als eine übertriebene Behauptung erscheinen, sie ist jedoch weit davon entfernt, eine demagogische Phrase zu sein und kann aus der Wirtschaftsgeschichte der verschiedenen Länder, seitdem das Geld eine bedeutende Rolle im Leben zivilisierter Gemeinschaften spielt, klar bewiesen werden. - Ein stabiles Preisniveau steht in der Rangskala des Wünschenswerten sofort nach dem internationalen und häuslichen Frieden.»
(Midland Bank Limited, Monthly Review , London, Juni-Juli 1927,
«The Problem of Gold Values Regulating Demand of Supply».)
John E. Rovensky, erster Vizepräsident der Bank von Amerika in New York:
«Die Größe und Wichtigkeit unserer Festwährungsbestrebungen rechtfertigen die Anstrengungen von Jahrzehnten - - !»

Diese Zeugen mögen genügen. Sie ließen sich leicht vervielfachen. Aber auch wenn wir diese Zeugen nicht hätten, wenn noch niemand diese Forderungen aufgestellt hätte als Silvio G e s e l l, der Begründer der Freiwirtschaftslehre, mußten wir für sie eintreten. Denn die Forderungen, die hier erhoben werden, sind Forderungen des Rechtes, der Gerechtigkeit, Forderungen, die dazu dienen, die Gesetze der Moral, der Ethik, der Religion auch in der Wirtschaft und Politik Wirklichkeit. werden zu lassen. Welch neue gewaltig große und herrliche Welt ersteht vor unserem Auge wenn wir uns vergegenwärtigen, daß jeder Mensch, seiner Würde voll bewußt, seine Kräfte regen, seine Fähigkeiten entfalten, sich seine eigene Existenz sichern und bauen, seine Familie vor Not und Elend bewahren und damit ein nützliches und treues Glied der Volksgemeinschaft werden kann. Welch ungeahnte Möglichkeiten des kulturellen Aufstiegs erschließen sich uns da, wenn nicht die bittere und drängende, würgende und erniedrigende Sorge um das tägliche Brot uns hindern und lähmen, jeden Geistesflug unterbinden ehe er angetreten!

Freilich, und das wollen wir mit aller Deutlichkeit zum Schlusse feststellen: Hand in Hand mit dieser wirtschaftlichen Neugestaltung muß eine geistige Umwandlung Platz greifen. Mehr: diese Neugestaltung der Wirtschaft, der Volksgemeinschaft kann ja nur werden als Ergebnis einer solch geistigen Wandlung. Wir müssen uns erheben über das kleinliche Gezänk des Tages, müssen den Glauben und den Mut wieder finden zur großen Tat, den Glauben wieder finden an die Macht des Guten, die Schöpferkraft des Geistes. Es geht heute eine neue religiöse Sehnsucht durch die Welt. Von ihr müssen wir erfüllt sein, ihre Kraft müssen wir Wirklichkeit werden lassen, indem wir die Welt umgestalten zu einer wirklichen Gemeinschaft freier Menschen. Der Worte sind genug gewechselt, nun laßt uns endlich Taten sehn. Laßt uns Taten tun, denn die Tat nur kann ihn loben. Aus einer umfassenden ethischen, religiösen Gesinnung heraus wollen wir diese neue Volksgemeinschaft schaffen, die Volksgemeinschaft der Arbeit, die Gemeinschaft aller, die guten Willens sind.

Fühlst Du, lieber Leser, diese Pflicht zur erlösenden und befreienden Tat nicht auch in Dir? Fühlst Du nicht, daß auch Du verantwortlich bist für das Geschick unseres Volkes? Daß die Demokratie auch Deine tätige Mitarbeit verlangt? Daß wir alle, Du und ich, uns einsetzen müssen für eine neue, bessere, für die wahre Schweiz, die Schweiz der Wahrheit, des Rechtes und der Gerechtigkeit, ein Wahrzeichen und eine Hoffnung allen denen, die heute noch im Dunkel leben, in Knechtschaft und Unterdrückung? Das fühlst auch Du? Dann sei uns willkommen als treuer und eifriger Mitkämpfer!


Geldversorgung der Schweiz

  Notenmenge
in 1000 Fr.
Großhandels-
Index
Lebenskosten-
Index
1914 335 137   100 100
1915 409 876     113
1916 430 305     131
1917 535 815     163
1918 733 145     204
1919 905 807     222
1920 933 832     224
1921 925 110     200
1922 817 555   158 164
1923 875 019   170 164
1924 850 514   171 169
1925 797 577   161 168
1926 769 039   145 162
1927 798 788   142 160
1928 818 330   145 161
1929 855 710   141 161
1930 894 029   127 158
1931 1 141 037* 110 150
1932 1 508 369* 96 138
1933 1 440 108* 91 131
1934 1 349 226* 90 129
1935 1 282 963* 90 128
1936 1 293 913* 96 130
  * Zunehmende Hamsterung, von Bundesrat Schultheß auf  750 000 000 geschätzt.